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 Exzerpte Journal Bourgeois Paris

 

1411 am Donnerstag, dem 12. Tag des Novembers (...) wurde der falsche Verräter (faux traître) Colinet de Puiseux als siebter zu den Hallen von Paris geführt, er im Karren auf einem höheren Brett als die anderen, ein Holzkreuz in der Hand, bekleidet, wie er festgenommen wurde, als Priester. Und solchermaßen wurde er aufs Schafott gestellt und ganz nackt ausgezogen, und ihm schlug man den Kopf ab (... Ihm) schnitt man den Kopf ab, als sechstem (...) Und besagtem Colinet (...) schnitt man die vier Gliedmaßen ab, und an jedem der Haupttore von Paris wurde eins seiner Glieder (membres) aufgehängt, und sein Leib in einem Sack am Galgen und ihre Köpfe (der übrigen Verräter) bei den Hallen auf sechs Lanzen. (Journal, S.44) Seine Überreste werden am 15.9.1413 abgenommen und begraben. (S.69)

 

1412 Als der König im Berry Krieg führt, finden vom 30. Mai bis 20. Juni jeden Tag entweder in Paris oder den umliegenden Ortschaften (angeordnete) Prozessionen statt: am 31.5.  alle Priester im Chorrock oder Chorhemd (chape, sourpelis), jeder mit einer Kerze in der Hand und Reliquien; alle barfuß, die Reliquienschreine von Saint-Blanchard und von Saint-Magloire, mit wohl zweihundert Kindern voran, alle barfuß, eine Kerze oder ein Licht (chandelle) in der Hand (3.6) alle Pfarreien und Orden (...) gingen barfuß und trugen (...) Heiligtümer oder Kerzen, im Gewand der Frömmigkeit (habit de dévotion), mehr als 40 000 Laien (communs) dabei, alle barfuß und fastend (à jeun). (in Saint-Geneviève) dort sangen sie sehr fromm (dévotement) die hohe Messe, und dann brachten sie die heiligen Reliquien dorthin, wo sie sie geholt hatten, fastend. (Am 5.6.) kamen die von Saint-Denis nach Paris, alle barfuß, und brachten sieben heilige Körper mit, die heilige Oriflamme (...) den heiligen Nagel, die heilige Krone, die zwei Äbte trugen, sowie dreizehn Prozessionsfahnen (bannières). (Journal, S.47ff)

 

1413 Gemeinwohl: profit commun (Journal, S.56)

 

1415 Die Armagnacs sind in Paris fremde Leute (gens étranges), weil sie aus dem anderssprachigen Süden kommen. (Journal, S.91)

 

1417 Wenn kein Geld für die Söldner da ist, wird ihnen erlaubt, im Umkreis von mehreren Meilen um Paris zu plündern: niemand wagte, in die Umgebung von Paris zu gehen, an welchen Ort auch immer, sonst wurde er beraubt und wenn er sich rächte oder verteidigte, wurde er getötet, sogar von Bewaffneten aus Paris selbst, die wann immer sie wollten, Paris verließen um zu plündern.(piller).(S,102)

 

Männliche Jugend schneidet am Vorabend des ersten Mai Maiengrün, um damit die Türen der Mädchen zu schmücken. Dieses Jahr gehen sie das Risiko ein, ausgeraubt zu werden, so wie Frauen um Paris immer wieder in Gefahr sind, vergewaltigt zu werden.(S.106f).

 

Aug. 1418 nachdem die Burgunder in Paris einziehen: Massenmord aus der Bevölkerung heraus an den Armagnacs

 

Nov.1418 Armagnacs kontrollieren Umgebung um Paris. Sie hielten Paris in so großem Mangel, dass ein Kind von vierzehn Jahren wohl für acht Heller (deniers) Brot auf einmal aß, und kostete das Dutzend sechs Pariser Sous (sols), das man für sieben oder acht Weißpfennige (blancs) bekommen hatte, ein recht kleiner Käse zehn oder zwölf Weißpfennige, das Viertelhundert Eier fünf oder sechs Pariser Sous (...) auch ein kleines, ganz feuchtes Holzscheit (...) vierzig Pariser Sous oder das Hundert drei Francs; das Bündel Kleinholz zwölf Sous, schlechte Buscheln, mit nichts als Laub darin, das Hundert sechsunddreißig Pariser Sous (etc. Journal, S. 135)

 

1420 am 17. Tag des November (...) zogen unsere Herren (seigneurs) in Melun ein, und alle drinnen ergaben sich dem Willen des Königs; denn alle starben Hungers, und es aßen ihre Pferde solche, die welche hatten. (S.162)

 

1420 1. Dezember, als die hohen Herren in Paris einziehen: Und wurde in der Rue de la Calandre vor dem Palais ein sehr frommes Mysterienspiel (mystère) von der Passion Unseres Herrn mit lebenden Figuren (au vif) dargestellt, so wie es im Chor von Notre Dame von Paris abgebildet ist; und reichten die Gerüste ungefähr hundert Schritt lang (...) und jeder Mensch, der das Mysterienspiel sah, war im Herzen angerührt. (S.162f) Derweil leiden dieselben Leute Hunger bei enormer Teuerung.

 

1421 Zweimal Münzreformen, die die armen Leute noch erheblich ärmer machen. (S.171ff) Zieht sich durch das ganze Journal wie ständige Abgaben, die von diversen Machthabern überall erhoben werden

1422 Maikäferjahr Winter 1422/23 Harter Frost über mehrere Monate

 

1423 in diesem Monat Februar wurden alle von Paris vereidigt (sermentés), nämlich Bürger, Einwohner (ménagers), Kärrner, Schäfer, Kuhhirten, Schweinehirten der Abteien, und die Stubenhirten (chambrières) und sogar die Mönche, dem Herzog von Bedford gut und treu zu sein (...) Die einen taten es gerne und die anderen gegen ihren Willen (vereidigt auf den Vertrag von Troyes, Journal, S.198)

 

So wurde das Volk vom bösen und gierigen Willen der Reichen (gros) beherrscht, welche Paris beherrschten, und immer mit den Herren (seigneurs) waren, und sie hatten kein Erbarmen mit dem armen Volk, das soviel Armut hatte. (S.205, die Herren sind die Burgunder und die Engländer, die sich wie Schweine benehmen)

 

Immer wieder wird erwähnt, dass Soldaten Frauen und Mädchen vergewaltigen.

Ganz breiten Raum nimmt ständig die Preisentwicklung von Lebensmitteln und Heizmitteln in Paris ein, die Geldwertentwicklung sowie auch das Wetter und die Ernte-Ergebnisse.

 

1424 Der Reichsverweser Bedfort wird immer wieder von der Bevölkerung von Paris gefeiert,

1425 Großes Maikäferjahr, 1428 erneut, fressen Weinberge, Nussbäume, Mandelbäume, alles kahl.

 

1425 Vier Blinde werden am Samstag durch die Stadt mit einem Banner geführt, auf dem ein Schwein abgebildet ist. ... am letzten Sonntag des Monats August wurde eine große Belustigung (ébatement) im sogenannten Armagnac-Hôtel gemacht, in der Rue Saint-Honoré, wo man vier vollständig gerüstete Blinde in einen Park gebracht hatte, jeder mit einem Stock in der Hand, und an diesem Ort gab es ein kräftiges Schwein, das sie haben sollten, wenn sie es töten könnten. So geschah es, und sie machten einen so seltsamen Kampf, denn sie gaben sich viele starke Stockschläge, was ihnen schlecht bekam, denn wenn sie glaubten, das Schwein zu schlagen, schlugen sie einer den anderen, und wenn sie wirklich bewaffnet gewesen wären, hätten sie einander getötet. (S.221, keine Kritik des Kleriker-Autors)

 

Am ersten Samstag im September findet eine neue Belustigung statt: Eine lange Stange wird eingeölt und oben wird ein Korb mit einer fetten Ganz und Geld befestigt. Wer bis zum Korb käme, würde den Preis erlangen, was am Ende nur einem jungen Mann halbwegs gelingt. (Journal, S.221f)

 

1426 zu dieser Zeit wurde der Markt von Lendit am gewohnten Ort gemacht, der seit 1418 nicht stattgefunden hatte. (S.226, findet außerhalb der Mauern von Saint-Denis statt)

 

1427 in diesem Jahr war ein großer Winter, denn am ersten Tag des Jahres begann es zu frieren, und es dauerte unablässig sechsunddreißig Tage, und deswegen fiel alles Grüngemüse aus, denn es gab auf dem Markt weder Kohl noch Lauch noch Petersilie noch Kräuter. (S.229 bis Pfingsten kalt und regnerisch. An Pfingsten und danach wird das Zentrum von Paris überschwemmt)

 

14.August 1427 kommt eine Gruppe von rund hundert Zigeunern in Paris an, die nach La-Chapelle-Saint-Denis weitergeschickt werden. (S.234f) als sie in La-Chapelle waren,hatte man noch nie so viele Leute gesehen, die zum Segen von Lendit gekommen wären, wie sie dieses Mal aus Paris, aus Saint-Denis und aus der Umgebung kamen, um sie zu sehen. Und wahr ist es, dass ihre Kinder, Knaben wie Mädchen, so geschickt waren wie keine anderen, und die meisten oder fast alle hatten die beiden Ohren durchstochen, und in jedem Ohr einen Silberring oder zwei in jedem, und sie sagten, das wäre vornehm in ihrem Land. (...) Und trotz ihrer Armut hatten sie Hexen (sorcières) in ihrer Gesellschaft, so die Hände der Leute anschauten und sagten, was ihnen geschehen sei oder zustoßen würde. (...) Und (...) während sie mit den menschlichen Geschöpfen sprachen,ließen sie, durch magische Kunst, oder anders, oder durch den höllischen Feind, oder durch umgängliches Geschick, die Börsen der Leute sich leeren, und taten es in ihre Börse, wie man sagte. (Er ist mehrmals da und kann das nicht bestätigen. Journal S.234ff, müssen weiterziehen nach Pontoise) 

 

Item, in diesem Jahr oder kurz vorher kam eine Frau namens Margot nach Paris, ziemlich jung, etwa achtundzwanzig bis dreißig Jahre alt, aus dem Land Hennegau, die war im Ballspiel (à la paume) so gut, wie man nur je einen Mann gesehen hatte, und so spielte sie aus Vorhand und Rückhand sehr kraftvoll, sehr listenreich, sehr geschickt, wie es ein Mann wohl tun könnte, und es kam kaum ein Mann, den sie nicht besiegt hätte, wenn er nicht einer der besten Spieler war. Und der Spielplatz war, auf dem man in Paris am betsen spielte, in der Rue Garnier-Saint-Ladre, welchen man den Petit-Temple nannte.(Journal, S.239) 

 

1428 Fortuna, die niemandem eine sichere Freundin ist (S.248)

 

Immer wieder wird beschrieben, dass Stadtbürger und Bauern mit Geld und kriegswichtigen Gegenständen den Krieg der verschiedenen Herren finanzieren müssen:

1429 und sie bezahlten mehr als vierhundert beladene Lastwagen (chariots). (Journal S.249)

 

3.April 1429 kommt der Franziskaner Richard nach Paris: Und er wirkte so stark, dass man es kaum glauben mochte, wenn man ihn nicht gesehen hätte, denn sobald er in Paris war, gabe es keinen Tag, an dem er nicht gepredigt hätte. Predigt eine Woche bei den Innocents: und er begann seine Predigt ungefähr um fünf Uhr am Morgen, und es dauerte bis um zehn oder elf Uhr, und es gab immer einige fünf-oder sechstausend Personen bei seiner Predigt. Und er stand hoch oben auf einem Gerüst, das fast anderthalb Klafter hoch war, mit dem Rücken nach den Charniers, gegenüber der Charonnerie, in der Nähe vom Totentanz (Danse Macabre). (Journal, S.253)

Dann bei Boulogne-la-Petite: Und wahrlich, als die Leute von Paris an diesem Tag von der Predigt zurück kamen, waren sie so zur Frömmigkeit bewegt und bekehrt, dass ihr in weniger als drei Stunden oder vier wohl mehr als hundert Feuer hättet sehen können, darin die Männer Spieltische und Spielbretter verbrannten, Würfel, Karten, Billardkugeln und Queues, Knöchelchen-Spiele (nurelis) und alle Sachen, an denen man sich im geldgierigen Spiel bis zum Fluchen erzürnen kann. Item, die Frauen verbrannten an diesem Tag oder am nächsten all ihren Kopfputz, wie Polsterungen, Leder-, Fischbein- und andere Teile, die sie in ihre Hauben taten, um sie steifer oder nach vorn geneigt zu machen; die Fräulein ließen von ihren Hörnern, ihren Schwänzen und haufenweise Putz. Und wahrlich, zehn Predigten, die er in Paris gehalten hatte, und eine in Boulogne wandten das Volk mehr zur Frömmigkeit als alle Prediger, die seit hundert Jahren in Paris gepredigt hatten. (...) Und zu dieser Zeit ließ er mehrere Alraunen verbrennen, die manche dummen Leute an sicherer Stelle aufbewahrten. (Sollen Reichtum bescheren oder bewahren. (Journal, S. 254ff)

 

1429 Jeanne d'Arc hat Orléans eingenommen: Und einige andere Sachen von ihr erzählten solche, die mehr die Armagnacs als die Burgunder oder den Reichsverweser liebten; sie behaupteten, dass sie, als sie noch klein war, die Lämmer hütete, und dass die Vögel der Wälder und Felder kamen, wenn sie nach ihnen rief, und aus ihrem Schoß fraßen, als ob sie zahm wären. In  veritate apocrisium est. (...) Und überall ging jene bewaffnete Jungfrau (Pucelle) mit den Armagnacs und trug ihre Standarte, auf die nur Jesus geschrieben stand (S. 257f))

Beim Angriff auf Paris wird die Pucelle verflucht und Schlampe und Hure (paillarde, ribaude) genannt. (S.266)

 

1430 Eine Anzahl arme Leute, die außerhalb der Stadt zu Dieben wurden, werden in Paris hingerichtet. Der elfte war ein sehr schöner Jüngling >(jeune fils) von ungefähr vierundzwanig Jahren, er wurde entkleidet, und man wollte ihm gerade die Augen verbinden, als ein junges Mädchen aus dem Hallenviertel kühn um ihn bat und es durch seine gute Fürsprache erreichte, dass er ins Châtelet zurückgebracht wurde, und inzwischen wurden sie miteinander verheiratet. (Journal, S.272)

 

Im ganzen Journal wird wieder und wieder davon berichtet, dass Militär Kirchen und Klöster komplett plündern.

