Produktion (Textilien / Metallwaren / Salz)
Spezialisierung und Arbeitsteilung
Handwerkskunst
Bauen: Stil und Mode
Technik und Maschinen
Erweiterung des Raumes (Ägypten)
Der Raum der entstehenden Hanse
Handelskapital, Handelswaren (Handel mit Massengütern)
Geld und Finanzkapital (Kredit / Der Sonderfall der Juden)
Messen
Transportwesen
(Zusammenschlüsse)
Verschriftlichung
Das Bild des Kaufmanns (Der gute Gerhard)
Großkapitalisten
Entfaltung von Kapitalismus heißt einmal, dass in einzelnen Städten und zudem in ganzen Stadtlandschaften größere Kapitalien zum Juniorpartner jener Macht werden, die originär auf Großgrundbesitz und kriegerische Gewaltausübung gegründet ist und für diese immer weniger verzichtbar sind. Es heißt zum anderen, dass die handwerkliche wie maschinenbetriebene Produktion für einen Markt deutlich zunimmt - eine über Geld vermittelte Marktwirtschaft also an Bedeutung gewinnt und das Ideal autarker Selbstversorgung an Bedeutung abnimmt.
Das wird nirgendwo deutlicher als in dem rapide steigenden Geldbedarf der Herrenschicht für seine Kernbetätigung, nämlich kriegerische Gewalt. Diese wird langsam stärker reguliert, verlangt aber einmal für Waffen und Rüstung mehr Geld, zum anderen aber auch für den rapide ansteigenden Anteil an Lohngeldern, an "Sold" für das militärische Gefolge. Die vor allem im anglonormannischen und kapetingischen Königreich reichsbildenden feudalen Strukturen sind undenkbar ohne die darunterliegenden kapitalistischen: Beide bedingen sich gegenseitig.
Während der transkontinentale Handel immer größere Räume konsolidiert, ist seine weitere Entfaltung aber angewiesen auf die Wertsteigerung der Produktion im lateinischen Raum. Zwar gibt es einen gewissen Zufluss von Gold aus Nordafrika, aber zunächst fließt immer noch zu viel Silber aus eigener Produktion in den Süden und Osten ab. Rohstoffe wie neue Erzvorkommen in Mitteleuropa, Sklaven und Massenprodukte reichen nicht, um die Bilanz auszugleichen. Aber in Flandern und einigen norditalienischen Städten verbessert sich die Textilproduktion, und Mailand, Brescia, das Maasgebiet und Köln liefern Metallwaren und überwiegend auch Rüstungsgüter. Die Champagnemessen vor allem vermitteln zwischen Nord und Süd. Und die Kreuzzüge lassen bis 1204 die Machtverhältnisse kippen.
Die Merowinger übernehmen wie selbstverständlich gegliederte Verhältnisse von Macht und Ohnmacht und damit von arm und reich. Das, was die Propagandisten des Kapitalismus als Fortschritt bezeichnen, ist das Auseinandergehen der Schere zwischen arm und reich, welches sich im 12. Jahrhundert deutlich zu beschleunigen beginnt. Wenige besitzen viel und viele wenig. Dieser Vorgang beschleunigt sich in den Phasen der Beschleunigung der Inflation.
Produktion
Mehr Bevölkerung, mehr Nahrungsmittel auf einem Markt für mehr Menschen, die sich aus alten Machtstrukturen lösen, führt zu stark zunehmender Produktion, und zwar einmal für den lokalen Markt, aber mit immer mehr Rohstoffen und Waren auch für den Fernhandel.
Den Kapitalismus weniger vorantreibend ist vor allem das Handwerk für den täglichen Bedarf, wie es auch kleine und kleinste Städte oft vorweisen. Da sind die Bäcker und Metzger, die Schuhmacher und Flickschuster und die langsam zahlreicher auftauchenden Schneider, die auf Bestellung und nach Maß arbeiten, dann auch Chirurgen und Zahnbrecher.
Bindeglied zwischen Handelskapital und vorläufig noch überwiegend handwerklicher Produktion wird inzwischen die Versorgung derselben mit Rohstoffen auf dem Markt. Hochwertige englische Wolle für hochwertige flämische Tuche ist das klassische Beispiel für das 11. und 12. Jahrhundert, wobei die Schafzucht britischer Klöster manchmal anfängt, unternehmerische Qualitäten zu bekommen.
Das Abschöpfen von landwirtschaftlicher und handwerklicher Produktion und von Handelsspannen stärkt weiter die Nachfrage der Herren nach immer vielfältiger differenzierten Gütern auf dem Markt und fördert zudem das Anheuern und Mieten von Menschen für die Ausübung von Macht und Gewalt. Feudale Strukturen, höfische Lebensformen, Kapital-Gewinne und die Entstehung von den Markt befeuernden Moden hängen voneinander ab, was aber nach Kräften geleugnet wird.
***Textilien***
Wir befinden uns in der großen Zeit der Wolltuch-Produktion in Flandern, die im 12. Jahrhundert überwiegend in Städten wie Gent, Brügge, Lille, Douai, Arras und Saint-Omer betrieben wird. An die Stelle des ländlichen Grundherrn tritt hier zunehmend der kapitalkräftige Unternehmer, der sowohl die Rohstoffe besorgt wie den Verkauf des Endproduktes tätigt. Neben Flandern werden Qualitätstücher auch spätestens seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Artois, der Picardie, dem Hennegau, der Normandie, der Champagne und in Südost-England hergestellt. Überall dort verwandelt sich ein Teil der Nahrungsmittelproduktion in die von Faser- und Färbepflanzen und ein weiterer großer in die Haltung von Wollschafen. Dort wird versponnen und in den rapide zunehmenden Städten weiterverarbeitet. Über Tuchhallen und Champagne-Messen gelangt es durch Händler aus Asti, Piacenza und anderen norditalienischen Orten wie auch durch solche aus Flandern und Arras zum Beispiel zu den Mittelmeerhäfen Genua, Venedig, Marseille und anderen, von wo es in den Orient weiterverhandelt wird. (Stromer, S.4)
Bald folgen neue Textilreviere in Lüttich und um den Bodensee (Konsatnz, Basel, Schaffhausen etc.).
Die Produktion einfacherer Tücher findet derweil in vielen europäischen Städten statt. Grundsätzlich lässt sich sagen: Kaum eine größere Stadt im lateinischen Europa, in der nicht wenigstens in kleinem Maßstab und für den lokalen Bedarf einfache Tuche hergestellt werden.
Die Textilproduktion wie die von Metallwaren setzt schon im hohen Mittelalter sehr differenzierte vertikale Arbeitsteilung voraus. Sie kann bei Wolltüchern bis zu dreißig verschiedene Produktionszweige umfassen, die zunehmend und überwiegend unter Kapitalkontrolle geraten. Bestimmte Bereiche wie die Spinnerei wird von Frauen in Lohnarbeit betrieben, wobei es des öfteren Stücklohn und nicht nur Tageslohn gibt. Die Wollschlägerei, zunächst ein Handwerk, tendiert in Norddeutschland bereits im 13. Jahrhundert dazu, in Lohnarbeit überzugehen. Dasselbe gilt in derselben Zeit bereits des öfteren für Weberknechte.
Ein Arbeitsschritt beginnt schon im 11. Jahrhundert sich durch Spezialkenntnisse aus dem Produktionsprozess zu lösen, nämlich die Färberei. Relativ preisgünstig sind in Mitteleuropa die dort auch angebaute blaue Farbe des Waid und die rote der Krappwurzel. Teurer wird schon das Rot der Koschenille-Laus aus dem Mittelmeerraum oder das aus Asien eingeführte Blau des Brasilholzes oder der Glanz, den Alaun aus Phokäa als Beize den Farben verleiht. Italiener verwenden darüber hinaus das Violett der Lackmus-Flechte oder das Gelb des Safran von San Gimignano. Das Rot der Purpurschnecke ist den byzantinischen Machthabern vorbehalten.
Um 1100 wird in Flandern der horizontale Tritt-Webstuhl erfunden, der im Unterschied zum vertikalen eine ganz massive Steigerung des Produktionstempos und damit des Waren-Ausstoßes ermöglicht.
Florenz entwickelt sich in Italien immer mehr zu einem Zentrum der Produktion von Wolltuchen einfacher bis mittlerer Qualität, was sich in einer steigenden Bevölkerung niederschlägt und in der Bedeutung der Lana-Gilde, die zum ersten Mal 1212 dokumentiert ist. Wolle wird über Genua, Messina und Tunis nicht zuletzt aus Nordafrika und wohl auch Spanien eingekauft und Wolltuche werden über Mittel- und Norditalien bis in den Levanteraum verkauft.
Ende des 12. Jahrhunderts gibt es Tuchproduktion im Rhein-Maasgebiet, rheinaufwärts bis Straßburg, in Donauschwaben, Regensburg, Passau und Wien, die vor allem nach Südost-Europa gehen, aber im 13. Jahrhundert auch nach Italien.
Die Seidenproduktion wird in China entwickelt und verbreitet sich dann über den Orient bis nach Byzanz, dem islamischen Nordafrika und Spanien. Zunächst einmal ist Seide im lateinischen Abendland luxuriöses Handelsgut. Von Sizilien gelangt Seidenproduktion dann im 11. Jahrhundert nach Lucca, wo zunächst die aus dem Osten importierte Seide verarbeitet und dann im Valdinievole eigene Seidenraupenzucht begonnen wird. In der ersten Häfte des 13. Jahrhunderts gibt es Anfänge von Seidentuchproduktion auch in Bologna, Venedig und Genua. Langsam gehen die italienischen Seidenproduzenten von einer Nachahmung orientalischer Vorbilder zu eigenen Stilformen über.
Im 13. Jahrhundert wird dann in Lucca eine Seidenzwirnmühle entwickelt, die 200 Spindeln gleichzeitig antreiben kann (Gilomen, S.78)."Die Kraft des vertikalen Wasserrades wurde hier durch mehrere Zahnradsysteme auf eine Vielzahl von Spindeln und Haspeln übertragen, die sich unterschiedlich schnell bewegen." (Borgolte, S.314)
Schon im 12. Jahrhundert werden in Köln aus dem eingekauften Rohstoff Seidentexttilien produziert. Noch zu Anfang des 15. Jahrhunderts werden hier Seidenspinnmaschinen verboten werden, um nicht die Arbeitsplätze von hunderten von Frauen zu gefährden.
In der Lombardei (Mailand, Piacenza, Pavia, Cremona) seit 1140 und später in der Toskana (Lucca, Pisa) und in Katalonien wird Barchent (fustagni) hergestellt, ein Mischgewebe aus Wolle und Leinen, das Europäer in den Kreuzzügen kennenlernen. Die Baumwolle dafür kommt aus der Levante (Syrien), dann auch aus Nordafrika, Spanien, Sizilien. Spinnrad und mehrschäftige Webstühle aus dem Orient sind dafür nötig.
Zunächst Luxusprodukt, wird Barchent bald auch zur billigen Massenware und Städte wie Bologna und Verona fördern die Neuansiedlung mit Darlehen, Wohnraum und Steuerfreiheit.
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird dann auch Florenz bei Wolltüchern neben norditalienischen Städten führend. Ein Trend zu regionaler Spezialisierung in der Produktion wird deutlich, der zugleich eine Stimulierung des Handels mit Rohstoffen über größere Entfernung (bis nach Nordafrika und dem Orient) bedeutet.
Neben Wolle dominiert Leinen für Bettlaken und Unterbekleidung vor allem. Bis durch das 11. Jahrhundert ist die relativ einfache Herstellung von Leinentüchern für den Hausgebrauch noch Teil der hauswirtschaftlichen Selbstversorgung. Danach wird sie zunehmend professionalisiert und es kristallisieren sich neben der Champagne deutsche Leinenreviere heraus, am Bodensee, in Westfalen, später das Vogtland und Niederschlesien.
***Metallwaren***
Was die Menge gehandelter Waren angeht, kommen nach Nahrungsmitteln und Textilien sicher Metallwaren bald an dritter Stelle. Das der Erde entnommene und gereinigte Eisen, Kupfer, Zinn und Blei wird überwiegend zu Barren oder Blechen verarbeitet und so durch den Handel an den Ort seiner Verarbeitung gebracht, und zwar meist erst auf entsprechende Nachfrage hin. Dabei sind nicht selten große Strecken zurückzulegen.
Nachdem bis auf Montieri im Senesischen und Massa Maarittima in der Südtoskana die italienischen Erzvorkommen ziemlich erschöpft sind, gelingt es deutschen Bergleuten, auch tiefer liegende Vorkommen besonders von Silber und Kupfer zu erschließen, wobei Silber vor allem Abhilfe für die allgemeine Geldknappheit schafft. (Harz, Freiberg ab 1170, Freiburg/Breisgau, Iglau in Mähren, Friesach in Kärnten usw.).
Textilien werden mehr oder weniger zumindest in minderer Qualität fast überall im lateinischen Europa hergestellt, die Produktion von Metallwaren konzentriert sich viel stärker auf jeweils spezialisierte Regionen, wie zum Beispiel auf das mittlere Maasgebiet für alltägliche Gebrauchsgegenstände vor allem auch aus Messing, einer Legierung aus Kupfer und Zink. Das Kupfer kommt aus dem Harz, das Zink aus der Region selbst. Schon im 12. Jahrhundert gelingt es hier, sogar große Taufbecken und Kirchenglocken zu gießen.
Noch größere Spezialisierung setzt schon früh für Waffen und Rüstungen ein. Zwar gelten bald Solinger Schwertklingen als Spitzenware und in Köln werden sie mit Griffen und Scheiden zusammengesetzt, aber das Zentrum der Ausrüstung für Gewalttätigkeit bleibt zunächst die Lombardei mit Brescia, welches dann immer mehr von Mailand abgelöst wird. Das Eisenerz dafür kommt vom Südhang der Alpen nördlich von Brescia/Bergamo vor allem, das Holz für die Verhüttung ebenfalls. Aber bald werden deutsche Lande zur "Waffenschmiede des Zeitalters" (Stromer, S.6)
Salz
Salz ist seit langem elementares Lebensmittel, fällt aber in der Regel nicht in den Bereich bäuerlicher Produktion, sondern in den des Bergbaus.
In Nord- und Mittelitalien ist die Salzproduktion im wesentlichen auf Salinen am Meer beschränkt. Einmal wird Genua von den großen Inseln versorgt und gibt dann Salz noch weiter ab. Zum anderen gelingt es Venedig, nachdem die Salzproduktion bei Ravenna sinkt und dann noch die Konkurrenz von Cervia verdrängt wird, ein immer großflächigeres Monopol zu errichten. "Handel der Städte untereinander wird untersagt, Venedig bestimmt Preis, Abgaben und Bedingungen der Lieferungen." (Rösch in: Stromer/Fees, S.104)
Mit der Einverlebung von Kreta beginnt dann kretisches Salz das italienische im venezianischen Monopolsystem zu verdrängen.
Spezialisierung und Arbeitsteilung
Ausweitung des Handels führt zur Spezialisierung in der Produktion: Mit dem steigenden Transportwesen und Handel teilt sich die Produktion in solche für den heimischen Markt und solche für den „Export“, wobei letztere am ehesten stärker kapitalisiert wird. Der Fernhandel schafft die Erfahrung ferner Nachfrage. Sobald im 12. Jahrhundert die Nachfrage nach besserer englischer Wolle in Flandern und später in Italien steigt, verlegen sich auch die englischen Zisterzienserklöster auf die Schafzucht und Wollproduktion, wodurch sie weitere riesige Weidelandschaften schaffen und Ackerbau und Wald verdrängen. Im Bordelais entstehen riesige Monokulturen für den Weinanbau, die von der Girondemündung und von La Rochelle nach England und Flandern verschifft werden. Dasselbe gilt für Gebiete der Getreideproduktion wie Gegenden Siziliens, die nord- und mittelitalienische Städte sowie maghrebinische beliefern. Mit den kommunalen Getreidespeichern in den Städten verstetigt die städtische Bevorratung dann solchen Handel.
Färberwaid (Indigo) wird zum großflächigen Anbau- und Exportgut in der Pikardie und in Thüringen. In Preußen entstehen deutlich später Getreidemonokulturen, die die Hanse weiterverhandelt. Was noch später monokulturelle Plantagenwirtschaft in den Amerikas vor allem weiterführt, hat europäische Vorläufer, mit allen Konsequenzen für Landschaft, Ernährung vor Ort und Machtstrukturen.
1268 verzeichnet der Prévot Étienne Boileau im 'Livre des Metiers' für Paris 101 zünftig organisierte Gewerbe für Paris. (Ehlers, S.191)
Wenn horizontale Arbeitsteilung zu größerer Kunstfertigkeit führte, was nicht immer der Fall sein muss, kann sie vom Handwerker als technische Bereicherung erlebt werden, aber vertikale Arbeitsteilung tendiert nicht nur zur Abhängigkeit von vorausgehenden Arbeitsschritten, sondern sie kann dort, wo sie von der Zulieferung von Rohstoffen und der Endabnahme für den Fernhandel in größerem Maßstab in die Abhängigkeit von Eignern größerer Kapitalien und größerer Kreditwürdigkeit gerät, und so in Formen terminierter Massenproduktion, in verringerter Kunstfertigkeit und stupidem Vollzug immer gleicher Handgriffe landen, wie in Bereichen der Textilproduktion, wo das in Vorformen jener Arbeitsprozesse endet, wie sie in Manufakturen und später Fabriken stattfinden wird. (siehe oben)
Dabei findet dann auf dem Weg ins späte Mittelalter, zunächst in Nord- und Mittelitalien, eine Proletarisierung ganzer Handwerkszweige statt, die zwar aus Machtinteressen des Kapitals heraus oft durchaus zünftig organisiert bleiben (so wie globalisiertes Kapital im 20. Jahrhundert Gewerkschaften als Partner nutzt), aber im Zunftsystem die unterste und politisch machtlose Stufe einnehmen. Zuerst in Städten wie Mailand oder Florenz tauchen sie dann periodisch als städtischer Mob auf, ge- und missbraucht von Fraktionen der städtischen Oberschicht, benutzt und dann der Soldateska preisgegeben.
Handwerks-Kunst
Handwerk ist Kunst, ars, Handwerke sind artes mechanicae, in Nürnberg werden sie zu "freien Künsten". Und sie produzieren selbst die Waren, die sie (zunächst) auch verkaufen. Insofern war es für die kirchenchristliche Orthodoxie leichter als beim Handel noch, das Handwerk in sein Weltbild zu integrieren.
Als antwerc, hantwerk taucht das Gewerbe erst spät in den nunmehr deutschsprachigen Texten wohl als Lehnübersetzung aus dem lateinischen opus manuum auf und umfasst dann oft sowohl die Landarbeit wie das Handwerk im neueren, engeren Wortsinn.
Noch in der sogenannten Reformatio Sigismundi von 1439 heißt es immer noch:
Ein Bauman soll ein Acker (be)bawen, ein Weingartman sein Weingarten, also sol es in allen Hantwerken sein. (in: Franz, S.534)
Schon in der Merowingerzeit konnten einzelne (Kunst)Handwerker wie der Goldschmied Eligius durch das Wohlgefallen, das sie bei ihren königlichen Auftraggebern erregten, Karriere als Bischof und Heiliger machen, aber das waren bis um 1100 Einzelfälle. Jetzt entstehen Texte, zunächst von Mönchen, die zwar noch nicht zwischen Naturwissenschaft und Technik unterscheiden, aber einerseits von einem neuen, sich stärker auf einen originäreren Aristoteles beziehenden Erkenntnisinteresse und andererseits gerade von einer Faszination der sich erweiternden „technischen“ Möglichkeiten geprägt sind.
Um 1100/20 dann beschreibt Theophilus Presbyter, möglicherweise der Mönch und Goldschmied Roger von Helmarshausen, in seinen 'Schedula de Diversis Artibus' fasziniert und interessiert eine Anzahl handwerklicher Techniken. Gerade hatte Bernhard von Clairvaux in seiner 'Apologia' den bald vergeblichen und gegen die Cluny-Klöster gerichteten Versuch unternommen, die Kirchen wenigstens der Klöster vom Schmuck von Gold, Silber, Edelsteinen und Statuen zu befreien:
...Das ist die Kunst, durch die Geld ausgesät wird, damit es sich vervielfache. Man gibt es aus, damit es sich vermehre, und die Verschwendung bringt noch mehr
Reichtum. Eben durch den Anblick dieser aufwendigen, aber Bewunderung erregenden Eitelkeiten werden die Menschen mehr zum Geben als zum Beten gedrängt. So wird Reichtum durch Reichtum
abgeschöpft, so zieht Geld Geld an, weil – ich weiß nicht, wie es kommt – dort großzügiger gespendet wird, wo man größeren Reichtum bemerkt. Die Augen weiden sich an mit Gold bedeckten Reliquien
– und schon öffnet sich der Geldbeutel...
(Tali quadam arte spargitur aes, ut multiplicetur. Expenditur ut augeatur, et effusio copiam parit. Ipso quippe visu sumptuosarum, sed mirandarum vanitatum, accenduntur homines magis ad offerendum quam ad orandum. Sic opes opibus hauriuntur, sic pecunia pecuniam trahit: quia nescio quo pacto, ubi amplius divitiarum cernitur, ibi offertur libentius. Auro tectis reliquiis saginantur oculi, et loculi aperiuntur. Ostenditur pulcherrima forma sancti vel sanctae alicujus, et eo creditur sanctior, quo coloratior. Currunt homines ad osculandum, invitantur ad donandum; et magis mirantur pulchra, quam venerantur sacra. Ponuntur dehinc in ecclesia gemmatae, non coronae, sed rotae, circumseptae lampadibus, sed non minus fulgentes insertis lapidibus. Cernimus et pro candelabris arbores quasdam erectas, multo aeris pondere, miro artificis opere fabricatas, nec magis coruscantes superpositis lucernis quam suis gemmis. Quid, putas, in his omnibus quaeritur? poenitentium compunctio, an intuentium admiratio? O vanitas vanitatum, sed non vanior quam insanior! Fulget ecclesia in parietibus, et in pauperibus eget. Suos lapides induit auro, et suos filios nudos deserit. De sumptibus egenorum servitur oculis divitum. Inveniunt curiosi quo delectentur, et non inveniunt miseri quo sustententur.)
(http://www.binetti.ru/bernardus/14.shtml – caput 12, 28. Das hier noch angefügte Original mit den bei so viel kirchlicher Prächtigkeit zu kurz kommenden Armen zeigt das rhetorisch-propagandistische Element Bernhards).
Wie eine direkte Antwort wirkt dieser Abschnitt von Theophilus in der Übersetzung von Erhard Brepohl:
Im Exodus hatte er nämlich gelesen, dass der Herr an Moses den Auftrag zum Bau der Stiftshütte gegeben, namentlich die Meister zu diesem Werk ausgewählt habe und sie mit dem Geist der Wahrheit, der Klugheit und der Kenntnis auf allen (erforderlichen) Wissensgebieten erfüllt habe, damit sie das Werk entwerfen und in Gold, Silber, Erz, Holz und in sämtlichen Handwerkstechniken ausführen könnten. Und er fand durch fromme Betrachtung heraus, dass Gott durch solchen Schmuck erfreut werde (…), und er glaubte, dass ohne dessen Eingebung niemand etwas Derartiges schaffen könne. Deshalb, geliebter Sohn, sollst du nicht zaudern, sondern voller Vertrauen glauben, dass Gott dein Herz erfüllt, wenn du Sein Haus mit solchem Schmuck und solche Vielfalt der Kunstwerke zierst. (II,16)
Es ist unüberlesbar, dass das Handwerk auf diese Weise nun gottgewollt ist, und sicher nicht nur für den Schmuck der Kirchen, während Bernhard sich nur gegen diesen gewandt und nicht gegen den ihn eher wenig interessierenden weltlichen Warenkonsum. Schließlich waren seine Kreuzzugspredigten an den weltlichen Adel bereits durchsetzt von Metaphern aus der Welt des Handels und der Kaufmannschaft. Bei Theophilus, wie er sich nennt, geht es vor allem um Metallurgie, Glockenguss, Drahtzieherei, Farbherstellung, Glasmalerei und ähnliches, alles noch für den kirchlich-monastischen Raum bestimmt.
Dass man sich utili manuum occupatione et delectabili novitatum meditatione, also durch nützliche Handarbeit und angenehmes Nachdenken über Neuerungen, das Himmelreich so wie durch mönchische Meditation erwerben könne, ist eine Innovation in sich, noch innovativer aber ist, dass "Neuerungen" etwas uneingeschränkt positives sein können.
Kurz darauf, benennt Hugo, Lehrer von St.Victor, in seinem 'Didascalion' (Lehrbuch) nicht nur die sieben freien Künste, sondern ergänzt sie durch sieben artes mechanicae mit ihren professiones: Lanificium (Wollweberei), Armatura (Schmieden, Waffen, Bauen), Navigatio, Agricultura, Medicina und Theatrica. Unübersehbar wird ihre Notwendigkeit und Wertschätzung herausgestellt.
Ebenfalls im 12. Jahrhundert spricht Johannes von Salisbury vom Nutzen der verhältnismäßig niedrigen Dienste, ohne die es nicht geht, und meint damit Landbearbeitung, Handwerk und Dienstbotentum, die er auf eine Stufe stellt.
