Katharer
Humiliaten
Waldenser: Die Armen von Lyon
Homobonus von Cremona
Franz von Assisi und die Franziskaner
Beginen
Die heilige Elisabeth
Dominikaner
Das Adjektiv „arm“ hieß ursprünglich verwaist oder einsam. Darüber hinaus hatte es auch die Bedeutung von „unglücklich“. Einem solchen Menschen gegenüber war der Christ zur Barmherzigkeit, zum Erbarmen verpflichtet. Der Arme, nämlich Unglückliche, jammert manchmal, was früher „(b)armen“ hieß. Sich „erb-armen“ hieß, sich des Unglücklichen annehmen. Und so konnte damals der Arme auch ein Besitzloser sein, das musste ihn aber nicht wesentlich auszeichnen.
„Armut“ war ursprünglich also nicht dasselbe wie heute. Im gleichzeitigen Latein und fast genauso im entstehenden Italienisch gibt es keine vergleichbaren Wörter zu diesem germanischen. Wenn man arm ist, ist man lateinisch: pauper (povero), und das meint besitzlos und bedürftig, und die Barmherzigkeit ist die misericordia. Dann hat man ein Herz (cor) für das Elend, die miseria, die allerdings auch Armut als Besitzlosigkeit meinen kann.
Für den Jesus der Evangelien wurde nach seiner Konversion Besitzlosigkeit und Wohnortlosigkeit zur Lebensform. Beide gehörten zusammen. Daraus entwickelte die christliche Kirche die Vorstellung,
dass wir Fremde in dieser, einer falschen Welt seien, die dem Himmelreich gegenübergestellt wurde. Im Lateinischen ist der Fremde der peregrinus, der, der in der Fremde lebt, und
entsprechend wurde das irdische Leben des Christen als peregrinatio bezeichnet, als Pilgerschaft. Im frühen Italienischen wurde daraus der pellegrino, der Pilger (französisch
pélerin). Das christliche Leben auf Erden war eben eine Pilgerschaft zu Gott, zum ewigen Leben, aus der Fremde in die eigentliche Heimat. Ein klassischer Peregrinus oder später
Pellegrinus war der Eremit oder Mönch, der der Welt entsagt, indem er allen nicht lebensnotwendigen Bindungen entsagt, die ihn von dieser Pilgerschaft abbringen oder ablenken. Die irischen Mönche
des frühen Mittelalters hielten darum Mönchsein und Wanderschaft für identisch. Deshalb waren sie z.B. auch im Frankenreich der Merowinger anzutreffen, wo sie missionierten und Klöster
errichteten.
Dem nachzufolgen war schon für frühe Christen bald eine Überforderung. An die Stelle der freigewählten Besitzlosigkeit trat ähnlich wie auch im Islam das Almosen Geben und
das Verbot des Gewinnstrebens auf Kosten anderer, zum Beispiel, indem man Zins auf den Kredit aufschlägt. Im Islam ist das offiziell heute noch verboten. Da es den Juden nicht verboten war,
wurden sie nach dem ersten Jahrtausend aus ihren normalen Berufen ausgeschlossen und zur „Wucher“ verdonnert.
Katharer
Während sich an den nördlichen Mittelmeerküsten zwischen Italien und Katalonien und in Flandern vor allem Kapitalismus entfaltet, entfaltet sich auch die Bewegung von Anhängern der jesuanischen Kernbotschaft weiter über große Teile Europas, die zwar nirgendwo die Mehrheit der Menschen erreicht, aber jenseits der römischen Kirche dort doch mit einer gewissen Achtung bedacht wird. Besonders erreichen diese Leute die Lombardei, verbreiten sich sogar über wohl ganz Frankreich und bis in das nördliche Rheinland aus.
Wesentlich bleibt die Konzentration auf das Neue Testament ohne seine eher wunderlichen Seiten. Das Alte Testament wiederum vertritt für sie einen Pseudogott als Teufel des absolut Bösen, den Herrn über die Erde/Welt. Mit radikaler Askese möchten ihre Auserwählten den Geist von den Fesseln des Körpers lösen, was die perfecti, die Vollkommenen der Katharer, dann auch erreichen, während sich die credentes, die Gläubigen, auf den Weg dahin begeben und die audientes ihnen andächtig zuhören.
Das ist nahe an den Evangelien, allerdings unter Ausschluss der merkwürdigen Geschichten von Auferstehung bis Himmelfahrt. Die Erlösung wird wie beim Rabbi Jesus ganz in die Hand der Menschen gegeben, und zwar durch dessen Vorgaben: Ablehnung von Besitz, Ablehnung der körperlichen Natur des Menschen und seiner Regungen bis hin zur Ablehnung der eigenen Sexualität. Das alles gilt allerdings nur für jene wenigen Auserwählten, die Reinen, die sich mancherorts auch als Apostel bezeichnen. Die übrigen sollen sich dem so weit als ihnen möglich nähern. Damit entsteht eine Art Kirche, in der die späten Apostel die Rolle einer Geistlichkeit einnehmen, allerdings einer völlig besitzlosen, die sich wie Jesus selbst nicht um weltliche Macht schert.
Im deutlichen Unterschied zu Jesus und den Aposteln, die von Betteln und Spenden lebten, wird oft erwähnt, dass die evangelischen Christen für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Dem wird aber in ihren Aussagen auffällig wenig Platz eingeräumt, vielleicht deswegen. Und die Auserwählten dürften eher selten gearbeitet haben, denn sie haben zu predigen und durch Handauflegen zu "taufen", aber das bleibt Vermutung. Sich selbst nennen sie nur (gute) Christen, Apostel oder boni homines, alle anderen Namen werden ihnen von der Kirche gegeben. Vom Kern der offiziellen christlichen Lehrmeinung unterscheiden sie eher wenige Punkte, was ganz anders ist, ist ihre (evangelische) Praxis.
Petrus Venerabilis, berühmter Abt von Cluny, schreibt in seinem 'Tractatus adversus Petrobrusianos' für die Zeit um 1105 von einem Petrus von Bruis, der in Südgallien predigt. Arno Borst fasst die darin enthaltenen Punkte zusammen: "Man sollte die Kirchen einreißen, im Wirtshaus und Stall kann man ebensogut beten. Man sollte die Kruzifixe verbrennen, anstatt Christi Marterholz zu verehren. Es brauchte keine Gebete und Almosen für Verstorbene, keine Taufe für unvernünftige Kinder und keine Eucharistie; denn Got ist nur denen gnädig, die es verdienen, die sich aus dem Glauben rechtfertigen." (Borst(2), S.98). 1126 verbrennt ihn eine Menge bei der Abtei St.Gilles.
Guibert de Nogent erwähnt in seiner Lebensgeschichte (III, 17) Bauern aus der Nähe von Soissons, die um 1114 ebenfalls apostolisch leben: vitam se apostolicam tenere. Auch sie werden von einer aufgestachelten Menge verbrannt. Neben solchen evangelischen oder apostolischen Christen gibt es aber weiter auch kleine Sekten, die mal die Priesterehe befürworten, mal andere Abweichungen von der römischen Kirche predigen, aber die Radikalität des Evangeliums nicht durchhalten.
1119 verdammt ein Konzil von Toulouse solche Ketzer, die die Sakramente und die Autorität der römischen Kirche ablehnen. Seit 1135 brennen sie in Lüttich, aber auch in Köln, wo sie immer wieder auftauchen. Um 1144 schreibt der Lütticher Klerus einen Brief an Papst Lucius II., in dem über Ketzer in ganz Frankreich geklagt wird.
1144 beschreibt ein Probst Everwin von Steinfeld (im Rheinland) in einem Brief an Bernhard von Clairvaux eine solche Gruppe aus Hörern, Gläubigen und Auserwählten in Köln, zu der auch Frauen gehören.
Unübersehbar faszinieren diese Evangelikalen den braven Probst, was ihm wiederum unheimlich ist, so dass er die kirchliche Autorität Bernhard ("von Clairvaux") darum bittet, ihm geistliches Rüstzeug gegen sie zu schicken, welches ihm offenbar nicht einfällt. Auch hier noch wird von kirchlicher Seite über die Häretiker geschrieben, aber er lässt sie in dem Brief, der in den Bernhard-Gesamtausgaben und in der Patrologia des Migne abgedruckt ist (Band 182), als Augen- und Ohrenzeuge offenbar ganz authentisch zu Wort kommen, - und das zum ersten Mal von kirchlicher Seite fast ganz ohne Diffamierungen, die erst am Schluss des Briefes (pflichtschuldigst?) kommen (Monster, Apostel des Satans).
Höchster Ausdruck seiner Faszination ist das Verhalten von zweien von ihnen, die auf einer Versammlung hoher geistlicher und weltlicher Herren sich mit den Worten Jeus und der Apostel verteidigen, was (selbstverständlich) nicht akzeptiert wird. Als sie merken, wie wenig sie damit durchkommen, bitten sie um Aufschub, damit sie ihre eigenen Glaubensexperten hinzuziehen könnten, was natürlich nicht gewährt wird, Sie werden vom städtischen Pöbel, (gegen unseren Willen) ins Feuer geworfen und verbrannten bei lebendigem Leibe: Und was am bewundernswürdigsten ist, das ist, dass sie nicht nur mit Duldergeist ins Feuer gingen und ihre Qualen ertrugen, sondern das sogar mit Freude taten. Das soll ihm der gelehrte Bernhard einmal erklären: Woher kommt es, dass diese Söhne des Teufels aus ihrer Häresie einen Mut gewinnen, der so ähnliche Kraft hat wie der Glaube an Christus den wahren Frommen eingab? Anders gesagt, wieso ähneln diese Ketzer so sehr den urchristlichen Märtyrern, das kann doch gar nicht sein. Und sie vergleichen gar selbst ihre Verfolgung mit der, sie mit allen Aposteln und Märtyrern erleiden.
Sie erklären, sie seien Kirche, weil sie Jünger Jesu seien, die wahren Anhänger des apostolischen Lebens, weil sie nicht auf diese Welt aus seien, weder ein Haus besäßen, kein Feld und auch kein Geld, im Unterschied zu Kirche und Mönchen, die zwar keinen individuellen, aber reichen gemeinsamen Besitz haben. Man kann sich vorstellen, wie in relativem Luxus schwelgende Prälaten und hohe Adelige auf so etwas reagierten. Dazu leiten sie sich in direkter Linie von den ersten Aposteln ab: diese Häresie ist seit den Zeiten der Mäytrer bis in unsere Tage verborgen geblieben und hat sich in Griechenland und anderen Ländern erhalten.
Zudem erklären diese Häretiker: sie sind eine große Menge, praktisch über die ganze Welt ausgedehnt und sie haben in ihren Reihen eine gute Zahl unserer Geistlichen und unserer Mönche.
Das Leben der electi zeichnet sich nach Everwins Bericht durch völlige Armut und Wanderschaft, Fasten, Gebet und Arbeit bei Tag und Nacht aus, um damit den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie essen kein Fleisch, keine Milch und keine Milchprodukte, die mit der sexuellen Natur der Tiere zu tun haben. Die bloße Berührung des anderen Geschlechts ist verboten. Selbst unter den Erwählten, und natürlich auch unter den Gläubigen gibt es alle Arten von Frauen, Ehefrauen, Jungfrauen, Witwen.
Vom Gläubigen zum Erwählten wird man durch die Taufe des Handauflegens. Dasselbe geschieht mit den Hörern, wenn sie zu Gläubigen getauft werden. Eine Kirche wie die römische gibt es nicht, aber einen papa (eine Art Bischof), der aber keine eigentlichen Machtbefugnisse hat und keinen eigentlichen Klerus darunter, wenn man die Auserwählten nicht als solche ansehen mag.
Alle nicht auf Christus beruhenden Riten und Sakramente der Kirche (und das sind so ziemlich alle) sind ungültig, weil nicht christlich begründet. Es gibt auch kein Fegefeuer, sondern nur das Wandern der Seelen nach dem Tode entweder in angenehme oder unangenehme Gefilde. Für Tote zu beten oder zu spenden ist also sinnlos.
Für die Kirche ist es bedrohlich, dass mit den Evangelikalen nicht nur ihre Macht, sondern dabei auch ihr Einkommen und die Untertänigkeit der Massen angegriffen werden. Der Verweis auf die Evangelien und die Acta der Apostel zerstört ihr ganzes Gebäude, dass sie im Bündnis mit der weltlichen Macht spätestens seit Kaiser Konstantin, aber im wesentlichen schon viel früher errichtet hatten. Immer deutlicher wird ihnen, dass es sich nicht um versprengte kleine Grüppchen handelt, sondern um ein Netzwerk von Gemeinden über große Teile Europas mit einem gewissen Organisationsgrad, welches diese selbst Kirche nennen. Kirche ist dabei die Gemeinde selbst. also die Stufung in Hörer, Gläubige und Erwählte, wobei letztere von einem "Bischof" durch Handauflegen getauft werden, Gläubige durch Erwählte. Der Bischof ist selbst besitzlos wie die ganze Apostelkirche (okzitanisch gleisa), und besitzt keine weltlichen Machtbefugnisse.
Die "Taufe" geschieht durch Auflegen der Hand auf den Kopf und das Sprechen des Vaterunsers, und heißt im okzitanischen Raum consolament, das symbolische Vermitteln des "Feuers" des trostbringenden "heiligen Geistes" (der johanneische paraklet), also der Kern der Jesusbotschaft. (durch das Feuer des Geistes, Matthäus 13,1 / Johannes taufte mit Wasser, aber ihr sollt getauft werden mit dem Heiligen Geist, Apostelgeschichte, 1,5). Vorher müssen die zu Taufenden allen Anwesenden ihre Vergehen verzeihen, damit Gott ihnen selbst verzeihen kann. Danach fragt er die Täuflinge, ob sie sich von der Heiligen Schrift erfüllen lassen wollen.
Dieses Infundieren des spiritus sanctus wird abgeschlossen mit dem Friedenskuss der Urchristen. Darunter verstehen die Evangelikalen den Auftrag an die Apostel, "zu binden und zu lösen", und zwar von der Sündenlast.