Bauern und Bürger werden brutal getötet oder für Lösegeld gefangen genommen.

 

Zu 1430: Papst Martin V. verkündet, wieviele Buße einem für Kirchenbesuch und Fasten jeweils erlassen wird: hundert Tage Buße und mehr jeweils. (S.288ff) So wurden dann die vorgenannten Ablässe (pardons) bekannt gemacht, zuerst in der Kirche St.Augustin in Paris (...) am 25.Tag des Juni 1431. (Journal, S.291)

 

Am 14. April 1431 zählte man, dass zu Land und zu Wasser wohl 1200 Personen, ohne die Kinder, Paris verließen, weil sie nichts zum Leben hatten und vor Hunger sonst umkämen. (Journal, S.287)

 

In Rouen wird im Mai Jeanne d'Arc (dame Jeanne) vorgeführt, ungeheure Sünden (grands péchés énormes) werden ihr vorgeworfen, Götzendienst (idolâtrer), falsche Heuchelei (fausse hypocrisie), alles kritiklos benannt. (S.292) Wird auch als grausam bezeichnet.

Bei der Hinrichtung: und dann wurde das Feuer niedrig gehalten, und wurde sie dem Volk ganz nackt gezeigt und alle Geheimnisse, die an einem Weib sein können oder sollen, um die Zweifel des Volkes wegzunehmen. (S.297) Manche Leute halten sie dort allerdings für eine Märtyrerin.

 

Einzug des englischen Königs in Paris zur Krönung: da gab es drei sehr schön aufgestellte Sirenen (...) und darüber war ein Wäldchen, wo es wilde Männer (hommes sauvages) gab, die auf verschiedene Weise ein Getümmel machten (...) vor die Trinité, wo es ein Myterium von Mariä Empfängnis gab (...) und reichten die Gerüste von kurz nach Saint-Sauveur  bis zum Ende der Rue Darnetal... (usw. S.305)

 

1432 Februar: man ging daran, Pfähle zu zimmern, um sie vor den Mühlen anzubringen und das Eis beim Tauen zu brechen. (S.312)

Fast jedes Jahr Überschwemmungen in Paris

 

1433 schlimme Beulenpest in Paris

1435 Der Herzog von Burgund Philipp der Gute") kommt nach Paris,mit Ehefrau, einem ehelichen und drei unehelichen Söhnen, die das Journal sehr schön findet. Der Herzog hat insgesamt acht uneheliche Söhne und sieben uneheliche Töchter.

 

Beim Kampf um Saint-Denis: und der Neffe des Herrn von Falstaff wurde getötet, und danach wurde er in Teile geschnitten und in einem Kessel auf dem Friedhof von Saint-Nicolas so viel und lange gekocht, bis die Knochen das Fleisch verließen, und die wurden dann sehr gut gereinigt und in eine Kiste gelegt, um sie nach England zu bringen, und die Eingeweide und das Fleisch und das Wasser wurden in einer großen Grube auf besagtem Friedhof von Saint-Nicolas versenkt. (Journal, S.340)

 

1436 Der Autor setzt die Armagnacs nun mit den Französischen gleich. (S.344) Die Französischen ziehen in Paris ein. Den Menschen dort aber geht es nun eher schlechter.

 

1438 an solchem Tod verschied der Bischof von Paris, namens Herr Jacques, ein sehr prächtiger pompeux), geldgieriger (convoiteux) Mann, weltlicher (mondain) als sein Stand es erforderte, und er verschied am 2. Tag des November im Jahr 1438 (Journal, S.383)

 

1439 Wölfe fressen vierzehn Personen zwischen Montmartre und dem Tor von Saint-Antoine (S.390)

1440 Maikäfer- und Maulwurfsplage

 

1440: wenn ein braver Mann eine junge Frau hatte und sie konnten ihn festnehmen, und er konnte das Lösegeld nicht bezahlen, das sie verlangten, quälten und tyrannisierten sie ihn sehr schwer; und einige legten sie in große Mehlkästen, und dann nahmen sie ihre Frauen und taten ihnen Gewalt auf dem Deckel des Mehlkastens an, wo der gute Mann drin war, und riefen: "Tölpel (vilain), obwohl du da bist, wird deine Frau jetzt hier beritten (chevauchée)." und so taten sie sie, und wenn sie ihr übles Werk getan hatten, ließen sie den armen Mann da drinnen umkommen... (Journal, S.399f)

 

1442 am 11.Tag des Oktober, einem Donnerstag, wurde die Einsiedlerin namens Jeanne la Verrière, von Magister Denis de Moulin, damals Bischof von Paris, in eine ganz neue Hütte auf dem Friedhof der Innocents gebracht, und hielt eine sehr schöne Predigt vor ihr und vor einem sehr großen Haufe3n Volk, das da an diesem Tag war. (S.411f)

 

1444: die Regenten erhoben in ihrem Schatten (des Königspaares) unablässig Steuern, indem sie sagten, wenn der König und seine Untertanen erst das Geld hätten, würden sie gehen, die ganze Normandie zu erobern, aber als die Steuer (taille) eingenommen war, kümmerten sie sich nicht darum, sondern spielten Würfel oder jagten und tanzten, machten aber nie, wie es üblich gewesen war, weder Lanzenbrechen noch Turnier noch irgendeinen Waffengang, aus Angst vor Hieben; kurz, alle Herren von Frankreich waren zu Weibern geworden, denn kühn waren sie nur gegen arme Arbeiter und arme Händler, die ohne Waffem waren. ( S.415)

 

Die Vorhaut des Herrn wird 1444 nach Paris gebracht und die Überbringer sagten, dass alle, die einen von den (Ablass)Briefen nehmen würden, welche sie ausgeben würden, denen wäre in der Stunde des Todes alle Strafe und Schuld vergeben, wenn sie wirklich beichteten und berueten; und sehr teuer kostete ein solcher Brief (S.422)

 

1448: in der letzten Aprilwoche kam ein Fräulein (Agnes Sorel) nach Paris, von dem man sagte, dass es öffentlich (publiquement) die Geliebte (amie) des Königs von Frankreich sei, ohne Treue und Gesetz und Wahrheit gegenüber der guten Königin, die er geheiratet hatte, und es wurde offenbar, dass sie soviel Staat (grand état) trieb wie eine Gräfin oder Herzogin. (...) Und der König (...) schenkte ihr das Schloss von Beauté (S.437f)

 

Exkurs: Aggression, Gewalt, Krieg und Sigmund Freud

 

Herodots polemos patér, jener gerne in "Der Krieg ist der Vater aller Dinge" übersetzte Satz, meint im Kern wohl nicht Krieg, sondern Kampf und Streit, agon. Ich möchte das auf das Folgende konzentrieren: Das Säugetier Mensch ist ein Raubtier insofern, als es sich von vorneherein nicht nur von Pflanzen, sondern auch von Fleisch insbesondere von Säugetieren ernährt. Und es ist wie andere Tiere auch von jenem Kampf ums Dasein geprägt, der Konflikte mit Mitgliedern der eigenen Art mit sich bringt. Aggression und Gewalt sind ihm eingeboren und haben zu einem guten Teil den Fortschritt seiner Geschichte hervorgebracht und getragen. Soweit die Biologie, wenn man das so nennen möchte. In der Geschichte des Menschen ist dann der Krieg eine der beständigen Konstanten. Dazu ein kurzer Rekurs auf Sigmund Freud.

 

1930 schreibt dieser am Ende des 'Unbehagen in der Kultur': Die Schicksalsfrage der Menschenart scheint es mir zu sein, ob und in welchem Maße es ihrer Kulturentwicklung gelingen wird, der Störung des Zusammenlebens durch den menschlichen Aggressions - und Selbstvernichtungstrieb Herr zu werden. In diesem Bezug verdient vielleicht gerade die gegenwärtige Zeit ein besonderes Interesse. Die Menschen haben es jetzt in der Beherrschung der Naturkräfte so weit gebracht, dass sie es mit deren Hilfe leicht haben, einander bis auf den letzten Mann auszurotten.

 

Der "Selbstvernichtungstrieb" des Menschen ist mir so wenig ersichtlich wie ein Todestrieb, und die Aggression ist gewiss auch kein spezifischer "Trieb", sondern Aspekt des Getriebenseins alles Lebens, ansonsten scheint sich mir aber die Aktualität dieses Abschnitts in den letzten 80, 90 Jahren eher dramatisch verschärft zu haben. An anderer Stelle schreibt Freud:

 

Für alles weitere stelle ich mich auf den Standpunkt, dass die Aggressionsneigung eine ursprüngliche, selbständige Triebanlage des Menschen ist, und komme darauf zurück, dass die Kultur ihr stärkstes Hindernis in ihr findet. ('Unbehagen', VI)

 

Es sieht, wenn wir diesen Gedankengängen von Freud folgen, so aus, dass Kultur und damit der Mensch in einem Feld aus konstruktiven und destruktiven Antrieben entsteht, in einem Kampf, wie er sich an der Menschenart vollzieht. (s.o.) Aber die destruktiven Seiten sind auch die produktiven und die konstruktiven auch die zerstörerischen.

Anders gesagt, in den Prozessen der Kulturbildung, d.h. der Menschwerdung, entwickeln Menschen in sich Ambivalenzen, die sich in dem, was als Kultur nach außen tritt und so beschreibbar wird, wiederfinden...

 

Die Existenz dieser Aggressionsneigung, die wir bei uns selbst verspüren können, beim anderen mit Recht voraussetzen, ist das Moment, das unser Verhältnis zum Nächsten stört und die Kultur zu ihrem Aufwand nötigt. Infolge dieser primären Feindseligkeit der Menschen gegeneinander ist die Kulturgemeinschaft beständig vom Zerfall bedroht. Das Interesse der Arbeitsgemeinschaft würde sie nicht zusammenhalten, triebhafte Leidenschaften sind stärker als vernünftige Interessen. Die Kultur muss alles aufbieten, um den Aggressionstrieben der Menschen Schranken zu setzen, ihre Äußerungen durch psychische Reaktionsbildungen niederzuhalten. ('Unbehagen', V)

 

Die "Kultur" bietet natürlich gar nichts auf, sondern das tun Menschen in ihr. Die gedankliche Leistung Freuds besteht desungeachtet darin, von sich und dem unmittelbaren Gegenüber auszugehen (bei uns - beim anderen), also aus der unmittelbaren Erfahrung heraus Gedanken laufen zu lassen. Damit verschwindet die hochmütige Distanz der Wissenschaften zum Menschen, die umgekehrtes Erbe der demütigen Distanz der Theologie zu Gott war.

 

Der obige Abschnitt geht folgendermaßen weiter: Daher also das Aufgebot von Methoden, die die Menschen zu Identifizierungen und zielgehemmten Liebesbeziehungen antreiben sollen, daher die Einschränkung des Sexuallebens und daher auch das Idealgebot, den Nächsten so zu lieben wie sich selbst, das sich wirklich dadurch rechtfertigt, dass nichts anderes der ursprünglichen menschlichen Natur so sehr zuwiderläuft. Da das Verbot das Gehemmte aufstaut, so dass es wie eine Flut den Damm brechen kann, wären Kulturen mit hohem Verbotsniveau solche, die episodische Beschleunigungen erhielten. Aber das für sich ist gewiss zu einfach, da es die Rückkoppelungen der Kultur auf die Menschen und damit sich selbst außer Acht lässt.

 

Freuds Erwartungen an eine künftige Pathologie der "kulturellen" Gemeinschaften in seinem 'Unbehagen in der Kultur' sind entgegen dem, was gemeinhin über diesen Text gesagt wird, von einer letzten Hoffnung geprägt. Lorenzer und Görlich ( Einleitung zu: Sigmund Freud. Das Unbehagen in der Kultur) haben sie in anderer Reihenfolge als implizite in einer Aneinanderreihung von Zitaten aus der wenige Jahre vorher entstandenen 'Zukunft einer Illusion' herausdestilliert. Das mag man inzwischen eher bezweifeln.

 

Ist doch der Einzelne existentiell ein Feind der Kultur, die doch zugleich ein allgemeinmenschliches Interesse sein soll. Anders ausgedrückt setzt sich der Grundkonflikt aus den seiner Triebstruktur entspringenden individuellen Bedürfnissen und den ihm eingepflanzten Bedürfnissen menschlicher Gemeinschaft zusammen. Dort sind die Quellen der Unzufriedenheit mit der Kultur zu suchen. Das Unbehagen in der Kultur ist so Ausdruck von Unzufriedenheit mit ihr.

 

So bekommt man den Eindruck, dass die Kultur etwas ist, was einer widerstrebenden Mehrheit von einer Minderzahl auferlegt wurde, die es verstanden hat, sich in den Besitz von Macht- und Zwangsmitteln zu setzen.

 

Hier zeigt sich die ganze Schwäche von Freuds Entscheidung, Kultur und Zivilisation nicht zu trennen, - aber Freud war kein Historiker. Es gibt keinen Hinweis darauf, die Bemühungen der Kultur nicht als Gemeinschaftsprojekt zu sehen, es sind die Zivilisationen, in denen wenige viele unterjochen.

 

In dieser ansonsten faszinierenden Konstruktion wird der Fehler nur eine Seite später deutlicher, wo er Hoffnung an die Frage bindet, ob und inwieweit es gelingt, die Last der den Menschen auferlegten Triebopfer zu verringern, sie mit den notwendig verbleibenden zu versöhnen und dafür zu entschädigen. Es geht um den Umgang mit dem unumgänglichen Kern der Kulturfeindseligkeit. Den sieht er darin, dass jede Kultur auf Arbeitszwang und Triebverzicht beruht und darum unvermeidlich eine Opposition bei den von diesen Anforderungen Betroffenen hervorruft.