Ein Jahrhundert später heißt es bei Jakob von Vitry:
Ebenso wie es Gradunterschiede bei den geistlichen Gnadengaben gibt, so bestehen auch Unterschiede der Aufgaben bei den Handwerkskünsten. Denn Gott, der dafür sorgt, dass die Menschen alle notwendigen Dinge haben, hat jedem sein Talent für seine Tätigkeit zuerteilt. Dieses äußere Verwalten bzw. diese Handwerkskunst selbst wird jedem einzelnen Handwerker als verliehenes Talent zugerechnet. (…) Denn zumeist erwerben sie nicht geringeres Verdienst als diejenigen, welche den ganzen Tag in der Kirche singen oder zur Nachtzeit bei der Frühmesse wachen. (Engel/Jacob, S. 260)
Das heißt doch wohl nichts anderes, als dass das Handwerk nicht nur göttlich zugeteilt ist, sondern auch an Heiligkeit mit dem Mönchtum sich messen kann.
Großbetriebe sind durch das Mittelalter die Dombauhütten. In der Geldzufuhr immer wieder gestört, bedeuten sie frühe Meisterleistungen an Organisation. Unter dem Vorwand, zur Ehre Gottes oder eines Lokalheiligen erbaut zu werden, sind die Kathedralen zunächst der Selbstdarstellung von Bischöfen, Königen und Kaisern gewidmet, um dann bald auch der des aufstrebenden Kapitals der Städte zu dienen, welches die Einwohnerschaft mit Mitteln eines frühen Lokalpatriotismus hinter sich bekommt. In den Bauhütten-Büchern taucht denn auch frühe Technikbegeisterung auf, Entfaltung von Geometrie von allem, die mit dem gotischen Stil immer wichtiger wird. Um 1235 schreibt Villard de Honnecourt sein Buch, in dem "geometrischen Proportionsregeln, quantifizierte statistische Erfahrungswerte, die Bemessung von Baugliedern in Form von Verhältniszahlen" dominieren (Bayerl, S.21). Mit seinen Illustrationen werden die ersten (teilweise) überlieferten technischen Zeichnungen des Mittelalters geschaffen.
1269 wird Pierre de Maricourt Untersuchungen über den Magnetismus vorlegen und bald danach sein Schüler Roger Bacon Gedanken über Naturbeobachtung und Versuch anstellen.
Mit der Aufwertung der Handarbeit im 12. Jahrhundert entstand ein neues Ethos des handarbeitenden Städters, auch wenn es sich im wesentlichen auf das "zünftige" Handwerk bezog. Im Prolog seines 'De Diversibus Artibus' des Theophilus Presbyter vom Anfang dieses Jahrhunderts heißt es denn auch bereits:
Theophilus, der demütige Priester, Diener der Diener Gottes, nicht würdig des Namens und Berufs eines Mönches, wünscht allen, die die Untätigkeit des Geistes und das Umherschweifen der Seele durch nützliche Handwerksarbeit und ergötzliche Studien neuer Erkenntnisse meiden und verachten wollen, den Empfang des himmlischen Lohnes. (I,49)
Das ist zunächst noch nur eine einzelne Stimme, aber sie entspricht dem steigenden Selbstwertgefühl des Handwerks, und zwar einmal, indem es nun nicht nur irdischen, sondern himmlischen Lohn für Handarbeit geben soll, sondern zudem dadurch, dass die von solcher Handarbeit abgeleitete Innovationskraft denselben Lohn haben mag. Vor allem aber wird nun Müßiggang (otium) und Fleiß in der Handarbeit gegenübergestellt und der Arbeit dabei der überragende Wert eingeräumt. Das otium ist nur in produktiver Forschungsarbeit noch positiv bewertet.
Ehrbarkeit ist aber schnell vor allem auch Unterordnung unter die landesherrliche und städtische Obrigkeit, unter die Kirche und ihre Vorstellungen von ehrbarer Sexualität in Ehe und Familie. Die Menschenansammlungen in den Städten brauchen Ordnung, und sie wird von oben nach unten erlassen, wobei die Ehrbaren dabei manchmal in einigem mitreden dürfen.
Handwerker werden überall dort aufgewertet, wo ihre speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten den Kapitaleignern und den von ihnen ihnen mitregierten Städten gewinnversprechend sind. Das betrifft zum Beispiel sowohl Bereiche der Barchentproduktion in Norditalien wie der Seidenproduktion in Italiens Mitte und im Süden.
Wenig später werden Technik-Gläubigkeit und Fortschrittsglaube bereits durch die erlauchtesten Köpfe geistern, und zwar Jahrhunderte vor Leonardo da Vinci:
Es werden Maschinen gebaut werden, mit denen die größten Schiffe von einem einzigen Menschen gesteuert, schneller fahren werden, als wenn sie mit Ruderern vollgestopft wären; es werden Wagen gebaut werden, die sich ohne die Hilfe von Zugtieren mit unglaublicher Geschwindigkeit bewegen werden; Flugmaschinen werden gebaut werden, mit denen ein Mensch die Luft beherrschen wird wie ein Vogel; Maschinen werden es erlauben, auf den Grund von Meeren und Flüssen zu gelangen. (Um 1260: Opus maius des Roger Bacon, zitiert in: Schulz, S.106)
Diese Höhenflüge sind weit entfernt von der Wirklichkeit des Handwerkerlebens. Handwerk beschreibt bis in die frühe Neuzeit überwiegend den engen Horizont eines Kleinbetriebes mit oft maximal einem mitarbeitenden "Knecht", in vielen Sparten arbeitet der Meister häufig auch alleine, was die Vielzahl von Betrieben erklärt.
Handwerk heißt in der Regel, dass ein Produkt vom Rohstoff bzw. Halbfabrikat bis zum Endprodukt von einer Person hergestellt wird. Das ist ein wesentlicher Grund, warum im Verlauf des Mittelalters die Spezialisierung immer mehr zunimmt. Allerdings sind schon früh die zwei zentralen Bereiche, die Textil- und die Metallwarenproduktion, in einzelne Produktionsstufen zerteilt.
Viele kleine Handwerksbetriebe ernähren gerade so die Familie oder sind zusätzlich auf die Eigenproduktion von Nahrungsmitteln auf einem kleinen Stückchen Land angewiesen.
Bauen: Stil und Mode
Mit der Antike verschwinden zunächst die Monumentalbauten und das technische Können nimmt erst einmal ab. Das römische Erbe wird handwerklich und ästhetisch soweit benutzt wie noch möglich. Diese Weiterentwicklungen sind regional verschieden und münden im 10. Jahrhundert mit der Zunahme des Bauens und der Konstruktion größerer Gebäude in einem sich über große Teile Europas verbreitenden Baustil der "Romanik", wie er viel später heißen wird. Er zeichnet sich, grob gesagt, durch Rundbögen, Rundbogenfenster, Säulen mit blockartigen Kapitellen und Wände mit betont wuchtigen Steinmassen und kleinen Fenstern aus. Grundrisse und Baukörper folgen einfachen geometrischen Formen.
Wiewohl regional unterschiedlich ausgeprägt vom christlichen Spanien über die britischen Inseln, Mitteleuropa und Italien, setzen sich in erstaunlichem Maße Gemeinsamkeiten durch, was belegt, wie vernetzt das lateinische Abendland bereits wieder ist.
Die Gotik, ebenso abwertender Begriff von Renaissance-Theoretikern wie der vom (dunklen) Mittelalter, strahlt in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts von der Île de France in alle Himmelsrichtungen aus.
Als frühestes Beispiel gilt der Chor von St.Martin-des-Champs von etwa 1120/30 mit doppeltem Umgang und Radialkapellen (siehe Abbildung links). Um 1140 dann beginnt Abt Suger mit dem Bau des Chors von St.Denis.
In St.Denis soll die gesteigerte Höhe laut Abt Suger die Kirche dem Himmel näher bringen. Man kann auch sagen, sie soll möglichst viele andere Kirchen überragen und so Macht ausdrücken. Ein weiteres Element ist, dass die Wände schlanker und zugleich von immer mehr und größeren Fenstern durchbrochen werden.
Das "mystische" Dunkel der Romanik weicht. Links der Blick durch das Langhaus von St.Denis auf den licht-durchfluteten frühgotischen Chor. Das Langhaus stammt erst aus dem 13. Jahrhundert. Man muss sich natürlich die Bestuhlung wegdenken und einen Lettner hinzufügen.
Größer, höher, eleganter, heller verlangt eine sich kapitalistischer organisierende avantgardistische Baukunst, und das heißt mehr Geld der Bauherren und im Falle der französischen Könige Kompensation für erst langsam durchgesetzte Macht wenigstens im Zentrum des Reiches.
Die derart weithin sichtbare Macht lädt zum Respekt von Konkurrenten und zur Identifikation mit ihr durch die Untertanen ein. Macht wird so ästhetisiert.
Der Bauboom, den Bischöfe und weltliche Herren mit nunmehr repräsentativen Steinbauten durchsetzen, findet zur Bildung gemeinsamer Stile durch das weite Herumreisen von Bauherren und Bauhütten. Wenn Kaiser Lothar ab 1135 ein Benediktinerkloster im später so genannten Königslutter zum Hauskloster seiner Dynastie macht, holt er für den Bau von Chor, Vierung und Querhaus eine norditalienische Bauhütte.
Der Bauboom erreicht dann einen gallischen Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit dem Pariser Louvre, mit den Kathedralen von Paris und Laon, zahlreichen weiteren im zusammenwachsenden Frankreich, dem Chorbau von Vézelay, mit dem Château-Gaillard des Richard ("Löwenherz"), mit weit überwölbten Hospitalbauten. Zu diesen Steinbauten gehören beispielsweise im 12. Jahrhundert auch über 200 Zisterzienserkirchen und die vielen Burgen aus Stein, wo solcher erreichbar ist, und die dort besonders aufwendig sind, wo darin erfahrene Steinmetze dafür seit den 1170er Jahren Buckelquader herstellen. Quader für die repräsentativen Bereiche vornehmerer Burgen wiegen zwischen 500 kg und 2 Tonnen und werden zunächst mit Seilzügen und dann mit Tretradkränen hochgehievt. Experten kommen zunehmend aus dem nördlichen Italien. Zum Bauboom gehören auch die städtischen Festungsbauten. So baut die Stadt Köln nach 1180 sechs Jahrzehnte an ihrer großen neuen Stadtmauer mit einem Dutzend Torburgen und etwa 50 Türmen.
Immer größer, immer höher, immer prächtiger soll sich vor allem die Macht der Kirche geben. Bei einer Scheitelhöhe des Gewölbes von 48m kommt es dann in Beauvais zum Einsturz. Erst im zwanzigsten Jahrhundert wird das zunehmend globalisierte Kapital mit seinen monumentalen Türmen zumindest die christliche Kirche ablösen.
Bauexperten aus der Francia werden nach England geholt, zum Beispiel Guillaume de Sens 1175 für die Bauarbeiten von Canterbury.
Die immer größeren Bauten werden mit Hilfe von Flaschenzügen und Kränen errichtet. Die Erbauer setzen Schablonen zum "Abbozzieren" der rohen Steinquader ein, welches von der Bauarbeit getrennt vorgenommen wird. (Haas, S.297) Geplant wird mit dem Zirkel, und Geometrie beherrscht die neue Ästhetik. Um 1235 wird Villard de Honnecourt in seinem Bauhandbuch schreiben: man kann in diesem Buch guten Rat finden über die hohe Kunst des Mauerns (...) und ihr werdet die Zeichenkunst darin finden, die Grundlagen, wie die Lehre der Geometrie dies fordert (usw., in: Haas, S.306)
Die enormen Kosten solcher Großbauten lassen sich nur erahnen. Um 1278 werden für das Kreuzgewölbe einer englischen Abteikirche Lehrgerüste verwendet, für die 12 300 Bretter und 67 000 Nägel verwendet werden. Innerhalb von drei Jahren werden 486 Arbeiter alleine als Fundamentgraber, Steinhauer und Fuhrleute erwähnt. (Haas, S.309) Genaueres erfährt man erst für das 14. Jahrhundert. Die harte, wenn auch relativ ordentlich bezahlte Bau-Arbeit ist mit manchmal tödlichen Verletzungsgefahren verbunden.
Förderer kirchlicher und klösterlicher Großbauten sind vor allem die Könige Louis VII. und Philippe ("Auguste") für die sich ausweitende Königsherrschaft. Erst im 13. Jahrhundert wird das Volk (populus) in diesem Zusammenhang erwähnt. In der Nordhäfte Italiens werden diese Aufgabe zunehmend die Städte übernehmen. Der Staufer Friedrich I. ("Barbarossa") hingegen konzentriert sich auf Pfalzbauten. Als Stifter für geistliche Großbauten treten Vertreter des Hochadels, der Fürsten auf, wie in Köln, Braunschweig und Freiburg/Breisgau.
Technik und Maschinen
Die Erweiterung des Prinzips, menschliche Energie durch solche von Bächen und Flussläufen zu ersetzen und damit menschliche Arbeitskraft einzusparen, also ein erstes Maschinenzeitalter in vielen Regionen zu eröffnen, wird insbesondere durch die protokapitalistischen Zisterzienser vorangetrieben. Zisterzienser werden auf ihren Gütern zu frühen Experten in maschineller Herstellung von Rohstoffen und Halbfabrikaten einer Metallindustrie.
Für die Mitte des 12. Jahrhunderts erklärt die Lebensbeschreibung des Bernhard sein Clairvaux schon fast zu einem selbstversorgerischen Industriekomplex:
Ein Arm dieses Flusses, der die zahlreichen Werkstätten der Abtei durchquert, wird überall gesegnet wegen der Dienste, die er erweist (...) Sein Bett (...) ist nicht von der Natur ausgehöhlt, sondern durch die Arbeit der Mönche (...) In die Abtei eingelassen (...) stürzt er sich zuerst mit UNgestöm in die Mühle, wo er sehr beschäftigt istund sich viel Bewegung verschafft, sowohl um den Weizen zwischen den Mahlsteinen zu zerstoßen, als auch um das feine Sieb anzutreiben, das das Mehl von der Kleie trennt. Schon ist er im benachbarten Gebäude,; er füllt die Kessel (der Brauerei...) Aber der Fluss sagt sich noch nicht los. Die Walker, die sich nahe der Mühle niedergelassen haben, rufen ihn zu sich. Er ist in der Mühle damit beschäftigt, die Nahrung für die Brüder zu bereiten, man ist also wohl ermächtigt zu fordern, dass er sich jetzt um ihre Kleidung kümmert. Er widerspricht nicht (...) Er hebt und senkt abwechselnd die schweren Stampfer, die Holzschlegel, wenn ihr wollt, oder besser gesagt: diese hölzernen Füße (denn dieser beschreibt die springende Arbeit der Walker genauer), er erspart den Walkern eine große Strapaze (...) Wie er mit beschleunigten Wirbeln so viele schnelle Räder dreht, so verlässt er sie schäumend, damit er sozusagen sich selbst besänftige und weicher werde. Dort herausgehend tritt er in die Lohgerberei, wo er, um die notwendigen Materialien für das Schuhwerk der Brüder zu bereiten, ebensoviel Aktivität wie Sorgfalt zeigt, dann teilt er sich in eine Menge kleiner Arme, besichtigt während seines willfährigen Laufes die verschiedenen Arbeiten und sucht aufmerksam jene, die seinen Dienst benötigen, welches Objekt es auch sei, ob es sich darum handelt zu kochen, zu sieben, zu zermalmen, zu begießen, zu waschen oder zu mahlen. seine Mitwirkung anzubieten, verweigert er nie. Schließlich (...) entfernt er den Müll und lässt alles sauber hinter sich. (So mit Quelle: Bayerl, S.25)
In Clairvaux soll nach anderen Quellen Anfang des 13. Jahrhunderts ein Kanal unter anderem eine Getreidemühle, eine Walkmühle, eine Mühle zum Zerkleinern der Eichenrinde für die Lohgerberei und eine Schleifmühle betrieben haben. Inzwischen kostet durch die Monetarisierung der Arbeitsverhältnisse Arbeit Geld, und die Mühlen betreiben so "Rationalisierung". Zisterzienserklöster können dann über den Verkauf ihrer Agrarprodukte zu (fast) kommunitären frühkapitalistischen Unternehmen werden, die dank Selbstversorgung und Gratis-Arbeitskraft kaum Ausgaben haben. Über den Kontakt zu anderen Klöstern ihres Verbandes betreiben sie dann noch Technologietransfer, zum Beispiel in den entstehenden deutschen Nordosten oder in den ländlichen Raum Nordspaniens.
Zwischen dem 11. und dem 13. Jahrhundert vervielfacht sich die Zahl der Mühlen in Europa. Schon laut Domesday-Book soll in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts auf durchschnittlich 50 englische Haushalte eine Mühle gekommen sein. Um 1300 sind es dann zwischen 12 000 und 15 000.
Die erste englische Walkmühle ist 1185 für die Templer dokumentiert,1189 für das Zisterzienserkloster Stanley; andere gibt es vermutlich schon vorher in Flandern, oft gegen den Widerstand der Walker, die ihre Arbeit verlieren.1173 genehmigt der Bischof des nordfranzösischen Beauvais dem nahen Kloster Saint-Quentin den Bau von 30 Walkmühlen innerhalb von fünf Jahren, was dem Kloster eine Art Monopol in der Region gibt. (Borgolte, S.324) Vor 1246 gibt es in Biewer bei Trier eine Textilmühle. Inzwischen beginnt auch die bisweilen gewalttätige Konkurrenz um Wasserenergie, da hintereinander gebaute Mühlen die Fließgeschwindigkeit senken.
Das Walken verbindet nun das Reinigen des gewebten Tuches mit einer Verfilzung des Stoffs, wodurch er dichter und geschmeidiger werden soll. Allerdings vernichtet eine Mühle die Arbeitsplätze von ca. 40 Walk-Handwerkern. Anstatt dass Menschen das Tuch mit Holzhämmern schlagen oder mit Füßen gestampft wird, bewegt das Mühlrad nun einen Holzhammer, der auf einen Behälter fällt (und sich wieder hebt), in dem das Tuch in Wasser und Bleicherde liegt. Um 1300 gibt es um die 800 solche industriellen Mühlen. Sie werden von kapitalkräftigeren Herren veranlasst, die von den Abgaben aus ihrer Nutzung durch die Tuchproduzenten der Gegend Gewinn ziehen wollen und offenbar von diesen auch angenommen.
Hammermühlen mit mit Eisen beschlagenen Schmiedehämmern schmieden seit derselben Zeit geschmolzenes Eisen und verwandeln Schmiedeeisen in eine Vielfalt von Geräten, Waffen und Rüstungsbestandteile. Investor sind des öfteren auch hier Klöster. Bordesley Abbey (Worcestershire) verbindet nach 1175 damit noch den Bronze-Guß und andere Metallarbeiten und ist für Christopher Dryer damit schon eine Art Proto-Fabrik (Dyer, S.213)
Zu den Wassermühlen kommen im 12. Jahrhundert noch die Windmühlen, die sowohl in gewässerarmen Gegenden wie solchen mit geringer Fließgeschwindigkeit ebenso eingesetzt werden wie dort, wo die Gewässer im Winter zufrieren. Wichtigste Neuerung wird die, sie mit dem Wind um ihre Achse drehen zu lassen. Laut Gilomen ist eine erste Windmühle für 1162 in Arles belegt, sie verbreiten sich dann über die Normandie nach Südengland einerseits und nach Flandern andererseits, und schließlich über Portugal und Spanien. "Im 13. Jahrhundert zählte man in der Umgebung von Ypern bereits 120 Windmühlen.
Eine letzte Mühlenart, die im 11. und 12. Jahrhundert neu erfunden wird, sind Gezeitenmühlen, wie es sie dann bei Dover, bei Bayonne und an der nördlichen italienischen Adria gibt. 1146 ist eine für Antwerpen belegt.
Im Nachhinein lässt sich erkennen, dass in dieser Zeit zunehmender technischer Innovationen sowohl Byzanz wie der islamische Raum beginnen zurückzufallen, während China noch wenigstens ein Jahrhundert lang in einigen Techniken dem lateinischen Europa vorausbleibt. Allerdings sind chinesische Innovationen über einen langen Zeitraum verstreut gewesen. Als "hochzentralisierter Steuerstaat mit entwickelter Geldwirtschaft" (Mitterauer(2), S.132) wird es aber den Weg in den Kapitalismus nicht mitgehen.
Sowohl die islamische Welt wie die byzantinische Welt öffnen zu wenig Freiräume, in denen sich Innovation entfalten kann, und beiden wird von den Historikern ein "konservativer" Grundzug zugesprochen. Das heißt, dass sie weiterhin im wesentlichen auf antiker Technik beruhen und im Falle von Byzanz diese sogar teilweise verlieren, während der islamische Mittelmeerraum mit seinen Verbindungen über Asien hinweg immerhin von dort noch eine Weile Innovation importiert.
Handel: Erweiterung des Raumes
In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gelingt es zahlreichen italienischen Seehandelsstädten und selbst Marseille, an der Küste des Nahen Ostens Fuß zu fassen. Koloniebildung über Handelsstationen, die Besetzung ganzer Stadtteile oder Städte wird üblich.
Beim zweiten Kreuzzug werden die Truppen des französischen und des deutschen Königs auf italienischen Schiffen ins „Heilige Land“ verfrachtet. Der Krieg wird mehr denn je zu einem Geschäft für Investoren.
Schließlich erobern die Venezianer nach der Eroberung Konstantinopels 1204 im 4. Kreuzzug neben Teilen der Hauptstadt sich Ägäisinseln und Kreta sowie Croton/Modon auf der Peloponnes.
Die Warenströme bilden oft ein Dreieck: Die Italiener aus Amalfi und Venedig, später aus Genua und Palermo liefern nach Ägypten Sklaven, Eisen, Holz und erhalten dafür Gold, mit dem sie in Byzanz kleinasiatische Seide, Alaun, Purpur, in Ägypten und der Levante vor allem syrische und zyprische Baumwolle kaufen.
Dazu kommen ostindische Gewürze.
Dabei monopolisieren die Venezianer fast völlig den Transport im östlichen Mittelmeer. Exportiert werden vor allem flämische und italienische Textilien, aber auch Holz aus den Alpen.
Das Mittelmeer wird zu einem überwiegend italienischen Meer. Dabei teilen sich Venedig immer mehr das östliche und Genua (zunächst noch mit Pisa) das westliche Mittelmeer, in heftiger Gegnerschaft verbleibend. Auf dem Landweg stellt sich erst mit der mongolischen Vormacht seit Beginn des 13. Jahrhunderts eine Verbindung über Innerasien bis nach China ein. Das Terrorregime Dschingis Khans und seiner Nachfolger mit seiner extrem brutalen Bestrafung aller Aufsässigkeit hat für den Handel den Vorteil die Sicherheit seiner Wege. Auf dem kombinierten See-und Landweg gelangen Waren aus Indien bis nach Europa.
Am Bosporus und am Schwarzen Meer treffen die Handelswege zwischen den Handelsräumen von Nord/Ostsee und Mittelmeer aufeinander, andere Wege führen über das Rhonetal nach Norden, während die Alpenüberquerung zunächst extrem beschwerlich bleibt. Erst im 12./13. Jahrhundert werden die Alpenpässe gangbarer gemacht und nördliche Waren finden in größerer Zahl den Weg in den Süden, zunächst Wollstoffe und vor allem deutsches Leinen, dann Silber vom Rand des Schwarzwaldes, Zinn aus Cornwall und seit dem 12. Jahrhundert aus Böhmen, vor allem aber Eisen aus Rohstoff und dann als Messer- und Schwertklingen aus Lüttich, Köln, Mainz, Passau und Solingen.
1173 tauchen deutsche Händler in einem Zolltarif von Verona auf. "1190 wird in Genua ein >deutscher< Kaufmann erwähnt, der dort Kupfer veräußert, um mit den Erlösen Seide, Gewürze und Südfrüchte zu bezahlen." (Fuhrmann, S.100) 1201 tauchen in genuesischen Notariatsakten Leinentücher als tele de Constanzia, also aus Konstanz auf.
Im 1228 von Venedig eingerichteten Fondaco dei Tedeschi wird diese Entwicklung sichtbar.
Raumgreifend entwickelt sich der italienische Handel nach Norden erst langsam. Italienische Kaufleute in Paris, Brügge und London tauchen erst spät auf, in London um 1250, in Brügge ab 1300. Danach beschleunigt sich aber das Tempo und 1277 haben bereits sieben Handelsgesellschaften Vertretungen in London. In Paris sind 1292 um die zwanzig italienische Handelsfirmen vor allem aus Florenz, Siena und Piacenza vertreten. Ende des 14. Jahrhunderts dann werden sich bereits Vertretungen von rund dreißig Firmen allein aus Lucca dort niederlassen. (Spufford, S.101/02)
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Im Norden wendet sich im 12. Jahrhundert außer bei Luxuswaren England vom Hauptpartner Skandinavien ab, den ab etwa 1200 niederdeutsche und gotländische Händler übernehmen. Stattdessen konzentriert man sich nun nach Süden, zunächst in die Normandie, wo man von Rouen Lebensmittel und Wein importiert. Mit den Angevinen wird dann die Gascogne Weingebiet für England mit dem Hafen Bordeaux, was dem Rheinwein zu schaffen macht. Dann wird Bordeaux auch zum Ziel für Spanier und Genuesen, die von dort Wolle und Zinn (aus Cornwall) abholen.
Auch auf dem Kontinent treibt der deutliche Aufstieg der Städte den Handel voran, weswegen die städtischem Leben abholden Friesen vom Markt verdrängt werden. An ihre Stelle treten die Flamen, deren wichtigstes Handelszentrum Brügge wird. So wie die Händler von der Maas (Lüttich, Huy, Nivelles, Dinant) verbinden sie das Rheinland mit England und gelangen manchmal bis nach Skandinavien. Flämische und englische Tuche gelangen gegen Ende des 12. Jahrhunderts zunehmend bis in den Mittelmeerraum.