Sünden sind vor allem Vergehen gegen Jesu Gebote in der Bergpredigt. Schlimmste Sünden sind das Töten und das Schwören. (Wenn du das Leben gewinnen möchtest, darfst du nicht töten / Schwöre niemals, nicht auf den Himmel, der Thron Gottes ist, noch auf die Erde. Agustí, S.85) In der Verfolgung werden die "Christen" bzw. "Apostel" sich weigern, ihrem Glauben abzuschwören oder den der römischen Kirche zu beschwören, was sie allesamt dem Feuertod bei lebendigem Leibe überantworten wird.
Kontakte zwischen den Gemeinden lassen sich erschließen. Magisch angehauchte Texte fehlen völlig, alles scheint auf Evangelien, Apostelgeschichte, teilweise auch Paulusbriefe und Vaterunser reduziert und auf den daraus resultierenden Lebenswandel. Evangelisch seien sie deshalb genannt, weil sie sich im Unterschied zur römischen Kirche so zentral auf die Evangelien berufen, und nicht auf kirchliche Texte. Dazu bedienen sie sich volkssprachlicher Übersetzungen, die spätestens für das 13. Jahrhundert auch dokumentiert sind.
Dieser christliche Glaube ist monotheistisch auf den neutestamentarischen Gott des Jesus ausgerichtet, und wie der katholische auf einen deutlichen Dualismus von gut und böse, wobei die jesuanischen "Dämonen", böse Geister, sich wie bei den Katholiken immer mehr in einer Art Satan konkretisieren. Das spirituelle Universum Gottes und seiner Engel war durch den Sturz eines Drittels von ihnen auf die Erde gestört worden, die sich in die Seelen von Menschen verwandelten, nun von Fleisch umhüllt und so der Sünde preisgegeben. Diese Erde, materielle Welt, ist die Schöpfung des Bösen, wie es ihrer Ansicht nach das Alte Testament beschreibt. Ein Paradies hat es nie gegeben, stattdessen ist das Gute in der spirituellen Welt Gottes aufgehoben. Der hat nun seinen Sohn, ein wesentlich spirituelles Wesen in menschlicher Gestalt, zu den Menschen geschickt, um durch ihn darüber aufzuklären, dass die Annahme des (heiligen) Geistes und ein entsprechender Lebenswandel ihnen Erlösung bringen kann.
Vor der Taufe steht die Bitte sowohl an Gott, an die Gemeinde und an alle, die bisher begangenen Sünden zu vergeben. Mit der Taufe des Handauflegens auf das auf dem Kopf des Gläubigen plazierte Neue Testament durch einen Reinen und dann alle anderen Anwesenden werden seine Sünden, ganz wie es Jesus und seine ersten Apostel vorgemacht hatten, gelöscht, selbst wenn das erst kurz vor dem Tod geschieht. Natürlich soll er dann keine neuen mehr begehen. Das ist jene von dem Rabbi verkündete göttliche Gerechtigkeit, die alle bekannte menschliche auf den Kopf stellt.
Dieser Ersatz für die Taufe wird von ihnen gemeinsam in Abständen immer wieder wiederholt im okzitanisch ausgedrückt aparelhament. Und der einzelne Gläubige oder Erwählte fällt mit jeder Sünde, also jedem nicht leben nach den Jesusworten, aus dem "heiligen Geist" und muss eine neue Probezeit durchmachen und wird dann erneut mit der "Tröstung" versehen. Bußen hingegen gibt es nicht, da sie ihnen sinnlos erscheinen.
Das Fehlen der meisten magischen Elemente der katholischen Kirche mit ihrer dogmatischen Verkleidung gewährleistet allerdings nicht, dass doch im 13. Jahrhundert theologische Probleme auftauchen werden. Fragen bleiben: Wieso duldet Gott die Rebellion eines Teils der Engel, wie streng muss die Askese der Erwählten sein, wiewohl Jesus das ja vorgegeben hatte. Im Italien des 13. Jahrhunderts wird das schon mal Animositäten unter italienischen Katharerbischöfen auslösen. Aber insgesamt gibt es wenig Lehre und Dogmen und nicht die Mühen von Argumentationszusammenhängen und Rechtfertigungsstrukturen, mit denen die römische Kirche von Anfang an beschäftigt ist. Man glaubt einfach den Worten des Herrn Jesu. Für diese Untersuchung hier ist vor allem von Bedeutung, dass ihr Glaube nicht nur das gesamte Gebäude der Kirche zum Einsturz gebracht hätte, sondern auch die weltlichen Machtstrukturen und zudem den sich gerade entfaltenden Kapitalismus.
Wichtigste Aufgabe dieser "Apostel" ist neben dem consolament die Mission, wobei nicht auf dem Markt gepredigt wird wie bald von den Bettelmönchen, sondern in den Häusern der Interessierten. Aber Einfluss üben sie vor allem durch ihren sichtbaren Lebenswandel aus. Kirchengebäude brauchen sie nicht und zitieren dafür die Apostelgeschichte: Das Höchste wohnt nicht in Dingen, die von Menschenhand gemacht (erbaut) werden. (Acta 7)
Was die römische Kirche in Männerhand besonders empört, ist die Tatsache, dass bei den "Aposteln" oder "Christen" auch Frauen das Wort des Evangeliums verkünden und das consolament verabreichen können. Das geschieht zwar dokumentiert nur halb so oft wie bei den Männern, ist aber per se empörend genug. (Brenon, S.200).
Die eigentlichen Apostel leben in kleinen, nach Geschlechtern getrennten Wohngemeinschaften, in denen sie auch handwerklich arbeiten. Von einem Kloster unterscheidet sich das aber dadurch, dass es keine Klausur gibt, die Bewohner gehen ein und aus genauso wie Besucher.
Gläubiger Katharer wird man meist, indem man in einer solchen Familie aufwächst, so wie man römischer Katholik mit der Geburt in einer solchen Familie wird. Was für Leute sind das? Für das Dorf Saint-Martin-Lalande mit seinen bei ihnen erwähnten 388 Personen stellen die Inquisitoren um 1245 fest, dass es 158 Gläubige gibt, darunter 16 Adelige, 40 Honoratioren, 16 Handwerker, 5 Dienstboten und vermutlich 81 Bauern. Ihr religiöses Leben findet vor allem in der Familie statt. Von den 15 Aposteln sind 2 adeliger Abkunft, 9 waren Honoratioren , einer Handwerker und drei Bauern. (Brenon, S. 211). Diese leben in nach Geschlechtern getrennten Wohngemeinschaften. Für diese Zahlen muss man aber bedenken, dass wir bereits in der Zeit brutalster Verfolgung und Vernichtung sind.
Schließlich sei noch eine ungewöhnliche Besonderheit der "Katharer" angemerkt, nämlich ihre Toleranz gegenüber Andersgläubigen, die sie in Frieden und freundlichem Umgang mit den Katholiken leben lässt. Überhaupt gehört zu den Besonderheiten Südgalliens in dieser Zeit ein relativ friedliches Miteinander der Menschen.
Immer wieder heißt es, sie seien über "ganz Frankreich" verbreitet, wobei dann Okzitanien einbegriffen ist.
1148 beauftragt ein Konzil in Reims die Zisterzienser mit der Missionierung solcher Ketzer. Bernhard von Clairvaux kümmert sich schon 1145 persönlich darum. Er ist entsetzt, wie stark sie verbreitet sind. An den Grafen von Toulouse schreibt er: In deinen Ländern geht ein reißender Wolf in Schafskleidern um. Die Kirchen stehen leer, die Gläubigen sind ohne Priester, die Priester ohne gebührenden Respekt und die Christen ohne Christus. Die Sakramente und die Festtage hält man nicht in Ehren, und allenthalben sterben die Menschen im Zustand der Sünde. (in: Oberste, S.34) Aus Bordeaux wird Bernhard verjagt, in Toulouse wenig freundlich aufgenommen.
Auf Konzilien werden diese Häretiker immer mehr zum Thema. Anselm von Alexandrien spricht von vier "Bistümern", katharischen episcopi.
Inzwischen breiten sich die Katharer in die Toskana und die Romagna aus. Um 1162 werden einige von ihnen aus England vertrieben, rund dreißig andere, die vielleicht aus dem Rheinland einwandern, werden getötet (Borst(2), S.108, mit Quelle). 1163 werden fünf weitere in Köln verbrannt, wie mehrere Quellen bezeugen. Kurz darauf taucht beim Mönch Ekbert von Schönau in seinen 'Sermones adversus Catharorum errores' zum ersten Mal das Wort Katharer auf. Er hatte selbst mit ihnen diskutiert, hält sie aber fälschlich für Manichäer. In Tours werden sie zum ersten Mal als "Albigenser" bezeichnet. Dort wird auch ihre Aufnahme in Häusern und der Handel mit ihnen verboten.
Es gelingt der Kirche und ihrem weltlichen Arm, diese Katharer vor allem mit brutaler und abschreckender Gewalt immer weiter auf das Gebiet der Langue d'Oc und die Nordhälfte Italiens zu beschränken. Dort halten sie sich wegen einer hochentwickelnden städtischen Zivilisation mit ihren Selbstverwaltungs-Einrichtungen, aber auch wegen der dortigen Schwäche monarchischer Gewalt. Dass die römische Kirche hier verworfener, ungebildeter oder irgendwie schwächer wäre als anderswo, wird zwar gelegentlich behauptet, lässt sich aber kaum verifizieren.
Okzitanien ist ein modernes Wort, Languedoc eine Landschaftsbezeichnung, die erst im 13. Jahrhundert aufkommt. Sie geht darauf zurück, dass das deutsche "ja" dort vom lateinischen hoc abgeleitet ist, während es im damaligen Frankreich oeil heißt, was später zu oui wird. Das Französische ist bereits auf dem Vormarsch nach Süden, aber dort bleibt die Sprache, die mit dem Katalanischen eng verwandt ist, Teil eines Gemeinschaftsgefühls. 1220 nennt der Graf von Toulouse in einem Erlass alle, die er betrifft, die homines de hac lingua nostra, die Leute unserer Sprache.
In Frankreich und deutschen Landen wie in den Gebieten italienischer Idiome beginnt Dichtung in den Volkssprachen, wobei sich Okzitanien durch die auch von trouvères gekennzeichnete höfische Kultur besonders auszeichnet. Solche Dichter-Sänger suchen Gefühlsintensität, richten ihre Leidenschaftlichkeit manchmal neben der amor fin auf die Kreuzzüge aus, manche sympathisieren aber auch mit den Katharern oder zumindest mit der patriotischen Abwehr französischer Angriffe.
1165 laden die katharischen Herren von Lombers bei Albi katholische Autoritäten zu einem religiösen Streitgespräch ein. Spätestens 1167 sind die Katharer in Südfrankreich bereits in einer Art Bistümern organisiert, die auch die Armen- und Krankenpflege übernehmen und ein Konzil organisieren.
In diesem Jahr reist nämlich der bogumilische Bischof von Konstantinopel Niketas (slawisch Niquinta) aus Byzanz über die Lombardei an. Er reist schließlich nach Saint-Félix-de-Caraman zwischen Albi und Toulouse, wo sich eine große Versammlung katharischer Bischöfe und Auserwählter/Vollendeter trifft, und zwischen zwei katharischen Bistümern mit seiner Vermittlung eine Grenze gezogen wird und die gute Nachbarschaft untereinander beschworen wird. Zudem erteilt er allen bei dieser Gelegenheit das consolament. Inhaltlichen Einfluss übt er offenbar nicht aus.
Die Bischöfe leben das Leben einfacher perfecti, wie die Inquisitoren sie nennen, der Bons Hommes oder Erwählten und wohnen auch mit ihnen unter einem Dach. Ihre besondere Rolle erschöpft sich im Organisatorischen. Diese späten Apostel sind durch das consolament auch die Einzigen, deren Seelen nicht wieder in neue Körper schlüpfen müssen, sondern mit dem Tod sich mit Gott vereinen. Die Vorstellung von einer Seelenwanderung taucht aber eher selten in den Quellen auf.
Inwieweit die Masse der Anhänger im Süden der Langue d'Oc das ganze Katharertum versteht oder lebt, ist eine andere Sache. Aber sicher sind die Gläubigen (credentes) deutlich näher an der jesuanischen Botschaft als die reiche Amtskirche mit ihren immer fürstlicher lebenden Prälaten.
Inzwischen tauchen die Armen von Lyon dort in der Öffentlichkeit auf, die ihre Gegner bald Waldenser nennen werden. 1179 werden sie vor allem deshalb auf dem Dritten Laterankonzil verurteilt, weil sie ein Laienpredigertum vertreten. Auf demselben Konzil werden die Strafen für Häretiker bis zur Konfiskation des Besitzes und Kerkerhaft ausgedehnt. Eine Zisterzienser-Gruppe unter Abt Henri von Clairvaux hatte in Vorbereitung des Konzils Okzitanien bereist und Schlimmes über die Ausbreitung der Häresie berichtet.
Was wohl auch beunruhigt, ist das friedliche und freundliche Miteinander von evangelischen und katholischen Christen. In Toulouse arbeitem dem römischen und dem katharischen Christentum zugeneigte Konsuln bestens zusammen, gelegentlich heiraten die Familien auch untereinander. Der evangelischen Variante zuneigender Hochadel behandelte seine katholischen Untertanen kaum anders als die anderen. In Adelsfamilien ist es durchaus gelegentlich üblich, dass Töchter und Witwen in katharische (weibliche) Wohngemeinschaften ziehen. Selbst der heimische (römische) Klerus scheint kaum auf Verfolgung der evangelisch orientierten Christen aus zu sein. Erst die Zunahme der Verfolgung von außen wird in Okzitanien das Miteinander gefährden, nach 1200 zeitweilig besonders im großen Toulouse.