 

Schematisch gesehen beruhen auf Arbeitszwang eher Zivilisationen, Kulturen der Wildbeuter stillen Hunger und Durst und jungsteinzeitliche Gemeinschaften produzieren Nahrungsmittel und Werkzeuge aus demselben Grund - wenngleich vielleicht "im Schweiße ihres Angesichtes". Zudem ruft gelungene kulturelle Einbindung keine Opposition hervor, denn die tradierten, auf unmittelbarer Erfahrung beruhenden Bindekräfte von Kulturen sind wesentlich größer als die institutionalisierten Zwangskräfte von Zivilisationen. Unter dem Ansturm der frühkapitalistischen Gewalttäter zerbrechen sehr schnell die zivilisatorischen Überbauten auf anderen Kontinenten wie die der südamerikanischen Anden"staaten", während von dem auf die Ebene von Kultur zurückgefahrenen Erbe in entlegenen Gebieten immer noch kleine Reste vorhanden sind, auch wenn deren endgültige Zerstörung von außen weiter fleißig vorangetrieben wird.

 

Am Ende von 'Warum Krieg' formuliert Freud an Einstein:

Ich meine das Folgende: Seit unvordenklichen Zeiten zieht sich über die Menschheit der Prozess der Kulturentwicklung hin. (Ich weiß, andere heißen ihn lieber: Zivilisation.) Diesem Prozess verdanken wir das Beste, was wir geworden sind, und ein gut Teil von dem, woran wir leiden.

 

In diesem Gegensatzpaar steckt eine legitime, aber höchstpersönliche Wertung, jedoch die Grundidee scheint solide: Jeder Fort-Schritt in der Menschheit ist mit Opfern erkauft.

 

Anders gesagt: Aggression ist Leben, ihre Domestikation schafft Kulturen und ihre bewusste Nutzung durch institutionalisierte Macht baut Zivilisationen. Zivilisation und Krieg sind identisch. Man muss also nicht auf spezifische kriegerische Momente der römischen oder germanischen Welt zurückgreifen, um zu wissen, dass der Krieg in der Zwischenzeit zwischen Antike und Mittelalter zentraler Motor aller Entwicklung sein wird und damit auch zu den Wurzeln des Kapitalismus gehört.

 

Lehnen wir uns kurz zurück und fragen: Ist nicht der Friede erstrebenswerter als der Krieg? Darauf gibt es zwei historische Antworten: Einmal ist der Friede das Ziel jeden Krieges, nämlich der der "befriedeten" Besiegten und Unterworfenen. Bislang lautet dabei das Fazit aller Zivilisationen, dass es ohne Krieg nie Frieden gab. Und der Krieg ist das Herzstück aller Zivilisationen seit den Tagen von Sumer, der Pharaonen in Ägypten und der Kaiser von China. Er ist auch der Kern der heiligen Schriften der Juden und der zumindest des frühen Islam. Literarisch überlieferte Ausnahmefiguren wie Jesus oder Buddha haben ihre Friedfertigkeit nicht auf ihre späteren nur nominellen Anhänger übertragen können. Aber die absolute Gewaltlosigkeit des legendären Zimmermannssohnes aus Nazareth wird bei aller Nichtbeachtung durch die Christenheit dennoch eine gewisse Rolle spielen.

 

Ein Aspekt sei noch gesondert angesprochen. Nicht jede Gewaltausübung ist von Grausamkeit gekennzeichnet, auch wenn diese immer Gewalttätigkeit bedeutet.

Das mittelhochdeutsche gruwen benennt eine Mischung aus Furcht und Widerwillen, Abscheu. Das "Grauen" als Substantiv und im neueren Sinne ist laut Duden (Herkunftswörterbuch) so noch nicht im Mittelalter vorhanden. Gruwesam bezeichnet darum zunächst noch keine Intention, sondern eine Gefühlsreaktion. Hingegen benennt das lateinische crudelis/crudeliter (von crudus: roh, gefühllos) das, was auch unsere heutige "Grausamkeit" bezeichnet. In unseren Augen ist dann das frühe Mittelalter (Nachantike) von einem großen "legalen" Spielraum an Grausamkeit in der alltäglichen Machtausübung von „Herren“ (domini) geprägt.

 

Grausamkeit bezeichnet zweierlei: Zum einen ist es eine moralisierende Sichtweise auf überzogen angesehenes aggressives Verhalten, zum anderen bezeichnet es eine schon bei Tieren zu beobachtende Lust in der gewalttätigen Machtausübung, in den Qualen des Opfers. Ihren Ursprung hat sie sicherlich darin, dass tierisches Leben von Leben, also Lebendigem lebt, welches getötet, zerstückelt, lustvoll zerkleinert und verschlungen wird. Was bleibt sind Fäkalien. Erste Lust in der Grausamkeit ist in der Nahrungsaufnahme begründet.

 

Wichtig ist, dass man annehmen kann, dass Zivilisierung Grausamkeit nicht verringert, sondern eher institutionalisiert und dabei immer stärker von ihrem Ursprung im menschlichen Metabolismus entfernt. Die Amüsierarenen Roms belegen das genauso wie alle Zeiten danach.

 

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In fast allen Kulturen lagen die häufigsten Felder legitimen und offenen Auslebens von Aggressionen im Bereich der Sexualität, der Jagd und des Kampfes von Gruppen um Lebensräume, die letzteren eng miteinander verwandt und weithin Domänen der Männer. Der natürliche Trieb zu leben um sich fortzupflanzen ist den Menschen dabei mit allen Tieren, überhaupt allem Leben gemein und er bedeutet zunächst einmal eben Aggressivität. Ihn für die Gemeinschaft, in der Menschen lebten, nutzbar zu machen, heißt, seinen impulsiven Drang einzuschränken. Insbesondere der ganzjährig aktive Geschlechtstrieb ist für die Menschen nur vorteilhaft, wenn sie ihn beherrschen lernen. Nichts spricht gegen die Vermutung, dass diese menschliche Besonderheit an der Entstehung von Sprache beteiligt war.

 

 

 

 

Ich habe schon seit der Jugend die Neigung gehabt, Lebenserfahrung durch die Erfahrung aus zweiter Hand zu ergänzen, welche die Vergangenheit der Menschen liefert. Auch angestoßen durch Texte von Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud und Karl Marx vor allem hat sich dabei bald eine tiefe Unzufriedenheit über bisherige, meist staatlich dotierte Geschichtswissenschaft eingestellt. Diese vermittelt ein Bild von Geschichte aus der Sicht von Machthabern und den mit ihnen verbundenen Autoren, lässt dabei das Leben der meisten Menschen mehr oder weniger außen vor und wirkt wie eine Rechtfertigung von Machtstrukturen.

 

Der darin eingeschlossene Fortschrittsglaube und vor allem der in den letzten Jahrhunderten forcierte Glaube an einen technischen Fortschritt zum Heile der Menschheit erschloss sich recht früh als eine Lüge angesichts der Verwandlung von Kulturlandschaft bei meiner Heimatstadt und anderswo in eine aus Asphalt und Beton, etwas, was sich seitdem überall wahrnehmen lässt.

Dazu kam in den siebziger/achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts der verstärkte Hinweis einiger weniger, dass die Ausplünderung der Ressourcen der Erde begrenzt ist, dass die Vielfalt der Arten von Lebewesen immer mehr abnimmt und dass das Wirtschaften unter kapitalistischen (inklusive sozialistischen) Bedingungen das Erdklima in verheerender Weise verändert. 

 

Ein irgendwie noch hoffnungsvolles Menschenbild veränderte sich dann in der Auseinandersetzung mit Alternativen zum Kapitalismus, die anständigerweise immer abstrakter nur noch formulierbar wurden, und in dem Werdegang der Partei "Die Grünen", die auf dem Weg zum Erfolg belegte, dass Politik ungeeignet ist, es besser zu machen als die Altvorderen. Vielmehr belegen sie seitdem Kanzler Schmidts ur-sozialdemokratisches Wort von der "normativen Kraft des Faktischen": Politik wird weiter nur günstige Verwertungsbedingungen von Kapital fördern, und die Unterschiede zwischen den Polit-Fraktionen bestehen wesentlich und strukturell notwendig aus unterschiedlichen Bindungen an mächtige Kapitalfraktionen.

 

All das verstärkte in mir (erst) vor über zehn Jahren den Wunsch, mich mit den Anfängen kapitalgenerierten Wirtschaftens zu beschäftigen und mit der Frage, wie es geschehen konnte, dass dieses das Leben der Menschen so in den Griff bekommen konnte, wie wir es heute erleben können.

Der Blick darauf wird längst geprägt davon, dass dem Autor jegliche Form von Gläubigkeit abhanden gekommen ist und nun durch neugieriges Fragen ersetzt werden muss. Dabei habe ich gelernt, dass jene Form von Skepsis, die meines Erarchtens das Wesen von Wissenschaftlichkeit ausmacht, sich mit dem Grundproblem von Sprache auseinander zu setzen hat, dass sie nämlich keine Wirklichkeit abbildet, sondern Welten konstruiert.

 

Erschwerend kommt hinzu, dass das heutzutage durchgesetzte jeweils politisch korrekte Denglisch, welches ein lebendiges Deutsch immer mehr ersetzt, in einem immer illiterateren Raum zunehmend nur noch dem Ableiten von Emotionen dient und daneben weitere Nebelkerzen unter die Menschen schießt, die zum Beispiel darauf beruhen, dass von den Meinungsmachern gerne auch für die, die des Lateinischen und Altgriechischen nicht mächtig sind, Wörter aus diesen Sprachen wie "sozial" oder "ökologisch" für politisch gefällige Interessen verwendet werden.

 

Es muss also um zwei Dinge vor allem gehen: Ein Deutsch zu rekonstruieren, welches bis in die Jugend des Autors noch üblich war und eine klarere Kommunikation ermöglichte, und zum anderen alle die Wörter heraus zu filtern, bei denen kein Gegenstand in erfahrbarer Wirklichkeit anzunehmen ist, sondern welche Propagandaworte interessierter Kreise sind - von den Religionen über Kapitalinteresse bis zur Politik heute.

 

Wirklichkeit soll dabei gemäß seinem ursprünglichen Wortsinn alle Bewegung in Zeit und Raum sein, und Welt das, was jeder von uns daraus in einem sprachlichen Konstrukt herstellt. Bindeglied zwischen beiden ist dann sinnliche Erfahrung und die Arbeit unseres Gehirns. Letztere ist für unsere psychische Befindlichkeit und die Bewältigung des jeweiligen Alltags nur erträglich, wenn sie stete Bewegung in Zustände transformiert: Welt besteht so aus Substantiven, Nomen (Namen), und selbst deren wahrnehmbare Bewegung wird gerne substantiviert, wie das mit Worten wie Leben, Liebe, Arbeit oder Gerechtigkeit geschieht, alles Aktivitäten wie auch Kapital, als welches oft nur potentielles Kapital bezeichnet wird.

 

Damit werden Dinge in die Welt gesetzt, die es so in keiner erfahrbaren Wirklichkeit gibt. Dazu gehören auch Gott, Gleichheit bzw. Identität, die Absurdität eines "Lebens" nach dem Tode oder Gesellschaft dort, wo das Wort einen Untertanenverband meint.

Es ist ein Vorrecht des Autors, im Schreiben Sprache reflektieren zu können, was dem impulsiv Sprechenden kaum vergönnt ist. Dass akademische Historiker so etwas kaum tun, sondern in der Regel vorgegebene Sprache blindlings übernehmen, nimmt ihnen nicht die Qualität, Lieferanten von Material für mein Projekt zu sein, ist aber Grund für tiefes Misstrauen gegenüber dem, was sie da treiben. Stattdessen ist es notwendig, Begriffe klar zu definieren und Unbegreifliches aus der Sphäre des Selbstverständlichen zu entfernen.

 

Nebenbei: Kapitalismus ist wie alle "Ismen" eigentlich eine dümmliche Art, ein Wort zu konstruieren, ähnlich wie Expressionismus, ein Vermarktungstrick, oder Feminismus und Sozialismus, parareligiöse Glaubensrichtungen, oder  Feudalismus und Absolutismus, die "Systeme" vorgaukeln, um komplexe Zusammenhänge auf Schlagworte zu reduzieren.Wenn hier dennoch von Kapitalismus als der Dominanz v...............

 

Die Vorzüge einer Veröffentlichung im Internet bestehen nicht nur darin, keine enormen Summen für eine Veröffentlichung jenseits akademischer Etabliertheit bezahlen zu müssen, sondern vor allem auch darin, dass der Text jederzeit verändert werden kann: Er enthält keine abschließenden Erkenntnisse, sondern einen fortschreitenden Lernprozess.

Am Anfang standen kritisch gelesene Texte von Historikern, die sich in ersten Zusammenfassungen niederschlugen. Dazu kam die Lektüre von Quellentexten, wobei nachlassende Fertigkeiten im Altgriechischen inzwischen ergänzt werden durch ebenfalls nachlassende im Lateinischen. Noch ein Stück weit lebende Sprachen wie das Italienische, Französische, Spanische oder Englische lassen sich auch im Alter noch eher aufrechterhalten.

 

Das Formulieren eigener Texte half dann dabei, kritisches Nachdenken über Sprache zu fördern und dabei einem Menschenbild näher zu kommen, welches nicht aus Wunschdenken, interessegeleiteter Propaganda oder dümmlichem Nachplappern irgendwelcher Koryphäen sich zusammen setzt. Ich bin dabei aber leider weiter weit entfernt von dem, was mir wünschenswert wäre.

 

Je mehr ich mich dem Kern meines Interesses, den Ursprüngen von Kapitalismus näherte, desto mehr begann ich, Überblickstexte, auf die ich weiter rekurrieren wollte, sowie Details am Rande in Anhänge zu verschieben. Dieser Prozess wird weitergehen und soll am Ende in drei Textebenen enden, deren oberste sich mit dem Kernthema beschäftigt.