Zwischen dem nördlichen und dem südlichen Raum entwickeln sich zwei weitere eher überschaubare Handelsräume. Da ist einmal Oberschwaben zwischen Konstanz, Augsburg und Ulm, das seine Leinenproduktion auf die Märkte der Champagnemessen bringt und im späten Mittelalter dann seine Barchentproduktion bis nach Italien liefert. Hier sind Standorte der Produktion und des Handels zunächst eng verbunden. Nördlich davon ist der Raum zwischen Frankfurt/Main und Görlitz, der mit Tuchen und Färberwaid vor allem (Fern)Handel treibt.
Ähnlich wie in England ist es um Westfranzien bestellt, welches am Welthandel vor allem durch Exporte von Nahrungsmitteln (Wein, Getreide) und Salz (Bourgneuf) beteiligt ist, und vor allem über die Vermittlung auswärtiger Händler. Wie im Fall von London wächst die Produktion der Residenzstadt Paris durch die Zunahme von Eigenbedarf. Dazu kommen einige Städte an der Küste der langue d'oc wie Marseille, welches 1136 eine eigene Kolonie in Akkon besitzt.
Um 1200 ist der große Handelsraum des römischen Imperiums nicht nur ersetzt, sondern erheblich erweitert. Damit erst kommt es zu einer Blüte handwerklicher und industrieller Produktion. Tuchherstellung bekommt aus England, Spanien oder von anderswo her die Wolle, aus fernen Gegenden das Alaun und zum Teil aus noch ferneren die Farbstoffe. Aus sächsischen Bergwerken kommt das Kupfer für die Schmieden von Dinant und Namur. Lucca verwebt zunächst Seide, die aus dem Orient kommt.
***Ägypen***
Seit der Bronzezeit gilt Ägypten als eine der reichsten Regionen der bekannten Welt und bleibt das durch die Römerzeit und die Nachantike bis ins 15. Jahrhundert. Abgesehen von der Fruchtbarkeit seiner Böden ist es im Mittelalter Vermittler für den Handel zwischen Asien und Europa. Alexandria mit seinen zwei Häfen, einer für Lateiner und Byzantiner, einer für Muslime, ist im 12. Jahrhundert eine reiche und an Einwohnern reiche Stadt. Aus dem Niedergang der Fatimiden geht 1171 die Herrschaft Saladins und der Aiyubiden-Dynastie hervor.
Es gelingt ihm, den Handelsweg über das Niltal und den Jemen (Aden) nach Asien zu kontrollieren und ebenso das Rote Meer. Europäer werden auf den Hafen Alexandria begrenzt. Des weiteren kontrolliert er den Handesweg über Nubien nach Äthiopien.
Andererseits scheitert eine Machterweiterung durch eine ägyptische Flotte, und Ägypten ist darauf im Mittelmeer weiter auf die Transportmittel italienischer Städte angewiesen, die in einem Dreieck zwischen Italien, Byzanz und Alexandria operieren. Die Päpste versuchen vergeblich, den Export von kriegswichtigen Waren wie Metallen, Waffen und Holz aus Venedig oder Pisa zu verbieten, aber Geschäft geht längst vor Religion, wie auch für muslimische Herrscher. Vor allem Venedig macht unumwunden deutlich, dass die Geschäfte für sie lebenswichtig seien und darum Vorrang hätten. 1173 wird neben einem funduq für Pisa einer Venedigs in Alexandria erwähnt, zu dem ein zweiter kommt, nachdem die Venezianer das Kreuzheer nach Konstantinopel umgeleitet haben. 1238 kommt es zu einem für Venedig vorteilhaften Vertrag.
Auch Bari, Trani (und andere) und Marseille betreiben Handel mit Alexandria.
Im Funduq werden die Kaufleute nachts und an muslimischen Feiertagen eingeschlossen. Die Ankunft eines Schiffs wird von einem Beamten kontrolliert. Der dann eingezogene Zoll kann ein Fünftel betragen, schwankt aber. Geschäfte an Land müssen dann durch einen heimischen Makler vermittelt werden. Schiffsverbände kommen oft im Herbst an und fahren im Frühjahr wieder ab.
Neben Lebensmitteln produziert Ägypten vor allem Textilien für den Export, und zwar nach Nordwest und Ost, aber auch Glaswaren. Elementar ist es aber für den Handel von Gewürzen aus Fernost nach Europa
Der Raum der entstehenden Hanse
Hanse ist ursprünglich eine (bewaffnete) Schar von Leuten, wie schon in der gotischen Wulfila-Bibel, und wird spätestens im 12. Jahrhundert zu einer solchen (vor allem von Kaufleuten) in der Fremde und schließlich zu einer Fahrgemeinschaft von Kaufleuten einer Stadt. Solche Fahrgemeinschaften bilden auf der Ostsee Schiffskonvois, die bald nach Gotland, Riga oder Nowgorod weitersegeln.
Kaufmannsgesellschaften für den Fernhandel entstehen schon im 10. Jahrhundert an der Nordsee und werden dann immer üblicher. In Flandern entsteht so im 12. Jahrhundert die „Londoner Hanse“ als Zusammenschluss von Gilden für den Englandhandel.
Um etwa 1230 schließen sich 17 nordfranzösische und niederländische Städte zur >Hanse der siebzehn kleiderproduzierenden Städte< für den Handel mit Textilien auf den Champagnemessen zusammen. Zu demselben Zweck dient eine 'universitas mercatorum Italiae nundinas Campaniae ac regni Franciae frequentatium' (Ertl, S.79 / Pirenne, S. 97)
Solche Interessengemeinschaften helfen den Kaufleuten, die Reise ihrer Waren nicht mehr immer begleiten zu müssen. Zudem müssen sie eher vor Ort bleiben, weil sie dort auch mit anderen Aktivitäten, auch mit Finanzgeschäften und bald mit ersten Investitionen in die Produktion befasst sind (und natürlich mit der Politik ihrer Städte). Nachrichten werden nun schriftlich über Boten weitergeleitet – der große Kapitalist sitzt öfter an seinem Schreibtisch oder knüpft Beziehungen in seiner Stadt.
Darüber entsteht dann ein vom Handel getrenntes Transportwesen, welches im Auftrag der Händler arbeitet. Dieses wiederum schließt sich örtlich (wie die Seineschiffer der marchands de l'eau von Paris) oder regional zusammen.
Jene Hanse, die den Verbund norddeutscher Handelsstädte bilden wird, ist nie formell gegründet worden, besitzt keine formelle Mitgliedschaft und bis ins 16. Jahrhundert keine Satzung und keine gemeinsame Kasse. In dieser Formlosigkeit existiert sie, solange es gemeinsame wirtschaftliche Interessen gibt, vor allem zum Zweck des Dominierens des Nord- und Ostseeraumes, den man sich dann ab dem 16. Jahrhundert mit anderen Mächten teilen muss.
Ähnlich wie im Mittelmeerraum findet auch im Norden ein aggressiver Kampf um die Marktmacht statt, der sowohl mit den Mitteln wirtschaftlicher Konkurrenz wie denen offener fürstlicher Gewalt ausgetragen wird.
Diese Konkurrenz wird besonders deutlich in der Zeit König Waldemars I. und Heinrichs ("des Löwen"). Waldemar stellt 1177 ein Privileg für die Niederlassung der nach Gotland fahrenden St.Knuds-Gildebrüder in Wisby aus und wird selbst Mitglied. (Schütt in: Schwineköper, S.253) Nach dem Tod Kaiser Heinrichs VI. erobern die dänischen Könige dann noch Hostein, Lübeck und Hamburg. 1201-25 ist der dänische König dann auch Stadtherr von Lübeck.
***Köln und Westfalen***
Im 12. Jahrhundert ist Köln reichste und größte Handelsstadt der deutschen Lande und ihr Erzbischof einer der mächtigsten Reichsfürsten. Kölner Direkthandel reicht bis England und über Westfalen bis an die Elbe, indirekt dann bis nach Skandinavien, in den Harz und nach Österreich. Wieviel Schiffe von dort agieren können belegt die Tatsache, dass Kölner die Masse des deutschen Kreuzfahrer-Schifsskontigentes stellen, welches 1147 zusammen mit Engländern und Flamen von Dartmouth aus in den Kreuzzug startet und dann zur Einnahme von Lissabon verhilft. Ähnliche Bedeutung hat noch Bremen insbesondere für den Skandinavienhandel.
Kölner liefern vor allem Wein und Metallwaren nach England und bringen dann Wolle, Metalle und Nahrungsmittel mit zurück (Gilomen, S.87). Kölns Rolle wird dadurch gestärkt, dass es die flämische Tuchindustrie und ihre Messen in Ypern, Lille und Turnhout mit englischer Wolle beliefert. Zudem beliefert es Brabant, Gent und Brügge auch mit Waren südlich davon. Ihre Gemeinschaft nennen sie im 12. Jahrhundert Hanse.
1130 erhalten Kölner Aufenthaltsrecht in London. 1157 erklärt die englische Krone, sie wolle die Kölner Kaufleute wie die eigenen (sicut homines meos) behandeln, sofern sie ihre Zölle ordentlich bezahlen. Erwähnt wird auch ein Gebäude von ihnen in London.
Konkurrenz zwischen lokalen und regionalen Kapitalien verschränkt sich ähnlich wie schon früher in der Nordhälfte Italiens immer komplexer mit der fürstlicher und königlicher Politik. Kaiser Friedrich I. fördert den Genter Handel, was die Kölner Kaufleute mit der Einrichtung des Stapels 1169 beantworten. Damit soll verhindert werden, dass Genter Kaufleute am Rhein südlich von Köln einkaufen.
Damit darf niemand an Köln vorbeifahren, sondern die Kaufleute müssen anhalten, ihre Waren ausladen und in der Stadt zum Verkauf anbieten. Danach dürfen sie dann nur noch Kölner Kaufleute und Transporteure weiter transportieren, ein Recht, welches sich die Kölner 1259 bestätigen lassen.
Unter dem Druck Kaiser Friedrichs I. ("Barbarossa") erhält Gent erneut vom Kölner Erzbischof Handelsfreiheit auf dem Rhein. Der englische König Henry II. wiederum möchte die starke Stellung des flämischen Wollhandels nicht noch durch eine durch Genter Handel mit Rheinwein verstärkt sehen und privilegiert darum 1176/77 die Kölner umfassender noch als jede andere deutsche Stadt und nimmt sie unter seinen besonderen Schutz. (Hanse, S.38, Kümper, S.68) Sie können die gildhalla erwerben, die bald unter ihnen als Stalhof bezeichnet werden wird.
1194 befreit König Richard ("Löwenherz") die Kölner Kaufleute und ihre Gildehalle von allen bisherigen Abgaben in England.
Im 13. Jahrhundert werden auch Kaufleute aus Westfalen, Hamburg und Lübeck im Stalhof aufgenommen. Vier solche zentrale gemeinschaftliche Handelsniederlassungen werden im 16. Jahrhundert dann Kontore genannt werden.
Bindeglied zwischen Köln und dem nordöstlichen Handelsraum bildet Westfalen, wobei den Hellweg-Städten von Duisburg über Dortmund und Soest eine wichtige Rolle zukommt, von denen aus dann Handel nach (und von) Goslar und seinem Silber und Kupfer, Hildesheim und Magdeburg führt. Dortmunder Kaufleute finden sich wie die Kölner an den englischen Küsten und im 13. Jahrhundert im Stalhof.
Soest wurde durch seine fruchtbaren Böden und seine Solequellen reich, außerdem ist es Umschlagplatz für Eisen und Halbfertigwaren aus dem Sauer- und Siegerland. Bis in den Norden reicht der Handel einer Gilde Soester Schleswigfahrer, "die vermutlich das Soester Salz und den schonischen Hering zusammenbrachte." (Kümper, S.70) Soester gibt es denn auch auf Gotland, im Handel mit dem Baltikum und bis nach Nowgorod.
"Das sauerländische Örtchen Medebach (...), trieb nachweislich schon Mitte des 12. Jahrhunderts bis nach Russland Handel. Kein Jahrhundert später finden wir westfälische Kaufleute aus Recklinghausen und Unna, aus Attendorn, Lemgo und Bocholt an den Handelsplätzen der sich rasch formierenden Hanse von Brügge und London bis Lübeck, Riga und Reval." (Kümper, S.70)
Zunächst spielen westfälische Kaufleute mit Textilien und Metallwaren eine große Rolle im Ostseehandel, aber im 13. Jahrhundert werden sie zunehmend von den neuen Ostseestädten verdrängt, was gelegentlich zu ihrem persönlichen Umzug dorthin führt.
Wie in England gibt es auch in Norddeutschland noch keine größeren Firmen als Handelsgesellschaften. Im entstehenden Hanseraum gibt es neben dem einzelnen Händler die kurzfristige societas oder kumpanie: "In der Regel zwei Parteien, der Kapitalgeber und der die Gesellschaft nach außen vertretende Kapitalführer, schlossen miteinander ihren kurzfristigen Gesellschaftshandel durch die Einlage von Geld ab." (Dirlmeier, S.43) Diese "Widerlegung" ließ einen der beiden Partner fahren, einen zu Hause bleiben. Später wird die Ware von einem Handelspartner zum nächsten gesandt.
Westlich von diesem Raum hat sich eine flämische Städtelandschaft mit Gewerbe und Handel etabliert. Zentrale Handelsstadt im Norden ist Brügge, das sich von einer Produktionsstätte zu einem Handelsort entwickelt (zunächst im Unterschied zu Gent).
1134 erweitert und vertieft eine Sturmflut den Zwin, was Seeschiffen den direkten Zugang zu Brügge ermöglicht. 1180 wird an der Mündung der Reie, die Brügge mit dem Zwin verbindet, der Hafen Damme angelegt. Später wird die Reie durch Kanäle in die Stadt und bis zum Marktplatz verlängert.
Nach und nach importieren Flamen immer mehr englische Wolle für ihre Tuchproduktion. Daneben verkauft der Genter Produktionsstandort Tuche in Köln und kauft Getreide und Wein ein. Gelegentlich fahren sie auch zu den Winzerorten südlich, um dort direkt einzukaufen, und bis zum Harz für den Einkauf von Kupfer.
***Lübeck und der Ostseeraum***
Eine dänische Bruderschaft (fraternitas Danicum) in Köln fährt nach Nordosten und im wesentlichen Schleswig an. Von der anderen Seite tauchen auch "russische" Händler dort auf, wie auch in Roskilde. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts siedeln sich bereits "Sachsen" in Roskilde und Lund an.
Ostfälische Händler erreichen auf dem Landweg Alt-Lübeck, Rügen und Wollin.
Im Kern gibt es große Handelsräume für wenige Waren bereits seit der Bronzezeit, aber jetzt werden sie mit Städtegründungen verbunden und mit der steigenden Nachfrage zwischen Rhein und Elbe, von den Niederlanden und von England. Der östliche Raum der zukünftigen Hanse entsteht dabei durch eine Kombination aus Christianisierung, Eroberung, Besiedlung und Städtebildung.
Der (wie auch immer) christliche Heinrich, mütterlicherseits Däne und vom Vater her Abodrite, fällt 1090 von seinem dänischen Exil aus in Wagrien ein und erobert
dann nach und nach das ganze Abodritengebiet und andere Regionen. Er wird von sächsischen Texten nun rex slavorum genannt. Er macht Liubice (Alt-Lübeck) zu seiner Residenz, schließt
Frieden mit den bei Lüneburg herrschenden Billungerherzögen und verträgt sich mit den in Holstein eingesetzten Grafen von Holstein. Auf diese Weise wird die ganze Großregion zu einem
"befriedeten" Handelsraum, wie Helmold von Bosau lobt. Nachdem er die Erlaubnis zur Christianisierung gibt, stirbt er 1127, was Holsteinern und Sachsen die Möglichkeit gibt, sich seine westlichen
Gebiete anzueignen, während der Osten an den Abodritenfürst Niklot fällt.
In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts werden die Pomoranen und die Holsteiner christianisiert. Solide wird das alles aber erst durch die nach 1140 einsetzende christliche (deutsche) Besiedlung.
1110 vergibt Herzog Lothar von Sachsen die Grafschaft Holstein an Adolf I. von Schauenburg. Als Kaiser verleiht er 1134 die Nordmark an Albrecht den Bären, der sie allerdings erst noch erobern muss. Zudem verheiratet er seine Tochter mit Heinrich ("dem Stolzen") und sichert diesem das Herzogtum Sachsen. 1142 wird Heinrich ("der Löwe") sein Nachfolger.
Mit diesen drei Fürsten beginnt die Integration bislang slawischer Gebiete in das "römische" Reich, die durch nun immer massenhaftere deutsche Besiedlung stabilisiert wird. Um 1170 schreibt Helmold von Bosau als Fazit in seiner Slawenchronik übertreibend:
Jetzt aber sind, weil Gott unserem Herzog und den anderen Fürsten Heil und Sieg reichlich gespendet hat, die Slaven weit und breit verjagt; unübersehbare, mächtige Scharen sind vom Rande des Ozeans herbeigeführt worden, haben das Gebiet der Slaven eingenommen, Städte und Kirchen aufgebaut und sind über alle Erwartung hinaus wohlhabend geworden. (Kap. )
1143 wird Lübeck von Adolf II. von Schauenburg gegründet, dem Grafen von Holstein, wie Helmold als Pfarrer von Bosau in seiner Slawenchronik erwähnt:
Da nun der umsichtige Mann sah, wie passend die Lage und wie trefflich der Hafen war, begann er dort eine Stadt zu bauen und nannte sie Lübeck, weil sie von dem alten Hafen und Hauptort, den einst Fürst Heinrich angelegt hatte, nicht weit entfernt war. (...) So begann sich die Einöde Wagriens zu bevölkern und die Zahl seiner Einwohner vervielfältigte sich. (Kap.57)
1147 zerstört eine slawische Flotte die Stadt bis auf die Burg (urbs). (...) alles, was Westfalen, Holländer und andere Einwanderer unterhalb der Trave angebaut hatten, verzehrten die Flammen, nämlich das forum (Markt), civitas (Stadt) naves mercibus onustas (mit Waren beladene Schiffe) im Hafen (portus). (Helmold Kap.63)
Die Stadt der Schauenburger macht dem welfischen Bardowick immer mehr Konkurrenz, so wie die Saline von Oldesloe der des welfischen Lüneburg. Laut Helmold verlangt Herzog Heinrich die Hälfte von Lübeck und die Hälfte der Saline von "seinem" Grafen. (Kap.26), und als der ablehnt, verbietet Heinrich den Lübecker Markt.
1157 zerstört ein Feuer Lübeck und die Bevölkerung wendet sich laut Helmold an Heinrich ("den Löwen"): Lange schon dauert es, dass der Markt zu Lübeck auf euen Befehl verboten ist. Wir sind zwar bisher in der Stadt geblieben, da wir hofften, den Markt durch Euer gnädiges Wohlwollen zurück zu bekommen, und uns auch nicht entschließen konnten, unsere mit großen Kosten errichteten Gebäude zu verlassen; nachdem nun aber unsere Häuser verbrannt sind, erscheint es uns sinnlos, sie an einem Orte wieder aufzubauen, wo kein Markt sein darf. Gib uns also Raum für eine Gründung einer Stadt an einem Orte, der dir genehm ist. (Kap.86)
Der Schauenburger muss schließlich dem welfischen Druck nachgeben. 1158 gründet Heinrich ("der Löwe") Lübeck zum zweiten Mal, und vermittelt bald zwischen Westfalen und dem Ostseeraum. Westfälische Kaufleute zieht es nach Lübeck, wo unter anderem ostelbisches Getreide verhandelt wird. Sein Handel expandiert schnell nach dem 1160 auf Gotland neben einer skandinavischen Siedlung gegründeten deutschen Wisby. Heinrich der Löwe vermittelt in Konflikten u.a. mit gotländischen Kaufleuten, sorgt dafür, dass sie sich als Vereinigung der Lübecker Gotlandfahrer organisieren und gewährt ihnen schon 1161 Schutz und Zollfreiheit (Artlenburger Vertrag). Mit König Knut Erikson schließt er einen von Kaufmannsinteressen geprägten Handelsvertrag.
Mit dem Wendenkreuzzug 1147 verschlechtern sich die Beziehungen zu den Slawen dort drastisch, allerdings zeigt er auch ihre militärische Unterlegenheit auf. Ruhiger wird es erst, als Fürst Pribislav sich 1167 unterwirft und mit seinem Gebiet von Heinrich ("dem Löwen") belehnt wird. Nun setzt , zunächst noch langsam, der Strom deutscher (inklusive flämischer und holländischer) Siedler ein. Langsam auch beginnt sich ein heimischer Adel mit feudalrechtlichen Strukturen zu bilden, der sich dann leichter in das Reich integrieren lässt.
Den deutschen Handelsweg nach Osten öffneten die Privilegien von Lothar III. und Heinrich ("dem Löwen").
Eine Mittlerrolle zwischen Ost und West bietet inzwischen Gotland mit seinen bäuerlichen Seefahrern, die nicht zuletzt Routen in die Rus befahren. In Nowgorod errichten sie einen Handelshof, zu dem sie westliche Waren wie Tuche aus Ypern bringen und von wo sie Pelze, Wachs und Luxusgegenstände aus dem Orient, die über Byzanz, Kiew oder Smolensk dorthin gelangen, zurücknehmen. Im Unterschied zu den Warägern reisen sie selbst auch tiefer in die Rus hinein, siedeln sich dort aber nicht an, sondern kehren wieder zurück. Bis ins 13. Jahrhundert gibt es umgekehrt auch "russische" Schiffe, die Handel bis nach Gotland treiben. Im 12. Jahrhundert sind russische Niederlassungen dort und in Stettin überliefert. 1137 werden offenbar russische Händler in Schleswig ausgeraubt.
Irgendwann um 1200 beginnen die deutschen Fahrgemeinschaften lübischer, westfälischer und sächsischer Kaufleute in eigenen Konvois zu segeln und bilden dann die allerdings erst 1253 in einer Urkunde der flämischen Gräfin Margarethe dokumentierten universi mercatores Imperii Romani Gotlandiam frequentantes, die 'Gemeinschaft der Gotland besuchenden Kaufleute aus dem Römischen Reich'. Sie wählen einen Oldermann, besitzen ein Siegel und üben interne Gerichtsbarkeit aus.
Zur skandinavischen Ansiedlung auf Gotland kommt eine daneben liegende deutsche, nachdem sich nach 1180 hier immer mehr deutsche Kaufleute ansiedeln. Sie bilden mit den Gotländern eine gilda communis.
Es entsteht eine mit 44 Wachtürmen ummauerte Doppelstadt mit zwei Räten, die sich schließlich zu einem bei paritätischer Besetzung vereinigen. Zentrum ist Visby, wo man sich in der steinernen Marienkirche versammelt und ein eigenes Siegel führt. Die gemeinsame Gilde schließt 1191/92 einen Handeslvertrag mit dem Fürsten von Nowgorod.
Bald nehmen erste deutsche Kaufleute unter den gotländischen an den Fahrten nach Nowgorod teil, für die Gotland eine Art Drehscheibe bildet. Zunächst nehmen sie die Deutschen in Nowgorod in ihrem Olafshof auf.
Die Reichweite umfasst dann bald Schonen, Riga, Smolensk und Nowgorod.
Inzwischen nimmt die Bedeutung des römischen Königtums für den Norden immer mehr ab. Als dann Heinrich ("der Löwe") 1180/81 entmachtet wird, klagt Helmolds Nachfolger Arnold von Lübeck: (...) nach der Verbannung des Herzogs Heinrich, der allein im Land übermächtig gewesen war und (...) die größte Sicherheit hergestellt hatte (...) regierte nun jeder wie ein Tyrann an seinem Ort und tat entweder selbst seinem Nachbarn gewalt an oder erduldete sie. (in: Kümper, S.57)
1188 bestätigt Friedrich I. ("Barbarossa") Lübeck seine bisherigen Rechte in einer (verlorenen) Urkunde. Nach dem Tod des Stauferkaisers versucht der Graf von Schauenburg mehrmals vergeblich, die Stadt einzunehmen. Eine Minderheit will den "Schutz" des Markgrafen Otto II. von Brandenburg suchen, mehr Leute votieren dann für den dänischen König Knut VI. (Arnold von Lübeck II,12). Schließlich einigt man sich ab 1202 auf seinen Bruder, den Grafen Waldemar von Schleswig, der als dänischer Thronfolger Waldemar II. das Gebiet von Jütland bis Schonen und von Hamburg bis zum Samland beherrscht und dann auch Estland mit Reval. Bis 1223/27 entsteht so ein großer Schutzraum für den Ostseehandel, den die Könige so fördern wie die Entfaltung der Städte, eben auch der neuen an der südlichen Ostseeküste, die jetzt Stadtcharakter bekommen.
Waldemar verleiht Lübeck viele auch neue Rechte wie das Eigentumsrecht im Falle der Schiffs-Havarie, privilegiert den Schonenhandel der Stadt mit Heringen usw..
Inzwischen gründen die Herren von Mecklenburg um 1200 Rostock und Wismar, die um 1220 Stadtrechte nach Lübecker Vorbild erhalten
Anfang des 13. Jahrhunderts verbinden sich Ostsee- und Nordseehandel zunehmend. Händler aus den Ostseehäfen ziehen über Land von Lübeck nach Hamburg, wo sie wieder auf Schiffe umladen, die nach Flandern oder England fahren. In Nachahmung englischer und niederländischer Schiffe wird dann auch der nördliche Seeweg genutzt.