Der Katharismus ist derweil wohl noch immer über die meisten Bischofsstädte Galliens, Norditaliens und am Rhein verbreitet, im Norden aber bereits auf dem Rückzug. 1177 zeigt sich Graf Raimund von Toulouse in einem Brief entgeistert über die vielen Evangelischen in seinem Herrschaftsbereich (Borst(2)117). Versuche Roms, sie zurückzuholen, scheitern vor allem an der Nähe von Teilen südgallischer Geistlichkeit und Adeliger zu ihnen. Päpstliche Legaten mit ihrem Protz und Prunk werden der Lächerlichkeit preisgegeben. 1208 wird sogar einer von ihnen ermordet. Mit ihrem am Evangelium orientierten Materie (das Böse) - Geist (Gott) - Dualismus bedrohen sie eine reiche und mächtige Kirche und deren wichtigstes Ritual, das in der Transsubstantiation kulminiert: Gott, immaterieller Geist, kann ihrer Ansicht nach nicht in Brot und Wein, etwas materiellem, anwesend sein. Die Kirche reagiert auf dem Vierten Laterankonzil 1215 damit, dass sie aber genau das bekräftigt.
In Italien zerfällt das Katharertum nach Ansicht einiger Historiker nach 1180 zunehmend in einzelne Fraktionen, die sich gegenseitig schon mal sittliche Verfehlungen vorwerfen, was schon mal zu mehreren Gemeinden am selben Ort und nach und nach zu Verfallserscheinungen führt. Inzwischen hat der gelehrte Bonaccorsi in Mailand sein Katharertum widerrufen und schreibt über sie, woraus etwas später die 'Manifestatio heresis Catarorum' hervorgehen wird. Inzwischen grenzen sich auch die Waldenser teilweise immer stärker von den Katharern ab.
Während die evangelischen Christen dann in Südgallien, bald nun Südfrankreich, im 13. Jahrhundert systematisch vernichtet werden, erleben sie in Italien aber eine Spätblüte. Im die christliche Heilsgeschichte stark dualistisch gestaltenden 'Liber de duobus principibus' des Johannes von Lugio heißt es dann: Es gibt zwei Welten: Eine sichtbare und eine unsichtbare. Jede der beiden hat ihren Gott. Die unsichtbare hat den guten Gott, den, der die Seelen rettet. Der andere, der sichtbare, hat den des Bösen, der die sichtbaren und vergänglichen Dinge macht. (nach: Agustí, S.83). Welchen Einfluss sein Text hat, bleibt allerdings unklar. Die früheren Katharer jedenfalls waren allesamt Monotheisten gewesen.
(siehe zur Verfolgung die Großabschnitte 'Kirche 3' und 'Ritter'.)
Humiliaten
Ähnlich wie die Katharer und anders als die Armen von Lyon („Waldenser“) waren die Humiliaten keine strikt evangelische Armutsbewegung. Keller fasst ihre Vorstellungen folgendermaßen zusammen: „Kleiderluxus vermeiden, sich des Wuchers enthalten, unrechtmäßig erworbenes Gut zurückgeben, den Lebensunterhalt durch Handarbeit verdienen, alle überschüssigen Einkünfte an die Armen verteilen, die Ehepflichten erfüllen, friedfertig und sittenrein leben und Demut, Geduld und Nächstenliebe üben. Die Humiliaten kamen zwischen der Arbeit zu gemeinsamen Gebetsstunden zusammen und bestärkten sich sonntags auf den gottesdienstartigen Versammlungen durch ihre Predigten.“ (Begrenzung, S.458)
Als Gründer gelten lombardische Adelige besonders aus Mailand, aber die „Demütigen“ werden schnell zu einer Bewegung unter Handwerkern, die eine Art kleinbürgerliche Rechtschaffenheit und Ehrbarkeit pflegen. Wie andere evangelische Bewegungen der Zeit konzentrieren sie sich ganz auf das Neue Testament, lehnen Eide ab und pflegen die Laienpredigt, und wie die 'Armen von Lyon' widmen sie sich der Häretikerbekämpfung.Sie teilen sich in Laien, die in ihren Familien und deren Häusern wohnen, Regulare, die in nach Geschlechtern getrennten Gemeinschaften leben, sowie in gemeinschaftlich lebende Kleriker (C.Ardenna in 'Verwandlungen', S.247)
1184 werden sie ebenso wie die Waldenser und andere "Häretiker" von Papst Lucius III. verurteilt und mit dem Bann belegt, wohl vor allem wegen der Laienpredigt. 1201 werden sie von Innozenz III. wieder in die Kirche aufgenommen, nachdem sie ebenso wie die Jünger des Franziskus eine ordensmäßige Organisation mit Statuten akzeptieren, wobei insbesondere die Laienpredigt stark eingeschränkt wird. Das führt zum Übertritt von Humiliaten zu den Waldensern; andere bilden insbesondere in Mailand für einige Jahrzehnte noch eine stattliche Gemeinde.
Der Geistliche Arnold von Brescia wollte in derselben Zeit die Kirchenreform, die gerade an einer weiter verweltlichenden Kirche scheiterte, fortführen dahingehend, dass die Kirche auf allen Besitz und ihre ins Weltliche reichende Macht verzichen sollte. Im Bündnis mit der römischen Kommunalbewegung versuchte er die päpstlichen
Machtvollkommenheiten zu beschneiden. Kommentar des Gelehrten Johannes von Salisbury: Was er lehrte, stimmte weitgehend überein mit dem Gebot der Christen, deren Leben freilich weit davon abwich.
„Waldenser“: Die Armen von Lyon
Anders als die Entstehungsgeschichte der am Ende weitgehend in den kirchlichen Rahmen integrierten Franziskaner ist die der später und von ihren Gegnern so genannten Waldenser kaum solide dokumentiert, waren sie doch wenige Jahrzehnte nach ihren Anfängen bereits kirchlicher Verfolgung ausgesetzt. Anfang des 14. Jahrhunderts schreibt der Dominikaner Bernard Gui das Kapitel 'De secta valdensium' seiner 'Practica inquisitionis heretice pravitatis', welches auf erheblich frühere Quellen teilweise wortwörtlich zurückgreift:
Die Sekte oder Ketzerbewegung der Waldenser oder der Armen von Lyon entstand etwa im Jahre des Herrn 1170. Der verantwortliche Gründer war ein Einwohner von Lyon, Valdesius oder Valdensis, daher der Name dieser Sektierer. Er war reich, aber nachdem er alle seine Güter weggegeben hatte, nahm er sich vor, in der Nachfolge der Apostel in Armut und in der Vollkommenheit des Evangeliums zu leben. Für seinen eigenen Gebrauch hat er die Evangelien in die Volkssprache übersetzen lassen. Ebenso einige andere biblische Bücher und auch einige Lebensregeln des Heiligen Augustinus, Hieronymus, Ambrosius und Gregorius, die unter Titeln, die er und seine Anhänger Sentenzen nannten, verbreitet wurden. Sie lasen sie sehr oft, aber sie verstanden sie nicht richtig. Obwohl sie ungebildet waren, maßten sie sich, von sich selbst überzeugt, die Funktion der Apostel an und wagten, das Evangelium auf den Straßen und öffentlichen Plätzen zu verkünden. Besagter Valdesius oder Valdensis riss in seiner Anmaßung zahlreiche Anhänger beiderlei Geschlechts mit sich, die er wie Jünger zum Predigen aussandte. (deutsch in Audisio, S.20)
Mehr ist über der Gründer der Bewegung und die Anfangszeit nicht bekannt, der Rest sind unüberprüfbare Legenden. Erschließen lässt sich ein Erweckungserlebnis eines Kaufmanns, welches ihn dazu brachte, ein apostolisches Leben zu führen, welches sich insbesondere am Jesus des Matthäusevangeliums und an der Apostelgeschichte orientierte: Ein Leben in der von Jesus verlangten absoluten Armut, versehen mit dem jesuanischen Auftrag der Verkündigung seines Wortes und dem absoluten Primat dieses (neutestamentarischen) Gotteswortes, welches über allen kirchlichen Instanzen stehen soll.
Im Text des inquisitorischen Dominikamers wird deutlich, was allen Armutsbewegungen zu eigen ist: Während Kirche und weltliche Macht bislang sehr deutlich immer wieder auf das (jüdische) Alte Testament rekurriert hatten, konzentriert sich auch diese Armutsbewegung ganz auf das neue.
Armutsbewegungen waren in dieser Zeit nichts Neues und wurden von der in immer mehr Pracht und Protz lebenden Kirche geduldet, solange sie sich der Kirche voll unterordneten. Als eine Abordnung der Armen von Lyon auf dem Dritten Laterankonzil erschien, wurde ihr das denn auch mündlich konzediert. In diesem Jahr 1179 gab es sogar die Erlaubnis zu predigen, allerdings mit der gravierenden Einschränkung, dass man erst die Erlaubnis des jeweils zuständigen Pfarrers einholen müsse. Dennoch war das Predigen jesuanischer Armut eine stattliche Herausforderung an die Kirche, insbesondere, da es bei den „Waldensern“ im Unterschied zu Humiliaten und Katharern zunächst mit der Ablehnung jedes sonstigen Gelderwerbs verbunden war. Aber die Armen von Lyon, die sich schnell verbreiteten, waren eben auch bereit, sich der Kirche zu unterstellen und zudem auch gegen die deutlich häretischeren Katharer zu predigen, weswegen sie auch dort in dem Land der langue d'oc, dem zukünftigen Südfrankreich, Gemeinden bilden können.
Walter Map schreibt darüber, wie verächtlich und bedrohlich zugleich er sie sieht:
Diese Leute haben nirgends feste Wohnsitze, (...) in Bauernkleidern ziehen sie einher, sie besitzen nichts und haben alles wie die Apostel gemeinsam. Nackt folgen sie dem nackten, armen Christus nach. Jetzt, zu Anfang, geben sie sich demütig; noch sind sie draußen. Lassen wir sie ein, fliegen wir hinaus. (in: Haas, S.84)
Die Ungebildetheit dieser Bewegung ist aber ein Phänomen der späteren Unterdrückung durch die Kirche, als sie in ländliche Räume und dort in den klandestinen Untergrund abgedrängt wurde, handelte es sich doch zunächst um bürgerliche Kreise in den Städten. Stattdessen setzen sie bald auf eigene Schulen, um so religiöse Laienbildung zu fördern.
Zum Problem des Predigens von Laien kam, dass auch Frauen damit anfingen. Und so verbietet der Erzbischof von Lyon die „Waldenser“ in seiner Stadt und sie müssen von dort fliehen. 1184 werden sie in Verona von Papst Lucius III, zusammen mit den Humiliaten mit dem Kirchenbann belegt. Das hindert „Waldenser“ aber nicht daran, sich weiter der Kirche zugehörig zu fühlen und entsprechend keine eigene Organisation aufzubauen. Allerdings hält sich die Verfolgung zunächst in Grenzen.
Da diese sich langsam über Teile Frankreichs, Norditaliens und des Westens Deutschlands verbreitende Bewegung zunehmend in einzelne Predigergruppen zerfiel, kam es zu Besonderheiten: Die einen begannen, jeden Eid und die Todesstrafe abzulehnen, andere entwickelten eigene Formen des Abendmahles und die Beichte bei Laien begann sich durchzusetzen. Da sie von der Eucharistie der römischen Kirche ausgeschlossen waren, entstand neben den Predigern das Amt dessen, der sie nun zu vollziehen hatte.
1215 werden die „Waldenser“ dann auf dem Vierten Laterankonzil nicht nur als Schismatiker, Kirchenspalter, sondern auch als Häretiker verurteilt. In den nächsten zehn, zwanzig Jahren beginnt die systematische Verfolgung. Schon Ende des 12. Jahrhunderts war der Feuertod für Ketzer beschlossen worden und die Konfiskation ihres Eigentums. 1231 wurde mit der Inquisition das förmliche Gerichtsverfahren mit Folter usw. etabliert. Von nun an waren Waldenser wie andere Arme Christi in einen Untergrund absoluter Illegalität abgedrängt. Ihre Zentren verlagern sich immer mehr ins neue, östliche Deutschland, nach Böhmen und Österreich. Mit der Flucht aus den Städten werden sie dabei immer mehr zu einer Bewegung der kleinen Leute, von Handwerkern und insbesondere von Bauern.
Homobonus von Cremona
Homobonus Tucenghi wird um 1117 als Kind eines Kaufmanns geboren. Er erlernt von seinem Vater den Tuchhandel, und ist selbst "hochrangiger Handelsherr", der selbst bis etwa zu seinem 65. Jahr "über Land und übers Meer" reist. (Mariella Morandi) Er wohnt im Handwerker- und Händlerviertel in der Cittanova, wo er auch als Schneider tätig gewesen sein soll. Er ist verheiratet und hat Kinder.
Mit etwa 65 Jahren findet eine Art Konversion statt, Homobonus gibt den Handel auf, verkauft seine Ländereien und wechselt vom luxuriösen Kaufmannsgewand in dunkle, braune Büßerkleidung des sich öffentlich bekennenden Sünders. Er führt nun ein Leben im häufigen Gebet, mit eifrigem Fasten und Geißeln mit dem Bußgürtel und in Wohltätigkeit, was seine Familie verständlicherweise verärgert. Er vermittelt zudem in schweren Konfliktfällen in der Cremoneser Oberschicht, wie ebenfalls in seiner Vita angedeutet wird.
Für die Kirche wie die weltliche Gewalt ist wichtig, dass dieser Mann zeigt, dass Armut als Grundlage für frommen Lebenswandel nicht Rebellion bedeuten muss: Homobonus bleibt der Kirche treu ergeben. Darüber hinaus wird er nicht wirklich arm, er behält genug für den Lebensunterhalt von sich und seiner Familie. Etwas neues ist aber auf jeden Fall, dass nun, im Unterschied zu früheren Zeiten, ein Nichtadeliger in den Rang der Heiligkeit aufsteigt.