Der Kapitalismus ist dabei nicht ein Phänomen einiger weniger, wie es in den Geschichtsbüchern üblicherweise abgehandelt wird, sondern das aller Menschen, auch derer, die ihn passiv erleiden und insbesondere als Konsumenten aktiv bejahen. Da wir von ihnen für unsere Zeit in den Textquellen kaum etwas und durch Archäologie nur wenig erfahren, sind wir darauf angewiesen, aus ihren Rahmenbedingungen so weit wie möglich Schlüsse zu ziehen. Kern-Rahmenbedingungen sind Eigentumsverhältnisse, Unterwerfung unter Machthaber und Ausnutzung ihrer Arbeit durch diese. Zum anderen sind es menschliche Emotionalität, insbesondere ihre Geschlechtlichkeit, die Sphäre ihres Bewusstseins und die unterirdischen Ströme dessen, was unterbewusst bzw. unbewusst in ihnen vorgeht.

 

Wer uns Menschen nicht wesentlich als Träger großer Ideen oder Ideale, sondern als Lebewesen, Säugetiere, als auch durch Sprachbegabung entartete Primaten sieht, kann aus spezifischen Rahmenbedingungen Schlüsse ziehen, die aber immer im Einklang mit dem stehen sollen, was wir wissen können.

Das bleibt notgedrungen hochproblematisch, ist aber die einzige Möglichkeit, dem aus gutem Grund unausgesprochenen Menschenbild akademischer Historiker ein ausgesprochenes entgegen zu setzen, welches mehr zu erklären versucht als das von ihnen seit eh und je stillschweigend tradierte.

 

Ausgangspunkt ist und bleibt die Frage nach jener zunehmenden Unzufriedenheit der Menschen mit dem, was ihnen die Erde als Lebensraum bietet, also nach dem, was ihr Ausscheren aus den bisherigen, Leben fördernden Ordnungen bewirkte, welche die Wissenschaft von der Ökologie beschreibt, und welches so rapide inzwischen nach dem von immer mehr Arten sogar ihren eigenen Untergang herbei zu führen scheint. Wieso entwickelte sich ausgerechnet im lateinischen Abendland eine immer menschengemachtere Welt anstelle der  Kulturen und Zivilisationen anderswo, deren Zerstörungspotential viel geringer war und welche sie dann allesamt mit brutalster Gewalt vernichtete?

 

Wir können wissen, dass es nicht Bequemlichkeit war, denn Kapitalismus entwickelte sich auf der Basis mühseliger Arbeit der meisten, und die Annehmlichen eines breiten Warenkonsums begründen Kapitalismus erst im zwanzigsten Jahrhundert und nur für einen kleinen Teil der Menschheit. Die Frage ist also hier zentral, und sie bleibt zentral für eine Menschheit, in der einige Einzelne immerhin erahnen, dass wir anders leben müssten, um menschliches  Überleben zu sichern, - falls das überhaupt noch möglich ist, denn zehn Milliarden Menschen wird der Planet sicher nicht mehr lange ertragen können.

 

Meine Untersuchungen werden sich vor allem auf jenes Mitteleuropa konzentrieren, welches einst die deutschen Lande ausmachte. Die Unheilsgeschichte dieser Deutschen begann gleich zu Anfang mit der Entscheidung deutsch-stämmiger Könige, als Kaiser eine Vormachtstellung auch über italienische, französisch-sprachige und slawische Völkerschaften zu gewinnen und damit auf dem von vielen europäischen Herrschern eingeschlagenen Weg hin zu Nationalstaaten nicht mit zu gehen. Das Unheil endete 1945 mit dem Untergang einer nun nicht mehr deutsch, sondern pseudo-wissenschaftlich biologisch begründeten Phantasmagorie eines neuen Großreiches.

 

In dem bescheidenen Rest der deutschen Lande, der sich noch deutsch nennen darf, und der bis heute nur imstande ist, sich mit dem Hitler-Reich ideologisch-beruhigend auseinander zu setzen, und in dem entsprechend Historiker nur ein hochneurotisches Verhältnis zur eigenen Geschichte haben, welches durch ideologische Konstrukte beruhigt wird, zieht sich Geschichtswissenschaft entweder in den Elfenbeinturm seiner Fachgebiete zurück oder aber ist gefälliger Diener seiner in der Regel staatlichen Geldgeber.

 

Erschwerend kommt hinzu, dass mit der weitgehenden Zerstörung deutscher Altstädte durch die Gegner des Hitlerreiches für die Kontinuität der Geschichte der Deutschen seit dem Mittelalter sinnliche Anknüpfungspunkte verloren sind. Darüber hinaus nimmt durch die Lebensverhältnisse eines konsumistisch geprägten späten Kapitalismus mitsamt seiner sexuellen Verwahrlosung und dem zunehmend auch von der Politik geförderten Schwinden von Ehe und Familie die deutsche Bevölkerung in rapidem Tempo ab. Kinder zu bekommen wird auch durch die weibliche Erwerbsarbeit zunehmend erschwert und Erziehung zudem durch die Macht der Massenmedien und Politideologie fast verunmöglicht.

 

Der heimische Nachwuchs wird von Staats wegen durch Masseneinwanderung aus ärmeren Regionen der Welt systematisch ersetzt. Deren Zahl ist inzwischen bereits so hoch, dass von dem als BRD verfassten Restdeutschland als einem Vielvölkerstaat gesprochen werden muss, in dem in immer mehr Städten Menschen mit deutschen Wurzeln zur Minderheit werden. Statt eines bodenständigen Geschichtsbewusstseins und eines gemeinsamen Interesses an der Vergangenheit tauchen nun viele verschiedene mit ihren unterschiedlichen Bindungen auf. Eine gemeinsame Sicht auf Geschichte geht damit verloren.

 

Die Lügen der Machthaber und heute auch der Politiker sind schon immer auf die Geschichts-Schreibung durchgeschlagen. Das ist heute nicht anders. Man zimmert sich die Vergangenheit so zusammen, dass sie die Gegenwart rechtfertigt. Das hat nichts mit "links" oder "rechts" oder ähnlichem Polit-Gesülze zu tun, sondern mit Beruhigung der Gemüter bzw. des eigenen Gemütes. Derweil nehmen chauvinistisch und extrem autoritär geprägte Vergangenheiten zum Beispiel russischer oder türkischer Provenienz und vieler anderer im Lande zu und werden von den Diktaturen der Heimatstaaten gefüttert.

 

Dazu kommt folgendes: Zweimal haben sich die Lebensverhältnisse in den deutschen Landen (und nicht nur dort) massiv verändert. Einmal in der großen Industrialisierung, mit der der Untergang produktiven Handwerks und bäuerlicher Landwirtschaft eingeleitet wurde, und sich unselbständige und zunehmend unproduktive Erwerbsarbeit stattdessen fast ganz durchsetzte. Das zweite Mal geschah das, als in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts die Verlagerung der Produktion von Konsumgütern in ärmere Länder diese erheblich verbilligte und eine längst bereits ohnehin unselbstständige Bevölkerung ihren Lebensinhalt in massenhaftem Warenkonsum zu sehen begann. Zudem fingen nun auch mit den Ladenbesitzern die letzten Selbständigen, die noch Städte prägten, an zu verschwinden.

 

Mit diesen beiden Brüchen wurde das Mittelalter zu einer fernen, fremden Welt, zu der die Beziehung verloren ging. Bislang waren Bauern, Handwerk und Handel Familienbetriebe gewesen, die im Rahmen der Machtverhältnisse relativ selbständig arbeiten und wirtschaften konnten. Der Bereich des langsam ansteigenden Warenkonsums war für die meisten Menschen eine angenehme und noch wenig prägende Nebensache. Das zirkulierende Geld war vorwiegend in den Händen weniger aufgehoben. Eine Welt vorwiegend von Selbermachern schuf sich ihre eigenen Lebensinhalte, wenn auch im Kontext der ideologischen Moden, aber relativ unabhängig vom alltäglichen Einfluss der Machthaber. Heute hängt das Leben fast aller am Florieren großer Kapitalien und am Versorgungs- und Regulierungsinstitut eines für die meisten allmächtigen Staates. Tagtäglich versorgen Massenmedien die Leute mit kaum überprüfbaren Ansichten und Meinungen. Bewustseinsverändernde Drogen und eine riesige Amüsierindustrie (zu der auch fast alle Medien gehören und eine immer mehr ausufernde Sexindustrie) dienen als Trost für ein nur noch im Konsumbereich je nach Geldbeutel ansatzweise selbstbestimmtes Leben.

 

Das Leben der meisten Menschen im Mittelalter sollte damit nicht idealisiert werden, es wird auch nicht wiederkehren - es gibt nie einen Weg zurück. Damit sollte nur angedeutet werden, wie grundlegend anders es war als heute. Um dieses Leben aber soll es hier gehen, und es ist schwer, es in dieser Vergangenheit wieder aufzufinden. da die damaligen Texte es bis ins sogenannte Spätmittelalter weithin ignorieren. Ausgerechnet ein Philosoph und kein Historiker titelte: Zukunft braucht Herkunft. Diese aber scheint in Restdeutschland inzwischen brutal abgeschnitten, denn in der Öffentlichkeit auch der Politik scheint sich deutsche Vergangenheit im wesentlichen auf das grausige "Dritte Reich" zu konzentrieren, mit welchem jedes im besten Sinne des Wortes deutsche Selbstbewusstsein  verteufelt wird. Auch dem soll hier entgegen gewirkt werden.

 

Wer kritisch zum Text beitragen möchte, kann mir weiterhin schreiben an: wohlenberg-ulrich@t-online.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Die Geschichte der Menschheit ist eine Erfolgsgeschichte und keine mehr als die des Kapitalismus. Das Fatale ist, dass dieser Erfolg, der auf die Verdrängung von immer mehr anderen Lebewesen durch bald wohl zehn Milliarden Menschen hinausläuft, den Lebensraum und damit die Lebensgrundlagen für eine Zukunft ruiniert, so dass alles dafür spricht, dass die Geschichte der Menschen inzwischen ihrem schnellen Ende entgegen geht. Das, was die Wissenschaft von der Ökologie betrachtet, ist dermaßen aus dem Ruder geraten, dass es derzeit keinen Grund für handfeste Hoffnung mehr gibt, insbesondere da politische Strukturen zwischen Demokratie und Diktatur offensichtlich außerstande sind, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, und die allermeisten Menschen hoffnungslos damit überfordert sind, das alles überhaupt auch nur ansatzweise zu verstehen und zwischen Amüsierwahn und diffusem Misstrauen keine adäquate Antwort finden.

 

Die Welt, welche wir Menschen konstruieren, ist eine in Zeit und Raum, wobei die meisten Menschen dabei nur wenig mehr als ihre Lebenszeit überhaupt wahrnehmen. Ohne einen weiteren Horizont ist aber, wie einige Leute im 18. und 19. Jahrhundert entdeckten, Kapitalismus in seinem Entstehen und seiner ständigen Veränderung nicht zu verstehen, was immer dabei bislang Verstehen bedeuten mochte. Unverständlich bleibt aber dann auch der Zusammenhang zwischen ihrer kapitalistisch geformten Lebensweise und dem Untergang ihrer natürlichen Lebensgrundlagen.

 

Eine Frühgeschichte des Kapitalismus ist hier auf das 10. bis 16. Jahrhundert im damals lateinischen Abendland konzentriert, dort nämlich, wo sie stattfand. Dieses Abendland ist in seinen zivilisatorischen Strukturen zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert untergegangen und gibt im 20. Jahrhundert seine Macht an die USA und schließlich auch an Rotchina ab, die beide als Führungsmächte  jenen Raubtierkapitalismus fortführen, der zuvor für Europa so typisch war und seit dem 15. Jahrhundert bereits Kulturen und Zivilisationen weltweit zerstört hat.  Nicht nur das kleine Restdeutschland, sondern fast das ganze Europa jenseits von Russland verliert nicht nur zunehmend seine indigene Bevölkerung und seine tradierte Zivilisation, sondern spielt im Kampf der großen Raubtier-Mächte keine wesentliche Rolle mehr. Die aber operieren zusammen mit aufstrebenden kleineren Diktaturen im Rest der Welt mit Massenvernichtungsmitteln, die unseren Planeten zusammen mit den Menschen auf einen Schlag umbringen können. Sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach im Überlebenskampf der Menschheit in der ökologischen Katastrophe, die bereits angelaufen ist, (wieder) zum Einsatz kommen oder wenigstens als Druckmittel alle bisherige Geschichte in den Schatten stellen.

 

In diesen Zusammenhängen schwinden die Möglichkeiten und Räume für kritisch-rationales Denken, deren Wurzeln im antiken Griechenland liegen, die im Mittelalter zaghaft wieder aufgegriffen werden und die im kurzen 19. - 20. Jahrhundert sogar über ihre Protagonisten hinaus in bescheidenem Umfang auf kleine bürgerliche Kreise übergreifen. Auf ihnen beruht eine kritisch-vernunftgemäße Geschichtsbetrachtung und sie ist inzwischen immer mehr gefährdet.

Der Untergang der christlichen Kirchen in einem großen Teil Europas, jener Kirchen, die freie Wissenschaftlichkeit zwar nicht wollten, aber als antikes Erbe Vernunftprinzipien ansatzweise in ihrem Bereich sogar förderten und am Ende ertragen mussten, hat nämlich zu Formen von Religionsersatz geführt, die noch deutlich wissenschaftsfeindlicher sind als die Kirchen vorher und die alle nach jener Politisierung drängen, deren Unduldsamkeit dann von den Mächtigen in den Staaten mit grausiger Konsequenz benutzt werden kann. Die Öffentlichkeit einer kritisch-vernunftgeleiteten Wissenschaft vom Menschen, welche Geschichtsbetrachtung meines Erachtens sein sollte, ist also inzwischen überall gefährdet und ganz offensichtlich auch in einem Staat wie der BRD.