An englischen Häfen und besonders in London wird die Konkurrenz aggressiver, nach 1200 beginnen Lübecker Kaufleute mit Kölnern in London zu konkurrieren. während die englischen Könige den Handel auch der Osterlinge fördern. 1237 bekommen die Kaufleute der Gotländischen Genossenschaft durch König Henry III. Schutz und Zollfreiheit für die Waren, die sie in seinem Reich einkaufen oder verkaufen.
Um 1191/92 kommt es zu einem Friedensvertrag zwischen einem Fürsten von Wolchow einerseits und deutschen sowie gotländischen Kaufleuten andererseits. 1199 bestätigt Fürst Jaroslaw von Nowgorod den Frieden mit ihnen. In der nächsten Zeit entgleitet den Fürsten aber die Kontrolle über die Siedlung, die an vierzig Bojarengeschlechter übergeht, die in ihrer Versammlung einen fürstlichen Statthalter und ein kirchliches Oberhaupt wählen. Nowgorod ist "ein weitläufiges Stadtareal mit großen, von Palisadenzäunen abgesteckten Gehöften." (Kümper, S.128)
"Der Weg nach Nowgorod ist hart und nicht ungefährlich. Die Schiffe der Kaufleute, welche von Gotland kommen, versammeln sich an der Newa-Mündung auf der Insel Kotlin (Kronstadt). Dort werden zwei Oldermänner gewählt, die dann an der Spitze der Genossenschaft stehen; gewöhnlich werden auf der Insel Kotlin die Waren auf flachere Schiffe verladen. Mit russischen Lotsen fahren die deutschen Schiffe, von karelischen oder schwedischen Räubern bedroht, die einsame Newa hinauf bis in den Ladogasee und legen am Hafen von Ladoga an. Dort müssen die Waren wegen der Wolchow-Stromschnellen erneut umgeladen werden. Das geschieht mit Hilfe einer Korporation von Treidlern. Von dort gelangt man schließlich nach Novgorod, wo die wo die Waren von Trägern in die Stadt gebracht werden müssen." (Dollinger, S.31 / Kümper, S.126f)
Irgendwann um 1200 entsteht in Nowgorod ein deutscher (St.)Peterhof als Kaufmanns-Niederlassung samt eigener Kirche. Hinter einem großen Palisadenzaun gibt es viele hölzerne "Wohnhäuser, Kaufläden, Lagerschuppen, eine Bäckerei, ein Brauhaus, eine Krankenstube, ein Bad und ein Gefängnis." (Hanse, S.68) Ein Aldermann steht dort vier Ratsherren vor. In Nowgorod siedeln sich auch ländliche Grundbesitzer (Bojaren) an, die sich am Handel beteiligen, indem sie ihre Überschüsse aus ihren Wäldern verkaufen und sich selbst mit Luxusgütern versorgen. Dazu kommen ausgezeichnete Handwerker.
Dorthin gelangen aus dem Südwesten Europas Tuche, Wein, Salz, Metalle und Silber, von dort fließen Pelze, Felle und Leder, Wachs, Tran, Talg, Stör, Fischbein, Honig, Hanf und Flachs sowie Güter aus Mittelasien ab.
Bis etwa 1250 tauchen in Nowgorod noch gotländische Händler auf, danach sind sie wohl von den deutschen verdrängt. Die Selbstverwaltung der Deutschen funktioniert über einen - in dieser abegelegenen Gegend mit besonderen Rechten ausgestatteten - gewählten olderman und seine Beisitzer. Dieser Ältermann betreibt "den Kontakt zu den lokalen Behörden und den Schriftverkehr mit den Städten in der Heimat, sodann die Verwaltung der Kasse und der einzuziehenden Gebühren sowie die innerkontorliche Gerichtsbarkeit samt Strafvollzug." (Kümper, S.131)
Es bilden sich zwei Gruppen heraus, die Winterfahrer, die im Herbst kommen und im Frühjahr zurücksegeln, und die Sommerfahrer, die im Frühjahr kommen, kürzer bleiben und spätestens im Herbst zurückfahren. Bei 150-200 im Peterhof anwesenden Kaufleuten kommt es mit deren Gesellen zu einer Ansammlung von vielleicht 500 oder 600 Männern.
Ein einschneidendes Ereignis wird für diesen Raum allerdings der Mongolensturm, der 1238 in der Nähe von Nowgorod zum Stehen kommt, welches dem Großkhan tributpflichtig wird. Damit reißen die Handelsverbindungen nach Süden, zum Schwarzen Meer, ab und die Stadt muss sich ganz zur Ostsee hin orientieren.
Zwischen Russland und dem südlichen Ostseeraum bleibt ein "heidnischer" und nicht von Städten aus zivilisierter baltischer Raum, der dadurch auch dem Handel kaum zugänglich ist. Nach 1184 beginnt der holsteinischen Missionar Meinhard mit der Christianisierung der Liven, was bis zur Gründung einer Kirche in Uexküll an der unteren Düna führt. Als Domherr von Bremen wird ein Albert vom Bremer Erzbischof Hartwig 1199 zum Bischof von Livland geweiht. Und ein Bischof Albert betreibt dann 1200 mit Unterstützung von Papst Innozenz III., der deutschen und dänischen Könige und Lübecks einen Kreuzzug, für den sich auch hunderte Kreuzfahrer an der Düna einfinden, was die Gotländische Genossenschaft finanziert. Wie üblich werden Nichtchristen erobert, unterworfen, christianisiert und zivilisiert und damit für den Handel aufgeschlossen.
Bischof Albert gründet 1201 Riga und verlegte seinen Sitz aus Üxküll dorthin. Er
siedelt dort Kaufleute an und befestigt die Stadt. 1211 gewinnt sie gewisse Stadtrechte und später das Hamburger Recht.
Schon 1202 gründet der Bischof zwecks Eroberung Livlands den Ritterorden der fratres militae Christi, auch Schwertbrüderorden genannt, der nicht nur "Herren", sondern auch Kaufleuten offensteht.
Auffallend an der meist äußerst brutalen Christianisierung insbesondere des Baltikums ist die Beteiligung von Kaufleuten mit Schiffen, Geld, Waffen und eigener Kampfbeteiligung. Für sie ist klar, dass aktuelle christliche Strukturen und Kapitalismus sich geradezu gegenseitig bedingen.
Es geht aber nicht nur um Handelsstädte, sondern auch um das deutscher Besiedlung erschlossene Hinterland mit Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion, Verdorfung und Entfaltung jener großflächigen Getreideproduktion, die im 13. Jahrhundert dann eine der wichtigsten hansischen Handelswaren hervorbringt.
Für die Zivilisierung des Baltikums ist Lübeck wichtigster Nachschubhafen und schon damit erheblicher Profiteur, gewinnt zugleich aber auch Zugang zu neuen baltischen Ressourcen..
In Estland hatten die Dänen schon etwas Fuß gefasst, als nun 1218 mörderische Zivilisierungsversuche von Süden dorthin gelangen. Um deren Vormarsch zu stoppen, greift Waldemar mit päpstlicher Unterstützung militärisch ein und landet bei dem späteren Domberg von Reval. Von dort macht er sich an die Eroberung des nördlichen Estlands, mit dem päpstlichen Versprechen im Rücken, alle dort christianisierten Gebiete der dänischen Krone unterwerfen zu dürfen.
Im Konflikt mit den Schwertbrüdern sperrt Waldemar 1220 den Lübecker Hafen. Die Stadt wendet sich an den Papst, der die Öffnung unter Androhung des Kirchenbanns erzwingt. Damit beginnt ein Loslösungsprozess Lübecks von der dänischen Krone.
Im Zuge der folgenden Eroberungen werden Kaufmannssiedlungen gegründet, so Dorpat (heute Tallinn), welches vielleicht schon 1224 Stadt wird, und des deutschen Reval (1231/1270) wenig später. Kolonisiert wird mit deutschen, dänischen und schwedischen Siedlern. Nach einer Niederlage gegen die widerspenstigen Litauer 1236 geht der Schwertbrüderorden unter und seine Reste verlieren sich im Deutschen Orden.
Schon vorher, 1212, gelingt es dem kriegerischen Bischof Albert, den Fürsten von Polozk zu unterwerfen, der freien Handel deutscher Kaufleute auch auf der oberen Düna zulassen muss. Damit gelingt es dann in weiteren Expeditionen, bis nach Vitebsk und schließlich nach Smolensk vorzudringen, Drehscheibe des Binnenhandels mit dem Schwarzen Meer und bis nach Konstantinopel, nach Susdal (beim späteren Moskau) und Nowgorod.
Der Fürst von Smolensk schließt 1229 mit 18 Fernhändlern aus Riga, Visby, Lübeck, Soest, Münster, Dortmund, Gröningen und Bremen einen Handelsvertrag, "der vor
vielen Kaufleuten des Römischen Reiches in Riga geschrieben und durch das Siegel aller Kaufleute (...) bestätigt wurde." (Hanse, S.25) Es geht um gegenseitige Handelsfreiheiten und
mehr praktische Details. Die Deutschen bilden eine feste Niederlassung, kaufen Häuser und bauen eine Kirche. Aber nach wenigen Jahrzehnten werden sie von Russen verdrängt.
1225 vertreibt Lübeck im Bündnis mit holsteinischer Adelsopposition seine dänische Burgbesatzung und hilft dann bei der Erstürmung der Ratzeburg. Dann reist 1226 eine Gesandtschaft zu Kaiser Friedrich II. nach San Donnino in Italien, um dort die Reichsfreiheit verbrieft zu bekommen. Die Stadt erhält eigene Rechtsprechung und eigene Münze. Es gibt Zollbefreiungen und freies Geleit zwischen Hamburg und Mecklenburg.
Die Westküste Schonens ist schon früh durch ihren Heringsreichtum berühmt, der deutsche, dänische und slawische Kaufleute anzieht. Während der Zeit des Heringfangs findet jedes Jahr zwischen August und Oktober in Skanör auf der Halbinsel Falsterbo im damals dänischen südlichen Schonen eine Messe statt. Es geht aber auch um andere Waren und Rohstoffe. Dort finden sich früh Lübecker ein, und dann Kaufleute der neuen wendischen Städte Wismar, Rostock und Stralsund.
Fernhandel ist aber erst möglich, seitdem dort Lüneburger Salz für die Konservierung der Fische ankommt. Nach 1200 vergibt die dänische Krone an Kaufleute der Hansestädte, aber auch aus England und den Niederlanden Vitten, Konzessionen auf ein bestimmtes Stück Land auf den Wiesen der Halbinsel, auf der diese die für die Fischfangsaison notwendigen Gebäude errichten. Frühes Beispiel ist Lübeck 1201. Zu den vergebenen Privilegien gehört die interne Gerichtsbarkeit und das Gästerecht des Direkthandels zwischen auswärtigen Kaufleuten.
Diese Niederlassungen der Städte liegen zwar nebeneinander, aber sie handeln weitgehend unabhägig von einander.
Diese Konzessionen für die Vitten tragen erheblich zum dänischen Staatshaushalt bei und in der Nähe solcher Orte werden später Städte wie Ystad entstehen.
Die Größe der Vitten ist von Ort zu Ort unterschiedlich, wobei Lübeck und Danzig bald über die größten mit jeweils sechs bis zehn Hektar verfügen werden. Die Vitten unterstehen Älterleuten der jeweiligen Städte, die auch die Rechtsprechung innehaben. Die Kaufleute aus den Hansestädten sind in Schonenfahrer-Gilden ihrer Herkunftsstädte organisiert, die erheblichen Einfluss auf den Rat ihrer Stadt haben.
Die Korporation der Lübecker Schonenfahrer besteht wohl schon im 12. Jahrhundert. Die von Stralsund entsteht in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die engen Beziehungen zu Dänemark und die räumliche Nähe von Schonen.
Deutsche Händler und Arbeitskräfte landen mit Lüneburger Salz in Fässern. Dazu bringen sie Lebensmittel für sich selbst mit. Zimmerleute errichten dort Buden und Unterkünfte. Böttcher setzen die Fässer zusammen, deren Daubenholz aus Eiche bald aus dem Hinterland von Rostock und Wismar stammen wird, wo Dauben von Fachleuten produziert werden.
Fische werden wohl vorwiegend von Frauen ausgenommen, eingesalzen und dort hinein gepackt. Auch diese massenhafte Lohnarbeit muss vorher angeworben und nach Schonen transportiert werden.
Daneben tauchen hier auch Schneider, Kürschner, Schuhmacher und andere Handwerker auf. Dazu kommen noch Gastwirte, Köche, Bierschenken, Prostituierte, Zuhälter und Unterhaltungsgewerbe.
Mit der Lieferung von vor allem Lüneburger Salz nach Schonen und der Rückfahrt mit den eingesalzenen Heringen in Tonnen beginnt der norddeutsche Handel immer stärker von Luxuswaren zu Massengütern überzugehen. Damit auf das Engste verbunden ist der Aufstieg von Lübeck und des Hanseverbundes, die beide nicht mehr primär auf Luxuswaren basieren.
Nach 1250 nehmen auch Norweger, Engländer und Niederländer stärker an diesem Handel teil, die mit ihren Schiffen Jütland umfahren. Zugleich versuchen deutsche Kaufleute, sie wieder zu verdrängen.
Ein weiterer Eckpunkt des Hansehandels neben Brügge, Lübeck und Nowgorod wird nach 1200 das norwegische Bergen, zwischen 1217 und 1299 auch königliche Residenz. Hier entsteht in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine geschlossene Hansesiedlung. Sein wesentliches Exportgut wird heimischer Stockfisch, getrockneterKabeljau, der vor allem zwischen Januar und März von Bauern auf den Lofoten gefangen wird.
"Sie köpften den Fisch, nahmen ihn aus und hängten ihn schließlich, paarweise an den Schwanzflossen zusammengebunden, auf großen Holzgestellen zum Trocknen auf." Um genießbar zu werden, muss er dann mehrere Tage in kaltes Wasser gelegt werden. (Kümper, S.144)
Daneben werden Tran und Häute abgenommen. Importiert wird seit der Mitte des 13. Jahrhunderts Roggen aus Holstein, Lauenburg und Mecklenburg, und zwar in einem Umfang, dass Norwegen bald davon abhängig wird.
Ins 13. Jahrhundert hinein expandiert insbesondere Lübeck entlang der südlichen Ostseeküste mit deutschen Stadtgründungen. Die Siedler werden in der Regel von einem örtlichen Grundherren an dessen bereits befestigten Ort gerufen, den er als Stadtherr schützt, bis er durch einen Rat teil-entmachtet wird. Das deutsche Stadtrecht wird dabei vorläufig nicht auf den slawischen Bevölkerungsanteil übertragen. Noch 1257 versagt Herzog Boleslaw den Slawen in der deutschen Gründung Krakau das Bürgerrecht. (Dollinger, S.37) (siehe Genaueres zu Rostock, Wismar, Stralsund u.a. in: Stadt5)
Eine davon etwas losgelöste Geschichte nimmt die des Deutschen Ritterordens in Preußen ein.Der Piastenherzog Konrad I. von Masowien ruft sie zur Unterstützung des Kampfes gegen die "heidnischen" Pruzzen im Kulmer Land an. 1226 bekommen sie in der Goldbulle von Rimini alle Gebiete zugesichert, die sie als Heidemmissionare erobern würden.
1231 gründen sie Thorn, spätere Hansestadt, dann erreichen sie 1337 das Meer und gründen Elbing nach lübischem Recht. 1255 wird Königsberg zum ersten Mal gegründet und nach dem Pruzzenaufstand 1286 zum zweiten Mal. (siehe auch: Zeit der Entfaltung) 1309 wird Danzig dazu kommen.
Die Ordensritter fördern den Handel der neuen Städte, aber nicht deren Selbstverwaltung. Teile des Handels insbesondere mit Getreide behalten sich die Ritter vor, die sie an "Lieger" vergeben.
Nach dem Vertrag Heinrichs ("des Löwen") mit Knut Eriksson um 1175 (Abgabenfreiheit für Schweden in Lübeck) lassen sich nach der Zerstörung von Sigtuna 1187 immer mehr deutsche Kaufleute in Schweden nieder.
Norddeutsche Kaufmannsviertel entstehen in Kalmar, 1251/52 in Stockholm sind sie an der Stadtgründung beteiligt. Das gilt auch für andere schwedische Städte, die u.a. mit Hilfe von Deutschen überhaupt erst Stadtcharakter bekommen. Darüber hinaus strömen auch viele deutsche Handwerker in die neuen schwedischen Städte. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sind Bergleute aus dem Harz in den Kupferminen von Falun tätig. Räte sind manchmal paritätisch aus Deutschen und Schweden zusammengesetzt. Aber durch Förderung der Integration assimilieren sich die Deutschen dann im späten Mittelalter.
Deutsche Einwanderung gibt es auch in Dänemark. Zeitweilig sind Deutsche in Schleswig in der Überzahl.
Handelskapital
Im 11. Jahrhundert wird in ersten Beispielen aus dem Nebeneinander von grundherrlichem und "freiem" Handel ein Übergewicht des nunmehr "bürgerlichen" Handels, dessen sich insbesondere nun die Kirchen bedienen.
Pirenne gibt zwei Beispiele von Handelsunternehmern, die allerdings beide bereits eine Schicht von "freien" Kaufleuten voraussetzen. Das erste ist sehr legendär, es stammt aus dem 'Libellus de vita et miraculis S. Godrici, heremitate de Finchale':
"Er wurde geboren gegen Ende des 11. Jhs. von armen Bauersleuten in der Grafschaft Lincolnshire und sah sich offensichtlich gezwungen, dem Pachtgut seiner Eltern den Rücken zu kehren, um selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Wie so mancher Armer aller Zeiten lungerte er am Meer herum, auf der Lauer nach herangespültem Strandgut. Schiffbrüche waren damals häufig, und ein günstiger Zufall spielte ihm eines Tages einen Fund in die Hände, den er als improvisierter Hausierer an den Mann bringen konnte. Kaum hatte er so einiges Geld zusammengebracht, ergab sich ihm eine Gelegenheit, einer Gesellschaft von Kaufleuten beizutreten. Die Geschäfte blühten, und bald verfügte er über genügend Kapital, um zusammen mit seinen Gefährten ein Schiff zu chartern, mit dem man gemeinsam die Küsten von England, Flandern und Dänemark befuhr. Das kollektive Unternehmen gedieh nach Wunsch. Es befasste sich damit, Lebensmittel ins Ausland zu befördern, mit deren Absatz man rechnen durfte, um sich dort mit Waren einzudecken, die man dem Meistbietenden unter Wahrung einer denkbar günstigen Gewinnmarge verkaufte." (S. 49f)
Darauf wird später etwas genauer einzugehen sein. Hier nur soviel: Wir haben es mit jener frühen Form des Fernhändlers zu tun, der noch mit seinen Waren reist. Das zweite Beispiel stammt aus anderen Verhältnissen:
„Die Annalen der Bischöfe von Cambrai erzählen uns bis ins kleinste Detail die Geschichte eines gewissen Werimbold, der unter Bischof Burchard (1114 bis 1130) bei einem behäbigen Kaufmann in Dienst trat, dessen Tochter heiratete und die Handelsgeschäfte seines Schwiegervaters so förderte, dass er mit seinem Gelde innerhalb der Stadt zahlreiche Bauplätze an sich bringen konnte, darauf er einen 'Palast' errichten ließ. Ferner erwarb er den Zoll an einem der Stadttore und erbaute auf eigene Kosten eine Brücke, um zu guter letzt den Großteil seiner Güter der Kirche zu überlassen.“ (S. 52)
Für 1181 ist ein junger Mann dokumentiert, der, wie es in einer Urkunde heißt, lieber das Amt eines Krämers ausüben als den Acker bebauen wollte, und, wie er selbst bezeugte, aus Freude an städtischen Unternehmungen des Landlebens überdrüssig wurde und überlegte, sein Zinslehen auf dem Lande zu verkaufen. (in: Ennen, S.80).
Schon damals lockte die Stadt, auch mit ihrer zunehmenden Anzahl an Festtagen, an Geselligkeit und an Aufstiegsmöglichkeiten in gehobeneren Konsum.
Handelswaren
Man sollte nicht von einem feudalen, einem ritterlichen oder einem höfischen Zeitalter sprechen, sondern von einem der Universalisierung der Warenwelt. Praktisch alles kann inzwischen zur Ware werden und wird es oft auch: Grund und Boden, Gebäude, angeheuerte sexuelle Dienstleitung, militärische, solche als Dienstbote im Haushalt, sonstige Lohnarbeit, - auch der Mensch wird unübersehbar immer käuflicher. Die Kirche thematisiert, dass ihre Ämter gekauft werden, jede Form von Gnädigkeit auch der weltlichen hohen Herren wird erkauft. Ohne Geld geht fast nichts mehr und mit Geld immer mehr.
Kapitalismus ist nicht nur allgemeine, sondern entfesselte Gier nach toten Dingen, entfesselter Warenkonsum, und darüber hinaus wird menschliches Vermögen wie eine Ware konsumiert. Neben den Herren beginnen auch große unteradelige Kapitaleigner mit Zurschaustellung ihres Reichtums zu prunken und zu protzen.
So verlangt ein König in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts als servitium regis vom der Abtei Remiremont, wenn er für sie zu Gericht sitzt, 12 Pfund Pfeffer zum Beispiel als Luxusgut für sich und seinen Hof. Dem Kölner Dienstrecht lässt sich entnehmen, dass der Erzbischof zu Ostern an dreißig ausgewählte Ministeriale "kostbar gefütterte und gefärbte Mäntel und Pelzröcke, deren Wert auf 6 Mark Silber taxiert wurde und somit die Jahreseinkünfte etlicher Kölner Ritter deutlich überstieg" verteilt. (J.Keupp in: Staufer und Italien, S.280). Wenn Grafen mit ihren Mannen zu Hoftagen erscheinen, achten sie auf deren möglichst seidene Bekleidung. Gislebert von Mons berichtet vom Hennegauer Grafen Balduin V., dass er 1184 mit einer großen und köstlichen Ausrüstung, vielen silbernen Geräten und allem, was man bedarf, sowie einer würdig geschmückten Dienerschaft beim Kaiser ankam.
Wo sogar die Dienstboten der Herren dekoriert werden, stehen immer mehr Bürgersleute wenigstens für sich selbst und wenigstens für Festtagskleidung nicht mehr nach: Zur Schau getragener Warenkonsum wird für sie, die regulär sich nicht durch Gewalttätigkeit auszeichnen dürfen, neben wirtschaftlicher Macht das einzige Status anzeigende Markenzeichen. Im späten Mittelalter wird ihre Marktmacht dann die der Herrenmenschen weit übertreffen.
****Handel mit Massengütern****
Die Zahl der Luxusgüter für die wohlhabenderen Kreise der Herrenschicht steigt mit deren Kaufkraft, aber ihr Anteil am gesamten Handelsvolumen sinkt. Anteilig nimmt im 12. Jahrhundert die Zahl der Massengüter zu, die auch den Charakter der Handelswelt verändert.
Schon früh wird der Konservierungsstoff Salz zu einem Massengut. Lübecker Kaufleute bringen vorwiegend Lüneburger Salz nach Schonen im Südwesten Schwedens. Dort wird es in großen Mengen zur Konservierung von in der Nähe gefangenen Heringen verwandt, die Lübecker Händler dann als Rückfracht wieder nach Lübeck bringen, von wo sie weiter verkauft werden.
Mit der Vermehrung und dem Wachstum der Städte wird Getreide, das Grundnahrungsmittel für Brei, Brot und Bier, immer mehr zu zu einem Massengut. Ostengland und nördliche deutsche Lande versorgen nun die wachsenden flämischen Städte mit Getreide.
Indem nun die Tendenz ganzer Regionen beginnt, lukrativere Faser- und Färberpflanzen für die Textilproduktion anzubauen, wird Getreide-Import nötig. Wenn dann der Süden Westfranziens beginnt, immer größere Flächen in Weinbau-Monokulturen zu verwandeln, muss das Getreide aus England oder Nordfranzien herangeschafft werden.
Ein Ergebnis wird die massive Verteuerung der Grundnahrungsmittel, die besonders England trifft, aber auch in deutlich geringerem Umfang den Kontinent. (N.Fryde in: Stromer/Fees, S.72)
Ein drittes Beispiel für Massenware ist Rheinwein, den Kölner Händler in London auf den Markt bringen, und dafür massenhaft Wolle kaufen, die sie in Flandern veräußern, wo sie zunehmend massenhaft zu Tuchen verarbeitet wird, die nicht nur Kölner Händler dann auf die Märkte bringen.
Teile dieses Handels in Massenwaren erfolgen ein wenig schubweise (Heringsaufkommen, Getreideernte, Schafschur), aber eben zunehmend kontinuierlich. Sind Händler erst einmal etabliert wie die Kölner in London und die Lübecker auf Schonen und bald auch auf Gotland, können sie sich dauerhafter in einen solchen etwas rhythmisierten Markt einbringen. Das Geschäft erhält mehr Konstanz.
Klar, dass der Handel mit Massenwaren die Monetarisierung des lateinischen Abendlandes beschleunigt.
Geld und Finanzkapital
Einen neuen Schub der Silberförderung des hohen Mittelalters im Kaiserreich bringen ab 1168 die Fundstätten im Erzgebirge bei Freiberg und nach 1220 die von Iglau auf der Grenze zwischen Böhmen und Mähren.
Manchmal sind die Fundstätten dann bereits nach einigen Generationen ausgeplündert. Dennoch bleibt die Nachfrage nach gemünztem Geld vorläufig höher als das Angebot und die Differenz muss über Kredite geschlossen werden.