Sicardo, zugleich Graf und Bischof von Cremona (von 1185 bis 1215) reist bereits mehr als ein Jahr nach dem Tod des angesehenen Bürgers mit einer großen Schar geistlicher und weltlicher Honoratioren der Stadt zum Papst, um dessen Heiligung zu erreichen. Dabei kann er bereits auf eine Anzahl Wunder zurückgreifen, die seine Leiche bewirkt habe. 1199 wird er von Papst Innozenz III. heiliggesprochen .Für den Graf und Bischof bedeutet das, dass er sich der Unterstützung der unteren Schichten eines naiveren Populus erfreuen kann, die in besonderer Weise an lokalen Heiligen hängen.
Franz von Assisi
Francesco ist der Sohn von Pietro Bernadone, eines wohlhabenden Kaufmanns von Assisi, der mit Tuchballen handelt. Als der Sohn um 1181 geboren wird, ist der Vater gerade auf Geschäftsreise in Frankreich. Assisi gehört zu Umbrien, ein „Italien“ gibt es noch nur als geographischen Begriff, wie auch Umbrien einer ist. Gerade in Nord- und Mittelitalien haben sich manche römische Städte wie Rom oder Mailand mehr als im Frankenreich in Kontinuität seit der Römerzeit erhalten können. Zur Zeit des Franziskus beginnen Händler und Handwerker immer mehr, die Macht mit ihren Zünfte und Gilden, den artes, wie sie heißen, an sich zu reißen.
Eine Welt neuer Werte und Vorstellungen entsteht, jene bürgerliche, in der Geld und finanzieller Erfolg immer wichtiger werden, und in der die alten adeligen und christlichen Tugenden langsam zu Idealen ohne Gegenstück in der Wirklichkeit werden. Francesco wird sich sehr demonstrativ gegen die neue Welt entscheiden. Der Bürgersohn wird sehr unbürgerlich sein, mag seine Abkunft ihn auch geprägt haben..
In seiner jugendlichen Lehrzeit als Kaufmann und Händler in relativem Wohlstand (mit Lesen und Schreiben und vielleicht etwas Latein) wird Francesco wohl von Phantasien ritterlicher Ideale angezogen: Mut, Edelmut, Tapferkeit, Selbstlosigkeit, und das alles für hohe Ziele, so wie es die dem Zeitgeist entsprechenden Heldenlieder darstellen. Er nimmt an einem Feldzug Assisis gegen Perugia teil, wird 1202 für ein Jahr eingekerkert und vermutlich nach Lösegeldzahlung durch seinen Vater wieder freigelassen. Einmal reitet er sogar mit Freunden gen Süditalien, um in einem päpstlichen Heer mitzukämpfen, kehrt aber auf halbem Wege wieder um. Papsttum, viele Städte wie Florenz, Kommunen“, Stadtgemeinden, sind derzeit „guelfisch“ (welfisch) und gegen die staufischen („schwäbischen“) Kaiser gerichtet. In diesem städtischen, bürgerlichen Milieu werden Francescos Anhänger später ihre enorme Wirkung entfalten.
Laut der ersten Vita des Thomas von Celano war er ein Anstifter zu bösen Streichen, und kein Anhäufer von Geld, sondern ein Verschleuderer des Reichtums, kein umsichtiger Kaufmann, aber ein leichtfertiger Verteiler. Er nahm seinen Weg mitten durch die Straßen Babylons.
Die Konversion des Francesco wird mehrere Jahre dauern. Jedenfalls verabschiedet er sich vom Gelderwerb, vom Rittertum, unternimmt eine Wallfahrt nach Rom, verschwindet bei einem Priester in der Nähe, verschwindet dann immer wieder in die umbrische Einsamkeit, bricht wie das Vorbild Jesus immer mehr mit dem Elternhaus, das von ihm entgeistert ist, insbesondere als er väterliches Gut für die Armen verwendet.
Er renoviert die kleinen Kirchen San Damiano und die von Portiuncula und hört dort, falls das stimmt, was Thomas von Celano in der Vita I erzählt, eine Predigt:
Als der heilige Franziskus hörte, dass die Jünger Christi nicht Gold noch Silber noch Geld besitzen, noch Beutel, noch Reisetasche, noch Brot, noch einen Stab auf den Weg mitnehmen, noch Schuhe, noch zwei Röcke tragen dürfen, sondern nur das Reich Gottes und Buße predigen sollen, frohlockte er (...) und sprach: "Das ist's, was ich will (...)." Allsogleich löst er die Schuhe von den Füßen, legt den Stab aus der Hand und, zufrieden mit einem einzigen Habit, vertauscht er den Ledergürtel mit einem Strick.
Die Reaktion darauf laut demselben Text:
Bei seinem Anblick fingen alle, die ihn kannten, an, indem sie das Einst und Jetzt verglichen, ihm harte Vorwürfe zu machen. Sie hießen ihn einen Verrückten und Wahnsinnigen und bewarfen ihn mit Straßenkot und Steinen. Sie sahen, wie sein früheres Benehmen sich verändert hatte, wie er durch Kasteiung des Fleisches ganz abgezehrt war, und schrieben deshalb sein ganzes Treiben der Erschöpfung und dem Wahnsinn zu.
Es kommt zum Bruch, der irgendwann um 1300 von Giotto di Bondone als jene öffentliche Gerichts-Szene dargestellt wird, in der er seinem Vater sein Gewand vor die Füße wirft und so demonstriert, dass er auf sein Erbe verzichtet. Dabei unterstützt ihn Bischof Guido II. von Assisi.
Der wütende Vater schleppte ihn vor den Bischof der Stadt, damit er in dessen Hände auf sein ganzes Vermögen verzichte und alles zurückgebe, was er habe. (...)Vor den Bischof geführt, duldete er weder Aufschub noch irgendeine Verzögerung (...), sondern legte sofort alle seine Kleider ab, warf sie hin und gab sie dem Vater zurück. Nicht einmal die Hose behielt er zurück, vollständig entblößte er sich angesichts aller. (Thomas von Celano, Vita I)
Der Freskenzyklus von Giotto bedient sich zwar eines neuartigen und lebendigen "Realismus"der Figuren, entspricht aber dem nach dem Tod des Francesco entwickelten sehr legendären Bild des Heiligen, dem nämlich, welches nach seinem Tod populär wird.
In seinem Testament wird er schreiben:
So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben, das Leben der Buße zu beginnen: Denn als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen. Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt.
Es ist – soweit die Quellen tragen – keine intellektuelle Umkehr, sondern die Suche nach einem guten Leben, nach Lebensglück, nach dem, was wichtig ist für die kurze Zeit des Daseins. Vielleicht haben seine chronischen Krankheiten beigetragen (Augen, Verdauungsorgane), vielleicht war sein Geschlechtstrieb nicht so stark entwickelt wie bei einigen Altersgenossen. Aber verstehen kann man den anderen ohnehin nur über das, was er tut, und schon gar nicht über das, was er womöglich selbst nicht weiß.
Wichtig scheint, dass Francesco sich wohl nicht mehr auf die Suche nach einem Ideal begibt, sondern auf die Suche nach sich selbst. Er pendelt zwischen dem Kontakt zu vielleicht nicht sehr konformen Priestern, der zunächst eher symbolischen Einsamkeit in der "Natur" (in Höhlen, Eremitagen) und dem Aufenthalt in Städten, wo ihn die Gutbürgerlichen in seiner einfachen Kleidung, mit Bart und langen Haaren beschimpfen und körperlich angreifen. Offensichtlich entwickelt er Stärke aus Leidensfähigkeit, ohne einen Kult des Leidens zu entwickeln, wie er für die Religionshelden des frühmittelalterliche Christentum nicht ungewöhnlich war. Er wird arm, gewaltlos und keusch.
"Ich selbst" geht natürlich nicht ohne Leitbilder, an denen man sich zumindest abarbeitet, und für ihn sind das offenbar die Eremiten und die Wanderprediger, die sich in der unmittelbaren Nachfolge Jesu sehen. Wer genau in seine Wortwahl und seine Sprach- und Vorstellungswelt schaut, wird zudem eine Übertragung christlich-ritterlicher Ideale vom hohen Ross in die Niederungen einer erstaunlichen Demut entdecken.
Er will kein Ritter oder Kaufmann mehr sein, aber er möchte auch kein Kleriker oder Mönch werden. Er wird im wahrsten Sinne des Wortes evangelisch. Das heißt, er tritt gemäß den Evangelien (das Alte Testament lässt er fast außer Acht) nicht in die Fußstapfen der Apostel, sondern in die direkte Nachfolge des Menschen Jesus. Da dieser sich die ungeheure Freiheit herausgenommen hatte, nur seinem Gottvater zu dienen und die irdischen Mächtigen soweit zu verachten, dass er es nicht einmal für lohnend hielt, sich gegen sie aufzulehnen, wird unser Francesco auch nicht „politisch“, sondern bleibt ganz und gar persönlich. Er wird in diesem Sinne ein Mensch der Tat und nicht vor allem des Wortes, obwohl er anfängt, öffentlich zu predigen, auf Märkten, Straßen, in Häusern, die sich ihm öffnen.
Was er predigt, sind nicht die Sakramente, die er in Ehren hält, nicht der Gehorsam gegen Autoritäten, den er hinnimmt, sondern das Leben Jesu. Seine erste „Regel“ für seine Brüdergemeinde, die zunächst kein Orden werden soll, besteht ausschließlich aus Zitaten aus den Evangelien, in denen beispielhaft das Leben Jesu beschrieben wird: Lebensführung geht über Glaubenssätze, die Kirche wird respektiert, aber seine Brüdergemeinde aus Laien und Klerikern, Adeligen und kleinen Leuten lebt vor allem außerhalb von ihr (allerdings nicht gegen sie).
Als Francesco aufgrund des ungeheuren Zulaufes durch die Umstände und die Mächtigen gezwungen wird, neben seiner (eigenen) Brüdergemeinschaft einen Orden zu gründen, wird er ihnen keine Äbte und Prioren geben, sondern „Knechte“ und „Wächter“. Bei ihm müssen sie einmal im Jahr den Mönchen die Füße waschen. In dieser ersten Ordensregel, die so vom Papsttum nicht angenommen wird (regula non bullata von 1219), gibt es ein Recht der Mönche auf Verweigerung des Gehorsams, wenn das Gewissen sagt, dass eine Anordnung falsch ist.
Das Gebot der Armut bzw. der Besitzlosigkeit geht bei ihm soweit, dass die Brüder kein Haus (bzw. gar ein Kloster) besitzen dürfen, kein Reittier (weswegen sie in gesundem Zustand auch zu Fuß gehen sollen, am besten barfuß), und nur ein Buch besitzen sollen, die Evangelien. Bücher, also Handschriften, sind damals ungeheuer teuer und zudem für ihn ein intellektuelles Hindernis auf dem Weg in die Nachfolge Jesu. Freiheit ist die Freiheit von jeder Abhängigkeit außer der gott- bzw. naturgegebenen. Zugleich besteht er darauf, dass jeder Arbeitsfähige arbeitet, auch in fremdem Auftrag, aber es darf kein Geld angenommen werden, nur Naturalien zur Erhaltung des eigenen Lebens. Ansonsten sollen die einen abwechselnd mit den anderen betteln gehen, um Almosen (Lebensmittel, nicht Geld) zu erlangen, während die anderen ihre Zeit für die vielfältigen meditativen Formen christlichen Lebens einsetzen können.
Mit Armut ist für ihn evangelische Eigentumslosigkeit gemeint, nicht Müßiggang und Bettelei als Regel. In Francescos Testament heißt es entsprechend:
Ich habe stets mit meinen Händen gearbeitet und will arbeiten. Ich wünsche, dass auch meine Brüder arbeiten, wie es sich ziemt. Die es nicht können, sollen es lernen – nicht der Bezahlung wegen, sondern um des guten Beispiels willen und um dem Müßiggang zu wehren. Doch wenn uns der Lohn der Arbeit nicht gewährt wird, wollen wir unsere Zuflucht zum Tisch des Herrn nehmen und an den Türen Almosen erbetteln. (in WGoez, S.328)
Was Francesco ganz offensichtlich nicht möchte, ist, einen Bettelorden entstehen zu lassen.
Das Training in Gewaltlosigkeit geht so weit, dass die Brüder, wenn sie in den Städten geschlagen oder verprügelt werden, lernen sollen, sich dafür zu bedanken, so wie es Jesus befohlen hatte.
Offensichtlich gelingt alles das Francesco und seinem engeren Kreis so gut, dass sie Bewunderer ebenso beim Adel wie besonders bei den kleinen Leuten finden. Was die einfachen Menschen in Stadt und Land betrifft, hat diese volksfromme Verehrung ihren schriftlichen Niederschlag in den noch im 13. Jh. wohl in Ancona aufgeschriebenen 'Fioretti' erhalten, den volkssprachigen „Blümlein des heiligen Franziskus“, Heiligenlegenden um ihn, die seine Einfachheit, Herzlichkeit, seine Heiterkeit und Freundlichkeit idealisierend beschreiben.
Unter christlicher Askese wird meist verstanden, dass derjenige sich „kasteit“, von castigare = „züchtigen“. Das gibt es als Nachvollzug der Passion Jesu, so wie es das an Feiertagen auch bei den Schiiten gibt, die das Leiden Alis nachvollziehen. Askese heißt aber eigentlich so etwas wie sich Einüben in eine (selbstbestimmte) Lebensweise. Im lateinischen Mittelalter konnte so etwas auch exercitatio heißen (woraus die "Exerzitien" abgeleitet sind).
Mühe um dessen willen, worum man sich bemüht, und nicht um eines erst daraus abgeleiteten externen Lohnes willen macht noch heute für manchen die schönsten Tätigkeiten aus, die selbstbestimmten, vergnüglichsten. Darum entwickelt Franziskus auch keine eigentliche "Arbeitsethik", sondern bemüht sich um Sinnhaftigkeit und Würde in der Arbeit, die ihm ein wichtiger Teil des Lebens ist. Wer ihn allzu sehr moralisch liest, hat offenbar nicht verstanden, dass er das gar nicht nötig hatte.
