GEWERBE UND STADT 1500-1650 (Materialsammlung)

  

 

Reformation und Kapitalismus

Stadt und Reformation (Hanseraum / Münster / Chemnitz)

Welthandel 

Der Niedergang der Hanse (Reformationen / Lübeck / Soest / Osnabrück / 1550-1600 / Hamburg / Das Ende)

Transport und Verkehr

Köln

Trier

Der wirtschaftliche Aufstieg Süddeutschlands

Untergang und Aufstieg der städtischen Freiheiten

Finanzen (Florenz)

Stadtbild (Armen- und Krankenwesen)

Städtisches Umland 

Kaufleute

Neues Bürgertum

Städtisches Untertanentum

Florenz

 

Technik

Handwerk

Textilien (Florenz)

Erze und Metalle

Industrie?

Kapitalkonzentration

Proletarisierung

Sklaverei

 

Das Land (Bundschuh /Armer Konrad)

Deutscher Bauernkrieg

Naturzerstörung

Plantagenwirtschaft

Neue Krankheiten

 

 

 

Nachdem die durch die Krisen des 14. und frühen 15. Jahrhunderts verursachte enorme Bevölkerungsminderung wieder einigermaßen ausgeglichen ist, kommt des im 16. Jahrhundert zu einer deutlichen Zunahme, um dann im 17.  zu stagnieren.

 

Reformation und Kapitalismus

 

Die verschiedenen Reformationsansätze entwickeln sich fast alle in größeren Städten mit viel Gewerbe bzw. Handel und haben im wesentlichen studierte Leute als Anführer.

Ergebnis der lutherischen Reformation: "Die Magistratsoligarchie, die Fürstenmonarchie und die Väter ersetzten die geistliche Altelite." (Rublack in: Postel/Kopitzsch, S.227) 

 

Eine der bedeutendsten Thesen Max Webers dreht sich um das enge Verhältnis von Protestantismus und Kapitalismus. Tatsächlich sind es protestantische Länder wie England oder die Niederlande, die den Kapitalismus nun besonders vorantreiben. Mindestens so interessant ist es aber zu fragen, wieweit der Kapitalismus die Reformationen vorangetrieben hat. Und da kommt man zu einem differenzierteren Bild.

 

Auf jeden Fall sind hochkapitalistische Städte nicht immer Nutznießer der Reformation, wie Nürnberg beweist, welches laut Reichsmatrikel von 1521 noch eine der reichsten Städte Mitteleuropas ist. Nachdem der Rat 1525 diese einführt, gerät die Stadt in Distanz zum spanisch-katholischen Kaiser und damit auch stärker ins machtpolitische und wirtschaftliche Abseits. Aber dabei geht es mehr um Machtpolitik als um Religion.

 

Generell kann man wohl sagen, dass die Zweckrationalität des Kapitalismus im protestantischen 16. Jahrhundert stärker auf die allgemeine Lebenswirklichkeit durchschlägt. Feste werden stärker reglementiert und die Fastnachterei wird immer mehr zurückgedrängt und dann partiell abgeschafft. Unmittelbar nach Einführung der Reformation werden in Nürnberg fast alle arbeitsfreien (Fest)Tage abgeschafft, da sie Fuellerey, Zorn, Unkeusch,Eebruch, Hadder, Verwundung, Todtschlag, Unfried und andere offentliche suendtliche Laster fördern (in: Fleischmann, S.118)

 

 

Nachdem die Reformationen sich über große Teile Europas ausgebreitet haben, werden sie teilweise von Königen und Fürsten unterdrückt, was zu Fluchtbewegungen in übrigbleibende protestantische Gebiete führt, an denen vor allem Gewerbetreibende beteiligt sind. Französische, italienische und flämische Flüchtlinge finden in Schweizerischen Städten wie besonders Genf, aber auch Zürich und anderswo als Kaufleute und Unternehmer Aufnahme, wo sie immer kapitalkräftigere Textilfirmen errichten, die schon mal bis zu tausend Spinnerinnen beschäftigen sollen (Schulz, S.230).