Unter Friedrich Barbarossa kommt es zu einer Wiederbelebung und Erweiterung des königlichen Münzwesens in deutschen Landen. Beendet wird diese Entwicklung mit Friedrichs II. Privilegien an die (deutschen) Fürsten 1220/1232, die versprechen, auf dem Gebiet der Landesfürsten keine königlichen Münzen mehr einzurichten. Immerhin hat sich seit 919 inzwischen die Zahl der Münzstätten etwa vervierfacht. Solche Münzen gelten dann durch Währungszwang nur noch vor Ort, was das Geldwechseln zu einem lukrativen Geschäft macht und eine Art indirekte Besteuerung fremder Kaufleute darstellt.
Daneben greift die Praxis um sich, zu jedem neuen Jahrmarkt die lokale/regionale Münze zu verrufen, was dann zusätzlich auch den einheimischen Handel indirekt besteuert. Gelegentlich wird dabei der Gehalt der Pfennige bis zu einem Viertel herabgesetzt, was eine 25-prozentige Art von Vermögenssteuer bedeuten kann (B.Kluge in: Staufer und Italien, S. 405)
Der Kölner Pfennig bleibt in seinem Gehalt dagegen eher halbwegs stabil, weswegen man ihn gerne als Umrechengröße verwendet. Man kann vermuten, dass solche Praktiken dem Geldumlauf dienen, da sie Horten bzw. Schatzbildung durch Entwertung verhindern. Im übrigen besagt die Menge an Münzen auch etwas über die Zahl bedeutender Märkte aus, ohne die keine Münzstätte sinnvoll wäre.
Mit dem rapide zunehmenden Handel wirkt sich die Regionalisierung der Münzen aber eher als Behinderung aus. Unter Barbarossa beginnt darum der Siegeszug der königlichen Münze von Schwäbisch-Hall (des Hellers), der es im 13. Jahrhundert deshalb, weil er nicht verrufen wird und wertbeständig bleibt, gelingt, überregionale Anerkennung zu finden und den Währungszwang zu unterlaufen. Solche überregionale Münzen schaffen es dann im 13. Jahrhundert, die vielen kleinen zu verdrängen.
Die Pfennige verlieren überall in Europa an Gewicht, manchmal gehen sie auf die Hälfte zurück. "Damit einher ging die Ablösung des Pfunds als Grundgewicht der Münzprägung durch die Mark, ein Gewichtsmaß, welches bei großen regionalen Schwankungen 186 bis 280 g wog." (Ertl, S.138) Die wichtige Kölner Mark wiegt 234 g.
Nach dem Tod Heinrichs I. 1135 bricht in England das königliche Münzsystem zusammen, bis dann Heinrich II. 1158 einen neuen einheitlichen Münztyp einführt, der bis 1180 stabil, das heißt unverändert bleibt. 1180 führt derselbe König den Sterling-Pfennig (das Pfund Sterling) mit einem höheren Silbergewicht ein, der wiederum bis 1247 stabil bleibt und dann bis 1279 durch den Long-Cross-Sterling abgelöst wird.
Ganz anders sieht es mit der extremen Zersplitterung des Geldes in Westfranzien aus. Wichtige Pfennige wie die von Chartres oder dem Messeort Provins gewinnen dadurch überregionale Bedeutung, dass sie für längere Zeit nicht verrufen werden können, auch wenn der Währungszwang weiterbesteht. Damit ist Vorratshaltung mit Münzen über einen gewissen Zeitraum von mehreren Jahren möglich. Anstelle der Verrufung setzt dann allerdings auch in solchen Fällen die Abwertung durch geringeren Silbergehalt ein.
Nach 1200 beginnen die französischen Könige damit, mit dem Denier tournois die regionalen Pfennige zu verdrängen. Immerhin gelten die königlichen Münzen seit 1262 im ganzen Land, die der übrigen nur noch in ihrem Gebiet. Aber 1315 gibt es außer dem König noch 30 weitere Münzherren, deren Zahl dann allerdings weiter abnimmt.
Um bei zunehmender Wertverringerung nicht zuviele Münzen transportieren zu müssen, setzt in Norditalien (Genua, Pisa) um 1170/80 die Groschenproduktion (grossus denarius) ein, ein unterschiedlich vergrößerter (Silber)Pfennig. In dieser Zeit erfindet Venedig für seinen Handel den Matapan, eine Silbermünze mit dem zwölffachen Wert des alten Denars, der den Zählwert des karolingischen Solidus in Münzform ablöste. Die Werterhöhung verleiht ihm auch den Beinamen grossus, mit dem es dann als Groschen in die deutsche Sprache eingehen wird.
Die nord- und dann auch mittelitalienischen Grossi haben bei hohem Silbergehalt lokal unterschiedlichen Pfennigwert. Über Norditalien hinausgehende Bedeutung erreicht dann im Zuge des vierten Kreuzuges der venezianische Matapan, der unter anderem das oströmische Reich mitbedient. Ein ähnlicher Groschen wird der Tiroler Kreuzer, der Doppelsterling der Niederlande und der Prager Groschen.
Nord- und Mittelitalien folgen, und dann Schwäbisch-Hall mit dem Heller und England mit dem Sterling. Philipp II. August schafft einen nicht zu verrufenden denier tournois (von Tours). 1266 wird auf Initiative von König Ludwig IX. neben dem Pariser Groschen der grossus denarius turonensis eingeführt, und der von Tours wird sich über große Teile der deutschen Lande ausbreiten.
Das normannische Münzsystem war an das byzantinische dreiteilige angelehnt gewesen, und die normannischen Herrscher prägen seit 1156 mit dem schon bekannten Tari eine eigene Goldmünze. Das wird unter den Staufern durch das Pfennigsystem ersetzt, welches Friedrich II. dann bis zum ganz minimalen Silbergehalt entwertet.
Der enorm zugenommene Handel drückt sich aber nicht nur in höherwertigen Silbermünzen aus, sondern auch in der Wiederkunft von Goldgeld. 1231 führt der Staufer Friedrich II. die goldenen Augustalen ein, die bis 1266 hergestellt werden. 1252 schließen sich Florenz (Fiorini d'oro) und Genua an, 1284 folgen die venezianischen Dukaten, auch Zecchine genannt nach der zecca dort, dem Münzamt. Venedig wirkt schon zuvor als Drehscheibe für westafrikanisches Gold. Mit Pfennig, Groschen und Florinen/Dukaten ist damit wieder ein dreiteiliges Münzsystem entstanden.
Der Florin wird nördlich der Alpen oft nachgeahmt, wie im ungarischen Goldgulden oder dem florenus Rheni der rheinischen Kurfürsten. In Frankreich entsteht der Écu d'or und in England der Noble.
Seit dem 11. Jahrhundert gelingt es christlichen Fürsten auf der iberischen Halbinsel im Zuge des Zurückdrängens islamischer Herrschaft von dort als Beute und Tribute an Gold zu gelangen. Damit werden in Katalonien (Barcelona) bereits Goldmünzen geprägt. Nach dem Vorbild seiner muslimischen Vorgänger beginnt Alfonso VIII 1175 mit der Prägung von Goldmünzen, die arabische Aufschrift haben und den König als Emir der Katholischen bezeichnen. Aus diesen morabetines werden später die kastilischen maravedí. Das Gold stammt zum guten Teil aus dem Sudan, von wo es durch den Handel über Sizilien, das Languedoc und die Balearen zum Beispiel auf die iberische Halbinsel gelangt, oder aus dem westlichen Afrika mit der Zwischenstation Almería. Später wird der dobló die Maravedí ablösen, um Ende des 15, Jahrhunderts dann durch Dukaten nach venezianischem Vorbild ersetzt zu werden.
Mitte des 13. Jahrhunderts lassen die aragonesischen Könige Goldflorinen nach Florentiner Muster herstellen. Aber wie in anderen Teilen Europas operieren auch spanische Herrscher mit dem Mittel der Geldverschlechterung durch Münzverrufung. 1202 setzt ein Cortes in León durch, dass gegen eine hohe Zahlung an den König dieser zugesteht, die Münze nur noch alle sieben Jahre zu verändern, wobei der diese Abgabe dann zu einer regulären machen kann, und 1328 wird die Anerkennung des französisch-stämmigen Philipp von Navarra davon abhängig gemacht, dass er die navarresische Münze nur einmal in seiner Lebenszeit verrufen darf.
Finanzkapital kann aus der Kapitalisierung von Einkünften aus Großgrundbesitz entstehen, wird aber wesentlich häufiger im Handel konzentriert und zudem über die Geschäfte von Wechslern, aus denen manchmal später Bankiers werden. Das Geldwechseln ist deswegen so wichtig, weil Könige und andere Fürsten versuchen, die eigene Währung als einzige in ihren Reichen durchzusetzen. Das gelingt dem Königreich England relativ früh, Frankreich relativ spät und in deutschen Landen wie auf der italienischen Halbinsel gar nicht. Für Spanien gilt, dass die großen christlichen Königreiche das im 12. Jahrhundert bereits erreichen. Nur in Katalonien münzen die Grafen von Empuriés, Besalú und Urgell bis in die frühe Neuzeit weiter unabhängig von der Krone, ebenso wie die Bischöfe von Vich und Gerona.
Katalonien bleibt darum weiter ein besonders Dorado der Geldwechsler (canviadors). Ihre Bedeutung wird durch Regulierung ihrer zunehmenden Kreditgeschäfte durch Könige und Cortes in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts unterstrichen, die beiden Seiten Sicherheiten gewähren soll, die oft aus immobilem Eigentum besteht.
In deutschen Landen betreiben oft Münzerhausgenossenschaften das Wechslergeschäft,die insbesondere "in den rheinischen Bischofsstädten von Basel bis Köln, aber auch in Goslar, Erfurt, Augsburg, Regensburg oder Wien nachzuweisen sind, auch Wechslerinnen in ihren Reihen zählten und privilegierte Münzprägung mit dem kaufmännisch-korporativ organisierten Geldwechsel verbanden." (Dirlmeier, S.50)
Der Übergang vom Geldwechsler zum Bankier findet früh in Genua und in der Toskana statt. Im 12. Jahrhundert gibt es dann Konten, in die man zunächst Geld einzahlen und dann von einem Konto zu einem anderen derselben Bank überweisen kann. Ende des Jahrhunderts ist zumindest für Genua belegt, dass man Geld auch vom Konto einer Bank zu dem einer anderen überweisen kann. Das geschieht dadurch, dass Bankiers selbst Konten auf anderen Banken einrichten.
Inzwischen sind Italiener, nun auch aus Piacenza, führend in Finanzgeschäften. Römische Bankiers versorgen schon die Reform-Päpste mit Krediten. Solche muss auch der höhere Klerus bei Amtsantritt an Rom leisten, wofür man zunehmend römische Geldleiher in Anspruch nimmt. Um 1210 werden sie dafür von Senesen abgelöst, und diese wiederum um1260 von Florentinern, die nun viele andere italienische Bankhäuser verdrängen. Einen erheblichen Schub erhalten die Finanzgeschäfte italienischer Handelsfirmen also durch die Übertragung des Eintreibens und Transferierens kirchlicher Abgaben auf sie, und zwar auch aus entfernteren Gebieten. Die Kredite werden dann auf Champagne-Messen fällig.
Mit dem Beginn des 13. Jahrhunderts fangen Bankiers an, den Mittelmeerraum und Mitteleuropa westlich des Rheins mit Filialen ihrer Banken zu überziehen. Bald werden sie reich werden mit der Transferierung päpstlicher Gelder erst nach Rom und später nach Avignon.
***Kredit***
Während Händler ursprünglich größere Mengen an Geld oder Gold- bzw. Silberbarren mit sich führten, laufen im "hohen Mittelalter" Teile des Handels „bargeldlos“ bzw. über Kreditbriefe und ähnliches, die den Geldumlauf „auf dem Papier“ zumindest vorübergehend vermehren. Pirenne schreibt dazu: „Man darf nicht erwarten, dass Händler, die Hunderte von Wollballen in England kauften, diese schon bezahlten, bevor sie das damit fabrizierte Tuch verkaufen konnten.“ (S.123) Tatsächlich finden immer mehr Geschäfte ohne den unmittelbaren Austausch von Münzgeld statt, aber irgendwann muss es natürlich in Form eines Geldtransportes überwiesen werden. Geld ist Edelmetall und damals darum noch wirklicher und nicht bloß ideeller Gegenwert, Zählwert der Waren.
Ein wesentlicher Aspekt des Kredits im Mittelalter ist der tendenziell und periodisch zunehmende Mangel an geprägtem Geld. Kredit erscheint darum schon bald als verzögerte Bezahlung in Naturalien. Ab dem 13. Jahrhundert werden Bergener Fischer im Sommer "Mehl und andere hansische Waren auf Kredit (erhalten) und verpflichteten sich im Gegenzug ihrem Bergenfahrer gegenüber schriftlich, zur nächstjährigen Marktzeit ein bestimmtes Quantum an Stockfisch zu liefern." (Hanse, S.105)
Schon im 12. Jahrhundert verpfänden andererseits Hansekaufleute Immobilie(n), um so an Handelskapital zu kommen, wobei die Realisierung des Kapitals auf dem Markt das Haus oder Land zurückgewinnt.
Immerhin ist der Wechsel für räuberische Überfälle auf Handelskarawanen auch weniger attraktiv als Edelmetall, ist er doch zunächst auf bestimmte Personen ausgestellt, die sich zunehmend auch kennen.
"Man konnte einem Wechsler an einem Ort eine Summe in der lokalen Währung übergeben und diese Summe dann an anderem Ort in der dortigen lokalen Währung wieder entgegennehmen. (...) voll ausgebildet begegnet ein Wechselkontrakt von Genua auf die Messe von Lagny 1192." (Gilomen, S.92) Andere Wechsel kommen nun auch ohne Ortswechsel auf, um das Kreit- und Zinsverbot zu umgehen. Ende des 12. Jahrhunderts gibt es in Genua auch eine Art von Überweisung von einer frühen Vorform von Bank zu einer anderen in der Stadt.
Grundsätzlich lässt sich nicht nur sagen, dass das mittelalterliche Wirtschaftsleben "vom Kreditprinzip durchdrungen" ist (Kuske), sondern dass der Kredit (bis heute) mit das Wesen des Kapitalismus ausmacht. "Auf Kredit kauften Bauern und Städter bei den Krämern, die wiederum bei den Großhändlern; auf Kredit besorgten sich Handwerker ihre Rohstoffe, Krämer oder Händler die handwerklichen Fertigwaren, und sie verteilten sie - wiederum gegen Kredit - an ihre Geschäftspartner auf den Märkten mit Zahlungszielen bis zum nächsten Markttermin. Dieser Baratthandel, der Kauf auf wechselseitige Abrechnung, brauchte weder pfandrechtliche Absicherung, brauchte weder den Wucherer, den Pletsch, oder den Bankier und Finanzier, aber er benötigte auf allen Stufen das Geld zum Ausgleich." (Dirlmeier, S.49)
Für die ersten Kreuzzüge erlaubt die Kirche halbwegs verdeckte Kredit-Geschäfte zur Finanzierung der Kreuzfahrer. Nachdem die Kirche das dann doch verbietet, wird die Verpfändung durch einen zeitlich befristeten Verkauf mit Rückkaufsrecht des Verkäufers (Schuldners) abgedeckt.
Zu solchen Möglichkeiten in Zeiten eines sich entfaltenden Lehnswesens gehört dann auch der Rentenkauf und ähnliches. Rentenkauf tritt in Frankreich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Erscheinung. "Dabei erwirkte der 'Käufer' durch seine Kaufsumme, durch sein grundpfandrechtlich abgesichertes capitale oder hauptgut, vom Rentenschuldner eine meist jährlich zu leistende Zahlung." (Dirlmeier, S.49)
Die meisten Kredite im 12. Jahrhundert werden von Städtern und Pachtbauern auf dem stadtnahen Lande aufgenommen, und sie werden nun immer häufiger. Dabei sind die Zinssätze noch um 1200 sehr hoch, für Venedig, Genua und Florenz werden Jahressätze um 20% erwähnt, die dann im Laufe des 13. Jahrhundert auf 10% und weniger sinken (Fuhrmann). Mit ihnen verdient die Masse der jüdischen Kreditgeber ihr Geld.
Das meiste Geld aber geht in eine geringe Zahl großer Kredite für die hohen geistlichen und weltlichen Herren, deren Geldbedarf häufig ihre regulären Einkommen übersteigt. Der christliche William Cade soll wenigstens 5000 Pfund an hohe englische Herrn verliehen haben. Seinem reichsten Nachfolger, dem Juden Aaron von Lincoln, wurden bei seinem Tode 1186 knapp 19 000 Pfund geschuldet, "nicht viel weniger als das jährliche Einkommen der Krone." (Carpenter, S.41f)
In diese Richtung gehen auch die nicht wenigen Kredite, um Lösegelder aufzubringen, wobei das für Richard Löwenherz wohl das mit Abstand größte seiner Zeit ist. Aber für Ferrand von Portugal, den der französische König neben vielen anderen in der Schlacht von Bouvines gefangennimmt, muss seine Gemahlin Johanna, die Gräfin von Flandern, immerhin einen Kredit von 30 000 Mark aufbringen, die mit 18% Jahreszinsen belastet sind.
Schließlich sei noch daran erinnert, dass Kriege immer mehr kreditfinanziert werden, nicht zuletzt da zumindest Teile des Heeres inzwischen aus Söldnern bestehen. Nicht alle Ausgaben können eben durch die um 1200 zunehmenden Abgaben der Untertanen bezahlt werden.
Zu den Juden und diese manchmal ersetzend treten dann im hohen Mittelalter die Kawertschen (aus Cahors) und im 13. Jahrhundert überall "Lombarden" auf. Kaum ein Bischof, der sich nicht ihrer bedient, mag es auch der reinen Lehre widersprechen.
Die Verstetigung des Fernhandels führt zu Handelsniederlassungen in den Anbieter- und Abnehmerländern, wie zum Beispiel im Zuge der Kreuzzüge entlang der Levanteküsten und beim Aufstieg der Mittelmeerflotten christlicher italienischer Städte auch an der nordafrikanischen Küste. Durch den Transfer von Kredit können überall vor Ort Agenten mit Geschäften beauftragten werden, und wo der Umfang solcher Geschäfte zunimmt, werden sie durch veritable Zweigstellen ersetzt. Nützlich wird dabei der Wechselbrief, mit dem in der Währung des Anbieters eingezahlt und in der Währung des Käufers ausgezahlt wird. Dahinter ließ sich dann leicht der „Zins“ bzw. „Wucher“ verstecken.
In das zunehmende Wirtschaften mit Krediten, also mit stiller Geldvermehrung, lässt sich auch das langsam aufkommende Verlagssystem einreihen (Stromer). Dazu kommt, dass sich Herrscher und Heerführer zunehmend über Kredite finanzieren.
Das aufstrebende Finanzkapital kommt verständlicherweise vor allem aus den Reihen der Wechsler, Gold- und Silberschmiede, Münzer und Zöllner. Eine Art Hochfinanz bildet sich dann vor allem in Nord- und Mittelitalien aus. Bekannt sind aber wenigstens Einzelfälle von nördlich der Alpen.
***Der Sonderfall der Juden***
Der Beitrag der jüdischen Minderheit zur Entwicklung des Kapitalismus konzentriert sich auf Handel und Finanzkapital und ist in den Anfängen nicht unwesentlich, nimmt aber in dem Maße an Bedeutung ab, in dem christliche Kreise ihre Tätigkeiten übernehmen. Dabei konzentriert er sich zunehmend auf das Bereitstellen von Krediten sowohl an die Machthaber wie an bürgerliche und dann auch bäuerliche Kreise. Von den Machtstrukturen ausgeschlossen und sich selbst abschließend führen sie ein Eigenleben jenseits der Entwicklung der allgemeinen Lebensformen, von denen sie aber einiges übernehmen.
Kurz zur Einnerung: Die Juden sind kein Volk im Sinne von ethnos oder natio, sondern eine weit zerstreute Religionsgemeinschaft, die ihren Volksbegriff auf die Religion bezieht. Zumindest die Oberschicht des nördlich des Kaukasus ansässigen Turkvolkes der Chasaren war einst jüdisch, so wie es zeitweilig ein jüdisches Reich im Jemen gab und zahlreiche Juden unter den Äthiopiern. Entstanden wohl in Palästina als Herrschaftsinstrument für die dortigen Häuptlinge, hat es sich durch Eroberung wie durch friedliche Mission insbesondere wohl durch Fernhändler verbreitet.
Von Bedeutung ist allerdings, dass der zeitweilige Abschluss der Juden von ihrer Umgebung und die daraus resultierende ausschließliche Heirat untereinander sie genetisch von dieser absondert.
Schon lange vor dem Fall des Tempels als zentralem Kultort hatte das Judentum sich über weite Teile der Stadtlandschaft des römischen Imperiums verbreitet, wo Teile jüdischer Gemeinden zum Ausgangspunkt für christliche Gemeinden werden. Mit dem Ende des weströmischen Imperiums verbleiben Juden im Mittelmeerraum, wo sie in der Spätzeit des Visigotenreiches verfolgt werden, um dann unter dem Islam eine gewisse Duldung zu erfahren, darüber hinaus gibt es sie weiter in Südgallien, Italien und im Reich von Byzanz, wo sie auch Landwirtschaft und Handwerk betreiben.
In deutsche Lande gelangen sie erst im frühen Mittelalter (9./10.Jahrhundert), und zwar in die Bischofsstädte, und mit Wilhelm "dem Eroberer" gelangen sie dann auch nach England. Auf deutschem wie englischem Gebiet siedeln sie sich fast ausschließlich in Städten an, wo sie neben Handel vor allem Geldgeschäfte betreiben.
Wo immer sich Juden niederlassen, bleiben sie aus eigenem Antrieb Fremdkörper in einer sie umgebenden "christlichen" Welt. Das hat viele Ursachen. Zwar werden sie de facto in den Städten heimisch und verlassen sie auch nur durch Vertreibung, Mord und Totschlag. Im lateinischen Abendland übernehmen sie auch im Alltag und auf die Dauer die jeweiligen Sprachen ihrer Umgebung. Aber dabei entwickeln sie die legendäre Vorstellung von der zweiten Vertreibung nach dem gescheiterten Aufstand gegen die römische Herrschaft und der Zerstörung des Tempels. Tatsächlich war mit dem verlorenen Tempel ihr zentraler Kultort verloren, aber schon vorher lebte ein Großteil von ihnen außerhalb seiner Reichweite und bildete ein vom Tempelkult verschiedenes Gemeindewesen aus. Die Vorstellung von einer Verbannung (Galuth) ersetzte diesen und sorgte für eine gewisse Gemeinsamkeit. Zwar nahm wohl niemand das praktisch ernst, aber dieser Gedanke an das gemeinsame (und verlorene) Zentrum Erez Jisroel hielt sie zusammen und trennte sie von den Christen ab, die in Jerusalem andere Heiligtümer erfanden. Erst im Gefolge des ersten Kreuzzuges beginnen sie, selbst auch nach Jerusalem zu pilgern.
Fremdkörper sind Juden im lateinischen Mittelalter aber auch sehr lange, weil sie für ihre von einer unterschiedlichen Religion geprägten Lebensform eigene Einrichtungen hatten: Das Gebetshaus, griechisch Synagoge, der eigene Friedhof, das Ritualband (Mikwe), später manchmal auch ein Warmbad, eigenen Brunnen und Backofen in der Stadt, den Platz für das im Orient übliche "koschere" Schlachten, das eigene Armenhaus, wo möglich, und ein eigenes Versammlungshaus (Spielhaus) unter anderem auch zum Tanz untereinander.
Deshalb ist es für sie naheliegend, auch schon zusammen zu wohnen, wo sie noch nicht dazu gezwungen werden, wie das für das mittelalterliche Trier rekonstruierbar ist (siehe Anton/Haverkamp, S.483). Hier wie in anderen Bischofsstädten hausen sie am Hauptmarkt, auf dessen anderer Seite der Dombezirk beginnt, also der direkte Machtbereich ihres Schutzherrn.
Dazu kommt die selbständige Einsammlung der Abgaben, die freie Wahl ihrer religiösen Unterweiser und Vorbeter, und die autonome Regulierung aller inneren Angelegenheiten bis hin zu eigener Gerichtsbarkeit.
Zu dem Komplex der Judenverfolgung gehört nicht nur das christliche Unheilspotential, sondern ganz zentral auch eine gewisse Arroganz gegenüber den Christen, da ihnen verheißen worden war, Gottes "auserwähltes Volk" zu sein. Sie entwickeln wohl auch darum eine größere Resistenz gegenüber das Mittelalter durchziehenden Anfeindungen und Verfolgungen durch "Ungläubige" als evangelische Christen dort, wo sie in der Minderheit sind. Dies gehobene Selbstwertgefühl wird auch dadurch gesteigert, dass die Juden nicht nur die erste "göttlich geoffenbarte" Schriftreligion waren, sondern ihre in der Torah und dem Talmud zusammengefassten heiligen Texte zur Lektüre und zum Auslegungs-Diskurs anboten, während die Christenheit weithin von ihren heiligen Schriften ferngehalten waren, und dies nicht nur wegen Illiteratheit, sondern auch, weil die Kenntnis der Evangelien von kirchlicher Seite her unerwünscht war und den Ketzerverdacht beförderte.