Das selbstbestimmte Leben in absoluter Freiheit von selbstgeschaffenen Zwängen als Endpunkt der Konversion des Franziskus war natürlich vorbestimmt insofern, als es ihm um die imitatio Christi ging. Diese wieder aufgegriffene Vorstellung einer unmittelbaren Nachfolge des Menschen Jesu, eine extrem unkirchliche Vorstellung, wird in den nächsten 200 Jahren städtische Bewegung einer kleinen Minderheit von Mailand und Florenz bis Gent und Brügge werden. In solchen Hochburgen eines Frühkapitalismus aus Handel und Handwerk bis hin zu Manufakturen wird diese Art der Frömmigkeit auch „sozialpolitische“ Züge bekommen, die frühen Gegner des neuen Wirtschaftens sind oft Christen.
Dabei werden mit der Radikalität von Katharern und von den Franziskanern abgewanderten Fratizellen manchmal auch Aspekte von Leibfeindlichkeit wieder entwickelt.
Wichtig für Franziskus ist, dass Armut (paupertas) keine Form der Selbstkasteiung oder der Entbehrung ist, sondern Voraussetzung seiner Freiheit. Darum wird er in der Sprache der hohen Minne die Dame Armut (Domina Paupertas) lieben, die er dann öfter auch mit Maria identifiziert.
Den ersten „Brüdern“ schenkt die Benediktinerabteil vom Monte Subasio das Kirchlein Potiuncula. Sie leben in der Nähe in einfachen Hütten.
Diese Lebensform muss faszinierend gewesen sein: Der erste uns bekannte Mann, der zu Franziskus dazustößt, ist der reiche Bernardo da Quintavalle, der seinen gesamten Besitz verkauft und den (unfreiwilligen) Armen schenkt. Der zweite ist Pietro Cattani, ein studierter (Bologna) Jurist und Domherr. Dazu kommen aber auch Kaufleute, Handwerker und Bauern.
Wie auch immer die Zustände in der Kirche gewesen sind, Francesco liegt wenig daran, sie zu kritisieren, ist er doch nicht Kritiker, sondern einer, der sich selbst sucht. Im Testament heißt es dazu:
Gott gab und gibt mir solchen Glauben an alle Priester, die nach der Ordnung der Heiligen Römischen Kirche leben, dass ich meine Zuflucht auch dann zu ihnen nehmen wollte, wenn sie mich verfolgten. Und wenn ich soviel Weisheit wie Salomon besäße und zu armseligen Priestern ohne jede Gelehrsamkeit käme, so würde ich mir niemals herausnehmen, gegen ihren Willen in ihren Kirchen zu predigen. Alle Zeit will ich die Priester als meine Herren fürchten, lieben und ehren. (in diesem Deutsch in WGoez, S.319)
Dennoch wird die Kirche dieses Testament als zu radikal ablehnen.
Dass Franziskus kein solcher Allerweltschrist wie zum Beispiel seine Eltern geblieben ist, sondern nach seinem eigenen Christentum sucht, beweist immerhin Mut, Eigensinn und Interesse, seltene Eigenschaften. Seine Suche dauert denn auch eine Anzahl Jahre, bis er das ihm Gemäße gefunden hat. Was er offenbar neben den Evangelien als vorgegeben weiter behält, ist das Mysterium der Sakramente. Vielleicht kommt deren sinnliche Ausübung in der römischen Kirche seiner eigenen Sinnlichkeit entgegen. Mag der joculator dei, der Spielmann oder Gaukler Gottes, wie ihn seine Anhänger bald nannten wegen seiner oft heiteren Ausstrahlung, sich auch in manchem aus dem Raum der Kirche entfernt haben, die Verehrung der Sakramente hielt ihn doch an sie gebunden: Sakramente aber verlangen nach dem geweihten Priester, und den kann es ohne Kirche nicht geben.
1209 wandern die ersten zwölf Brüder nach Rom, wo sie vom Papst nach einigem Zögern die mündliche und wohl vorläufige Anerkennung ihrer Gemeinschaft erlangen, wobei Franziskus keine Ordensregel, sondern eine Sammlung von Evangelienzitaten vorlegt. Anerkennung durch den Papst erst legalisiert das Laienpredigertum der Minderbrüder, fratres minores.
Natürlich ist selbstgewählte Armut etwas anderes als aufgezwungene: Sie wird anders erlebt und empfunden; die eine ist in der Sprache der Zeit Demut (humilitas), und die andere in unserem heutigen Wortsinn demütigend. Das mittelhochdeutsche Wort Demut benennt die Bereitschaft zum Dienen und mit der neuen Poesie und Bildersprache um 1200 werden Lieben und Dienen gleichgesetzt. Wie wiederholt unser Francesco immer wieder: deus est caritas. Wie in einem nachhallenden Echo wird hundert Jahre später die carità die alles durchdringende Tugend in Dantes Paradies sein.
Glauben und Wissen lassen sich für viele schwerlich klar voneinander trennen. Einerseits ist das Glauben gefühlsintensiver, emotionaler, und das Wissen etwas eher vom Intellekt getragenes, manchmal nahe bei Schillers Blässe der Gedanken. Andererseits wird der Glaube im Zeitalter (natur)wissenschaftlicher Kriterien abgewertet als etwas Ungewisses, jemand glaubt nur und weiß nicht... Zur Zeit unseres Francesco ist der Einfluss der aristotelischen Philosophie sehr groß bei den wenigen Belesenen, und auch über den Umweg islamischer und jüdischer Gelehrter trägt er zur Herausbildung der Scholastik bei, eines Versuches, Glaube als Religion und die Vernunft zusammenzubringen.
Franziskus respektiert diese Schriftgelehrten einerseits, aber als ein mehr der Poesie als der Philosophie zugetaner Mensch erachtet er den Nährwert vernünftiger Ableitungen und Schlussfolgerungen für seine besondere Lebensform für gering. Das, was ihn in der Volksfrömmigkeit so beliebt macht, ist seine Hochschätzung der Einfachheit, vielleicht wäre das Wort Schlichtheit noch angebrachter. Franziskus begründet seinen Glauben nicht, sondern er glaubt einfach so intensiv, dass es für ihn den Schein intensiven Wissens erhält. Woran er im Kern glaubt ist der Jesus der biblischen Geschichten ohne alle darauf gesetzte Theologie. In seinem Testament heißt es darum:
Ich befehle im Namen des Gehorsams, dass man der Regel oder diesem Testament keine Auslegung beifügt, indem man sagt: So oder so ist das zu verstehen. Der Herr gab es mir, diese Worte reinen Herzens und einfältig zu diktieren, und so sollt auch ihr sie einfältig und lauter ohne alle Erläuterungen verstehen und allzeit befolgen. (in WGoez, S. 328f)
Jedem kritischen Geist sträuben sich natürlich andererseits die Haare bei dieser Verbindung von Einfachheit mit ihrem Diktat für andere. Das, was er hier formuliert, hätte dem jungen Aussteiger womöglich missfallen, wäre es von einem anderen ihm gegenüber geäußert worden. Aber der altgewordene, inzwischen Stigmatisierte scheint zu einer Heiligkeit gefunden zu haben, die ungeniert autoritär macht.
Noch in der regula bullata von 1223 heißt es:
Jene, die keine wissenschaftliche Bildung haben, sollen nicht danach trachten, sondern Acht geben, dass sie vor allem den Geist des Herrn und sein heiliges Wirken zu besitzen wünschen, dass sie allzeit mit reinem Herzen zu ihm beten und Demut, Geduld in Verfolgung und Krankheit besitzen und jene lieben, die uns verfolgen, tadeln und beschuldigen. (in: Gleba, S.178)
Das so wichtige Moment der Heiterkeit in seinem Christentum findet sich zum Beispiel im franziskanischen 'Speculum perfectionis' mit folgenden Zeilen:
Der selige Franziskus trachtete vor allem danach, wenn er nicht gerade dem Gebet oder dem Dienst an Gott oblag, außerhalb wie innerhalb seiner selbst eine fortwährende geistliche Freude zu bewahren. Und eine solche wollte er auch am liebsten bei seinen Brüdern antreffen; machte er ihnen oftmals ihre Äußerungen von Traurigkeit und Schwermut zum Vorwurf.
Das wirksamste an diesem Franziskus fasst Jacques Le Goff in seinem Buch über ihn so zusammen: "Er führte die christliche Spiritualität mit der Laienkultur des Rittertums der Troubadoure und der Laienkultur des bäuerlichen Lebens mit seinen Tieren und seinem natürlichen Universum zusammen. Dieser erstaunliche Franziskaner sprengte den Deckel des Klerikalismus, der auf der alten lebendigen Kultur der Menschlichkeit gelastet hatte.“
In den Beschreibungen der Zeit wird Franziskus immer wieder als „heiter“ (hilaris) oder „von heiterer Art“ beschrieben. Als Motto wählte er sich: Armut mit Fröhlichkeit (paupertas cum laetitia). In den Beschreibungen der frühen Franziskaner tauchen immer wieder folgende Worte auf: gaudium (Freude,Spaß), iocunditas (muntere Freude), laetitia, risus (Lachen, Gelächter). Der frühe Franziskaner Peter von Tewkesbury soll einmal gesagt haben: Drei Dinge sind zum irdischen Wohlbefinden nötig: Speise, Schlaf und Humor.
Nachfolger Bonaventura schreibt über den Lebensweg des von Franziskus inspirierten Christen: Der Weg beginnt, stimuliert vom Gewissen und endet im Gefühl geistiger Freude (spiritualis laetitia), er wird im Schmerz geübt, aber er erfüllt sich in der Liebe (sed consummatur in amore).
Soweit die Quellen reichen, wollte Franziskus keinen neuen Mönchsorden gründen, nicht sozusagen ein Konkurrenzunternehmen zu schon vorhandenem. Das alles wurde aber anders, als seine Anhängerschaft weit über die kleine Gemeinschaft in der Nähe von Assisi hinauswuchs, in der er sein Leben verbrachte, wenn er nicht als volkstümlicher Prediger auf Wanderschaft war oder sich in irgendeine Einsiedelei in der Natur zurückgezogen hatte.
Zunächst mal blieb seine kleine Gemeinschaft in der Nähe von Assisi nicht von Anfeindungen verschont. Zu ihrem Schutz sucht Franziskus darum die Anerkennung durch den Papst und schreibt dafür einen kurzen Text. Diese vitae formam et regulam (Lebensform und Regel) legte Franz zusammen mit ein paar Getreuen dem vielleicht mächtigsten Papst des Mittelalters vor, Innozenz III., der von ganz anderen mönchischen Traditionen durchdrungen ist. Sie ist verloren (?) gegangen, und der wichtigste Biograph von Franziskus, Thomas von Celano, hat womöglich 1228 das Wort regula nachträglich eingefügt. Er schreibt nämlich: Franziskus beschrieb in kurzen Worten für sich, seine derzeitigen und zukünftigen Brüder eine Regel, die hauptsächlich aus Bibelversen bestand, die nur er vollständig und bedingungslos erfüllen wollte. (Meine Hervorhebung!)
Das wäre schlechterdings keine "Regel", sondern die Hervorhebung von Aspekten des Vorbildes Jesus.
Es war überhaupt schwer für die armseligen Gestalten, bis zum Papst vorzudringen, und der ist offensichtlich zuerst einmal entgeistert. Überliefert ist, was ein Kardinal dann äußerte:
Wenn wir diesem armen Kerl die Bitte aus diesem oder einem ähnlichen Vorwand abschlagen, könnte das eine Bestätigung dafür sein, dass man nach dem Evangelium nicht leben kann und dass wir damit Christus lästern, der es uns vorgelebt hat.
Innozenz gibt eine vorläufige mündliche Zustimmung, nicht mehr. Die Legendenbildung der Volksfrömmigkeit erzählt später, aus Trotz über die Kirchenfürsten und die weltliche römische Lasterhaftigkeit habe er danach den Vögeln das Evangelium gepredigt, ähnlich wie es schon in der Offenbarung des Johannes steht. Und die Vögel hätten mehr vom Evangelium verstanden als die Oberhäupter der Kirche.
Kurz darauf schenkt der Abt eines Klosters auf dem Monte Subasio bei Assisi der Brüdergemeinschaft die kleine Portiuncula-Kirche, die heute von einem barocken Kirchenmonstrum aus Pracht und Herrlichkeit eingeschlossen ist. Man muss sich einmal in das machtvolle große Kirchenschiff setzen, und nach vorne auf das kleine Kirchlein des Franziskus schauen, um zu ahnen, wie groß der kleine Mensch wirklich war, in einer Größe, die ganz von innen kam.
Dort, wo in nord- und mittelitalienischen „franziskanischen“ Gemeinschaften die Anwesenheit seiner persönlichen Autorität fehlt, kommt es zu allzu menschlichen Konflikten. Darüber hinaus gibt es in der Geistlichkeit aufgrund des "unordentlichen", also selbstgewählten Lebenswandels auch Anfeindungen. Also muss eine ordentlichere Regel her, die das Leben der Gemeinschaften und der Einzelnen reguliert. Am Ende entstand ein Orden der Minderbrüder jenseits der kleinen Gemeinschaft des Franziskus, vom Papst wohl anders lizensiert, als es dem Poverello vorgeschwebt hatte.
1212 hört die vornehme Clara di Favayone, Tochter eines Adelshauses aus Assisi, eine Predigt von Franziskus, büchst zusammen mit einer Freundin in derselben Nacht von zuhause aus und läuft zur Portiuncula-Kirche, wo die Gemeinschaft unseres Franz lebt. Der möchte aber nicht, dass sie wie er öffentlich wirkt, herumwandert und predigt und bringt sie im Benediktinerinnen-Kloster von Assisi unter. Sie wird dann zur Gründerin des Schwesterordens der Klarissen.
1215 erfolgt vermutlich im Zusammenhang mit dem 4. Laterankonzil eine erneute Anerkennung, aber von nun an müssen „Orden“, die nicht nach den Regeln der Benediktiner oder Augustiner leben, erst einmal vom Papst formell approbiert werden.
Diese päpstliche Kreation wird dann sofort von Papst Honorius III. politisch für die „guelfische“ Sache, also gegen den Staufer Friedrich II. eingesetzt.