 

Der kluge Satz, dass es keine  Zukunft ohne Herkunft geben könne, ließe sich ergänzen durch den, dass fehlende Zukunft die Frage nach der Herkunft überflüssig machen könnte. Aber der Lebenswille stemmt sich dagegen, einfach aufzugeben, und die Tatsache, dass man die sich massiv verengenden Spielräume vorläufig noch nutzen kann, ohne dabei den Helden machen zu müssen, lädt dazu ein, noch ein wenig weiter zu lernen, insbesondere, da ein Erkenntnisinteresse mit seinem Lern-Vergnügen sich nicht so einfach abschalten lässt.

 

Der Autor dieser Zeilen hat seine wesentlichen Denkanstöße in jungen Jahren von der Zivilisationskritik Sigmund Freuds, der Ideologiekritik Friedrich Nietzsches und der Kapitalanalyse von Karl Marx bekommen, ohne "Anhänger" eines dieser Autoren zu werden. Dazu kam dann noch eine gewisse Einsicht in ökologische Zusammenhänge, etwas ganz anderes als das, was Städter gemeinhin für "Natur" halten. Der Nachteil dabei ist, dass all das bis heute als hochgradig unpopulär und verdächtig gilt und kaum jemand sich ernsthaft damit auseinandersetzt, was es schwer macht, aus solcher Auseinandersetzung gewonnene Ansichten zu vermitteln.

 

Erschwerend kommt hinzu, dass jedes (Nach)Denken in Sprache verläuft und dort immer auch seine Grenzen findet. Mit den modernen Massenmedien und deren erfolgreicher Ideologie-Propagierung samt der politischen Nutzung daraus resultierender Sprach-Verwahrlosung verliert Sprache zudem immer mehr an Aussagekraft, was die unterstützt, die Nachdenklichkeit als überflüssige Mühe betrachten und Nachschwatzen für ein angenehmes Vergnügen halten. Es ist also ständig nötig, innezuhalten und sich dessen kritisch zu vergewissern, was man gerade geschrieben hat.

 

Glauben setzt dort ein, wo das Wissen aufhört, er bestimmt also hochgradig unseren Alltag, und er sollte andererseits dort keinen Raum finden, wo sich Räume für kritische Nachdenklichkeit öffnen: Wissenschaftlichkeit muss darum darauf achten, dass ihr kein Glaube und keine Gläubigkeit in die Quere kommen. Das ist allerdings auch in den Wissenschaften nie allgemeiner Standard gewesen. Dazu gehört aber auch, dass Vernunft nicht gebunden wird an nur geglaubte Prämissen, an ewige Wahrheiten also oder an Selbstverständliches, den Feind jedes Verstehens.

 

Es gibt kein definitives Datum für einen Anfang von Kapitalismus, aber die Tatsache, dass er im lateinischen Abendland nach dem Auslaufen antiker Strukturen und den Neuanfängen eines sogenannten Mittelalters anzusiedeln ist, Vorgängen, die ineinander greifen, hat mich am Ende dazu gebracht, mich genauer mit der Zeit ab dem zehnten Jahrhundert zu beschäftigen, dort also, wo in Italien erste frühkapitalistische Städte entstehen, und ihn dann in einigen Regionen des lateinischen Abendlandes im 12. Jahrhundert deutlicher zu verorten. Die Industrialisierungs-Schübe seit dem Ende des 18. Jahrhunderts werden so zur Zeit eines späten Kapitalismus, und heute scheint dessen Ende anzustehen, was nirgendwo deutlicher wird als in Rotchina, aber auch im Rest der Welt mit seiner Verschränkung von Staat und Kapital nach globalen Konzentrationsvorgängen.

 

Ob es noch Sinn macht, Kapitalismus zu verstehen, muss jeder selbst entscheiden. Aber wenn, dann geht das nicht in willfährigen akademischen Einzelwissenschaften, sondern nur in einer historischen Betrachtung, in deren Mittelpunkt der ganze Mensch steht, denn nur dieser hat ihn geschaffen. Das ist enorm schwierig, und nicht nur, weil akademische Geschichtswissenschaft wie alle Wissenschaften bei allen forschenden Verdiensten weitgehend aus Staatsdienern besteht, und damit auch meist solchen, die bislang einem fortschrittsgläubigen Kapitalismus anhängen, der sie eben auch finanziert.

 

Aber schlimmer noch ist, dass wir über die Zeit zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert nur wenige Dokumente besitzen, aus denen wir Kenntnis beziehen können, und selbst die zunehmenden Quellen eines späteren "Mittelalters" stammen weit überwiegend aus den Kreisen von Macht und Reichtum. Die riesigen Lücken müssen also ergänzt werden durch Schlussfolgerungen, durch Spekulation, und dabei kommt es darauf an, diese zu begründen. Dabei werde ich im Rest meines Lebens nicht über ein paar Anfänge hinauskommen.

 

Meine Studien verändern meinen Text, den ich als Materialsammlung begonnen hatte, und in deren Verlauf  Ansichten als immer vorläufige Erkenntnisse entstehen. Wer nicht an Wahrheiten glaubt, glaubt auch nicht an einen endgültigen Text. Was ich dabei anstrebe entsteht dann dadurch, dass ich immer mehr Material in Anhänge abschiebe und nach und nach so "oberhalb" davon mich einem geschlossenen Text nähere. Wer sich mit Kommentar oder Beitrag daran beteiligen möchte, kann mir an wohlenberg-ulrich@t-online.de eine E-Mail schicken.

 

(Die Adresse www.sinnfuersinnlichkeit.de habe ich von einer anderen Textsammlung im Internet übernommen, die sich mit Aspekten des 16.-19. Jahrhunderts beschäftigt hatte)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapital und Kapitalismus

 

Das Wort Kapitalismus gibt es noch keine zweihundert Jahre, obwohl es in dieser Untersuchung für etwas herhalten soll, was vor rund tausend Jahren entstand. Der zuvor fehlende Begriff verweist darauf, dass es vorher entweder keinen Bedarf gab, etwas begreifen zu wollen, oder aber und wahrscheinlicher, dass Menschen Vorgänge in Gang setzten, die sich zugleich quasi hinter ihrem Rücken vollzogen.

 

Selbst das Wort Kapital taucht erst auf, nachdem es solches schon lange gegeben hat, und fast überall erst Jahrhunderte, nachdem Kapitalismus bereits in großen Teilen Europas seinen Siegeszug angetreten hat. Aber immerhin schreibt schon der den Spiritualen nahestehende und hochgelehrte Franziskaner Petrus Johannis Olivi (1247-1296) bereits über das Kapital:

In seinem Tractatus de contractibus (1293–1295) formuliert Olivi eine für die damaligen Verhältnisse moderne Theorie des Preises und des Kapitals, welches er vom Geld unterscheidet. Er meint, dass das, was nach dem Entschluss des Eigentümers zu einem wahrscheinlichen Gewinn bestimmt ist, nicht nur die Kraft des bloßen Geldes oder einer bloßen Ware hat, sondern darüber hinaus eine gewisse „eine gewisse samenartige Bestimmtheit zur Gewinnerzeugung“ (quandam racionem seminalem lucri). Dabei macht er bereits im Unterschied zu moderner ökonomischer Geschwätzigkeit auch deutlich, dass die Vermehrung des Kapitals in diesem nur beschlossen ist, wenn Bauern, Handwerker oder Kaufleute dafür arbeiten. Dem Kapitalgeber in einem Fernhandelsgeschäft ist entsprechend nicht nur der einfache Wert zu erstatten, sondern auch noch ein Mehrwert (valor superadiunctus). Dadurch wird das derzeitige scholastische Zinsverbot bereits implizit in Frage gestellt.

 

Lateinische Wurzel von Kapital ist das Wort caput, welches für den Kopf bzw. das Haupt steht. Daraus leitet sich capitalis ab, welches man unter anderem mit "hauptsächlich" übersetzen kann. In spätmittelalterlichen norditalienischen Volkssprachen wird dies Wort wieder substantiviert, um von dort dann später in den Norden zu wandern, wo es im Deutschen zum Beispiel als hauptgut Anfang des 16. Jahrhunderts auftaucht.

In italienischen Städten des späten Mittelalters mit ihrem blühenden Kapitalismus wird es beim Geschäft/Unternehmen die Hauptsache benennen. Diese aber ist das, was nicht die Nebensache ausmacht, welche das ist, was für den persönlichen Konsum abgezweigt und damit dem (eigenen) Geschäft verloren geht, sondern das, was eingesetzt wird, um es zu vermehren, ohne dabei allzu viel physische (bzw. militärische) Gewalt einsetzen zu müssen.

 

Etwas ist soweit mit dem Begriff schon gewonnen: Es gibt Haupt- und Nebengüter. Das lässt sich allerdings im späten Mittelalter bzw. in der frühen Neuzeit etwas unterschiedlich verstehen. Es kann zum Beispiel das Kapital als das Haben, den Besitz im Unterschied zu Verpflichtungen, Schulden meinen. Nun ist Kapital aber dabei nicht irgendein Besitz, sondern nur jenes Gut, welches ausschließlich zu seiner Vermehrung eingesetzt wird. Im 16. Jahrhundert wird dabei im Italienischen zum Beispiel manchmal noch der Besitz von Vieh gemeint, dessen biologische Vermehrung durch Nachwuchs als Zinsen aufgefasst wird.

Der oft riesige Grundbesitz eines mittelalterlichen Klosters ist nicht per se Kapital, sondern das wird er zum Beispiel dadurch, dass die in Geld umgesetzten Erträge zum Teil als Kredite ausgegeben werden. Dann wird ein Teil des Geldes, welches abhängige Bauern für ihre frommen Herren erarbeiten, kapitalisiert.

 

Ökonomisch sinnvoll ist ein solcher Kapitalbegriff nur, wenn er sich in Zahlen rechnen lässt, also als Geld aufgefasst werden kann. Kapital tritt dabei nur auf einem Markt (im weitesten Wortsinn) auf. Schließlich wird vom Hauptgut nicht die Qualität vermehrt, sondern die Quantität, der Kapitaleigner verkauft schließlich kein Getreide, um mehr Getreide zu bekommen, sondern einen geldwerten Gewinn. Kapital ist eine quantitative, keine qualitative Größe.

 

Das Wort Kapital oder Hauptgut oder ähnliches verleitet allerdings dazu, sowohl Vorgänge wie Beziehungen unter Menschen darin zu verstecken: Man verdinglicht sie auf diese Weise. Dem werden auch wir nicht ganz entkommen, wenn wir nicht eine völlig neue Sprache erfinden wollen und damit unverständlich werden. Kapital wird also auch in diesem Text in zwei Bedeutungen vorkommen: Einmal als jenes Hauptgut, dessen einziger Zweck seine in Geld rechenbare Vermehrung ist, zum anderen als Vorgang, in dem Geld in Arbeit investiert wird, die es vermehrt. Ich folge hier Karl Marx darin, dass es kein Kapital ohne Arbeit gibt, die es "verwertet". Ich folge ihm allerdings nicht darin, dass Kapital und Arbeit zwei "Klassen" von Menschen ergeben, da diese Idee sich historisch nicht so klar verifizieren lässt, wie er hoffte, heute schon gar nicht mehr.

 

Vor dem Kapitalismus

 

Wir reden von Kapital, aber das ist missverständlich, denn dabei handelt es sich um Vorgänge und Einstellungen zu Eigentum, und nicht eigentlich um ein „Ding“. Der Vorgang ist der der Vermehrung oder wie Marx schrieb, der Verwertung von Eigentum (als Kapital) zum  alleinigen Zweck seiner Vermehrung. Um das zu verdeutlichen, sei auf einige andere Möglichkeiten, mit Einnahmen umzugehen, hingewiesen: Die eine ist, dass es sofort verbraucht wird und so mehr oder weniger schwindet. Die andere ist die Schatzbildung, bei den germanisch dominierten Nachfolgereichen des weströmischen Imperiums üblich, und zwar bei Königen, Hochadel, Kirche und Kloster. Mustergültig als Königsschatz, der zentralen Insignie solcher Herrscher, wichtig als Krone oder Szepter, wurde dieser in Kriegen zusammengerafft und -geraubt, danach durch Tribute von Unterworfenen vergrößert, und solche Vermehrung mehrte Glanz und Ruhm königlicher Macht. Schätze aus Münzen, Gold und Silber, Perlen und Edelsteinen und Gefäßen dienen aber auch dem Ruhm Gottes und seines Bischofs oder Abtes.

 

Schatzbildung war zudem auch das, was Hunnen, Awaren und manchmal Wikinger betrieben. Was fing man nun mit solchen Schätzen an: Was von ihnen nicht gehortet wird, wird zielgerichtet verschenkt.

Bis ins „Christentum“ hinein machten viele solche Völker noch etwas, was jeden Kapitalismus unmöglich erscheinen lässt: Sie gaben zumindest Teile solcher Schätze ihren Reichen und Mächtigen mit ins Grab, wo sie allerdings oft der Grabräuber harrten. Es gab schon damals Gier, aber die Leute machten daraus kein Wirtschaftssystem, sondern entfachten Gewalttätigkeit.

 

Wenn wir uns noch einmal die germanisch dominierten Folgereiche der Nachantike anschauen: Unter denen, die etwas hatten und darum Macht hatten, war zunächst das Schenken, das Darbringen von Geschenken wichtiger als jeder Warenverkehr. Geschenke stellten Freundschaft her, ein eher vorkapitalistisches Verhältnis von Menschen zueinander, welches Kapitalverwertung dann geradezu privatisiert hat – es wird von einer öffentlichen zu einer privaten Bindung, - wenn wir von der bis heute andauernden Korruption einmal absehen.