Juden wurden punktuell bei den späten Visigoten und im nachantiken Byzanz verfolgt, sind aber bis ins frühe Mittelalter überwiegend ein unangefochtener Sonder-Teil der christlichen Welt. Während sie oft auch dazu tendieren, in den Städten nahe beieinander zu siedeln, besteht doch keine Verpflichtung dazu und nicht selten wohnen sie Seite an Seite mit "Christen", und das eben auch meist im gegenseitigen Frieden. Während dann im 11. Jahrhundert punktuell wie in Granada oder Bari blutige Verfolgungen stattfinden, werden sie zugleich zunehmend ausdrücklich von den Machthabern der Städte, den Fürsten und Königen privilegiert, also unter ihren ausdrücklichen Schutz gestellt.
Ein wichtiger Grund ist, dass sie als Händler und Finanziers erheblich Bedeutung haben, und sie dadurch recht erheblich zu den Einkommen der Herren durch Abgaben beitragen. Darüber hinaus wird dann zunehmend eine recht umfangreiche Sonderabgabe für ihren Schutz verlangt.
Es ist sicher kein Zufall, dass die Einwurzelung von Ansätzen von Kapitalismus und die damit einhergehenden Veränderungen hin zu einer komplizierteren Welt einhergehen mit aufkommendem Hass auf Juden, die daran zunächst überproportionalen Anteil haben. Dabei fällt es bis zu dem Pogromen des ersten Kreuzzuges schwer, die religiöse Komponente von der wirtschaftlichen sauber zu trennen. Judenvernichtung kann zwar zugleich zum Beispiel Aufhebung der Schulden bedeuten, aber sie wird immer religiös verbrämt. Dahinter kann auch Neid auf wirtschaftlichen oder sonstigen Erfolg stecken, der sich hinter der Parole von den Jesusmördern versteckt.
Judentum, Islam und Christentum sind sehr lange davon geprägt worden, dass es verboten ist, Zinsen von Mitgliedern der eigenen Religion zu nehmen, weshalb bei allen dreien ein Kreditwesen über weniger verdächtige Umwege nur möglich ist. Es ist Ausdruck der Überzeugung von der Minderwertigkeit der anderen, dass ihnen jeweils ein solches Finanzwesen erlaubt wird. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, das "christliche" Norditaliener ("Lombarden"), Leute aus Cahors ("Kawertschen") und von anderswo offen Zinsen nehmen.
Der Glaube an den einen Gott und seine Verordnungen trägt bereits überall dort, wo er über das verordnete Maß hinausgeht, wahnhafte Züge, ist seine Existenz doch nicht verifizierbar. Kollektiver Wahnsinn wird er auf dem Weg ins hohe Mittelalter dort, wo größere Menschenmassen, selbst in abstrusen religiösen Konstruktionen befangen, auf imaginierte Feinde losgehen, um ein bipolares Weltbild (hier gut, da böse) zu verfestigen. Das Wahnhafte daran äußert sich in dem Versuch, durch missglückenden Vernunftgebrauch Argumente zu finden.
So wie der Geschlechtstrieb es fördert, den Verstand zu verlieren, so fördert einmal zivilisierte Untertänigkeit den Verlust von wirklichkeitsnaher Urteilsfähigkeit, und dazu kommen die frühkapitalistischen Strukturen mit einer nach und nach alles durchdringenden Neuartigkeit.
Deshalb sind die Judenverfolgungen mit ihrer teils bestialischen Grausamkeit auch Sache der Untertanen, während die Herren sie bis durch das hohe Mittelalter zu schützen versuchen. Die Herren werden dem im wesentlichen erst im späten Mittelalter nachgeben, als sie Juden nicht mehr als Händler und Finanziers brauchen, da Christen längst diese Funktionen hinreichend eingenommen haben. Die hohen Herren werden dann aber nicht Pogrome betreiben, sondern die Juden aus ihren Herrschaftsräumen vertreiben, was auf die Dauer dazu führen wird, dass sie sich in Teilen Osteuropas konzentrieren.
Das Konstruieren von Vernunftgründen für die blutigen Überfälle auf Juden durch Menschenmassen kulminiert in solchen Behauptungen wie dass sie christliche Kinder in Ritualmorden töten oder "Frevel" an den Hostien begehen. Mit dem Kapitalismus setzt eine Entwicklung von Verwissenschaftlichung ein, die bis heute nur in die Rationalität des Kapitals und die der (politischen) Machtentfaltung eingegangen ist, während die Masse der Untertanen daraus nur die Vorstellung entnimmt, dass man auch dort argumentieren könne, wo es an Kenntnissen und empirischer Wahrnehmung fehlt. Darum wird auch kaum nach wirklicher Partizipation an der Macht gestrebt, die von numinoser Unheimlichkeit bleibt, sondern danach, über die herzufallen, die man meint durch Masse kleinkriegen zu können. Das zieht sich durch die Zeiten über die Hexenverfolgungen, die Wahnhaftigkeit des Jakobinismus, die Spielarten des sogenannten "Kommunismus" bis in die Wahnvorstellungen, die heute in den sogenannten (a)sozialen elekronischen Medien verbreitet werden.
Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert gehen immer mehr jüdische Kapitaleigner vom Handel und seiner christlichen Konkurrenz zum reinen Geldgeschäft über. Danach werden sie dann überwiegend von christlichen Kreditgebern aus den ganz großen Finanzen verdrängt und sind tendenziell - von Ausnahmen abgesehen - auf kleinere Kredite angewiesen. Damit, und weil die hohen Herren deshalb auch immer weniger Abgaben aus ihnen herauspressen können, fallen sie drastischeren Verfolgungen zum Opfer. In Trier haben sie eine relativ sichere Zeit vom ersten Pogrom von 1096 bis zum zweiten von 1349. Da bricht dann in deutschen Landen fast flächendeckende Verfolgung über sie herein, bei der oft fast die ganze Bevölkerung ermordet wiord. In Trier sind das etwa 300 Menschen.
Danach bleibt ihre Situation überall bedrohlich. In Trier werden sie 1418 vom Erzbischof selbst vertrieben, und Vertreibung wird vielerorts ihr Schicksal wie in vielen Ländern des lateinischen Europas.
Messen
Die Messen des hohen Mittelalters beschreiben die Blütezeit und das Ende der mit ihren Waren mitreisenden Kaufleute. Während die üblichen städtischen Märkte, ob wöchentlich und manchmal irgendwann täglich, vorwiegend den Bedarf von Konsumenten vor Ort befriedigen, sind Messen Treffpunkte für Fernhändler. Der normale städtische Markt, auf einem städtischen Recht (Privileg) beruhend, besitzt eine eng begrenzte Zahl von (Gebühren zahlenden) Anbietern, während die viel umfänglicheren Messen direkt den großen regionalen Herren unterstehen, die sich davon wirtschaftliche Vorteile erhoffen.
Die Grafen von Flandern sind die Schirmherren der Messen von Lille, Ypern und Brügge. Der Graf von Toulouse vergibt Privilegien, damit in seiner Stadt zwei Messen abgehalten werden können. 1110 unterstützt Ludwig VI. eine Foire Saint-Lazare, die 1181 nach Les Champeaux verlegt wird, und aus der viel später Les Halles hervorgehen. Er bewilligt ebenso eine Messe bei der Abtei Saint-Denis, die Foire du Lendit, und andere. Der Kapitalismus blüht nicht zuletzt auf durch bewusste und gezielte fürstliche Förderung.
(Waren)Messe, Herrschaft, Kloster, Kirche und Kapital bilden eine Interessens-Einheit, was nirgendwo deutlicher wird als bei den Lenditmessen, von den Königen gefördert und in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts näher an Paris heran verlegt werden, dem Kloster St. Denis aber zugeordnet. Eine deutlich spätere Handschriften-Illumniation zeigt um 1400 den Pariser Bischof, wie er von einem Turm aus die Messe mit seinem Segen eröffnet. "Dazu hatte er sich in Form einer liturgischen Prozession von seiner Kathedralkirche zum Messeplatz begeben." (Sohn, S.117) Diese kirchliche Einbindung des Kommerzes ist aber schon im mittleren 12. Jahrhundert belegt.
Europäischen Rang gewinnen die von den dortigen Grafen geförderten Messen der Champagne, ursprünglich regionale Getreide-, Vieh- und Stoffmessen. (Favier). Dann entstehen sie aus einem Jahrmarkt, der mehr als örtliche Bedeutung hat, wie in Bar-sur-Aube seit 1114. Mit dem Grafen Heinrich I. mit seinem Hof in Troyes werden sie systematisch als Einkommensquelle gefördert. Da er außerdem auch fromm ist, spendet er einen Teil seiner Einkünfte aus solhem "Wucher" an Kirchen.
Diese Messen verbinden in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts den mediterranen und den Handel der nördlichen Meere miteinander, bis dann der atlantische Seeweg sie im späten Mittelalter überflüssig machen wird. Sie dauern jeweils rund sechs Wochen und beginnen im Januar mit der Messe von Lagny-sur-Marne, es folgt in der Fastenzeit die von Bar-sur-Aube, im Mai kommt dann die Quiriacus-Messe von Provins, im Juni die erste von Troyes, im September die zweite von Provins, und im Oktober die zweite von Troyes. Ein wenig davon ist heute noch in Provins sichtbar, während die schöne Altstadt von Troyes, wo es nach dem Ende der großen Messen nicht gleich zum Stillstand kam, eher von spätestem Spätmittelalter und Neuzeit geprägt ist.
Die Bedeutung dieser Messen reicht weit über ihre Funktion als Nord-Süd-Vermittlung hinaus. „Im Messgelände von Troyes gab es eine Halle der Deutschen, Hallen und Herbergen für die Kaufleute aus Montpellier, aus Barcelona, Valencia, Lerida, Rouen, Montauban, Provins, aus der Auvergne, aus Burgund und aus der Pikardie, aus Genf, Clairmont, Ypern, Douai und Saint-Omer. In Provins besaßen die Lombarden eigene Messbunden, ein Quartier der Stadt nannte sich Vicus Alemannorum, wie man auch in Lagny einen Vicus Angliae kannte.“ (Pirenne, S.102)
Konstanzer Kaufleute sind zum Beispiel an allen vier Messeorten mit eigenen Häusern zu finden, in denen sie die zu Hause produzierte Leinwand verkaufen und dabei darauf achten, das keine fremden Produkte sich dort hineinschleichen.
"Jede Messe lief etwa gleich ab: Auf eine Eröffnungszeit von zehn Tagen folgten zehn Tage zum Handel mit Tuch, elf Tage zum Handel mit Lederwaren, neunzehn Tage zum Handel mit Waren nach Gewicht und zur Schlussabrechnung (pagamentum); in weiteren vier Tagen wurden die Messebriefe (lettres de foire) ausgestellt." (Gilomen, S.88)
Die Grafen der Champagne besitzen inzwischen die Macht, die Sicherheit der Messeteilnehmer dort und bei An- und Abreise wenigstens für ihren Machtbereich zu garantieren. Es gibt eine Marktpolizei, ab 1174 eine Messegerichtsbarkeit dieser gardes des foires, die Handelsverträge registrieren und wo man gegen säumige Zahler Klage erheben kann.
Daneben gewähren die Grafen Zollvergünstigungen und eine stabile Währung vor Ort. Graf Heinrich legt die Sümpfe um Troyes trocken.
Das alles lohnt sich für die Fürsten, denn die Attraktion für Kaufleute führt ebenfalls zum Anstieg der Produktion vor Ort, so dass sie mehrmals abkassieren können. In der Champagne führt das zum Aufstieg eines eigenen Tuchgewerbes.
Voraussetzung wird der Aufbau eines Kreditwesens, ohne das sich Kapitalismus nicht entfalten kann, und die Erfindung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, wie er dann auch für die großen Messen insbesondere der Champagne entwickelt wird. Nachdem also in den ersten Wochen einer Messe verkauft und gekauft wird, folgt dann eine Phase der Zahlungen und der Geldgeschäfte. Da auf den Messen keine Massen an Münzgeld vorhanden sind, tritt ein Vorläufer des Papiergeldes an seine Stelle, in dem sich wie in Wechselbriefen Kredit ausdrückt und die andererseits zu vorübergehender Geldvermehrung führen. Am Schluss der Messe werden dann "die Kredite gegeneinander aufgerechnet und über die Saldi Wechselbriefe ausgestellt." (Gilomen, S.89)
Neben Schulden aus Handelsgeschäften werden auch solche an Privatpersonen, ob an Fürsten oder Kirchen, geklärt und eingelöst.
Eines der großen Finanzgeschäfte im Zentrum des Mittelalters ist der sogenannte Vierte Kreuzzug. Die Finanzierung der venezianischen Transportflotte lief dabei über die Champagne, wo von Kreuzfahrern über 80 000 Silbermark in Wechseldarlehen aufgebracht werden, die in Lagny eingelöst werden sollen.
Nach 1260 nimmt der Warenverkehr auf den Champagnemessen ab. Als 1285 König Philipp IV. durch Heirat der Erbin die Champagne übernimmt, beginnt der Niedergang. Es kommt zum Krieg gegen Flandern, flämische Waren werden auf den Messen beschlagnahmt, dann werden italienische Kaufleute maltraitiert und ein Export für französische Wolle und textile Halbfabrikate kommt dazu sowie schließlich der hundertjährige Krieg zwischen den Kronen Englands und Frankreichs mit seinen Zerstörungen.
Mit den Schiffsverbindungen zwischen England, Flandern und Italien um die iberische Halbinsel herum endet die Bedeutung dieser Messen im 14. Jahrhundert, denen zudem Kriege zwischen Flandern und der französischen Krone zusetzen.
Aus drei Jahrmärkten in Köln seit dem 10./11.Jahrhundert, vieren in Utrecht im 12. Jahrhundert und zwei von Barbarossa privilegierten in Aachen und Duisburg, zunächst wohl gegen das stauferferne Köln gerichtet, entwickelt sich gegen Ende des 12. Jahrhunderts ein niederrheinischer Messezyklus zwischen der Vorosterzeit und dem November, mit einem vor allem deutschen Einzugsbereich zwischen Regensburg, Straßburg, dem Maasgebiet und den Niederlanden, den die Vormacht Köln dann zunehmend sprengt mit dem weiteren Ausgreifen nach England (Stalhof 1175) und in den zukünftigen Hanseraum.
In derselben Zeit florieren bereits die Messen auf Schonen.
1220/40 bekommt Frankfurt/Main eine erste Messe durch die Stauferkaiser. Diese wechselt mit den Messen in Gelnhausen und Würzburg. Parallel dazu entwickelt sich auch ein Messezyklus zwischen Mainz, Oppenheim, Worms und Speyer. Alle diese Messeprojekte werden von Fürsten und Königen gefördert, die mit der Gewerbeförderung ihre Einnahmen durch Abgaben vergrößern wollen. Die Messen fördern schließlich auch durch Absatz die Produktion vor allem von Stoffen und Metallwaren und nicht nur den Handel. Auch Messen in Nördlingen und Donauwörth beziehen sich aufeinander.
1268 privilegiert der Markgraf Dietrich von Landsberg eine Leipziger Messe: Diese Kaufleute (…), die unsere Stadt und uns dadurch auszeichnen werden, dass sie ihre Waren hierher führen, wollen wir, so viel wir können, begünstigen und beschützen. (Engel/Jacob, S. 16)
Große Jahrmärkte (fairs) entstehen auch in England, an der Spitze Winchester im Süden, Northampton im Zentrum, Stamford in Lincolnshire, St.Ives in Cornwall, Boston und King's Lynn an der Ostküste. Die wachsende Bedeutung ist auch daran erkennbar, dass beispielsweise die Winchester Fair von einer Dauer von drei Tagen 1096 auf eine von 16 Tagen 1155 anwächst (Carpenter, S.42)
Italienische Messen haben eine etwas geringe Bedeutung als die Champagnemessen, aber auch hier entsteht ein Zyklus durchs Jahr von Mantua zu Laetare über Ferrara, Bologna, Badia, wieder Bologna, Verona, wieder Manuta und zum Schluss an Martini in Ferrara.
Schließlich sei noch auf das 1233 von Friedrich II. umfassend geordnete Messesystem von sieben Städten beider Sizilien verwiesen und auf ein norditalienisches Messesystem im 13. Jahrhundert, welches dann aber durch die expandierende Dominanz von Venedig auf der einen und von Mailand auf der anderen Seite verschwindet. Ein solches entsteht auch in Spanien mit solchen wie der Ostermesse von Badajoz, que dure fasta quince días, und zwar für christianos, y moros y judíos que vengan salvos y seguros por mar y por tierra.
Transportwesen
Technische Neuerungen und neue Freiheiten beflügeln nicht nur die Landwirtschaft, den Bergbau und das Handwerk, sondern auch den Handel, und der braucht bessere Transportwege. Zugleich steigt der Handel mit der langsam stärker auch auf Städte konzentrierten wachsenden Bevölkerung.
Brücken ersetzen Furten, Fähren oder baufällige und verschwundene Vorgänger, verbinden Stadtteile miteinander, Landwege und manchmal den Landweg mit dem Wasserweg.
Zwischen 1120 und 1133 wird bei Würzburg die erste steinerne Brücke überhaupt über den Main gebaut. Eine Holzbrücke gibt es dann noch bei Aschaffenburg. Die neue Brücke ist 179 Meter lang, mit 8 Pfeilern, und bis zu 15 Meter langen Bögen. Auf der zum Stadtkern abgewandten Seite wird die Godehardkapelle gebaut, zudem gibt es auf beiden Seiten Brückentore, an denen der Brückenzoll verlangt wurde. Sie dient dabei nicht nur dem Handel, sondern auch der Expansion der Stadt auf das andere Mainufer. Die Bauleitung hat der Würzburger Dombaumeister Enzelin.
Für Würzburg ist der Handel mit dem in Mainfranken angebauten Wein zentral. „Über Kölner Kaufleute und die hansischen Handelsverbindungen wurde Frankenwein bis nach England und Norwegen exportiert.“ (Leng, S.78)
Kurz nach der neuen Würzburger Brücke entsteht zwischen 1135 und 1146 eine in Regensburg, was einen neuen Handelsweg nach Osten nach sich zieht. Um 1160/70 entsteht die Judith-Brücke in Prag. Aber im 12. Jahrhundert sind solche Steinbrücken in Mitteleuropa noch eine Seltenheit.
1177 wird der Ponte Vecchio in Florenz erneuert, in diesen Jahren werden auch Avignon, Paris und London mit neuen Brücken versehen.
Finanziert wird der Bau und Unterhalt der Brücken von verschiedenen Seiten. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert sind es oft ausdrücklich fromm-wohltätige Investitionen, die zum Brückenbau führen, wie die steinere Isère-Brücke, die Bischof Hugo von Grenoble nach 1100 bauen lässt und die den Zugang zu dem von ihm veranlassten Hospital und zudem den zum Mont-Cénis-Pass erleichtert. Für sein Seelenheil lässt 1130 der Graf von Blois eine Loirebrücke errichten. Oft sind es fromme Brückenbau-Bruderschaften, die sich zu solchem Zweck zusammenschließen. 1084 lässt eine Genossenschaft bei Bonpas eine Brücke über die Durance erbauen, deren Unterhalt sie dann als religiöse Bruderschaft betreibt, die 1189 vom Papst bestätigt wird.
Ein spätes Beispiel ist eine, die rund fünfzig Kilomenter nördlich von Avignon zwischen 1265 und 1305 eine Rhonebrücke bauen lässt, die ebenfalls mit Hospitälern verbunden ist.
Basis sind Stiftungen mit zusätzlichen Schenkungen, deren Einkünfte den Bau durch die Jahre sichern, und auch der Unterhalt danach muss über den Wegezoll hinaus anderweitig gesichert werden, nicht zuletzt auch durch die Bebauung, die man in Florenz oder bei der Krämerbrücke in Erfurt noch heute anschauen kann, und die dauerhafte Pachtgelder einbringt.
Neben großen Stiftungen spenden viele kleinere Verfasser von Testamenten einen Teil ihres Erbes für bestimmte Brücken oder ganz allgemein für solche im Stadtbereich, welche als wohltätig-fromme Einrichtungen angesehen werden, deren Unterstützung den Weg ins Himmelreich ebnen soll. Auch nachdem Brücken dann im 13./14. Jahrhundert zu einer weltlicheren öffentlichen Angelegenheit erklärt werden, baut man wie schon zuvor auf oder an der Brücke oder gar an beiden Enden weiter Kapellen, von denen die der Pisaner Brücke in ihrer gotisch umgebauten Form noch heute ein besonders prächtiges Beispiel ist (Santa Maria della Spina).
Noch in unserer Zeit sind in Italien die Flüsse als Wasserstraßen von erheblicher Bedeutung, wie der Po mit seinen nördlichen Nebenflüssen ab dem Alpenrand, der Reno ab Bologna und der Arno ab Florenz. Das Regal entgleitet den Kaisern fast vollständig und geht auf Städte über, die sich darüber heftig befeinden. Die Po-Schifffahrt wird erst oft von Ferrara, nach 1200/1250 aber dann zunehmend von Venedig kontrolliert.
Bologna, Modena und Parma verbinden sich durch Kanäle mit dem Po. Cremona und Reggio errichten einen Kanal, um den Stapel von Mantua zu umgehen.
Neben Brücken gehört auch die Ausbesserung alter Wege und Straßen zur Verbesserung des Transportweges. Sie ermöglicht es, vom Packtier zum einachsigen Karren und dann weiter zum zweiachsigen Wagen überzugehen, der entsprechend stärker beladen werden kann. Das wird aber im Norden vielfach erst gegen Ende des Mittelalters erreicht.
Im 12. Jahrhundert beginnen Städte als Interessenvertreter des Kapitals in Norditalien und der Toskana mit der Wiederherstellung alter Straßen und ihrer Pflasterung. In dieser Zeit erneuert Pisa die Straße nach Lucca und führt sie nun am Hang des Monte Pisano entlang, so dass sie nun befahrbar wird. Es erneuert eine Arnobrücke und baut eine weitere. Die Straße von Pisa nach Porto Pisano (heute Livorno) wird durch Sumpfgebiet auf einem Damm und mit Brückchen gebaut und erreicht eine durchschnittliche Breite von etwa vier Metern, die sogar Gegenverkehr ermöglicht.
Florenz hingegen besitzt bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts nur zwei Straßen, auf denen Wagen fahren können: Die kurze Strecke zum Arnohafen Signa und die erst um 1282 gepflasterte nach Prato. Pflasterung ist in den Sumnpfgebieten der Täler oft nötig, um sie für Karren gangbar zu machen. Viele Handelswege sind aber bis ins späte Mittelalter hinein nur mit Lasttieren begehbar, wie der größte Teil der Strecke zwischen Florenz und Siena noch um 1300. In dieser Zeit beginnt man auch stärker, für Mensch und Tier entlang wichtiger Straßen Quellen einzufassen und Brunnen zu bauen.
Gegen Ende des Jahrhunderts beginnt man auch mit der Pflasterung prominenter Straßen in den ersten Städten, wie 1285 in Paris.
Um 1200 wird der St.Gotthard-Pass durch Anlegung einer neuen Wegstrecke samt Eisenbrücke für den Handel zwischen Mailand und dem Rheintal geöffnet, aber wohl nur für Lasttiere. Verbessert wird der Pass zum Großen Sankt Bernhard und der Splügenpass hat nun 1.80m Breite, was das Passieren von Karren ermöglicht.
Aber auch außerhalb von Gebirgen ist der Transport mit Karren langwierig und darum teuer. 200 Kilometer können so bis zu acht Tagen und mehr dauern.
Es kommt zu Verbesserungen bei den Wagen, die Radspeichen werden unter anderem durch Schrägstellungverbessert, und die Räder werden zunächst mit Nägeln beschlagen und dann mit einem Metallband ummantelt. Langsam werden mehr vierrädrige Karren mit nunmehr lenkbarer Vorderachse und häufiger von Pferden statt Ochsen gezogen eingesetzt. Neben dem Kummet kommt dabei das Ortscheit zum Einsatz, welches "als Querholz zur Befestigung der Geschirrstränge die alte Gabeldeichsel als Zug- und Anspannvorrichtung ersetzte." (Borgolte, S.331)
Der Komfort für die Personenbeförderung wird dann im späten Mittelalter durch die Aufhängung des Radkastens verbessert, aber der (männliche) Adelige reist standesgemäß eher zu Pferd.
Gegen die Zollbefreiungen durch große Herren versuchen die kleinen, mutwillig Zölle für ihren Bereich einzusetzen, gegen die sich königliche Macht dann auf Dauer nicht immer erfolgreich wendet. Schon 1157 erklärt ein Dokument von Kaiser Friedrich I., Abhilfe für Beschwerden durch Bürger und Kaufleute schaffen zu wollen, weil auf dem Mainfluss von Bamberg bis Mainz an zahlreichen Stellen neue und bisher unübliche und völlig grundlose Zölle von den Kaufleuten eingetrieben und bei dieser Gelegenheit die Händler oft gänzlich ausgeplündert werden. (Engel/Jacob, S. 183)
1269 schreibt Thomas de Wyke in seinem 'Chronikon', was sicher auch schon für das vorige Jahrhundert gilt:
Es ist ein wütender Wahnsinn, mit welchem die Deutschen von den unbezwingbaren Burgen aus, die sie an den Ufern des Rheins erbauen, ohne Rücksicht auf Ruhe und Frieden und gierig nach Erwerb oder vielmehr Erpressung von Geld, vor keiner Schandtat zurückschrecken. Die Schiffe,, welche mit Lebensmitteln oder Waren aller Art den Fluss herabkommen, können den Burgen unmöglich ausweichen, die Leute werden gezwungen auszusteigen und von jedem einzelnen werden ohne Scheu vor Gott oder dem König ganz unerhörte und unerträgliche Zölle erpresst. (Engel/Jacob, S. 184)
Wo immer möglich, werden Flüsse wie Seine, Maas, Rhein und Donau als Wasserstraßen den Erdstraßen vorgezogen. Ende des 12. Jahrhunderts kommen an der Bopparder Reichszollstätte durchschnittlich 20-30 Schiffe pro Tag durch, die bezahlen müssen, im Sommer natürlich bedeutend mehr. Dazu kommen all die vielen Schiffe von Kirchen und Klöstern und anderer, die vom Zoll befreit sind (Falck, S.161).