Zu den späten herausragenden Stationen im Leben des Francesco gehört eine Pilgerreise nach Palästina 1219, wo er sich dem Kreuzzugsheer anschließt. Bei Damiette trifft er auf den Sultan, dem er - so heißt es - vergeblich versucht, das Christentum nahezubringen. Bei seiner Rückkehr ist er körperlich verschlissen.
Inzwischen gibt es in Italien die Ordensprovinzen Umbrien, Toskana, Marken, Lombardei, Apulien, Sizilien. 1217/18 kommen noch zwei in Frankreich hinzu und dann jeweils eine in Deutschland, Spanien und im sogenannten 'Heiligen Land'. Um 1220 diktiert der Papst den nunmehr über große Teile Europas verbreiteten Gemeinschaften eine Ordensregel. Franziskus zieht sich dabei immer mehr zurück, ohne gegen solche Tendenzen Widerstand zu leisten. 1221 zieht er sich ganz von der Leitung "seines" Ordens zurück. Im selben Jahr werden die 24 Artikel einer vom Papst nicht anerkannten regula non bullata aufgeschrieben.
1222 kommt ein Dritter Orden hinzu, in dem sich sogar auch verheiratete Laien aufgehoben finden können. Ein Jahr später diktiert Franziskus unter dem Druck der Papstkirche eine dritte Ordensregel, die von 24 auf 12 Artikel verkürzt dann 1223 von Honorius III. akzeptiert wird. 1224 zieht er sich in seine Einsiedelei von La Verna zurück, wo er die Wundmale Jesu empfangen haben soll.
Es wird vermutet, Franziskus sei versucht gewesen, sich von den sich von ihm entfernenden Franziskanern zu distanzieren. Aber damit hätte er „politisch“ werden müssen und derart seine menschliche Integrität verletzt. Also schweigt er, immer kränker, dem Tod entgegen. Am Ende schreibt er sein 'Testament', das bald nach seinem Tod von einem Papst für nicht verbindlich erklärt wird.
Zwei Jahre später stirbt er. Am Sterbebett singen seine zwei Lieblingsbrüder seinen Sonnengesang. Sein Leichnam und sein Name werden sofort von der Kirche und dem Volk missbraucht, indem sie ihm eine Art von kirchengemäßer bis volkstümlicher Heiligkeit zusprechen, die er offenbar so nicht wollte.
Noch einmal sei verdeutlicht, was die zwei zentralen Konfliktpunkte mit dem Kirchenchristentum waren: Einmal gab es bislang ein Predigtmonopol der Kleriker, dessen verständliche Seite das Verhindern von Häresien, „Irrlehren“ ist. Aber Laien wie Franziskus und die nichtklerikalen unter seinen Mitbrüdern ziehen umher und predigen aus „eigenem Recht“: Indem sie sich unmittelbar auf die Evangelien beziehen, entkommen sie allerdings dem theologischen Meinungsstreit.
Zum anderen, und das passt dazu, verändern sie die anerkannten Vorstellungen von mönchischem Leben, wie sie seit Benedikt von Nursia galten. So heißt es zum Beispiel noch in einer Urkunde des Bischofs von Cesena von 1042:
Die Mönche entsagen nämlich allem, was von dieser Welt ist, sie verweigern es sich selbst (seipsos abnegant) ... und sie kümmern sich nicht um das Leben anderer, sondern nur um ihr eigenes, wobei sie sich von den anderen Menschen völlig entfernen (et dum ab aliis penitus removentur, non aliorum, sed vitam propriam curant).
Auch bei der Gemeinschaft des Franziskus gibt es eine Art Klausur, aber sie schließt von außen, nicht nach außen ab. Die Brüder gehen nicht nur hinaus zur Predigt, sondern mischen sich unter das Volk in den Städten, spenden Trost, helfen Kranken, besonders den Aussätzigen (Leprakranken) usw. Derselbe Bischof schreibt zwar über die alte Mönchstradition, sie tragen ihr Kreuz nach dem Vorbild des gekreuzigten Christus (das füllt die obigen Pünktchen im Zitat aus), aber nun ziehen sie auch nach dem Vorbild des mitten im Leben stehenden Jesus umher...
Anders als bei früherem Mönchtum wird wenig Gewicht auf Fastenregelungen und liturgische Fragen wie der Abfolge von Gebeten gelegt. Die harten Strafregelungen der Cluniaszenser fehlen ebenso wie die uneingeschränkte Macht eines Abtes.
Modern gesprochen geht es diesem Francesco Bernadone darum, eins mit sich selbst zu werden, und die Formel, in welche er das am besten fassen kann, ist das "Einswerden mit Gott", wie er das selbst nennt. Der wiederum ist noch nicht der „liebe“ Gott seit dem deutschen Spät-Barock, ein Gott für das neubürgerliche Familienleben, sondern ein „guter Gott“, wie er ihn selbst nennt, einer, von dem Francesco sich vorstellt, dass das Einswerden mit ihm das mit sich selbst eins sein sei. Mehr erfahren wir nicht über seinen Gott, hat er doch "dessen Sohn" als anschauliches Vorbild.
Eins werden mit sich selbst als Einswerden mit Gott: In der in Perugia entstandenen Heiligenlegende von ihm sagt er: Und der Herr sagte mir, dass ich der neue Verrückte in der Welt sei, weil ich es wollte. (in: Le Goff)
Bei Franz von Assisi werden nicht nur die Frauen aufgewertet, sondern auch die Kinder. Seine Suche nach heiliger Einfalt, nicht Dummheit wohlgemerkt, bezieht er selbst auf das Jesus-Wort davon, dass die Menschen werden sollen wie die Kindlein. Das ist natürlich ein Phantombild, Kinder sind weder per se nett oder unschuldig, sie sind höchstens schuldunfähig. Und es hat natürlich auch etwas mit jener Vorstellung vorpubertärer Unschuld zu tun, die jene Gier außen vor lässt, welche das unkultivierte sexuelle Begehren darstellt.
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Um einen ersten Eindruck von der Person dieses Francesco zu bekommen, mag hier als Einstieg sein vielleicht bekanntester Text dienen: Der 'Gesang an Bruder Sonne'
Du höchster, allmächtiger, guter Herr,
Dein sind der Lobpreis, die Herrlichkeit
und die Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein, Höchster, gebühren sie,
und kein Mensch ist würdig, Dich nur zu nennen.
Lob sei dir, Du Herre mein,
mit allen Deinen Geschöpfen,
zumal dem Bruder, der Sonne,
denn er ist der Tag,
und er spendet das Licht uns durch sich.
Und er ist schön und strahlend in großem Glanz.
Dein Sinnbild trägt er, Du Höchster.
Lob sei Dir, Du Herre mein,
durch die Schwester, den Mond und die Sterne,
am Himmel hast du sie gebildet
hell leuchtend und kostbar und schön.
Lob sei Dir, Du Herre mein,
durch Bruder Wind und durch Lüfte und Wolken
und den heiteren Himmel und jegliches Wetter,
durch welches Du Deinen Geschöpfen den Unterhalt gibt.
Lob sei Dir, Du Herre mein,
durch die Schwester, das Wasser;
gar nützlich ist sie
und demutsvoll und köstlich und keusch.
Lob sei Dir, Du Herre mein,
durch Bruder Feuer,
durch den du erhellst die Nacht;
und er ist schön und fröhlich
und kraftvoll und stark.
Lob sei Dir, Du Herre mein,
durch unsere Schwester, die Mutter Erde,
die uns ernähret und lenkt
und mannigfache Frucht trägt
und buntfarb'ne Blumen und Kräuter.
Lob sei Dir, Du Herre mein,
durch jene, die verzeihen durch Deine Liebe
und Schwachheit ertragen und Drangsal.
Selig sind, die solches ertragen in Frieden,
denn sie werden von dir, du Höchster, gekrönt.
Lob sei Dir, Du Herre mein,
durch unseren Bruder, den leiblichen Tod;
ihm kann kein Mensch lebendig entrinnen.
Unheil wird jenen, die in Todsünden sterben.
Selig sind jene, die in Deinem allheiligen Willen sich finden,
denn der zweite Tod tut ihnen kein Leid an.
Lobet und preiset den Herren mein
und erweiset ihm Dank
und dient ihm mit großer Demut.
Um den Klang dieses schönen umbrischen Italienisch ins Ohr zu bekommen, welches gerade im Entstehen begriffen ist, eine Strophe im Original:
Laudato si, mi signore, cun tucte le tue creature, |
In den romanischen Sprachen sind die grammatischen Geschlechter manchmal anders als in den Germanischen (neu-hoch-italienisch il sole (masc) die Sonne / la luna (fem) der Mond / l(a)' acqua (fem) das Wasser usw. Darum ist hier die Sonne der Bruder etc.
Dies ist kein Pantheismus, der christliche Gott verschwindet nicht in der Natur, sondern er zeigt sich in ihr, alle damit intellektuell verbundenen Probleme auslassend. In einem späten
Nachklang auf den Plato des Symposion verkörpert sich in diesem Gott die höchste Liebe, die zugleich als Schönheit sichtbar wird, und zwar als Schönheit der Welt, die zugleich die Schönheit
der Natur ist. Franziskus ist dabei nicht bewusst, dass er sich von einzelnen Aspekten des Christentums entfernt, wie in der Hervorhebung der „Natur“, so wie er sie versteht, als Abbild
Gottes. Er ist damit weit entfernt von den Katharern zum Beispiel.
Die von Gott wohlgeschaffene Welt wird für Franziskus
durch ein Band der Liebe zusammengehalten, welches er in Bildern von Geschwisterlichkeit und kleinfamiliärer Bindungen übersetzt. Seine Brüdergemeinschaft (und die Schwestergemeinschaft der
Klara von Assisi) sollte durch ähnliche Bindungen zusammengehalten und kein formeller Orden werden.
Der zweite Tod ist die ewige Verdammnis, der Verlust des ewigen Lebens bei Gott. Aber in seinem Lieblingslied droht Francesco nicht, der Teufel bleibt ausgespart, er beschreibt die Welt als eine große Einladung an die Menschen. Bei ihm lässt die frühmittelalterliche Leibfeindlichkeit ein gutes Stück weit nach: Der menschliche Körper ist für ihn Ausgangspunkt für das Böse, aber zugleich ein Gottesgeschenk. Francesco wurde vom Vater "der Franzose" genannt (nachdem er auf Johannes getauft war), weil er die Poesie der aquitanischen Höfe liebte. Sein frühes Mittelfranzösisch muss sehr gut gewesen sein, da er öfter mal in dieser Sprache in Umbrien predigt, wo sie verstanden wurde. Der Poesie Aquitaniens ist wohl auch geschuldet, dass "kraftvoll und stark" positive Attribute des Feuers bei einem Christen sind. Mit Francesco wird der leidende und "weinende Mönch" des frühen Mittelalters abgelöst durch einen auch heiteren, lächelnden und lachenden Bruder.
Zum letzten: Die Abwertung der Frauen im frühmittelalterlichen Christentum auch als Echo auf den antiken und germanischen Patriarchalismus scheint bei Francesco völlig aufgehoben: Bruder und Schwester sind gleichwertig und mit gleichwertigen positiven Attributen versehen. All dies waren heftige Herausforderungen für die Papstkirche, die mit deutlichen Restriktionen antwortete.
(Die Übersetzung habe ich mit einer Abänderung bei Jacques Le Goff, Franz von Assisi, Stuttgart, 2007, S.110ff gefunden. Für mich ist es die schönste. Die Abänderung ist: Ich habe Benedeiung
(onne benedictione) durch Segen ersetzt. Ich wollte, dass das Lied schön deutsch wird, so wie es schön frühitalienisch war.)
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1216 begegnet der niederlothringische Prediger Jakob von Vitry auf einer Italienreise solchen Minderbrüdern:
Nur einen Trost (bei der Verweltlichung der Kirche) fand ich: Menschen aus beiden Geschlechtern, die alles um Christi willen verlassen haben und aus der Welt geflohen sind. Man nennt sie Minderbrüder. Sie leben nach dem Vorbild der Alten Kirche. Tagsüber kommen sie in die Städte und Dörfer, um mit ihrer Hände Arbeit anderen Gutes zu tun, nachts kehren sie in ihre Einsiedeleien oder einsame Bleiben zurück und widmen sich frommer Betrachtung. Es stört sie, dass ihnen von Geistlichen und Laien mehr Ehre zuteil wird, als sie es wollen. Einmal im Jahr kommen diese Frommen mit großer Freude an einem bestimmten Ort zusammen, um im Herrn fröhlich zu sein und gemeinsam zu speisen, ihre Sachen nach dem Urteil erprobter Männer zu ordnen und ihre Satzungen zu verkünden, die ihnen der Herr Papst bestätigt. Dann gehen sie wieder für ein ganzes Jahr auseinander. Der Herr will durch diese einfältigen und armen Leute viele Seelen vor dem Gericht retten. (in WGoez, S.327)
Um 1218 waren erstmals Anhänger des Franziskus (Minoriten) in deutschen Landen erschienen, wo man sie allerdings für lombardische Ketzer hielt und verjagte. Ab 1221 beginnen sie sich aber dann, zuerst in Augsburg, dann in Mainz, dauerhaft zu etablieren. Um die Jahrhundertmitte gibt es bereits über hundert Franziskanerklöster und sie verbreiten sich über die meisten europäischen Städte.
Der neue „Bettelorden“ unterscheidet sich in manchem vom tradierten benediktinischen Mönchtum. Da ist nicht zuletzt die Konzentration auf die neuartigen Städte und die "Seelsorge" für die neuen städtischen „Massen“, das heißt das Eingehen der bewusst Armen auf die unfreiwillig Armen. Mit ihrem öffentlichen Predigertum verlassen sie auch das Gebot der stabilitas loci, des Eingesperrtseins in ihre Klausur, wenn sie auswärts predigen. „Und da die Brüder das Christentum, das sie predigten, selbst vorlebten, wirkten sie überzeugender als viele Pfarrherren und deren schlechtbezahlte Vikare, die die Seelsorge liturgisch-sakramental verstanden und deren Predigten kaum über eine exegetische Belehrung, die einfache Regeln aufstellte und mit Höllenstrafen drohte, hinausgegangen sein dürften.“ (KellerBegrenzung, S.465)
Franziskus hatte als Wanderprediger begonnen und predigen gehört nun zu den Hauptaufgaben dieser Mönche. Um allerdings predigen zu dürfen, brauchen die Mönche eine Genehmigung des Generalministers des Ordens und zudem eines Vertreters des jeweiligen Bischofs, der damit ja dann Konkurrenz für seine eigene Priesterschaft hinzunehmen hat.