 

Manche davor liegende Stammeskulturen waren durch ein damit verwandtes Verhalten gekennzeichnet, welches bis ins frühe Mittelalter hineinreichen wird: Gewählte Häuptlinge mussten Talente haben, die dazu führten, dass sie viel besaßen, denn sie mussten soviel haben, dass sie an ihre Leute verschenken konnten. Mit solchen Kulturen des Schenkens wird der Kapitalismus dann im Laufe der Zeit ganz und gar aufräumen, denn das wird für ihn Verschleudern potentiellen Kapitals, also Verschwendung.

 

Kapital gibt es also zum Beispiel schon in den antiken Zivilisationen des Mittelmeerraumes , - aber eben noch keinen Kapitalismus. Es gibt Eigentum, Kapital, Arbeit, Arbeitsteilung, Geld, Waren, einen Markt bzw. ganz viele Märkte, Landwirtschaft, Handwerk, Produktion, Handel und Konsum von Waren – aber keinen Kapitalismus. Die Masse der vor allem auf dem Lande erwirtschafteten Gelder geht in den Konsum einer kleinen staatstragenden Oberschicht, also nicht in die Hauptsache, sondern die Nebensache eines privilegierten Luxus. Handwerk und Handel können sich bei der Expansion des Reiches immer weniger entfalten, da sie für militärische Zwecke reglementiert und abgeschöpft werden. Kapital macht noch keinen Kapitalismus, nicht einmal viel Kapital. Das wird im Mittelalter des lateinischen Abendlandes anders werden.

 

In diesem letzteren Sinne kann man sagen, dass es in der Antike dieser gerade angedeuteten tausend Jahre bereits insbesondere im Mittelmeerraum einzelne Kapitalisten gab, aber desungeachtet immer noch keinen Kapitalismus, wie er hier um der Klarheit willen definiert werden soll. Das liegt daran, dass einzelne Kapitalisten zwar gewiss wichtig waren, aber atypisch und nicht normbildend, und sie wurden von denen, die die Macht in Stadt und Land hatten, zwar benutzt, aber eher verächtlich betrachtet. Und außerdem - sie wurden nicht konstitutiv für die Reiche, die damals bestanden, sie waren ein Aspekt, der nicht ihr Wesen durchtränkte.

 

Das Ideal, dem die nachkamen, die sich das leisten konnten, war eher der Konsum als die Kapitalbildung. Das hieß, der ausgedehnte Handel, die Produktion von Massenwaren und Luxusgütern, alles das zielte vor allem auf den Lebensgenuss einer Oberschicht ab, deren Basis landwirtschaftlich genutzter Großgrundbesitz war, also eine aristokratische Lebensweise. Es fehlt jenes städtische Bürgertum, aus dessen Reihen die kommen, welche innovativ in größerem Umfang Kapitalverwertung zu einem Selbstläufer machen werden. Im übrigen wird das sogenannte Christentum zwar ein wichtiger Faktor bei der Entstehung des Kapitalismus, in dem, was dann entfalteter Kapitalismus wird, hätte es aber gar nicht mehr so entstehen können.

 

Kapitalismus

 

Zu Kapitalismus, so wie er hier verstanden werden soll, wird Kapitalverwertung erst da, wo sie Macht, Weltanschauung und Lebensverhältnisse der großen Mehrheit der Menschen nachhaltig verändert und beeinflusst, und zwar so, dass das zunächst regional und am Ende weltweit irreversibel wird.

 

Kapitalismus als Dominanz der Kapitalbewegungen zeigt sich an den von ihnen verursachten Veränderungen in allen Lebensbereichen, wie sie das Mittelalter kennzeichnen werden. Persönliche Abhängigkeit wird zunehmend ergänzt und dann auch ersetzt durch solche vom Markt, das Warenangebot verändert das Leben, erleichtert es manchmal. Frei eingegangene Arbeit "lohnt" sich mehr, und mehr Menschen stehen mehr Karrieren offen. Dabei werden arm und reich nicht mehr nur nach Geburt, sondern stärker nach eigener Leistung bestimmt, auch wenn der erhebliche Wohlstand weniger auf der relativen Armut vieler beruht.

 

Die politische Macht von Teilen des großen Kapitals in den Städten bricht sich aber dann an der der Fürsten und Könige, die die ganz großen Entscheidungen mit ihrem Umfeld treffen. Aber Fürsten und Könige werden im Verlauf des hohen und späten Mittelalters immer abhängiger von dem, was Kapital erwirtschaftet und was entsprechend Handwerk und Landwirtschaft vorantreibt. Kriege müssen bezahlt werden und werden oft vom Kapital vorfinanziert. Umgekehrt sollen ihre Ziele zunehmend den Bewegungen des Kapitals im eigenen Land dienen. Neben den bisherigen Krieg tritt in ersten Ansätzen der ausgesprochene Wirtschaftskrieg.

Das Regieren, Ausüben politischer Macht, soll nicht nur Einkünfte bringen, es kostet auch zunehmend Geld, welches bald nicht mehr primär aus fürstlich-königlichen Besitzungen herrührt, sondern aus der freieren Wirtschaft abgeschöpft wird. Fürsten und Könige in deutschen Landen werden ganze Ortschaften und Städte verpfänden, zudem Rechte, die der Machtausübung dienen, um an Geld des großen Kapitals zu kommen. Regieren wird kreditfinanziert, und durch das spätere Mittelalter werden deutsche Königswahlen vom Kapital finanziert, welches nicht immer, aber oft einen einträglichen Gegenwert bekommt. Italienische Stadtherrschaft wird vom einheimischen großen Kapital über Anleihen finanziert, die wiederum erhebliche Renditen abwerfen.

 

Zur Erfolgsgeschichte des Kapitalismus gehört dabei zu allererst die Beschleunigung einer Bevölkerungsvermehrung bis ins 14. Jahrhundert, wobei dichtere Bevölkerung selbst wiederum eine von vielen Voraussetzungen für Kapitalismus ist. Mehr Menschen können überleben und Nachwuchs erzeugen und letztlich damit den Wohlstand von mehr Menschen über ihnen erarbeiten. Die Welt wird weniger statisch, das Thema schnellerer Veränderung zieht in die überlieferten Texte ein.

 

Die Existenz von Kapital bedeutet also noch keinen Kapitalismus. Er schleicht sich zwischen dem zehnten und zwölften Jahrhundert im Raum des lateinischen Abendlandes ein, zunächst nur an wenigen Orten, breitet sich aus und wird erst bemerkt und noch kaum verstanden, als es bereits keine Umkehr mehr zu geben scheint. Dabei handelt es sich um jenen großen Teil Europas, der sich immer weniger zurecht als Erbe des römischen Reiches sieht und damit auch seiner Sprache, die in dieser Epoche als eine Art lingua franca dient, beim Aufstieg des Kapitalismus aber Schritt für Schritt verdrängt wird.

Er wird ein ungeheures Erfolgsprogramm, ungefähr so umwälzend wie die Erfindung von Ackerbau und Viehzucht und des Handwerks. Die Natur gab zu essen und trinken, und der Kapitalismus wird als zweite, menschengemachte Natur verstanden, so unabänderlich wie die erste und scheinbar genauso die Menschen nährend.

 

Die ökonomische Dominanz der Bewegungen des Kapitals in dieser Zivilisation setzt sich nur langsam, dabei aber unentwegt  durch und wird offenbar im hohen Mittelalter irreversibel, das heißt, die Bewegungen des Kapitals haben sich inzwischen zumindest in großen Regionen soweit etabliert, dass eine Rücknahme ihrer Macht als eine für unerträglich gehaltene Katastrophe angesehen würde.

Irreversibilität heißt hier, um ein Beispiel zu geben, dass eine Rücknahme kapitalistischer Verhältnisse die Inkaufnahme eines Massensterbens bedeuten würde und die Mächtigen ihre Macht gekostet hätte. Das ist bis heute so geblieben, nur die Dimensionen haben sich weiter drastisch und beunruhigend vergrößert: Ohne funktionierenden Kapitalismus würden die meisten der Milliarden heutigen Menschen sehr schnell verhungern.

 

Darüber hinaus beeinflussen sie dort die Lebensverhältnisse der meisten Menschen, die zunehmend in die neue Warenwelt integriert werden, die sie meist dankbar aufnehmen. Kapitalismus erzeugt einen Erwartungshorizont.

Zwar leben die meisten Menschen auf dem Lande und bewirtschaften dieses. Aber einmal produzieren sie immer  stärker für einen kapitalistisch geprägten Markt, und zunehmend nicht nur Lebensmittel, sondern auch Rohstoffe für handwerkliche und auch schon maschinelle Produktion. Und zum anderen werden sie immer stärker auch von der kapitalistischen Entwicklung beeinflusst, sowohl in ihren Arbeits- wie überhaupt auch Lebensverhältnissen.

 

 

***Kapital als Einstellung und Haltung***

 

Kapitalismus entsteht also dort, wo Kapital elementar wichtig wird. Das aber heißt zunächst, dass diejenigen, die so viel besitzen, dass sie Kapital bilden können, von der Begierde getrieben werden, dieses Gut auch ausnahmslos zu seiner Vermehrung einzusetzen. Damit man es soweit bringt, muss man erst einmal genug besitzen. Das gelingt in unserer Schwellen-Zeit in aller Regel nicht durch produktive Arbeit, und schon gar nicht durch solche elementare, die der menschlichen Ernährung dient, aber auch nicht durch solche, die wir unter die Handwerke einordnen. Vielmehr sind es wohl weithin Handel und Geldgeschäfte, die einige wenige so besitzend werden lassen, dass sie überhaupt die Entscheidung treffen können, einen Teil ihres Besitzes als Kapital abzuteilen. Oder aber sie sind darüber so kreditwürdig geworden, dass sie sich Kapital quasi als Vorschuss auf einen Gewinn leihen können.

 

Leider wissen wir abgesehen von Ausnahmefällen von keinen dokumentierten Beispielen der Kapitalbildung in dieser Zeit. Damit unterliegt auch die Frage danach, warum überhaupt Kapital gebildet wird, der schieren Spekulation bzw. des Rückschlusses aus späteren Zeiten. Aber im Kern lässt sich einigermaßen analog auch fragen, warum heute jemand, der durch Kapitaleinsatz Millionen Euro oder Dollar einnimmt, nicht schnell wieder damit aufhört, sobald er inzwischen genug für ein angenehmes (und wohl auch arbeitsfreies) Leben zusammen hat.

 

Zweifellos handelt es sich dabei nicht um die Gier, die Pflanze und Tier entwickeln, sobald punktuell ein Übermaß an Nahrung offeriert wird, und zwar als Reaktion darauf, dass es in diesem Sinne auch Zeiten des Mangels geben kann. Wenn wir beim Menschen (zumindest dem in Zivilisationen) von pervertierter Gier sprechen, meinen wir ein als psychische Störung einzuordnendes Suchtverhalten, welches auf einer ebenfalls psychisch zu verortenden Störung beruht, nämlich dem Drang nach Kompensation von Unzufriedenheit.

 

Da Kapital via Waren auf einem Markt vermehrt wird, wird sich Kapitalismus auf der anderen Seite dort einstellen, wo die sich in der Kapitalvermehrung manifestierende pervertierte Gier auf die von Kunden trifft, die angesichts eines entsprechenden Angebotes zunächst Luxusbedürfnisse an zu konsumierenden Waren entwickeln. Dabei messen sich Gier und Luxus hier nicht moralisch, sondern an den Vorgaben einer außermenschlichen Natur und letztlich auch denen  menschlicher Kultur(en) vor aller Zivilisierung.

 

Das sich in Kapital und Konsum verallgemeinerte Suchtverhalten des oft zutiefst pervertierten Säugetieres Mensch ist in den letzten Jahrtausenden ansatzweise und von wenigen einzelnen thematisiert worden, in sehr eigenartig religiös verbrämter Form vom evangelischen Jesus zum Beispiel, in gar nicht religiöser Form wohl durch den als Buddha in die Geschichte eingegangenen indischen Prinzen, ein wenig auch durch einige der Griechen, die als Philosophen bekannt wurden. Es zeigt seinen krankhaften Charakter heute am deutlichsten darin, dass die inzwischen fast völlig zivilisierte Menschheit wohl nur noch die Wahl hat, demnächst mit der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen unterzugehen oder aber unter Einsatz der (schon) vorhandenen oder noch zu entwickelnden Massenvernichtungs-Waffen denselben Effekt zu erzielen.

 

 

Hier ist ein Absatz angemessen, um kurz innezuhalten und dann zu fragen, wieso Menschen es soweit gebracht haben und dies nicht mit der Plattitüde zu erschlagen, dass sie es eben konnten.

 

 

***Arbeitsteilung, Ware und Markt***

 

Bis der Kapitalismus bzw. die ihn betreibenden Menschen sich an ihre Zerstörung machten, gab es noch Völker ohne andere als geschlechtliche Arbeitsteilung und ohne Markt. Es sind vor allem naturräumliche Aspekte, die viele andere Menschen dazu brachten, Arbeit zu teilen. In größerem Umfang geschieht das in der Jungsteinzeit mit der Abtrennung von zunehmend mehr Handwerk von der Nahrungsproduktion: Diese kann mit Überschüssen handwerkliche Produkte aus Töpfereien, der Waffen- und Schmuckproduktion zum Beispiel eintauschen.

 

Es gibt neben der internen auch eine geographische Arbeitsteilung: Bernstein gab und gibt es vor allem im Samland und überhaupt der südlichen Ostseeküste. Als Schmuck begehrt, wird es schon in der Steinzeit bis in den Mittelmeerraum gehandelt. Feuerstein (zum Feuerentzünden) und Obsidian (unter anderem für Waffen) waren nicht überall vorhanden und wurden deshalb gehandelt.

 

Arbeitsteilung bedeutet Spezialisierung und damit Verbesserung von Techniken und Produkten. Spätestens im antiken Griechenland wird daraus ein Fortschrittsgedanke entwickelt, der über das Römerreich und das Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert relativ ungebrochen anhält, auch wenn das Christentum zunächst mit einem eher ablehnenden Menschenbild (des Sünders) dazwischen geht. Das Wort Fortschritt selbst kommt dann im Deutschen als Reaktion auf den säkularisierten Sündenbegriff von Jean-Jacques Rousseau gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf, um einen immer positiveren Klang zu erhalten, der nur wenig von denen getrübt wird, die sich kritisch mit den Schattenseiten von massenhafter Industrialisierung, Entwurzelung, schließlich auch Konsumismus und massivster Zerstörung des Lebensraumes Erde befassen.