Flussabwärts können beträchtliche Entfernungen zurückgelegt werden, flussaufwärts mit Treideln durch Menschn oder Vieh oder Rudern höchstens 25 km. Dabei können Trockenheit, Eis oder Hochwässer die Flüsse in reißende Ströme verwandeln, den Schiffstransport behindern. In Flandern beginnt man dennoch schon im 11. Jahrhundert damit, Kanäle zu bauen, die Flüsse miteinander verbinden und später dann Binnenstädte mit dem Meer. Im hohen Mittelalter beginnt man auch, Flüsse wie die Themse ansatzweise zu regulieren, um sie schiffbar zu machen.
Im Verlauf des Mittelalters wird allerdings die Binnenschifffahrt immer mehr durch die Vielzahl der Mühlen und dafür vorgenommene wasserwirtschaftliche Bauten behindert, besonders im Oberlauf der Flüsse.
Gegebene Wasserstraßen liefern das Mittelmeer und die Nord- und Ostsee. Solange es keinen Kompass gab, bleibt man dabei wo immer möglich in Küstennähe.Für mehr Ladekapazität braucht es nun Schiffe mit größerem Tiefgang wie die Koggen, die nicht mehr an Land gezogen werden können, sondern Kaianlagen brauchen.
"Zum Landen segelt die Kogge bei höchstem Wasserstand möglichst nahe an das trockene Land heran, lässt sich mit ihrem flachen Boden gefahrlos trocken fallen und kann dann entladen werden. Mit Pferdefuhrwerken konnte man sogar an das Schiff heranfahren, um auf eine einfache Weise Lasten zu löschen oder zu übergeben. Die auflaufende Flut unter den aufgebogenen Bodenenden gab der Kogge dann genügend Auftrieb, dass sie aufschwimmen und wieder davon segeln konnte." (DMeier, S.186f)
Alte Handelsorte verlieren auch dadurch an Bedeutung und neue kommen insbesondere an Flussmündungen auf.
Mit den nördlichen Koggen von etwa 200 Tonnen Ladekapazität, die seit Mitte des 12. Jahrhunderts aufkommen und im 13. Jahrhundert ein Heckruder bekommen, und mit den mediterranen Galeeren wagt man sich aber im Winter immer noch nicht aufs Meer hinaus. Eine solche venezianische Fracht-Galeere (galea) hat auf beiden Seiten 200 Ruderer in drei Reihen, die eine entsetzliche Knochenarbeit verrichten müssen.
An der Nordseeküste entstehen Eindeichungen und Lübeck und Hamburg werden als Hafenstädte ausgebaut. Um 1300 gibt es dann die hohen Kaimauern, die direktes Anlegen und Be- und Entladen größerer Schiffe ermöglichen. Daneben entstehen nach 1200 bald auch drehbare Hafenkräne, die mit ihren Laufrädern denen von Großbaustellen der Gotik ähneln.
Ein Beispiel für Reisezeiten auf dem östlichen Mittelmeer bietet die Strecke von Venedig nacch Akkon, die je nach Windverhältnissen ungefähr 30 Tage dauert. Für die Rückfahrt werden dann etwa 50 Tage benötigt.
Der Handel und überhaupt der sich entwickelnde Kapitalismus ganz allgemein waren Voraussetzung für geistliche und weltliche Machtentfaltung und verlangte jenen Schutz, der „Frieden“ herstellte. In die Friedenserklärungen für das „Reich“ oder ein „Land“ oder Fürstentum wurden immer expliziter Passagen aufgenommen, die den Schutz der Kaufleute und allgemein aller „Reisenden“ beinhalteten. Im Brixener Landfrieden von 1229 heißt es so: Die Kaufleute und sämtliche Reisenden sollen auf den öffentlichen Straßen Frieden und Sicherheit haben. Wenn sie aber jemand angreift oder ihnen etwas wegnimmt oder pfändet, der soll, auch ohne das ein Richter in Anspruch genommen wird, als Friedensbrecher gelten und wie ein Straßenräuber bestraft werden. (Engel/Jacob, S. 202)
Das alles nutzt nur eingeschränkt, und in obigem Erlass wird deutlich, dass die Reisenden sich selbst schützen müssen. Der lange Arm neuartiger Staatlichkeit reicht selten weit über die Grenzen der Stadtmauern ins Land hinaus. Fürsten, Könige und Kaiser delegieren darum weiterhin Schutz, Geleit und Strafverfolgung an Behörden vor Ort.
Im Rahmen von Spezialisierung und Arbeitsteilung entwickelt sich in diesen Zusammenhängen ein eigenständiges Transportwesen mit Fuhrunternehmern, die Karren und Zugtiere oder wenigstens Packpferde besitzen und ihre Dienste nun auf dem Markt der Dienstleistungen anbieten. Zwischen Produktion und Verkauf tritt so ein neues Gewerbe. Indem es zunimmt, werden an günstigen Plätzen Herbergen, Gastwirtschaften eingerichtet, mit Möglichkeiten zum Unterstellen von Tieren und ihrer Fütterung, mit zur Beköstigung der Fuhrleute und zu ihrer Übernachtung.
Verschriftlichung
Sobald Kaufleute nicht mehr mit ihren Waren mitziehen und sich ein eigenständiges Transportwesen entwickelt, gewinnt schriftliche Kommunikation über weite Entfernungen an Bedeutung. Noch wichtiger wird das, wenn Firmen andernorts Niederlassungen gründen oder zumindest dort über Agenten verfügen. Dasselbe gilt für die Entwicklung eines schriftlichen Geldverkehrs und das Kreditwesen.
Dokumentiert ist die Verschriftlichung des Handelswesens aber erst für die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts, und nur an wenigen italienischen Beispielen.
Das Bild des Kaufmannes
Anerkennung und Förderung des Handels durch die Mächtigen spiegelt sich wider in der Respektabilität, die ihm Intellektuelle aus dem Mönchtum zuschreiben. Beda erfindet im 12. Jahrhundert bereits einen vierten Stand:
Um die Königshalle zu stützen, hat der Herr vier Säulen errichtet, welche jene Halle bislang gestützt haben; damit sind die vier Stände der Menschen gemeint, nämlich die Beter, die Verteidiger, die Kaufleute und die Arbeitenden. (Engel/Jacob, S. 242)
Und Hugo von St. Victor schreibt im selben Jahrhundert in seinem Didascalicon: Er dringt in die Geheimnisse der Erde ein, bereist nie gesehene Küsten, durchmustert rauhe Wüsten und pflegt mit barbarischen Stämmen in unbekannten Sprachen freundschaftlichen Handelsverkehr. Sein Eifer einigt Völker, dämpft Kriege und festigt den Frieden. Er wandelt Privateigentum zum gemeinsamen Gebrauch aller um. (in Engel/Jacob, S. 242)
Besser als diese gelehrte Geistlichkeit kann man Globalisierung nicht beschönigen.
Andererseits führt die Verunsicherung, die ein sich entfaltender Kapitalismus auslöst, bei Einzelnen, die ihn zunächst betreiben, zu Rückzugsmanövern, zum Beispiel durch den Lyoner Kaufmann Waldo oder den Kaufmannssohn Francesco in Assisi. (siehe Großkapitel Heilige Armut)
Der Heisterbacher Mönch Caesarius beschreibt, wie Kaufleute mit Meineid, Lug und Trug operieren – im Bunde mit dem Teufel. Und freiere Geister wie Freidank, üben moralisierende Kritik: Wer sich durch Handel will ernähren, / Der muss die Wahrheit aufgeben. / Ich glaube nicht, dass jemand viel / Verkaufen kann, ohne zu lügen. (Engel/Jacob, S. 243)
Und bei Hugo von Trimberg wird es im selben 13. Jahrhundert noch heftiger: Bürger, Würger, Wucherer / machen der Armen Beutel leer: / Bei denen verdirbt oft viel mehr / als das arme Volk hat zum Verzehr / an Korn und Wein, an Kleidung und an Speisen. Und: Gott hat dreierlei Kind, / die Juden, Christen oder Heiden sind. / Das vierte schuf des Teufels List, das dieser dreier Meister ist: Das wird der Wucher genannt / und raubt aus Leute und Land. (Engel/Jacob, S. 243)
Die Zusammenführung von nicht mehr so sehr moralisierender Kritik und Rechtfertigung bietet dann der Franziskanermönch Berthold von Regensburg immer noch im selben 13. Jahrhundert. Zunächst prangert er den durch Handel allgemein verbreiteten Lug und Trug an, um dann deutlicher zu werden:
Da verwendet einer falsches Gewicht in seinem Laden und hält die Waage so, dass sie richtig ausschlägt, und der Käufer glaubt, er bekommt, was er verlangt, und er bekommt es doch nicht. (…) Da hat einer ein falsches Ellenmaß, ein anderer fälscht das Wachs oder Öl (...) Wenn ihr nicht sonst was fälschen könnt, so kehrt ihr das Faule an Äpfeln und Birnen nach unten und das Schöne nach oben. Aber die geistliche Kritik richtet sich nicht auf Geschäft oder Gewinn, sondern nur die betrügerischen Methoden. Im Sinne von Thomas von Aquin wird dann nämlich aus christlichem Mund ein Lob auf die Geschäftemacherei ausgesprochen: Was dem Kaufmann an Gewinn zufällt beim Kauf, was er mit Gewinn verkauft ohne Hinterlist (ich meine, was er nicht auf die Länge der Zeit kauft, um abzuwarten, bis es teurer wird) und wodurch er niemanden betrügt, das gehört ihm mit Recht, denn man kann auf den Stand des Kaufmanns nicht verzichten. Wir brauchen die Kaufleute, denn sie schaffen die Dinge, die wir benötigen, von einem Land in das andere. In dem einen Lande ist die eine Ware billig, in dem anderen eine andere. Und deshalb sollen sie dieses hinbringen und jenes herschaffen und dafür ihren angemessenen Lohn erhalten. Das ist der Gewinn, den sie zu Recht empfangen. (Engel/Jacob, S246)
Aus einem frühmittelalterlich gepredigten Christentum genügsamer Selbstversorgung ist so eines geworden, welches Marktwirtschaft und erweiterten Konsum vertritt. Der in Städten predigende Bettelmönch reagiert dabei allerdings auf die inzwischen zunehmende Abhängigkeit der Städte von Nahrungsmitteln, die von außen importiert werden müssen, und für die das Geld erst einmal erwirtschaftet werden muss. Aber er ist zugleich ein Musterbeispiel für die Verwandlung gerade der Bettelorden, die binnen weniger Jahrzehnte ihr Armutsideal aufgaben, um frühen Kapitalismus zu idealisieren. Die Verbürgerlichung der Kirche und gerade der Bettelorden nimmt ihren Lauf.
***Der gute Gerhard des Rudolf von Ems***
Laut Text beauftragt der Konstanzer Bischofs-Ministeriale Rudolf von Steinach den Vorarlberger Ministerialen Rudolf von Ems mit der Abfassung der Versgeschichte, die dann wohl um 1220/25 geschrieben wird.
Rahmenhandlung ist eine Art Legende von Kaiser Otto (I.), der nach Stiftung des Erzbistums von Magdeburg sich vor Gott seiner frommen Leistung rühmt (in al der welt ist lobelich / mîn grôziu guottât worden, Vers 464f) und von ihm wissen möchte, welchen Lohn er dafür bekomme (mîn lôn von gote werden grôz). Eine göttliche (Engels)Stimme macht ihm darauf klar, dass es anmaßend sei, sich vor Gott seiner guten Tat zu rühmen, und dass er erst einmal seinen schon versprochenen Platz in der Nähe Gottes verspielt habe. Um das wieder gut zu machen, müsse er Buße tun und Demut (diemüete) erlangen. Als Beispiel empfiehlt die Stimme ihm einen guoten koufman aus Köln. Also reist der Kaiser nach Köln, um verstehen zu lernen, was ein unadeliger Kaufmann ihm voraus haben mag. Der zögert erst voller Bescheidenheit, lässt sich dann aber doch bewegen zu erzählen.
Er ist reicher Erbe eines reichen Vaters, verheiratet, mit Sohn und eher bescheiden im Almosen Geben. Er entschließt sich, für seinen Sohn noch einmal 50 000 Mark in Silber einzusetzen, um ein letztes Mal Gewinn zu machen. Sein Schiff wird im Baltikum mit Waren vollgeladen, die er für das Doppelte würde verkaufen können. Nach vielen Widrigkeiten landet er bei einer Hafenstadt in Marokko. Ein vornehmer Herr (burggrâve) dort bietet ihm als gutes Geschäft Waren gegen seine, und es stellt sich heraus, dass es sich dabei um eine Anzahl edler (wie christlicher) Ritter und Damen handelt, unter denen eine noch an Schönheit (also Adel) herausragt. Diese Gefangenen im heidnischen Kerker seien an Lösegeld doppelt so viel wert wie alle seine Waren. Es stellt sich heraus, dass sie Gefolge des englischen Königs Willehalm gewesen waren, von dem sie unterwegs getrennt wurden. Die Schönste von ihnen sei dem König zur Ehe versprochen gewesen.
Ein Engel macht Gerhart nun klar, welch gute Tat er mit ihrem Freikauf begehen könne. Er willigt ein und fährt mit ihnen zurück, wobei sich alle bis auf mîn vrouwe und ir jungfrouwen zwô dann trennen und er mit den dreien nach Köln zurückkehrt. Dort lebt die Vornehme reich ausgestattet bei ihm und wird schließlich seinem Sohn versprochen, der auch noch zum Ritter gemacht wird. Als festliche Hochzeit gehalten werden soll, taucht ein elender Pilger dort auf, der sich schließlich als verschollener Willehalm herausstellt.
Gerhart bittet seinen Erzbischof nun um Rat und der rät dem Sohn, die Dame für den ihr Anverlobten freizugeben. Dies ist nun die zweite gute Tat, und die Dame und Willehalm können eine intensive Hochzeitsnacht auskosten.
Es geht jetzt nach England, wo man eine königslose Zeit mit der Wahl eines neuen Königs beenden möchte. Nachdem die hohen Herren erst Gerhart dafür vorschlagen, der ablehnt, wird Willehalm installiert, was erneute Festlichkeiten nach sich zieht. Gerhart wird schließlich mit Silber, Gold und Edelsteinen überschüttet und reist zurück.
Als der Kaiser diese Geschichte hört, ist er zutiefst gerührt. Am Ende erzählt der Autor noch, wie er an diese Geschichte gelangt ist.
Anders als in den Heldengeschichten von Rittern, Abenteuern und Kämpfen fehlt hier bis auf die Turniere mit buhurt und tanz, welche hier schon mal der reiche Bürger ausrichtet, ganz das ritterliche Element.
Andererseits lässt sich das Ganze aber auch insofern nicht als bürgerlich einordnen, als nicht das Geschäft, sondern fromme Moral im Vordergrund steht. Die aber ist wiederum insofern bürgerlich-zeitgemäß, als sie die gute/fromme Tat mit einem lôn ((142 u.a.O) in Beziehung setzt, der in dem von Gott verliehenen „ewigen Leben“ an seiner Seite besteht. Die Moral-Lehre dabei ist, dass man sich (zumindest) vor Gott nicht seiner guten Tat rühmen darf, weil diese dabei ihres himmlischen Lohnes verlustig geht. Durch die gute Tat geht man mit Gott einen Handel ein, den man aber nicht als solchen deklarieren darf.
Wiederum andererseits handelt es sich aber ihrem Wesen nach nicht um eine christlich-fromme Geschichte, als zwar einmal Christentum als eine Art Geschäftsmoral, aber ansonsten gar nicht auftaucht. Der heidnische Burggraf im fiktiven Marokko ist ein genauso höfisch geprägter und ehrlicher Geschäftsmann wie der idealisierte christliche Groß-Kaufmann Gerhart. Dieser geht zwar gelegentlich großer Anlässe schon mal zur Messe, aber bis zu seinen zwei (scheinbaren) Verzichtsleistungen ist er nicht einmal ein guter Almosengeber (945ff). Seine diemüete (Demut) wiederum entspringt nicht innerer Entscheidung, sondern einem Handel mit Gott: Verzichte darauf, dich deiner guten Tat zu rühmen und dein ist das Himmelreich. Er will dem Kaiser sogar 1000 Mark zahlen, damit er ihm nicht von seinen guten Taten erzählen muss. (1060f)
Es geht um Kapitaleinsatz und Gewinn (Lohn), und letztlich wird der Gewinn aus der guten Tat wie der aus dem Warenhandel betrachtet, mit dem Unterschied, dass man mit seinem materiellen Reichtum protzen kann und offenbar auch soll, während der himmlische Lohn nicht eingefordert werden darf. Dass die übermäßige Vermehrung (mehr als Verdopplung, 1206) des Warenwertes im Tausch Wucher (Sünde) ist, wie die Kirche (offiziell) sagt, bleibt unerwähnt. Dennoch spricht er von reht gewinne (1514), rechtschaffenem Gewinn gegenüber dem heidnischen Burggraf, wiewohl der ihm 100 000 Mark Warenwert für 50 000 anbietet.
Dazu kommt die als selbstverständlich angesehene Darstellung enormen Reichtums, mit dem der Kaufmann seine tatsächliche Werte-Orientierung offenbart. Dass er davon den Bedürftigen etwas abzugeben hat, bleibt außen vor. In der Geschichte ist Gerhart schließlich reicher als so mancher Adeliger, weswegen er gut darauf verzichten kann, sich über seinen (groß)bürgerlichen Stand (geburt 892) auch formal (standesrechtlich) zu erheben, auch wenn seinem Sohn das ansatzweise gelingt.
Die ganze Geschichte ist durchweg inkonsistent, was vermutlich Ausdruck eines Werte-Durcheinanders ist, welches früher Kapitalismus angerichtet hat. In der späteren Stauferzeit geschrieben, reflektiert sie die hohe Bedeutung des Kapitals, die sich im Geldbedarf von Königen und Fürsten darstellt, der allerdings vom ministerialen Autor tunlichst nicht erwähnt wird. Andererseits formuliert sie die Standesunterschiede, aber auf diesen beharrt unsinniger weise gerade der (bürgerliche) Kaufmann, während der englische Adel ihn sogar zum König machen will. Immerhin tritt der gute Kaufmann bereits am Anfang blutroten Rock und Mantel auf, mit Zobel verziert, mit Hermelin gefüttert,mit Schmuck mit manigem guotem steine (787), mit hovelîche Frisur usw., tritt also äußerlich soweit wie ein reicher Adeliger auf.
Schließlich formuliert sich Christentum bestenfalls noch als (bürgerliche) Ehrbarkeit, vor allem aber in der einen Sache, dass man sich seiner guten Tat nicht rühmen soll, weil man sich so nicht das Himmelreich einhandelt, also so nicht die sünde tilget (6623). Zwar wird die Paradiesgeschichte und die Dreifaltigkeit Gottes wie eine Litanei herunter gebetet, und diese dann auf die reine Jungfräulichkeit Mariens hin konzentriert, aber das wohl nur, um dann die reine Jungfrau, die Willehalm versprochen ist, damit auszuzeichnen.
Dass Almosen Geben, um Gott zu „dienen“ 572), in guter Absicht eine Sünde für alle Zeit auslöscht (leschet, 156), dürfte zwar der Vorstellung vieler Menschen und mancher geistlichen Propaganda damals entsprechen, macht aber in offiziell-kirchlicher Lesart in ganz unzulässiger Weise Gott zum direkten Handelspartner der Menschen, - unter Umgehung der Kirche nämlich. Die lêre (40) des Autors selbst wird dabei am Anfang anders dargestellt als dann später, denn zunächst geht es um Menschen, die zwischen übel unde guot (22) unterscheiden können, während es dann später um das schiere Urteil Gottes geht. Aber da ist die gute Tat doch nur ein Geschäft und kein Almosen, denn die eingehandelten Damen und Herren müssen versprechen, ihm sein eingesetztes Geld zurück zu zahlen (2143ff/2366ff). Der gute Kaufmann wäre nicht glaubhaft, wenn er alles verschenken würde.
Inkonsistent für eine fromme Geschichte sind schließlich die ausführlichen Beschreibungen von Festen, Turnieren und Tanz mit fahrendem Volk, die zeigen, wie sehr der Autor zwischen bürgerlich-christlicher Moral und dem Unterhaltungsbedürfnis der Leser/Zuhörer schwankt, das auch die Ritterromane der Zeit prägt.
Noch weniger christlich ist allerdings der zunächst unterschwellige erotische Ton, der sich einschleicht und neben manlîche tugent (1158) die süeziu jugent (2891) der so jungfräulich reinen vrouwe stellt, die er nach Köln mitsamt zweier, fast nicht weniger süßer Hofdamen mitgenommen hat und bei sich beherbergt.
Die Beinahe-Königin wird vom Kaufmann mit kostbarster Kleidung ausgestattet, die ihm sonst viel Geld eingebracht hätte (2931), was er sich nicht verkneifen kann zu sagen, und er betrachtet gerne ihre schoene: Wan ich mich des versach an ir / sî solte immer sîn bî mir, 3225) Sie, die der minne werc noch nicht kennt (3035), lässt sich dann darauf ein, nach zwei Jahren Aufenthalt beim Kaufmann dessen Sohn zu heiraten. Vor der Schwertleite samt Hochzeitsnacht, „liegt er“ noch nicht bei ihr noch ir ze wîbe phlaege (3928), verzehrt sich aber bereits nach ihr: nâch der vrouwen minne bran (3555f).
Dann kommt der, mit dem sie schon ze rehter ê verbunden war (4290). Der Sohn muss sie freigeben, um nicht ze dulden grôzen gotes zorn (4390). Nun beginnt eine lange Passage, die stark an die entsprechende bei Gottfried von Straßburg erinnert. Der Königssohn erkennt das herzelieb des herzen mîn ((4584), es wird geherzt und geküsst wol tûsentstund, zwei Leiber werden zu einem, Tränen und Glückseligkeit treffen zusammen, Sehnsucht (sende) findet ihr Ziel in manige sinne (gefühlvolle Sinnlichkeit) Das guot des Kaufmanns, sein Reichtum, hat noch einmal Gutes getan, wiewohl - ist die ausführliche Darlegung sexueller Lustbarkeit, wenn auch klischeehaft und mit vergleichsweise poetischem Unvermögen, etwas Gutes für eine Geschichte, die vorgibt, ein religiöses Exempel zu statuieren?
Was sagt uns das über Menschen dieser Zeit? Christliche Religion scheint für Menschen des bürgerlich-ministerialen Milieus wie den Autor und seine Leser/Hörer ein Randphänomen zu sein, wie auch die Heldenepen zeigen. Ein reicher Kapitaleigner kann zum zentralen Protagonisten einer Geschichte aufsteigen, deren wichtigstes Abenteuer ein moralisches ist, eines der Ehrbarkeit, mit der er erfolgreich mit der adeligen Ehre konkurriert. Und wie auch bislang für den (vor allem geistlichen) Adel sind die meisten Menschen als Produzenten völlig außerhalb des Blickpunktes des Autors.
Mit seinem Reichtum verwischt der Kaufmann die ansonsten erst gerade fixierten Standesgrenzen, die auch genau deshalb deutlicher festgezurrt werden müssen. Das Mittelalter ist weniger vom Christentum als vom aufsteigenden Kapitalismus geprägt, auch wenn das so, also abstrakt, nicht formuliert wird. Aber Kaiser, Könige und Fürsten bekommen es immer deutlicher zu spüren und den Alltag der Menschen prägt es immer mehr.
Großkapitalisten (derzeit in Arbeit)
William Cade
Engländer aus St.Omer (Flandern) kommt zum Kauf von Wolle und Häuten nach England. "Dort wurde er bald am Königshof sozusagen allzuständig, sei es zum Anwerben und für den Sold fämischer Söldner, sei es für die Reparatur der Kronjuwelen. Seine Kredite für König Heinrich II. betrugen schließlich ca. 5600.- Pfund, zu denen weitere ca. 5000.- Pfund für englische und normannische Vasallen kamen." (Stromer/Fee in: Stromer, S.39)
Gerhard Unmaze (de curia)
Gerhard kommt aus einer bereits wohlhabenden Kölner Familie. 1166 ist er als Advocatus und ab 1169 als oberster Zöllner Ministeriale des Kölner Erzbischofs und erzbischöflicher Untervogt. Mit seinen Einnahmen kann er Fernhandel und Geldverleih betreiben. Zugleich ist er Schöffenmeister, zwischen 1183 und 1186 war er Kölner Bürgermeister, Vorsteher der Richerzeche und Unterhändler für Handelsprivilegien der Stadt mit Dinant und Verdun sowie mit England. 1174 gewährt er dem Erzbischof ein Darlehen von 650 Mark. Aus den Pfändern kann er Immobilienbesitz aufbauen.
Er und sein Bruder Dietrich besitzen eine Schiffslände am Rhein, Häuser an den Haupttoren, Markthallen (für Pelz und Leder) und Backhäuser, die an Bäcker vermietet werden, ganze Häuserblocks in zentraler Lage, dazu als standesgemäße Wohnsitze Turmhäuser und eine Curia, der spätere Hof des Herzogs von Brabant in Köln. (Stromer/Fees in: Stromer, S.42)
Gerhard gehört zu dem Kölner Großkapital, welches wegen England-Freundlichkeit aus Handelsinteressen den Aufstieg Ottos IV. maßgeblich finanziert.