Die Predigten sollen auf die jeweilige Zuhörerschaft zugeschnitten sein, hinreichend die Aufmerksamkeit eines größeren Publikums erregen, um ein solches überhaupt zu erreichen, und dabei soweit vereinfachen, wie das der Heilige schon vorgemacht hatte. Nach der Mitte des 13. Jahrhunderts heißt es so in einer der schriftlich gefassten Predigten des Franziskaners Berthold von Regensburg:
Ich hân ouch ein amt: predigen ist mîn amt. Wan unser herre alliu dine mit wîsheit geordent hât, dâ von hât er ouch dem menschen sîn leben geordent und e geschaffen, als ér wil und niht als wir wellen. Wan ez wolte etelîcher geren ein grâve sin, sô muoz er ein schuohsuter sîn; so woltest du gerne ein ritter sîn, so muost du ein gebûre sin und most uns bûwen korn und wîn. Wer solte uns den acker bûwen, on ir alle herren waeret? Oder wer wolte uns die schuohe machen, ob dû warest als dû woltest? Dû muost sîn als got wil. Sô hât er den schaffen daz er bâbest sî; so sol der ein keiser sîn oder ein Künic oder ein bischof oder ein ritter oder ein grâve oder diz oder daz. (in: Gleba, S.179)
Was einst Neugründungen wie die Zisterzienser repräsentiert hatten, den Weg in mehr Innerlichkeit, also Gefühlsintensität in der Religionsausübung, wird von den Franziskanern verstärkt: Die Instanz des Gewissens bekommt stärkeres Gewicht, eine Entwicklung, die parallel in sensibleren Teilen des Bürgertum vor allem stattfinden wird. Das Gewissen aber ist allerdings auch die Instanz, mit der Kompartmentalisierung des Alltags betrieben werden wird.
Als Bettelorden verzichten die Franziskaner nicht nur wie die Zisterzienser auf die Produkte abhängiger Bauern, sondern überhaupt auf landgestützte Besitztümer und Einnahmen. Stattdessen leben sie von dem, was ihr Predigertum und die Anerkennung ihrer Armenfürsorge an Spenden bzw. Almosen einbringt. Die postive Einstellung des Franziskus zur Arbeit lassen sie bald fallen und überlassen Arbeit den Laienbrüdern. Damit sind sie auf die größeren Städte und ihre Geldmengen angewiesen, von denen sie etwas abzuschöpfen verstehen. In kleineren Städtchen errichten sie Außenstationen, Termineien, von denen aus gebettelt wird.
Nach dem Tod des Franziskus beginnt die systematische Revision seiner Vorstellungen und seiner Biographie durch die Ordensoberen, die offenbar weitgehend erfolgreich die Vernichtung der die Ordensgemeinschaft betreffenden frühen Texte durchsetzen, die man viel später dann in einem Zisterzienserkloster wiederfindet.
Es gibt zunächst Tagebuchnotizen eines Bruder Leo, der Franziskus noch kennt. Kurz nach dessen Heiligsprechung verfasst der Franziskaner Thomas von Celano im päpstlichen Auftrag eine erste Lebensbeschreibung, die bereits in Richtung Heiligenlegende geht, und 1244 beauftragt ihn das Generalkapitel, eine zweite, deutlich legendärere Vita zu schreiben. Stärker noch verfälschend ist um 1260 eine Vita in zwei Fassungen, die Ordensgeneral Bonaventura dann verfasst, und die die Armutsvorstellungen des nunmehr Heiligen abmildern soll. Entsprechend beschließt das Generalkapitel 1266, die beiden Viten des Thomas von Celano zu vernichten, was zum Glück nicht zur Gänze gelingt.
Bei den Ordensbrüdern der Minoriten, später Franziskaner genannt, bleibt vom Vorbild des Franziskus auch sonst nur wenig übrig. Klerikalisierung und Akademisierung (Dirlmeier) widersprechen sehr schnell seinen Vorstellungen wie auch das Betteln als reguläre Einnahmequelle. In der Mitte des 13. Jahrhunderts beginnt die Umgehung der Armutsvorschriften zuzunehmen, wogegen sich die Spiritualen wenden. 1263 erlässt Papst Urban IV. eine neue Regel, die gemeinsamen Besitz und feste Einkünfte zulässt. Andererseits erklärt Papst Nikolaus III. in der Zusammenfassung von Gudrun Gleba, dass "Christus und die Apostel jeglichen individuellen oder kollektiven Besitz abgelehnt hätten und dass ein Leben in solcher Armut die höchste Form der Vollkommenheit darstelle." (S.184) 1312 verteidigt Papst Clemens V. in Vienne noch einmal die Position der Spiritualen, aber 1317 erklärt Papst Johannes XXII. sie für häretisch. Ihe Verfolgung beginnt und manche fliehen nach Süditalien. Derselbe Papst Johannes hebt 1322 auch das (nominelle) päpstliche Eigentumsrecht an allen Ordensgütern auf, was die Mönche zu Eigentümern macht.
Über tausend Jahre hatte die Kirche bereits eine Hauptaufgabe darin gesehen, alles daran zu setzen, evangelisches Christentum zu verhindern.
Am Anfang allerdings stehen kleine Kirchen nahe den Stadtmauern und Betätigung in nahegelegenen Herbergen, Hospitälern und Gebäuden für Leprakranke wie in Verona. Indem vorgefundene Gebäude genutzt werden, kann zunächst auf den Besitz von Immobilien verzichtet werden.
Franziskanische Predigten entwickeln sich dabei aber immer mehr zu Buß-Sermonen, in denen Umkehr von einem sündigen Leben gefordert wird. Im 13. Jahrhundert verwandeln sich dabei Buß-Leistungen wie Teilnahme an Kreuzfahrt oder Wallfahrt zum Teil und insbesondere bei der städtischen Bevölkerung in Geldzahlungen, für die es „Ablass“ gibt. Damit wird dann ein nicht geringer Teil der gotischen franziskanischen Kirchen errichtet werden.
Beginen
Bei den Armen von Lyon konnten offenbar auch Frauen zu Predigern aufsteigen. In Flandern und den späteren Niederlanden bilden seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts vorwiegend jungfräuliche oder verwitwete Frauen in den Städten eigene kleine Gemeinschaften von Laien, oft aus dem Adel oder dem oberen Bürgertum stammend. Ohne dabei einen Orden zu bilden, ohne feste Regel und ewiges Gelübde geben sie sich einem Leben in Bescheidenheit und frommer Andacht hin. Zudem widmen sie sich der Fürsorge für Arme und Kranke. Dabei lassen sie sich durch Geistliche aus den Bettelorden mit Sakramenten und geistlicher Aufsicht versehen. Ihren Lebensunterhalt gewinnen sie mit gemeinsamen handwerklichen Tätigkeiten in der Tuchproduktion. Der Name Beginen entsteht wohl erst in späterer Zeit.
Zwischen 1230 und 1300 entstehen in Köln 45 Beginengemeinschaften, 1320 sind es 99. Geschätzte 1200 Frauen lebten dann in diesen Lebensgemeinschaften.
Die Anwesen größerer Gemeinschaften lassen sich noch in Löwen oder Brügge betrachten, ein einzelnes Beginenhaus steht auch noch in Stuttgart-Bad Cannstatt.
Jakob von Vitry, nicht nur Kreuzzugsprediger, sondern auch Bewunderer der frühen Franziskaner, vertritt sie bei den Päpsten. 1215 schreibt er eine Biographie über die flämische Begine Maria von Oignies.
Die heilige Elisabeth
Die thüringische Elisabeth hatte in manchem eine thüringische Vorläuferin von ähnlicher offizieller Heiligkeit. Die aus königlichem Geschlecht stammende Radegunde wurde 532 ohne ihr Einverständnis an den Merowingerkönig Chlothar verheiratet. Als Königin gab sie vom königlichen Reichtum mehr, als ihr Gemahl ertragen kann. Auf dem Lande übte sie frommes Verhalten mit Gefährtinnen. bis es gelang, den Bischof von Soissons dazu zu nötigen, sie als Nonne anzuerkennen.Sie gründete das Heil(igkreuzkloster in Poitiers. Darauf wurde ihr Reichtum entweder Kirchen oder Einsiedlern gespendet. Sie badete arme Frauen, wie es in ihrer Vita von ihrem Bewunderer Venantius Fortunatus heißt, pflegte ihre schwärenden Wunden (morborumque curans putredines) oder wusch eigenhändig Bettlern die Köpfe. Im Fleisch schon fast ganz tot, (praemortua), kümmerte sie sich nicht um die Qualen des Körpers.(4 und 5). Als Nonne reinigte sie von sich aus die Latrinen, fastete sie, wenn man dem Autor glauben darf, übermäßig, legte sich schwere Gewichte an Hals und Arme, brannte sich das Christuszeichen mit hartem Metall in das Fleisch (23, 25,26). Kein Wunder, das ihr Freund und Autor sie für heilig hält.
Königin Margarethe von Schottland, Gemahlin König Malcolms, zeichnet sich in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts bereits durch ein hohes Maß an "frommen Werken" aus, und ihre Tochter Mathilda (einst Edith) und Gemahlin des anglonormannischen ersten Heinrich steigert noch die Patronage geistlicher Einrichtungen vermittels ihres reichlichen endowments und verblüfft ihren Bruder David, zukünftigen schottischen König, indem sie Leprakranken die Füße wäscht und küsst und dabei auf Jesus verweist.
Francesco kommt aus dem wohlhabenden Kaufmanns-Bürgertum, Elisabeth als Tochter des ungarischen Königs aus dem Hochadel. Geboren 1207 wird sie als Vierjährige mit dem mächtigen Landgrafen von Thüringen verlobt und an seinen Hofgebracht, wo sie eine höfische Erziehung bekommt. 1218 übernimmt nach dem Tod des Verlobten sein Bruder das Landgrafenamt und die Verlobte. 1121 heiratet sie ihn. Es ist im weiteren wie bei anderen Heiligen enorm schwierig, zwischen Legendärem und Historischem für den größten Teil ihres Lebens zu unterscheiden, da alle Texte bereits unter dem Eindruck ihrer Heiligkeit geschrieben werden, und zwar bis auf einen erst nach ihrem Ableben.
Sie heiratet einen Mann, dessen Vater, Landgraf Hermann I., zwischen Staufern und Welfen changierend, das Territorium seines Fürstentum mächtig ausbaut und die Wartburg als Zeichen seiner Macht dabei erweitert. Insbesondere reicht die Landgrafschaft über Thüringen hinaus durch viele Kirchenlehen des Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz tief ins Nordhessische hinein. Als der Gemahl Elisabeths volljährig wird, überlässt er die Aufsicht über die hessischen Gebiete Heinrich.
Zwischen 1222 und 1227 bekommt sie den Stammhalter Hermann und zwei Töchter. 1224/25 treten die ersten Franziskaner in Thüringen auf, und unter dem Einfluss ihrer Predigten übergibt sie ihnen eine Kapelle in Eisenach. Dabei entwickelt sie eine immer intensivere Frömmigkeit, die sich dann unter dem Einfluss eines Laienbruders der Franziskaner auch in Armenfürsorge und Krankenpflege auslebt. Nicht das, sondern ihr immer deutlicheres Auftreten im Sinne der Nachfolge des armen Jesus verschafft ihr nach und nach Widersacher bei Hof: Den vorgeschriebenen kirchlichen Reinigungsritus nach der Geburt eines Kindes lässt sie nicht, wie üblich, vor einem großen Gefolge in kostbaren Gewändern vollziehen, sondern sie eilt alleine in einfacher wollener Armenkleidung ohne Schuhwerk zur Kirche, schneidet einem entstellten und kranken Armen die schmutzstarrenden Haare. Bei den Gottesdiensten tritt sie ebenfalls (öffentlich!) so auf und in der Prozession nimmt sie nicht in der Abteilung des fürstlichen Hofes teil, sondern barfuß mitten in der Schar der Allerärmsten. Das alles verschafft ihr immer mehr Kritik bei Hofe.
Sie produziert mit ihren Dienerinnen Wolltücher, gibt sie an ein Nonnenkloster ab und schenkt das eingenommene Geld bedürftigen Armen und Kranken. Sie wäscht Verstorbene offenbar eigenhändig.
Andererseits scheint ihre christliche Leidenschaft ansonsten auf Gegenliebe bei ihrem Gemahl gestoßen zu sein. Gemeinsam gründen sie 1223 ein Hospital in Gotha. In der großen Hungersnot
Elisabeth gerät immer stärker unter den Einfluss des Predigers Konrad von Marburg, den sie 1226 zu ihrem Beichtvater macht. 1227 lässt sie die landgräflichen Kornkammern in Abwesenheit ihres Mannes öffnen und das Getreide an die Hungernden verteilen. Sie hat drei Kinder, um die sich sich wenig persönlich kümmert, und von denen zwei desungeachtet im Hochadel Karriere machen werden, während die Dritte Äbtissin wird.
1227 stirbt der Gemahl Ludwig IV. auf einem Kreuzzug, und ihre Weltabgewandtheit nimmt aus Verzweiflung darüber offensichtlich weiter zu. Nun übernehmen die Onkel der Erben, Heinrich Raspe und Konrad die Vormundschaft. Konrad wird später Hochmeister der Deutschordensritter.