 

Arbeitsteilung bedeutet Warenproduktion und Warentausch, also Handel und Markt. Dabei ist Markt (aus dem Lateinischen entwickelt) zunächst einmal der Ort, an dem Waren (merces)getauscht werden, während er insbesondere im Soziologen-Deutsch des 19. Jahrhunderts überhaupt alle Handelsbeziehungen meint.

 

Die Ware wiederum entwickelt sich im Altenglischen zu dem Wort für einen Wert darstellende Gegenstände und vermutlich ebenso auf dem germanischen Kontinent. Unter Ware verstehen wir dann alle Gegenstände, die gehandelt werden können, wozu oft auch Menschen gehören, die als Sklaven benutzt werden. In der Auffassung fast aller Menschen bis heute besitzt der Planet Erde Warencharakter und wird auch so behandelt: Im Laufe der Geschichte der Zivilisationen wurden immer einmal wieder sogar große Regionen gekauft und verkauft, und zwar mit den darauf lebenden Menschen, die dabei ihre Herren wechseln.

Auf jeden Fall gewinnt der Lebensraum Erde mit seinen Pflanzen und Tieren im Laufe der Zeit Warencharakter: Sie werden genutzt, ge- und Verkauft wie leblose Waren, und das ebenfalls bis heute und wohl auch weiter in Zukunft.

 

Ähnlich dem Warenkauf ist die Warenmiete: Menschen vermieten schon in frühen Zivilisationen auf einem Markt ihre Arbeitskraft und ihre Fähigkeiten. Insbesondere Frauen vermieten bzw. vermarkten sexuelles Begehren anreizende Aspekte ihrer Körper, die dadurch ebenfalls Warencharakter bekommen.

 

Der Weg in den Kapitalismus wird geprägt durch die Verwandlung von allem und Jedem in eine Ware, alles wird käuflich und damit auch fast jeder Mensch, dem dabei nichts mehr schützenswert, also im besten Sinne heilig ist. Am Ende erobert sich spätester Kapitalismus im 20. Jahrhundert nach vielen Vorläufen die Körper der Menschen zur Gänze mit der Vermarktung ihrer Geschlechtlichkeit als Teil eines allgemeinen Konsumismus. In der Konsequenz wird derzeit von Politideologen, den üblen Nachfolgern der Priesterschaft, eine Neudefinition des als Ware anerkannten und darum ihrer Ideologie zugänglichen menschlichen Körpers auch in diesem Bereich propagiert.

 

 

***Konkurrenz: Krieg mit anderen Waffen***

 

In der (außermenschlichen) Natur findet eine "gnadenlose" Konkurrenz um Lebensraum und darin befindlichen Ernährungsmöglichkeiten statt und zudem  um den optimalen Fortpflanzungserfolg. Sie macht das aus, was in der Ökologie als Wissenschaft betrachtet wird. Soweit unterscheidet sich der Mensch bei aller Abartigkeit nicht von den übrigen Lebewesen. Im weitesten Sinne impliziert solche Konkurrenz immer Gewalt, wobei deren eklatanteste Form spätestens seit den frühen Zivilisationen der Bronzezeit der Krieg ist, das Töten, Verletzen und Zerstören im herrschaftlichen Machtkampf .

 

Konkurrenz bei Produzenten und Händlern setzt einen entfalteten Markt voraus und gewinnt erst dort an Bedeutung, wo beide jeweils mehr anbieten, als unmittelbar nachgefragt wird. In der Nachantike und bis tief in unsere Schwellenzeit hinein wird an zumindest sehr vielen Produkten oft deutlich weniger angeboten, als Bedarf besteht, insbesondere bei Nahrungsmitteln und anderen Elementaria. Das wird sich dann in den nächsten Jahrhunderten ändern. Aber Konkurrenz ist natürlich nicht nur die innerhalb einzelner Warensparten, sondern überhaupt die um die gesamte Kaufkraft auf einem Markt.

 

Diese Konkurrenz verbindet sich seit dem 10. Jahrhundert immer heftiger mit jener potentiell bzw. real gewalttätigen, mit der Herren via Waffen um Macht konkurrieren, indem Produktion und Handel Kampf und Krieg finanzieren. Dazu ist noch einmal darauf zurückzugehen, dass Herrschaft erst dort entsteht, wo potentielle Untertanen beginnen, genug zu produzieren, um Herren zu ernähren bzw. zu finanzieren. Herrschaft ist die Aneignung von Produkten und  Diensten derjenigen, die damit zu Untertanen werden und sie dient nach innen genau zu diesem Zweck, während sie nach außen als eine Art Beute suchendes Raubtier agiert.

 

Immer wieder betonen Historiker, Herrscher würden wenigstens bis in das große Kolonialzeitalter oder gar bis in den Merkantilismus keine eigentliche Wirtschaftspolitik betreiben, aber ihr Metier ist mehr oder weniger, aber dafür immer das der Bereicherung aus dem Wirtschaften Untergebener heraus. Neben gelegentlichen Raubzügen ist die Förderung der Sphäre, an der sie sich bereichern, ihr Hauptaugenmerk von Anfang an.

 

 

Auf einem Markt sind alle Beteiligten Konkurrenten. Insbesondere ist Kapital als Prozess Wachstum, wo es nicht wächst, verschwindet es. Kapitalkonzentration ist also seine Existenzgrundlage, wobei größere Firmen kleinere vernichten, - sie haben gar keine andere Wahl. Auf der anderen Seite konkurrieren auch Konsumenten, und zwar, indem sie Waren nachfragen: Sie treiben allerdings dabei die Preise hoch.

 

 

***Kapitalismus heute?***

 

Zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert findet keine industrielle "Revolution" statt, aber eine enorme Beschleunigung kapitalgetriebener Zerstörungsprozesse. Mit dem Einsatz von Dampfkraft beginnt die Verstärkung und partielle Ersetzung menschlicher Arbeitskraft, die gleichzeitig aber immer mehr Industriearbeiter verlangt. Produktionsprozesse werden so beschleunigt, dass Industrie das produzierende Handwerk zerstört. Parallel dazu wird Landwirtschaft Schritt für Schritt zwecks Produktionssteigerung mit neuen Geräten, Maschinen und Chemikalien ausgestattet, was einen Druck auf Kapitalisierung auslöst, dem in der Konkurrenz immer mehr bäuerliche Landwirtschaft erliegt, welche in den fortgeschrittensten kapitalistischen Ländern durch industrialisierte Nahrungsproduktion abgelöst wird.

 

Mit dem Kolonialzeitalter teilt sich die Welt in zunehmend kapitalistische Länder und solche, die ihnen Nahrungsmittel und Rohstoffe liefern. In ersten kapitalistischen Ländern gelingt es seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts, über Massenproduktion immer mehr Konsumenten zu bedienen. Da immer mehr von ihnen unselbständige Arbeit leisten, müssen sie zugleich soweit entlohnt werden, dass sie sich mehr Konsumgüter leisten können. Damit bekommt eine sogenannte Arbeiterbewegung eine den Kapitalismus fördernde Funktion, welche man über einzelne Parteinamen hinaus als sozialdemokratisch bezeichnen kann, und wird ein Stück weit in die Machtstrukturen integriert.

 

Arm und reich?

 

Die Menschen zugeordneten Attribute arm und reich gehören zu jenen "Selbstverständlichkeiten" einer schon lange vorherrrschenden Geschwätzigkeit, die eben deshalb nur so vor Unklarheit triefen; dies nicht nur, weil sie nicht klar bzw. völlig beliebig quantifizierbar sind, obwohl sie sich überwiegend auf Quantitäten beziehen, sondern auch, weil sie gerne mit religiösen, moralischen oder politischen Ideologien unterfüttert sind, die sowieso alle der Verunklarung dienen. Für Wörter wie Wohlstand gilt dasselbe.

Gemeinhin wird Armut als Mangel an Besitz und Konsum verstanden, und Reichtum entsprechend: Beide benennen dabei eine tatsächlich wahrnehmbare Relation, sie sind also "relativ". Dies sind sie auch durch die Zeiten, denn eine heutige konsumistisch orientierte mitteleuropäische Bevölkerung betrachtet weithin das Konsumniveau und das Warenangebot früherer Zeiten als ärmlich.

 

Tatsächlich entwickeln sich Unterschiede in Besitz und Konsum bereits dort, wo bäuerliche Kulturen der Jungsteinzeit sich auf dem Weg der Umformung in Zivilisationen befinden, beruht doch die Machtergreifung von (nunmehr) Herrschern auf einem hinreichenden Besitz und Einkommen, mit denen ein Anhang geschaffen werden kann, der die entsprechenden Gewaltakte vollzieht. Zugleich ist dann erster Sinn der Einrichtung zivilisatorischer Strukturen die Bereicherung derjenigen, die nun einen institutionalisierten Machtzuwachs haben, indem sie nunmehr den Untergebenen etwas von ihrer Arbeitskraft und/oder deren Produkten wegnehmen können.

 

Soweit wir heute davon wissen, sind es Priester, die mit ihren Konstruktionen die nunmehr extreme Ungleichheit in Eigentum und Konsum (aus Einkommen) als gottgewollt rechtfertigen, und dies wird sich im Christentum noch verstärken.

Zwar gibt es spätestens seit dem 12. Jahrhundert nur wenigen bekannte Versuche ökonomischer "Theorie", die rationale Erklärungsversuche hinzufügen, aber erst im 18. Jahrhundert beginnen sich bei den wenigen Belesenen auch Ablösungsversuche von den religiösen Rechtfertigungen zu verbreiten, die dann zwischen Rousseau und Marx in ihrer Ablehnung enden und bei den etablierten Wissenschaftlern in einer Rechtfertigung nunmehr nur noch mit Vernunftgründen.

Danach ist es naturgemäß und damit vernünftig, dass der Klügere, der Talentiertere und der Stärkere erfolgreicher sind als ihr Gegenteil. Dies wird in diesen Erklärungen aber dadurch arg konterkariert, dass das Erbrecht die Schere zwischen arm und reich aber auch für die Dümmeren, Unfähigeren und Schwächeren zumindest aufrechterhält. Zudem sind alle Machtapparate, in denen Menchen nun leben, darauf ausgerichtet, den Reicheren ihren Reichtum und Wohlstand zu erhalten bzw. im Falle von Umstürzen einer neuen Schicht von Reichen nun neuen Reichtum zu garantieren.

 

Möglicherweise ist in den meisten Zeiten das wichtigste Erklärungsmoment das der "Aufrechterhaltung der Ordnung", die immer die jeweils bestehende ist. Mit ihren Macht- und Besitzstrukturen ist sie zugleich auch das einzige Schutzelement - vor illegalem Diebstahl im Unterschied zu dem geregelten der Machthaber, der weniger destruktiv erscheint, vor Raub, Mord, Totschlag und Vergewaltigung. Dies ist wichtig, denn Zivilisationen mit ihren (oft latenten) Gewaltstrukturen sind erheblich gewalttätiger und brutaler als frühere Kulturen. In unserem Zeitraum vom 10. bis 15./16. Jahrhundert ist entsprechend ordo ein wichtiger, vieles bezeichnender Begriff, aber immer wird darunter angemessene "Ordnung" verstanden.

 

Im 10. Jahrhundert im römisch-katholischen Abendland besitzen längst wenige, nämlich Bischöfe, Klöster und weltliche Herren, den größten Teil des Landes, und auf diesem wird ihr Reichtum durch die vielen erzeugt, deren bloße Subsistenz zwar (ebenfalls mittels ihrer Arbeit) einigermaßen gewährleistet ist, denen aber der zum Teil erhebliche Luxus, den die wenigen Herren genießen, nicht möglich ist. Sie pendeln also zwischen Identifikation, also Bewunderung, und in der Regel wohl leisem Murren oder gottesfürchtiger Hinnahme.

 

Da die Rechtsverhältnisse und andere Gegebenheiten der abhängigen Bauern unterschiedlich sind, gibt es unter ihnen auch ärmere und wohlhabendere, wobei die Unterschiede aber aus heutiger Sicht gering bleiben. Daneben gibt es noch freie Bauern, die oft ebenfalls am Rande der Subsistenz leben, unter denen es aber ebenfalls Unterschiede in Besitz und Einkommen gibt.

 

Schließlich gibt es noch die kleine und langsam wachsende Gruppe von Handwerkern und Kaufleuten/Händlern samt etwas Lohnarbeit in den Städten. Wohlhabend werden von ihnen im wesentlichen erfolgreiche, aber eben auch seltene Fernhändler, wiewohl sie wohl kaum damals an den Reichtum hoher geistlicher und weltlicher Herren herankommen, die ihre wichtigsten Kunden sind.

 

Vom 10. bis 16. Jahrhundert wird sich eine steigende Diversifizierung in den einzelnen Gruppen der Bevölkerung erkennen lassen: Über die sich fast ununterbrochen entwickelnde Kommerzialisierung der Landwirtschaft wird es in Westeuropa eine Zunahme wohlhabenderer Bauern und eine diversifizierte Steigerung ihres Wohlstandes und dabei zugleich eine Zunahme verarmender und in die Lohnarbeit in Land und Stadt sinkender Bauern geben, also so etwas wie Proletarisierung.

Dasselbe geschieht mit dem von ihnen lebenden Adel, der allerdings steigenden Wohlstand nur dort erreicht, wo er sich auch in andere Geschäfte begibt oder aber genügend Grundherrschaft innehat, während der niedere Adel mit seiner ganzen Ritterlichkeit manchmal sogar bis in relative Armut absinkt.

In den Städten werden sich wohlhabende und ärmere Zünfte herausbilden und es wird ein immer größeres Proletariat von Besitzlosen entstehen, die nur gelegentlich etwas über die schiere Subsistenz hinaus erreichen, manchmal aber eben bettelarm werden.