Eine weitere Welle vornehmlich von Handwerkern flieht nach England und den norddeutschen Landen und führt dort eine "marktorientierte unternehmerische Wirtschaftsgesinnung" ein (Schulz, S.232), was neben den konfessionellen Unterschieden zwischen den Protestanten zu Konflikten führt.

 

 

Stadt und Reformation

 

Glauben heißt Nichtwissen nicht ertragen können. Im religiösen Raum heißt es zudem, eine anthropozentrische Version von Sinnhaftigkeit zu etablieren, also eine, die den logischen Strukturen des menschlichen Verstandes folgt: Über den Tod hinausgehende Zielorientierung menschlichen Lebens, Sinnhaftigkeit menschlichen Handelns über alle Erfahrung hinaus, Begründungs-Zusammenhänge jenseits aller Natur für Machtentfaltung.

Die Reformationen seit Wiclif und Hus sind als städtische Phänomene literater Eliten genau dort einzuordnen: Im Kern sind sie Erneuerung von Rechtfertigungs-Strategien politischer Macht als Flankierung wirtschaftlicher Gruppen.

Der Boden für deutsche Reformation liegt in den Städten und dort je nach Stadt bei unterschiedlichen Gruppen. Diese sind mit der um ihre Macht besorgten Obrigkeit und der konfessionellen Orientierung von Fürsten konfrontiert sowie mit dem in der römischen Religion verharrenden Kaiser und seinem Statthalter über die übrig gebliebenen deutschen Kernlande.  

 

 

***Reformationen im Hanseraum***

 

Im Hanseraum neigen die Ämter (Zünfte) eher der lutherischen Reformation zu und die Patrizier, die ihre Macht bedroht sehen, wenden sich zunächst gegen sie, da sie ihre Macht bedroht sehen, lenken dann aber ein.

Die hochdeutsch und lateinisch verfassten Texte der Reformation erreichen zunächst nur wenige belesene Kreise des nördlichen Bürgertums. Es sind darum vor allem Theologen, welche es über Predigten verbreiten. In einem zweiten Schritt werden Texte dann bis nach England und Skandinavien von Hanse-Kaufleuten verbreitet.

 

Der pommersche Lehrer Bugenhagen hört von Luther und zieht darauf nach Wittenberg, wo ihn Luther 1525 als Stadtpfarrer empfiehlt. 1528 geht er nach Braunschweg, dann nach Hamburg und schließlich nach Lübeck, wo er überall eine protestantische Gemeindeordnung begründet.

 

Im Januar beschließt ein Hansetag in Lübeck Maßnahmen gegen die Reformierer, die aber nur in Hamburg, Lüneburg und Rostock vorläufigen Erfolg haben.

Noch 1525 beschließt ein weiterer Hansetag in derselben Stadt, dass die Städte befugt seien, ihre religiösen Angelegenheiten selbst zu regeln. In Preußen wird im selben Jahr schon der Ordensstaat säkularisiert. In Lübeck versuchen Gewerbetreibende, die Reformation mit politischer Partizipation zu verbinden, vertreiben die Katholischen im Rat, bis Bugenhagen dann dort mit seiner Kirchenordnung die Verhältnisse stabilisierte. 1528 wird in Hamburg nach einer öffentlichen Disputation die Reformation von der Obrigkeit durchgesetzt und 1529 durch die Kirchenordnung Bugenhagens stabilisiert.

In Livland holt man bewusst lutherische Prediger ins Land, die eine obrigkeits-orientierte Reformation betreiben.

In Danzig versucht der polnische König die römische Religion gewaltsam durchzusetzen, gibt aber 1557 gegen die Zahlung von 100 000 Gulden nach. In Köln und Westfalen wird die Reformation relativ bald unterdrückt, während sie sich in den wendischen Städten durchsetzen kann.

 

Tetxe der Reformation führen in Litauen zum ersten gedruckten Buch in litauischer Sprache und ebenso in der finnischen.