Schließlich nimmt ihr ihr Schwager Heinrich Raspe die Reste ihres Witwengutes, nachdem sie Kleinodien des höfischen Prunkes verkauft, um das Geld für die Armen und Kranken zu verwenden. Verständlicherweise hält er sie inzwischen nicht mehr für zurechnungsfähig und verjagt sie vom Hof. Sie legt ein Gelübde ab, sagt sich von ihren Verwandten und Kindern los.
Vorher hatte sie aber in Marburg ein Spital gegründet. Elisabeth zieht nun 1228 im Zustand selbstgewählter Armut mit ihren Dienerinnen über Eisenach nach Marburg. Die Bevölkerung ist darüber offenbar zunächst entgeistert.
Inzwischen gerät sie immer stärker unter die Aufsicht ihres Beichtvaters Konrad von Marburg, der 1227 Chef der Ketzerverfolgung in deutschen Landen wird, die er bald in ein grausiges Schreckensregiment verwandelt, welches sowohl der Kirche wie dem weltlichen Adel durch seine Grausamkeit unerträglich wird, so dass man ihn 1231 ermorden wird.
Dieser Konrad mit seinen sadistischen Antriebskräften treibt offenbar Elisabeth in eine immer strengere Askese, die zunehmend ihrer Gesundheit schadet. Der Zeitgenosse Caesarius von Heisterbach wird ihn bereits dafür ablehnen. Desungeachtet vertritt sie weiter unter dem Einfluss von Franziskanern eine Art heitere, wenn auch zugleich rabiate Askese, die die praktizierte Nächstenliebe über die Selbstheiligung als Selbstzweck setzt. Es wird berichtet, dass Konrad ihr regelmäßig den Rücken blutig schlägt. Im Libellus, den Aussagen ihrer Dienerinnen für ihre Heiligsprechung, wird folgende Erklärung von ihr zu Selbstkasteiungen wiedergegeben:
Es steht uns wohl an, dass wir dergleichen gern aushalten, weil wir wie das Schilfrohr im Fluss sind. Steigt der Fluss an, dann wird das Rohr gebeugt und zusammengedrückt und das überflutende Wasser durchdringt es, ohne es zu verletzen. Wenn dann die Überschwemmung nachlässt, richtet sich das Rohr wieder auf und wächst mit voller Kraft heiter und vergnügt. So ziemt es uns auch immer, dass wir gebeugt und gedemütigt werden und nachher wieder heiter und vergnügt dastehen.
Sie lebt nun als einfache Spitalschwester in Marburg bis zu ihrem Tod 1231 mit 24 Jahren, der wohl auf Entkräftung durch ihre Kasteiungen zurückgeht.Ihre karitative Arbeit hat sie inzwischen in der Bevölkerung bereits fast zu einer Heiligen gemacht. Konrad von Marburg sorgt nun für die weitere Veröffentlichung der frommen Taten seines Beichtkindes. 1232 schickt er einen Bericht an den Papst, mit dem das Verfahren zur Heiligsprechung beginnt und welches 1235 abgeschlossen wird, schneller als jede Heiligsprechung zuvor. Damit kann die Tote nun als Vorzeigeobjekt einer ansonsten weithin völlig andersartigen Kirche dienen. Bereits im selben Jahr beginnt der Deutsche Orden mit dem Bau einer Kirche über ihrem Grab, der ersten rein gotischen Kirche in deutschen Landen.
Auch Kaiser Friedrich II. lässt sich 1236 die Gelegenheit für einen publikumswirksamen Auftritt nicht entgehen: Selbst barfuß und in einem grauen Gewand, bedient er sich einer goldenen Krone aus seinem Schatz, um damit die Heilige zu krönen. Die heilige Armut wird, wie bei Franziskus, in den sehr unheiligen Reichtum integriert.
Ganz anders ist das Bild Markgraf Ottos III. von Brandenburg, der einerseits von einer düsteren Frömmigkeit ist, wie sie die Markgrafenchronik schildert: Er war ein Mann, der sich völlig Gott ergeben hatte, und er zwang seinen Körper durch Fasten, Nachtwachen, Gebete, Kniebeugen, Geißelungen und andere Bußübungen, der Seele willig zu dienen. Schließlich entstanden an seinen Beinen vom stundenlangen Knien nahezu faustdicke Auswüchse. An jedem Freitag zerkratzte er sich zur Erinnerung an das Leiden Christi die Haut mit den Fingernägeln oder mit Nadeln, bis das Blut floß. (in WGoez, S.361)
Trägt das Bild, welches von Elisabeth überliefert ist, in seinen lebensverkürzenden Aspekten bereits pathologische Züge, so sind diese bei Otto noch viel stärker ausgeprägt. Andererseits ist der offensichtliche Selbsthass verbunden mit wenn auch zeittypischer ritterlicher Grausamkeit. Er nahm nämlich viermal an den sogenannten Preußenfahrten teil, winterlichen Jagdvergnügen auf „heidnische“ Balten, bei deren einer zusammen mit Ottokar von Böhmen Königsberg gegründet wird. Was im Winter von 1249 auf 1250 dabei thüringische Ritter so trieben, ist stolz überliefert: ...sie verbrannten das Land und schlugen viele tot – Männer wie Frauen – und verwüsteten alles so lange, bis die Heiden keine Zuflucht mehr fanden. In dieser Zwangslage gaben jene, die in der Heimat bleiben wollten, ihre Irrtümer und Gebräuche auf und unterwarfen sich völlig dem Joch des christlichen Glaubens. (in WGoez, S.362)
Dominikaner
Dominikus aus der kastilischen Adelsfamilie der Guzmán, Kanoniker und dann Subprior im Domkapitel des kastilischen Osma, lernt auf einer Reise mit seinem Bischof Diego durch das Languedoc die Katharer kennen, die sich bislang den Umerziehungs-Maßnahmen von Zisterziensern entziehen. 1206 treffen sie in Montpellier mit dem päpstlichen Legaten Pierre de Castelnau, dem Abt von Citeaux und Mönchen zusammen. Danach führen sie in Südgallien ein halbes Jahr lang Predigten gegen die "Ketzer" durch, wobei sie mit Unterstützung von Innozenz III. das aggressive Predigtverhalten der Zisterzienser ablegen.
Sie gründen 1206 in Prouillé ein Kloster für "bekehrte" Katharerinnen. Dominikus beginnt ein von eher demütigem Verhalten gekennzeichnetes Wanderleben mit dem Ziel der Bekehrung von Häretikern. Diego kehrt 1207 nach Osma zurück.
1208 wird der päpstliche Legat Pierre de Castelnau ermordet und der Papst verkündet den Kreuzzug gegen die Häretiker. Inzwischen werden vor allem Zisterzienser als reformierte Bischöfe im Süden eingesetzt, die sich aber zunächst nur schwer durchsetzen können. Tatsächlich aber werden die Katharer erst durch die brutalen Ritterheere des französischen Königs vernichtet.
1215 findet auf Verlangen des Papstes in Toulouse die Gründung einer Predigergemeinschaft mit der Augustinerregel und dem Ziel der Bekehrung von Nichtchristen und Häretikern statt. Dazu sollen die Mitglieder grammatisch, rhetorisch und didaktisch geschult sein. Neben Privateigentum wird auch gemeinschaftlicher Besitz verboten und so nun das Armutsgebot eingeführt. 1216 bestätigt der Papst den Orden. 1217 gibt es erste Ordenshäuser in Mailand, Bologna, Rom und Paris, die zugleich Studienzentren sein sollen. 1220 sind es, kurz vor dem Tod des Gründers, bereits 60 Niederlassungen, kurz nach 1300 bereits über 500 Konvente. 1276 und 1302 stellen Dominikaner bereits Päpste.
Zunächst hauptsächlich Prediger, spenden sie bald auch Sakramente (Beichte, Krankensalbung) und pflegen manchmal auch Kranke. Durch Spenden von Bürgern lockert sich das Armutsgebot.
1231 beauftragt Papst Gregor IX. die Dominikaner mit der Inquisition bei Häretikern. Dominikaner wie Konrad von Marburg und Bernard Gui gehören zu den bedeutendsten und gnadenlosesten Inquisitoren des späten Mittelalters. Ketzerprozesse beschneiden dabei zunehmend die Verteidigungsmöglichkeiten der Angeklagten.
Sie fassen mit dem Mainzer Bürger Arnold Walpot, einem civis Moguntinus honestissimus in der Stadt fuß. Er wird einer der Gründerväter des Rheinischen Bundes pro pace restauranda (Albert von Stade)
Beginen
Im 12./13. Jahrhundert bilden sich in Flandern und Brabant Gruppen von Frauen, die später Beginen genannt werden, und die freiwillige Armut mit Arbeiten wie Nähen, Spinnen und Weben und mit karitativen Werken wie Krankenpflege und Sterbebegleitung verbinden. Sie breiten sich dann im 13. Jahrhundert den Rhein hinauf, in Westfalen, an der Nord- und Ostseeküste und im Hinterland aus, aber auch in Frankreich, der Schweiz und Italien.
In Köln tauchen sie ab 1223 in Dokumenten auf, in Frankfurt 1242, in Straßburg 1246. 1350 tauchen in Köln, einem Beginenzentrum, knapp 1200 Beginen in mehr als 25 Konventen. (Gleba, S.197) In Freiburg/Breisgau gibt es im 14. Jahrhundert acht Beginenhäuser.
Sie bilden oft Hausgemeinschaften und leben in Armut, Keuschheit und aktiver Nächstenliebe. In Gent und Brügge leben sie in großen Beginenhöfen in Haushalten zu zwei, drei Frauen nach einer verbindlichen Hausordnung. Beginen können aus der Patrizierschicht kommen, die Mehrheit wohl aus der wohlhabenderen Mittelschicht. Viele sind Witwen oder andere allein lebende Frauen, die so eine gewisse Selbständigkeit gewinnen.
Erster Schritt dahin ist das Einbringen ihres Besitzes in gemeinsames Eigentum der Haushalte. Jakob von Vitry schreibt über sie, dass
viele Frauen (...) den Reichtum der Eltern verschmäht und die Ehe mit vermögenden und vornehmen Männern ausgeschlagen haben, um in Armut, von der Arbeit ihrer Hände lebend, dürftig in Nahrung und Kleidung, sich ganz ihren religiösen Zielen (...) zu widmen. (in: Gleba, S.198)
Dieser Jakob erwirkt als Förderer der Beginen 1216 ihre päpstliche Anerkennung. Unterstützung bekommen sie im 13. Jahrhundert auch von Robert Grosseteste, dem Bischof von Lincoln und von dem Pariser Theologen Robert von Sorbonne, die sie beide als vollkommen loben.
Beginen bringen ihren eigenen Besitz ein, dazu gibt es Stiftungen, Geld- und Sachspenden, aber die Basis ist eigene Arbeit. Neben der textilen Arbeit betreiben einige Kerzenziehen, Seifensieden, Bierbrauen und Kopistenarbeit. Ansonsten wird auch Lohnarbeit in privaten Haushalten als Dienerinnen oder Wäscherinnen erwähnt. Dazu kommen später im Fürsorgebereich Tätigkeiten in städtischen oder kirchlichen Einrichtungen
"In Köln zum Beispiel unterstand die Textilarbeit eines bestimmten Konventes, des Schelenkonventes, der Aufsicht einer Tuchmacher- und Weberzunft, die sowohl das Aufstellen einer bestimmten Anzahl von Webstühlen genehmigte als auch die Art der zu webenden Stoffe bestimmte und die Qualität der gewebten Tuche begitachtete. Als sich ab 1437 die Beschwerden der Zunftmitglieder über die Konkurrenz der Beginen häuften, verbot ihnen die Zunft das Weben. Die Beginen legten dagegen beim Rat der Stadt Widerspruch ein, der entschied, dass der Konvent künftig statt der bisherigen sechs nur noch drei Webstühle betreiben dürfe (... Gleba, S.199)
Anders als kirchliche Einrichtungen unterstehen Beginengemeinschaften dem allgemeinen Stadrecht, gehören aber auch nicht zu den "pfarrkirchlichen Zusammenhängen der Laien". (Gleba)
Nach und nach erregen sie Misstrauen in Kreisen der Kirche, die sie nicht hinreichend kontrollieren kann, ähnlich wie Teile der Franziskaner. Das gilt insbesondere für diejenigen, die sich gegenseitig die Beichte abnehmen oder gar predigen möchten. Auf dem Konzil von Lyon 1272 sprechen sich alle Gutachter gegen diese Gemeinschaften aus.
Nach dem Konzil von Vienne 1311 werden zunächst herumziehende Beginen unter Häresieverdacht gestellt. Es heißt dort:
Unter den im Volk "Beginen" genannten Frauen, die weder der Gehorsamspflicht noch irgendeiner approbierten Regel unterworfen seien, aber dennoch eine eigene Tracht besäßen und gewissen religiösen Männern folgten, seien einige, die über die Dreifaltigkeit und die göttliche Substanz disputierten und predigten und außerdem Lehrsätze gegen die Sakramente und den katholischen Glauben verbreiteten.Sie täuschten dabei unter dem Deckmantel der Heiligkeit viele aus dem einfachen Volk und seien deshalb mit der Zustimmung des Konzils zusammen mit ihrem gesamten Stand für alle Zeiten zu verbieten und aus der Kirche zu entfernen. Auszunehmen von diesem Verbot seien allerdings jene gläubigen Frauen, die in ihren Häusern ein ehrbares Leben der Buße führten und Gott im Geiste der Demut dienten. (in: Gleba, S.204)
Regeln schränken nun gelegentlich das Alter der Frauen auf über vierzig ein.
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Was die Beginen vor allem nördlich der Alpen sind Ponitentiarierinnnen und andere Büßerinnen in Italien. Diese bilden weniger Hausgemeinschaften, sondern leben in einem privateren Raum ein konsequenter christliches Leben. ergänzt durch Armen- und Krankenfürsorge. "Viele von ihnen trugen ein der Nonnentracht nachempfundes Habit, das sie sichtbar von anderen Laien abgrenzte, sie nahmen asketische Gewohnheiten an, sie legten regelmäßig und in kurzen Abständen die Beichte ab und baten sehr häufig um die Erteilung der Kommunion.