Überregionaler Handel wird die häufigste Lösung sein, um als unteradeliger "Bürgerlicher" zu erheblichem Reichtum aufzusteigen, der dann am Ende bis zum Einkaufen in den Adel mit entsprechender Lebensführung führen kann.

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Bruch mit dem Mittelalter

 

Fabriksystem, Untergang des Handwerks und Industrialisierung der Landwirtschaft

"Aufklärung"

Verwissenschaftlichung

Politische Theoriebildung als alleinige Rechtfertigung von Machtausübung

 

Geschichtsschreibung: Die Geschichte der Wenigen und die vielen Anderen

 

An das Unheil der Geschichte schließt sich das Unheil der Geschichtsschreibung fast lückenlos an.

 

Geschichte handelt von Geschehen, welches naturgemäß immer zugleich Vergangenheit ist. Soweit es nicht wie fast alles vergessen wird, also soweit es erinnert wird oder neu entdeckt werden kann, verwandelt sich das Geschehen in Geschichten, die manchmal in Verbindung gebracht werden können, mit denen man sich auseinandersetzen kann, und die immer neue Horizonte in Zeit und Raum erschließen.

 

Geschichte ist keine Wissenschaft wie die mathematisierten und technik-orientierten Naturwissenschaften, aber sie kann sich der Kriterien wissenschaftlicher Verfahrensweisen bis zu einem bestimmten Punkt bedienen. Am Ende ist sie so subjektiv, wie Subjektivität den Menschen nur interessant machen kann, sie ist so subjektiv wie das Interesse, welches dahintersteckt, mag es auch nach Verallgemeinerung streben.

 

Schließlich ist Geschichte immer Erzählung, Bericht, Untersuchung, und darum selbst im besten Fall höchstens ähnlich dem, was einmal war. Das hat dann auch etwas mit den Zufälligkeiten von Erinnerung zu tun, von Fundstücken und Überlieferungen, und natürlich mit den Interessen des Erzählers.

 

Kenntnisse von irgendeiner Vergangenheit haben wir umso weniger, je mehr uns Texte fehlen: Geschichte ist immer ein Text, und er handelt vorwiegend von dem, was sich in Text fassen lässt. Schon dadurch geht fast die ganze Vergangenheit völlig verloren. Knochen, Gebäude. Werkzeuge, Artefakte und ähnliches erlauben nur blasseste Spekulation über das, was von vergangenen Menschenaltern handelt, wenn wir nicht wenigstens in Texten Menschen "lauschen" können, die dazu gehörten.

 

Nun ist aber über die Überlieferung Geschichte bereits ganz ungeheuer einseitig: Von den meisten Menschen "wissen" wir gar nichts, von den meisten übrigen fast nichts, und mehr nur von ganz, ganz wenigen. Dies sind die Wenigen, von denen wir Schriftliches überliefert haben, und je weiter wir in die Vergangenheit zurückgehen, desto weniger wird das, - und wenn wir uns in Richtung "Gegenwart" bewegen, handelt es sich andererseits um eine längst unüberschaubare Masse an "Quellen", die unter den Bedingungen des Buchdrucks und dann später der Massenproduktion immer weniger über Menschen und immer mehr über den Warencharakter der Produkte verraten, während sich die Menschen zunehmend dahinter verbergen.

 

Das Problem der Einseitigkeit wird aber erst dadurch so recht schwerwiegend, dass Vorgänge des Wandels, des Betreibens von Veränderung, die gerade auf diesen Seiten hier auch betrachtet werden sollen, vornehmlich von ganz wenigen nur betrieben wurden, die dadurch in unserer Wahrnehmung eine besondere Prominenz erhalten. Die Geschichte ist soweit die der wenigen Erfinder und nicht so sehr die der Mitmacher und Nachahmer, sie ist eine der besonderen Talente und Antriebe, wie sie nur wenigen zuteil wurden - im Guten wie im Bösen. Und schließlich ist sie eine der Prominenz der großen Machthaber, die seit Jahrtausenden mit dem Hang von zu "Volks"massen umgeprägten Menschen rechnen dürfen, ihr Leben nicht selbst und zugleich gemeinsam verantworten zu müssen.

 

In dem, was wir hier als Geschichte betrachten, ist dann noch etwas wichtig: In der Regel wissen die Beteiligten nicht, was sie anrichten, welche Folgen es hat und ignorieren die fatale Differenz zwischen Absicht und tatsächlicher Wirkung. Wenn Geschichte im Rückblick dem naiven Betrachter plausibel, konsequent, logisch linear erscheinen mag, so war und ist genau das im Vorausblick immer illusionär. Die Logik des Rückblicks ist eine Konstruktion des Betrachters. Auch insoweit ist Geschichte reine Ansichtsache, und die Blickrichtung verändert den Gegenstand in ganz erstaunlichem Maße.

 

 Zwischen Herodot und dem einsam herausragenden Thukydides entwickelt sich eine zunehmend weniger dem Hörensagen gehorchende und kritischere, analytischere griechische Geschichtsschreibung. Erst relativ spät beginnen Römer die eigene Geschichte aufzuschreiben, nämlich seit den punischen Kriegen, und entsprechend werden römisches Machtstreben und die Interessen der Reichen und Mächtigen ungeniert propagiert. Mit den Bürgerkriegen kommt dann mehr oder weniger ideologisch verbrämte Parteinahme für einzelne Machtfraktionen hinzu. Das Entsetzliche an dieser Geschichtsschreibung ist aber vor allem, dass sie im wesentlichen von Kriegen und Machtkämpfen handelt, von Gewalttätern vor allem, von denen ein Teil auch noch gefeiert wird. Die allermeisten Menschen tauchen nur summarisch als das massenhafte Menschen-Material dieser Halunken auf und wir erfahren nicht einmal exemplarisch etwas von ihrem Leben. 

 

Das wird seit Livius 'Ab urbe condita', welches schon ins Prinzipat mündet, über Tacitus bis zu den letzten weströmischen antiken Autoren nicht besser. Tiberius lässt ein prorepublikanisches Geschichtswerk verbrennen und bekommt dafür von Velleius Paterculus eines, welches ihn lobt. Auf Lucans sogenannte 'Pharsalia', welche Cato feiern, folgt der präventive Suizid des Autors.

 

Tacitus beklagt das Ende eines idealisiert-aristokratischen Römertums:

Das Werk, das ich beginne, enthält eine Fülle von Unglück, berichtet von blutigen Kämpfen, von Zwietracht und Aufständen, ja sogar von einem grausamen Frieden. Vier Fürsten fielen dem Dolch zum Opfer, drei Bürgerkriege wurden geführt, noch mehr Kriege mit auswärtigen Feinden, beide Arten meistens zur gleichen Zeit. (...) Sklaven wurden bestochen gegen ihre Herren, Freigelassene gegen ihre Patrone und, wenn ein persönlicher Feind fehlte, der wurde ein Opfer seiner Freunde. (Historien I)

 

Die Identifikation mit dem eigenen Imperium und den oder ausgewählten Reichen und Mächtigen bleibt durchgehender Standard. Autoren wie Sueton oder Sallust werden dann nicht nur stilistische Vorbilder für mittelalterliche Geschichtsschreibung, in der die eigenen Herrscher und Machthaber meist mit Lobhudelei versehen und ihre Gegner diffamiert werden. Ganz offen sagt das zum Beispiel einer der Gebildeteren, Otto von Freising in seinen 'Gesta Frederici', also dem Tatenbericht Kaiser Friedrichs I.: Die Absicht (intentio) aller, die vor uns Geschichte (res gestas) geschrieben haben, war es, so meine ich, die glänzenden Taten tapferer Männer (virorum fortium clara facta) zu preisen (... OttoGesta, S.114). Und er wird genau das für seinen Kaiser und Verwandten tun. Da es sich seit dem Ende des weströmischen Imperiums für rund tausend Jahre um geistliche Autoren handelt, Bischöfe, Mönche, Äbte, kommt zur weltlichen nun die kirchlich-religiöse Propaganda hinzu.

 

Die moderne Geschichtsschreibung mit wissenschaftlichen Kriterien ist im Umfeld eines späten Kapitalismus entstanden und von diesem notwendig geprägt worden. Die Unterordnung der Menschen unter das Kapital als magische sowie handfeste Abgabe von Lebendigkeit an dasselbe, die zugleich ja Ein- und Unterordnung in eine Hierarchie von Agenten und Agenturen seines Verwertungsprogramms ist, die Ausweitung der Gratifikationen und Kompensationsmöglichkeiten - Lebendigkeit aus zweiter Hand - die sich immer rapidere Ausweitung der Zerstörung alles Lebendigen auf der Erde zugunsten einer Welt toter Waren, --- all das wurde ignoriert durch eine Begrifflichkeit, die ich als neuzeitlich idealistisch bezeichne und in der eine hochgradige Verklärung des kapitalistischen "Fortschritts" als Heilsreligion veranstaltet wird. Der Umgang mit Wörtern wie "Freiheit", "Gleichheit", "Demokratie", "Wohlstand" u.v.a. vergoldet den oft vergleichsweise behäbigen Alltag von Verbeamteten der "Wissenschaft". Das Schulterklopfen der staatlichen und privaten Geldgeber war und ist ihnen so gewiss wie die fehlende Beunruhigung angesichts dessen, was Menschen so anrichteten und weiter anrichten.

 

Diese Geschichte ist eben auch eine der Wenigen, die sie als "Wissenschaft" betreiben, fern jeder Öffentlichkeit der weit mehr als 99% der Bevölkerung, die sie auch ganz praktisch fast überhaupt nicht bemerken, weil sie sich dafür nicht die Zeit nehmen und wohl auch schnell intellektuell überfordert sind. Dabei kommt es reichlich unreflektiert zu einer ganz besonderen Bindung zwischen den Historikern und denen, die sie kommentierend begleiten und gerne derart ein wenig adoptieren.

 

Das Problem der Geschichte von Wenigen für Wenige hat allerdings auch eine ganz andere Seite; - unter den Bedingungen von Zivilisationen spätestens seit der griechischen und römischen Antike werden die meisten Menschen nicht nur von der Geschichtsschreibung als entindividualisierte Massen betrachtet, als Material für diejenigen, die "Geschichte machen", als manipulierbare Klientel der Mächtigen, sondern sie sind auch nur allzu oft tatsächlich dazu gemacht worden. Zivilisationen verlangen brave und möglichst gedankenlose Untertanen, und zwar sehr viele, nicht zuletzt solche, die als städtische "Volks"massen, besser, als urbane "Bevölkerung" Untertänigkeit, Schutz und Versorgung verlangen - und sonst gar nichts.

 

Leute, die in Armeen und Manufakturen hineindomestiziert werden, in, Grundherrschaften, Plantagen und Bergwerke, in staatliche Schulen, Büros und Fabriken, und die dafür als Preis Drogen und Amüsierprogramme geliefert bekommen, Leute, die sich einer steten Propaganda-Berieselung von oben ausliefern und ausgeliefert werden, sind nicht nur individuell kaum noch beschreibbar, ihre Individualität ist auch kaum noch im nachherein verifizierbar. Und so sind sie in den Geschichtsbüchern üblicherweise der anonyme Stoff, aus dem die Namhaften und Benennbaren "Geschichte machen", sie sind Kanonenfutter, Arbeitskraft, Jubel- und Stimmvieh.

 

Das Erschreckende dieser Liebe zur Untertänigkeit, ein Komglomerat aus Faulheit, Bequemlichkeit, Dummheit, Angst und Feigheit, hat sich am deutlichsten in den letzten Jahrhunderten in jenen sogenannten "Revolutionen" entfaltet, in denen eine machtgierige Clique eine andere "im Namen des Volkes" der einer "Klasse" abzulösen versuchte, und die, soweit erfolgreich, oft von den Protagonisten der modernen Geschichtsschreibung im Namen eines fast schon theologisch schöngeredeten Fortschritts hochgejubelt werden, bis hin zu den Lobreden auf derzeitige "Demokratien".

 

Es lässt sich aber ganz allgemein beobachten, dass sich mit der Zivilisierung, also der Zerstörung von Kulturen und der Schaffung untertäniger Massen eine allgemeine Neigung dieses längst geduckten "Volkes" zur Identifikation mit der Macht zeigt, eine Neigung zur Abgabe von Verantwortung an die Mächtigen auch auf Basis eines zunehmenden Unverständnisses der komplexer werdenden (eigentlich eigenen) Lebenszusammenhänge. Diese lässt sich wohl anthropologisch-biologisch mit der eingeborenen Neigung zur Faulheit und damit auch Verblödung von Säugetieren erklären, die in Gefangenschaft gehalten und dabei durchgefüttert werden. In den menschlichen Zivilisationen kommt dann als Kompensation noch die Vorhaltung von Amüsement dazu, höchste Gratifikation für Menschen, die von den Mächtigen als Nutztiere besonderer Art gehalten werden.

 

Gegen eine solche jahrtausendealte Historie, die man auch als interessegeleitete Geschichtsfälschung innerhalb eines kleinen Zirkels Interessierter bezeichnen kann, anzuschreiben, ist enorm schwierig. Zweimal gab es bislang Anstöße, es anders zu machen, einmal unter dem Einfluss von Karl Marx, was immerhin das Interesse vor allem von Frankreich ausgehend ein wenig in neue Richtungen lenkte, und dann in der BRD, als der Schock des Dritten Reiches und der Zerstörung Deutschlands im verlorenen Krieg seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ein wenig zu wirken begann. Aber das hat die weitere Ideologisierung der Geschichte jeweils nach den neuesten Moden nicht aufhalten können und die zunehmende Zerstörung der deutschen Sprache und die nicht mehr nur mit Mitteln der Diffamierung betriebende Dogmatisierung einer politischen Korrektheit, die inzwischen deutlich an die Methoden der Bolschewiken und Nationalsozialisten gemahnt und in manchem bereits über sie hinausgeht, tut ihr übriges.

 

Aber einen Versuch hier soll es eben doch wert sein!