Bernardus teotonicus
In Regensburg wohl als Sohn eines Goldschmieds und Zöllners geboren, macht offenbar Geschäfte in München und im Kärntner Bergbaugebiet, bevor er sich in Venedig niederlässt, Er handelt nun mit deutschen und flämischen Kaufleuten, in Kärnten, Ungarn, Tirol, Regensburg, München, Burgund, Ypern, mit der Lombardei und Friaul, ebenso mit Konstantinopel und Tyrus. Venetianische Partner vermitteln ihm Geschäfte in Byzanz und der Levante.
Waren sind edle Pelze,Kupfer aus Tirol, Silber aus dem Kärntner Friesach und aus Ungarn. Er gewinnt zentrale Bedeutung für die Belieferung der venezianischen Münze mit Silber.
Sein Kontor liegt in einem Haus des Dogen Ziani am Campo San Bartolomeo. 1189 möchte Friedrich ("Barbarossa") den Parteigänger der Staufer für die Finanzierung eines Angriffs auf Byzanz einspannen. Als Bankier dient er auch für den Patriarchen Wolfger von Aquileia und den Dogen Petrus Ziani.
Er besitzt nach diesem Ziani das größte Geldvermögen in Venedig, zudem einen ganzen Häuserblock im Zentrum Venedigs, nämlich bei der Rialtobrücke, weitere Häuser in Zentrum, und ein steinernes Haus und Lehen in Aquileia.
Terricus (Dietrich) teutonicus de Colonia
Er ist frühes Zeugnis für die enge Verbindung von Kölner Kapital mit England. Er hat dort zunächst 1217/18 als Cambiator für den Silber-Einkauf in der königlichen Münze gearbeitet. Zwischen 1224 und 1247 ist er als Bürger und Kaufmann von Stamford belegt und dann auch als königlicher Vogt der Stamford-Messe. Er exportiert Tuch und Wolle, leiht 1236 Geld an den königlichen Marschall und fängt um diese Zeit an, ein Vermögen anzuhäufen. Er kauft an der Themse ein Haus, in dem der königliche Wein gelagert wurde. Mit der Gräfin Warenne, der Frau des Stadtherrn, kauft er ein Haus. Zuerst erwirbt er Häuser in der Tuch- und Messestadt selbst, eine Mühle, Häuser mit Braurechten, eine Färberei und Läden, die er ertragreich vermietet. Daneben kauft er Wiesen außerhalb Stamfords. Wahrscheinlich hält er selbst Schafe, um auf jeder Stufe des Woll- und Tuchhandels Einfluß nehmen zu können. Er vertritt die Stadt mehrmals in Rechtshändeln, z. B. bei einem Prozeß gegen den Prior von Durham. (u.a. nach: www.deutschebiographie.de)
Die Ziani (nach Irmgard Fees)
Seit 1079 ist die Ziani-Familie dokumentiert und bewegt sich zunächst in relativ bescheidenen Verhältnissen. Anfang des 12. Jahrhunderts ist ein erstes Darlehens-Geschäft zu 20% erwähnt.
Mitte des 12. Jahrhunderts nehmen ihre Seehandels-Geschäfte vor allem nach Konstantinopel zu, wobei zunächst verschiedene Familienmitglieder beteiligt sind. Dabei ragt dann im Laufe der Zeit immer mehr Sebastianus Ziani heraus, der schließlich seit den 60er Jahren als wohl Erfolgreichster fast alleine Geschäfte betreibt. Er reist dann immer weniger, sondern verwaltet eine Geschäfte auch von zu Hause aus. Mit ihm nimmt die Familie dann auch als iudex und Gesandter Einfluss auf die Politik der Stadt.
Bis 1160 gehören der Familie nur ihre Wohnhäuser in der Nähe des Arsenals, einige Salinen, Weinberge und ein Grundstück im Stadtzentrum. In den sechziger Jahren beginnt Sebastianus Salinen in Chioggia aufzukaufen, dazu Weinberge und Gemüseland im Podelta. In den siebziger Jahren nimmt dann der Aufkauf von Mietshäusern zu.
Nach der Katastrophe von 1171 wird 1172 Sebastianus zum Dogen gewählt, was er bis zu seinem Tod 1178 bleibt. Statt Konstantinopel muss zunächst auf Akkon, Alexandria, Syrien und andere Orte ausgewichen werde.
Erwähnt werden Pfeffer und Alaun, wahrscheinlich verhandeln die Ziani aber alles, was Gewinn bringt. Dasselbe betrifft auch die wechselnden Geschäftspartner.
Sebastianus hat zwei Söhne, Iacobus und Petrus, wobei vor allem Petrus die Geschäfte übernimmt. Er reist kaum noch und betreibt zunehmend Darlehensgeschäfte und ähnliches. Für Handelsgeschäfte dient er immer mehr als reiner Geldgeber.
1201 wird Petrus zum Podestà von Padua gewählt. Damit beginnt der Kauf von Ackerland und Bauernhöfen bei Padua und dann auch Treviso. Dabei sind sind die Größenordnungen des Erwerbs und der Mieteinnahmen sind zunächst deutlich geringer als die Gewinne aus dem Handel, aber im Laufe der Zeit nehmen sie Dimensionen an, die denen aus dem Handel gleichkamen und darum dies Risikogeschäft uninteressanter machen.
Von 1205-1229 ist Petrus Ziani Doge und zunehmend von den Geschäften ausgeschlossen; Sohn Marcus unternimmt keine Handelsfahrten mehr und zieht sich mehr und mehr von Geschäften außer einigen Darlehen an Klöster zurück. Die haben Großenordnungen von 5000 bzw. bzw. 1900 Pfund und belegen den enormen Reichtum der Familie. Marcus heiratet in die Familie der Este ein und lässt sich vom Papst mit zwei Grafschaften in Sizilien belehnen. Da er keine Handelsgeschäfte mehr macht, verliert er auch seinen politischen Einfluss in der Stadt. 1254 stirbt Marcus kinderlos.
(Irmgard Fees, Die Geschäfte der venezianischen Dogenfamilie Ziani, in: Stromer/Fees, S.53ff)
Die Zisterzienser
Viele Klöster der Zisterzienser entwickeln früh einen Sinn für kapital-orientiertes Wirtschaften, u.a. deshalb, weil sie die herkömmliche Grundherrschaft ablehnen. Dabei existieren sie oft weit außerhalb von Städten auf dem Lande, wobei sie das Land von Konversen, Laienbrüdern bearbeiten lassen. Die Beziehung zu den städtischen Märkten werden dann mit Wirtschaftshöfen dort hergestellt, welche
mit Wohngebäuden, Scheunen und Ställen ausgerüstet sind, zudem mit Backstuben, manchmal mit Brauhäusern und vor allem oft auch mit Mühlen, die zum Mahlen von Getreide, Nüssen und Oliven verwandt werden, aber auch als Walk-, Loh- und Sägemühlen. Die Lohe wird für die Gerberei verwendet. Zunächst sind Werkstätten für den Eigenbedarf an Kleidung, Schuhen und anderem an das Kloster angeschlossen, aber es gelingt des Öfteren, Überproduktion zu erzielen und handwerkliche Produktion ganz auf die Grangien zu verlagern.
Dort wird auch gelegentlich Holz zu Holzkohle verarbeitet, Eisenerz wird, wo möglich, gewonnen und verhüttet. Salz und Steinkohle werden, wo vorhanden, abgebaut.
Konverse sind (mindere) Mönche in einer Gemeinschaft neben den Mönchen, mit weniger geistlichen und mehr weltlichen (Arbeits)Pflichten versehen. Ihr Bildungsgrad ist zunächst unwichtiger und so können zum Beispiel nicht mehr erfolgreich wirtschaftende Bauern oder Bauernsöhne hier ein Auskommen finden. Auf die Dauer konnten Klöster mehr Konverse als Mönche haben. Schließlich aber werden Grangien von Konversen geleitet, die mehr Fähigkeiten besitzen.
Zusätzlich stellen die Mönche auch Lohnarbeiter ein und nutzen die freie Arbeit von „Gästen“. Lohnarbeiter werden bei ihnen als eigenständige Gruppe so genannt und treten damit zum ersten Mal auch auf dem Lande ins dokumentierte Blickfeld.
Bereits im Verlauf des 12. Jahrhunderts werden Grangien aber auch verpachtet und nicht mehr selbst bewirtschaftet. 1208 wird das für Einzelfälle vom Generalkapitel bereits erlaubt. Im 13. Jahrhundert beginnt dann der Rückgang der Konversenzahlen, was den Übergang zur Rentenwirtschaft beschleunigt. Zunehmend wird nun auch Lohnarbeit eingesetzt. In Salem zum Beispiel wandern im 14. Jahrhundert die Konversen in Städte wie Konstanz ab und werden fast ganz durch Lohnarbeiter ersetzt.
Damit fallen Zisterzienser von vorneherein aus den benediktinischen Klosterlandschaften mit ihren „feudalen“ Strukturen heraus, da sie in der Regel weder Fronarbeit noch abhängige Bauern kennen. Aber beim Aufstieg ihrer Kloster als frühkapitalistischer Einrichtungen schwindet der benediktinische Sinn der Arbeit als Selbstversorgung. Wirtschaften wird zunehmend mit Marktgeschehen und Gewinnstreben verbunden. Sogar Darlehensgeschäfte können dabei eine gewisse Rolle spielen: Kapital wird so in Produktion, Handel und Bankierstätigkeiten in einer Hand investiert.
Klöster vergeben dabei Kredite gegen Land als Pfand, dessen Nutzung den Mönchen bis zur Rückzahlung zugestanden wird, womit sie das selbstgesetzte Wucherverbot umgehen.
Die Klöster auf dem Lande dringen dadurch besonders nach 1200 in die Städte, legen dort große Niederlassungen mit stattlichen Bauten an und nehmen so auch an den Machtspielen in der Stadt teil. In London unterhalten sie bald zehn Stadthöfe. Im jährlichen Generalkapitel spielt darum das Wirtschaften eine immer zentralere Rolle. Zisterzienser von San Galgano in der südlichen Toskana werden denn auch zu Finanzexperten der Stadt Siena.
Für die Bauern im Umfeld der Klöster sind die Gründungen oft ein Problem. Anstelle der Streubesitzungen traditioneller benediktinischer Klöster treten große kompakte Flächen von Grundbesitz, die mit den kleinen Flächen von Herren abhängiger Bauern kollidieren und auf diese Druck ausüben. Zumindest erwähnt das Manzano so für Galizien (Manzano, S. 358f).
Nach und nach werden die Beziehungen zur weltlichen Macht nicht nur als Stifter und Spender immer wichtiger. Sie sind schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts als Gäste der Äbte willkommen und wohnen dann im 13. Jahrhundert nicht mehr in dem gewöhnlichen Gästehaus, sondern beim Abt in dessen nun abgetrenntem und zunehmend herrschaftlichen Gebäude.
Die fehlende Grundherrschaft führt dazu, dass Zisterzienser zu idealen Partnern von Fürsten beim Landesausbau und bei der Ostkolonisation werden, wobei sie in letzterer neben den Prämonstratensern von herausragender Bedeutung sind.
Ein frühes Beispiel ist das 1127 von einer Adeligen gegründete Kloster Walkenrieth am Südhang des Harzes, für welches sie Mönche aus Kloster Kamp (Niederrhein) holt. Mit dem Bach Wieda und der Nähe zum Harz waren Voraussetzungen für Ansiedlung und wirtschaftliche Entwicklung gegeben. Lothar III. von Süpplingenburg bestätigt 1132 die Klosterstiftung und im selben Jahr wird das erste Tochterkloster Pforta bei Naumburg gegründet.
Um 1144 locken die Mönche Flamen mit dem Versprechen niedriger Abgaben an und beschäftigen sich ihnen mit der Trockenlegung und Urbarmachung des Oberen Rieds in der Helmeniederung am südlichen Harzrand, der heutigen Goldenen Aue. In unmittelbarer Nähe des Klosters legen die Mönche ein System von wohl deutlich mehr als 16 Fischteichen an. Fisch ist nicht nur klösterliche Hauptspeise, sondern auch wichtiges Handelsprodukt.
Bald hat das Kloster die Mittel, um Töchterklöster zu gründen. Ab etwa 1150 besitzt Walkenried rund 30 Grangien und sechs Stadthöfe am südlichen und später auch am nördlichen Harzrand, sowie eine Grangie bei und einen Stadthof in Würzburg. 1209 gestattet Kaiser Otto IV. die abgabenfreie Nutzung eines Hofes in Nordhausen, dem Kaiser Friedrich II. 1219 Freiheit "von allen Abgaben, Leistungen und Zöllen an das Reich und an die Stadt" gewährt. (Mägdefrau, S.140)
Man betreibt Bergbau und Verhüttung am Rammelsberg und im Harz vor allem. 1237 gestattet der Graf von Honstein, auf seinem Gebiet eine Hütte zu errichten und befreit sie von Kupferzins und Schlagschatz,
Neben Landwirtschaft und Bergbau wird später auch die Geldwirtschaft wichtig. Mehr als zwei Jahrhunderte lang sind die Walkenrieder Mönche Berg- und Hüttenherren im Harz und besitzen umfangreiche Waldgebiete vor allem zur Herstellung von Holzkohle für ihre Kupferhütten. Das Kloster wird zu einer Art großer kapitalistischer Mischfirma mit rund 100 Mönchen und über 200 Konversen im 13. Jahrhundert. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ist das Kloster Walkenried einem der reichsten und politisch bedeutendsten Klöster der Zisterzienser.
1132/37 wird mit Mönchen aus Walkenried das Kloster claustrum apud Portam bei Naumburg gegründet. Die Landwirtschaft macht das Kloster schnell reich und
schon 1209 gehören 27 Orte mit einer Gesamtanzahl von 163 Hufen dazu, zusammen mit Waldungen und Wiesen. Später wird die Abtei durch Erbschaften, Schenkungen und Kauf einer der größten Grundbesitzer im nördlichen Thüringen und seine Schafherden in den Tälern von Saale und Unstrut geben genug Wolle für Wollhandel im Großraum her.
Dabei wirken viele solcher Klöster im Zuge der Zivilisierung als Nuklei für Städte und ersetzen zunächst deren wirtschaftliche Bedeutung. Nordöstlich des thüringischen Mühlhausens hat das auf dem Grund einer Reichsburg von Kamp aus gegründete Kloster Volkenroda durch Privilegierung das Recht, einen dreitägigen Jahrmarkt (forum annalis) abzuhalten.
Das mecklenburgische Doberan ist im 13. Jahrhundert sogar im Besitz zweier Schiffe, mit denen Heringsfischerei betrieben wird und das pommersche Kloster Eldena, ebenfalls eine Zisterze, betreibt nicht nur ebenfalls Heringsfischerei, sondern besitzt eine Saline. Um diese Aktivitäten herum entwickelt sich der Marktort, der Mitte des 13. Jahrhunderts als Greifswald Stadtrecht erhält.
Lange an die Staufer angelehnt ist das 1134 gegründete Kloster Salem, welches gegen Ende des 12. Jahrhunderts bereits große Überschüsse erwirtschaftet, die in den Kauf von noch mehr Grundbesitz eingehen. Abgabenfreie Stadthöfe in Konstanz (Salmannsweilerhof am Fischmarkt seit 1217), Überlingen, Ehingen und Esslingen dienen der Lagerung und dem Verkauf von Obst, Getreide und Fischen. Handelsschifffahrt auf dem Bodensee kommt dazu. Der Erzbischof von Salzburg schenkt dem Kloster 1201 eine Saline bei Hallein und zollfreien Transport von dort. Konversen aus Salem werden dann bald die Verwaltung der gesamten erzbischöflichen Salinen übernehmen.
Zisterzienser spielen seit etwa 1150 zudem eine gewisse Rolle bei den niederländischen Landgewinnungen in Marsch- und Moorgebieten. „Auf dem Gebiete von Hulst besaß die Abtei von Dunes im 13. Jahrhundert allein 5 000 Morgen eingedeichten, neben 2 400 Morgen nicht eingedeichten Grundes.“ (Pirenne, S.79) Zisterzienser-Grangien dort können tausende von Schafen zum Beispiel halten. Vielerorts besitzen die Klöster in ihrem Gebiet Zoll- und Fischrechte.
Im Binnenland greifen Zisterzienser in die Gewässer ein. Nachdem die von St.Urban in der Schweiz Rechte an einem Flüsschen erworben haben, verändern sie deren Lauf in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Mittels Kanälen, Gränen und Dämmen schaffen sie Bewässerung mit Schleusen und Stau-Brettern. (Dinzelbacher, S.27)
Von enormer wirtschaftlicher Bedeutung werden auch die englischen Zisterzienser, die vor allem die Schafzucht auf der Insel ausbauen und sie damit zum wichtigsten Exporteur von Wolle machen. Ihre agrarische Orientierung hindert sie allerdings daran, zu bedeutenden Textilproduzenten zu werden. 1167 leben im Kloster Rievaulx in Yorkshire 140 Mönche und 500 Laienbrüder, die
20 000 Hektar bewirtschaften und dabei durch den Verkauf von Schafwolle erheblichen Reichtum erwirtschaften. (Ertl, S.70)
Im späten dreizehnten Jahren liefert die schottische Melrose Abbey fünfzig "Sack" Wolle jährlich an italienische Händler, was einer Herde von etwa 12 000 Schafen entspricht (Carpenter, S.39). Überhaupt sind Zisterzen eng in den Markt integriert, für den sie im wesentlichen produzieren. Geld schießen ihnen Firmen aus Lucca und Florenz vor, welches dann mit Wolle entgolten wird. Vor allem aber beliefern sie die flämische Tuchindustrie.
Um 1300 gibt es rund hundert Zisterzen in England, viele davon mit zehn bis zwanzig Grangien ausgestattet. Die Grangien sind aus dem Feld- und Flursystem der Dörfer herausgenommen und bilden einen Block für sich, d.h. sie bleiben auch dem dörflichen Gemeinschaftsleben fern. Ähnlich wie auf dem Kontinent investieren sie auch in Gewerbe, zum Beispiel Gerbereien.
Mit der Gratisarbeit von Konversen, mit fester Lohnarbeit und Tagelöhnern und mit ihrer Marktorientierung sind englische Klöster ähnlich wie die auf dem Kontinent frühe kapitalistische Unternehmungen auf der Basis von Landbesitz.
Ähnliches wird auch für Spanien im 13. Jhrhundert beschrieben, wo ebenfalls von Zisterziensern oft Viehzucht betrieben wird, und zwar auf der Basis königlicher Privilegierungen.
Verbunden mit dem Aufschwung der Städte bilden die Zisterzienser gerade in deutschen Landen einen wesentlichen Faktor für den Aufstieg des Kapitalismus. Dazu gehört ein für Klöster ziemlich neues Erwerbsstreben. „Auf der Basis von zahlreichen Käufen, Tauschhandlungen und Schenkungen vergrößerten die Mönche ihren Landbesitz im Umkreis der Grangien, arrondierten die Ackerflächen und suchten möglichst zusammenhängende Hofgemarkungen herzurichten. Bei der Vergrößerung von Hofflächen schreckten die Zisterzienser auch nicht davor zurück, zielbewusst Bauernland aufzukaufen, Bauernhöfe und Dörfer niederzulegen und den so gewonnenen Boden dem Grangienland hinzuzufügen.“ (Rösener in: Staufer und Italien, S.300, Bender in: Haverkamp/Hirschmann, S.325f))
Das Geld kommt aus Überschüssen an Getreide, Wein und Produkten aus der Viehwirtschaft, von Rindern und Schafen vor allem, die auf den Märkten nahegelegener Städte verkauft werden. Da Zisterzienser der Fleischgenuss untersagt ist, sind die Mengen an Fleisch für den Markt besonders hoch. Mit solchem Geld wird die Effizienz durch Düngung und optimales Zugvieh gesteigert und neues Land dazugekauft. Südwestdeutsche Grangien erreichen mit bis zu 200 ha das Vier-bis Fünffache eines durchschnittlichen weltlichen Herrenhofes. (Rösener, s.o.)
In zweiter Linie gelangen auch die Überschüsse aus der handwerklichen Arbeit auf dem Klosterhof (Schuhe, Kleider etc) auf den städtischen Markt.
1134 bittet der Trierer Erzbischof Albero Bernhard von Clairvaux um die Entsendung von Mönchen, die ein Konvent auf Trierischem Gebiet aufbauen sollen. Diese lassen sich zunächst in der Domimmunität nieder, wo ihre Niederlassung später ein Stadthof wird, gelangen dann in der Nähe nach Winterbach, um sich 1135 in Himmerod im Salmtal niederzulassen. Die Erzbischöfe fördern das Kloster und in der Folge gibt es viele Schenkungen Trierer Bürger. "Bis 1333 kam das Kloster auf diese Weise in den Besitz von 63 Häusern allein in Trier und war somit einer der größten Grundbesitzer der Stadt." (Hirschmann in: Anton/Haverkamp, S.411) Auch in anderen Städten werden Immobilien durch Schenkung erworben und verpachtet.
Neben dem Stadthof in Trier gibt es weitere Wirtschaftshöfe in unmittelbarer Nähe, einer beim Amphitheater, einer in Euren und einer zwischen Trier und Konz. Stadthöfe gibt es außerdem bald in Koblenz, Köln, Andernach und Speyer.
Um 1200 besitzt Himmerod bereits 14 Grangien für Ackerbau oder Viehzucht, weitere Höfe und Weinberge an vierzehn Moselorten (Bender in: Haverkamp/Hirschmann, S.321). Neben den Konversen gibt es hier auch schon Lohnarbeit und im Verlauf des 13. Jahrhunderts nimmt die Eigenwirtschaft langsam ab und entwickelt in den nächsten Jahrhunderten eine "Zinsgrundherrschaft" als "rentenwirtschaftliche Betriebsform" (Bender in: Haverkamp/Hirschmann, S.328)
Im Bereich von Handel (durch Conversen) und Geldgeschäften gewinnt die Abtei immer mehr an Bedeutung. Überschussprodukte wie Holz, Fleisch, Leder, Getreide, Wolle und Wein werden verkauft und in Grundbesitz reinvestiert. Dabei werden bessere Verkaufspreise auch in der Ferne gesucht und so erhebliche Gewinne erzielt. Anfang des 13. Jahrhunderts sind alleine die Handelsbeziehungen nach Antwerpen so stabil, dass Himmerod "dort ein eigenes Haus besitzt, Wein nach Brabant liefert und hier gekaufte Waren auf eigenen Schiffen zurückführen lässt." (Irsigler in: Flink/Janssen, S.71)
Um 1300 gibt es Himmeroder Grangien und Höfe zwischen Bonn und Koblenz am Rhein, an der Mosel zwischen Trier und Koblenz, in der Südeifel und in der Rheinpfalz.
1136 wird das Kloster Eberbach im Rheingau gestiftet. 1163 besitzt das Kloster bereits dank Schenkungen geistlicher und weltlicher Herren und Zukauf 16 Grangien zwischen dem hessischen Ried, Darmstadt und Rheinhessen. Um 1200 hat es etwa 300 Mönche und Konversen, die erhebliche Überschüsse erwirtschaften. An die städtischen Märkte wird neben Getreide und Vieh vor allem Wein verkauft. Dieser wird vom Kloster Reichartshausen am Rhein mit klostereigenen Schiffen vor allem rheinabwärts transportiert, wobei man von erheblichen Zollprivilegien profitiert. 1162 ist ein Stadthof in Köln mit umfangreichen Wirtschaftsgebäuden dokumentiert, der einen großen Teil des Kölner Weinmarktes versorgt. 1177 gibt es einen solchen Hof (curia) auch in Mainz. Kloster Eberbach ist eine erhebliche, und bewusst kapitalistisch ausgerichtete Wirtschaftsmacht mit dann 16 Grangien um 1300.
1142 wird Kloster Schönau bei Heidelberg vom Wormser Bischof Burchard II. gegründet und mit Mönchen aus Eberbach ausgestattet. Zwischen der Rheinpfalz und dem unteren Neckarraum entsteht ein Wirtschaftsimperium mit vierzehn Grangien und dem dazugehörigen Streubesitz, gefördert schließlich vor allem von der Familie des Pfalzgrafen. Stadthöfe entstehen in Heidelberg um 1200 (mit erheblichen Privilegien) , 1216 wird Worms erwähnt, wo der Pfalzgraf Quartier bezieht. „Das Kloster Schönau besaß in Worms Bürgerrecht und konnte seine Produkte dort zollfrei einführen und lagern. Der Verkauf von Klosterprodukten war dagegen an die übliche Ungeldabgabe gebunden.“ (Rösener, s.o.) Der Stadthof zu Speyer bekommt 1224 seine Zoll- und Steuerprivilegien vom Bischof bestätigt. Dazu kam etwas später ein Hof in Frankfurt.
Würzburg um 1170: „Die wirtschaftlich überaus erfolgreichen Zisterziensermönche errichteten dort einen großen Hof, welcher der Verwaltung ihrer Güter in und um Würzburg diente. Auch als Absteige, später als Studienhaus, vor allem aber als Lager- und Verkaufsstelle für ihre in Eigenbau hergestellten Waren und für überschüssige Naturalabgaben wurde der Stadthof benutzt. Er umfasste ein ganzes kleines Stadtviertel innerhalb der alten Stadtbefestigung, gelegen an der heutigen Karmeliterstraße zwischen Bronnbacher Gasse und Innerem Graben.“ (Leng, S.31)