 

Lübeck

Zunächst vertreibt der Rat zwei lutherische Prediger und belegt die Verbreitung ihrer Lehren dann mit Strafen. Als man 1528 Geld für einen Krieg gegen Dänemark braucht, wird ein 64er-Ausschuss geduldet, der über die Finanzen wachen soll und sich unter der Führung des Kaufmanns Jürgen Wullenweber für die Reformation einsetzt. 1530 zwingen sie den Rat, die beiden Prediger wieder in die Stadt zu lassen, und bald darauf muss er der Reformierung der Kirche zustimmen, was den Vorteil neuer finanzieller Ressourcen hat: Man säkularisiert die Klöster. "Der Ausschuss ließ aus den Kirchen den gesamten Gold- und Silberschmuck entfernen - 96 Zentner - der bald darauf zur Finanzierung der Kriege beitragen sollte. (...) Künftig sollte die Stadt gemeinsam durch den Rat, den Vierundsechzigerausschuss und eine Versammlung , die aus 100 durch die Kirchspiele gewählten Mitgliedern bestand, regiert werden." (Dollinger, S.424f)

 

1531 lehnt sich der Rat gegen die Neuerungen auf. Zwei altgläubige Bürgermeister und viele Ratsmitglieder verlassen die Stadt und beschweren sich beim Kaiser. Der Rat wird nun durch bisher nicht politisch beteiligte Kapitaleigner aus Bürger-Ausschüssen aufgefüllt (Kaufleute, Rentner und Gewandschneider). 1533 wird Wullenweber Bürgermeister.

Es geht nun gegen holländische Schiffe in der Ostsee. Er will den Sturz des dänischem Königs Christian II. durch Friedrich I. dazu nutzen, Macht in Dänemark und die Kontrolle über den Sund zu gewinnen. Nur Rostock und Wismar beteiligen sich an dem Krieg, der wesentlich im Kapern holländischer Schiffe besteht. Nach dem Tod Friedrichs wendet sich der Sohn Christians, Herzog von Holstein und Schleswig, an Karl V., während Lübeck versucht, die Gunst von Henry VIII. zu erringen und dabei die von Gustav Wasa verliert. Darauf unterstützt Wullenweber den immer noch gefangenen (und katholischen) Christian II. 

Inzwischen ruft der altgläubige dänische Adel Christian III, zum König aus, der erfolgreich gegen Lübeck vorgeht, welches inzwischen die protestantischen Fürstentümer gegen sich hat. Wullenwebers Stellung in Lübeck wird schwächer und dann wird er 1535 gestürzt und der alte Rat wieder eingesetzt. Die Reformation bleibt allerdings. Der Erzbischof von Bremen lässt ihn gefangen nehmen und liefert ihn an den Herzog von Braunschweig aus. Er wird gefoltert und nach falschen Geständnissen hingerichtet.

 

Im Lübecker Konkordat von 1535 erkennen die Bürger den Rat als die ihnen von Gott gesetzte Obrigkeit an und nennen sich seine gehorsamen Bürger und Untertanen.“ (Ehbrecht, S.64)

 

Lübeck schließt mit Christian III. Frieden. Karl V. erreicht für Holland die freie Durchfahrt durch den Sund. 1547 besiegt er in der Schlacht bei Mühlberg die Truppen des Schmalkaldischen Bundes.

 

Im Verlauf des 16. Jahrhunderts verdreifacht sich die Zahl der Schiffe fast, die im Hafen verkehren, und das sind immer noch deutlich mehr als in Hamburg.Vor allem der Verkehr mit Danzig bleibt auf hohem Niveau. 1575 wird eine Spanienfahrer-Kompanie gegründet, die schwedisches und ungarisches Kupfer sowie norwegisches Holz dorthin verfrachten.

 

Andererseits steigt die Bevölkerungszahl im 16. Jahrhundert nicht mehr an.

 

Laut Dollinger sinken die Lübecker Kaufleute immer mehr zu Kommissionären anderer Firmen ab und die Stadt wird zum Ostsee-"Vorhafen" für Hamburg. (S.477) Die Stadt wird von Danzig abgelöst, der inzwischen größten Stadt an der Ostsee und dem wichtigsten Ostseehafen. Dabei wird das wichtigste Exportgut das polnische Getreide.

"1534 berichtete der kaiserliche Diplomat Maximilian Transsilvan, dass die Holländer alle Jahre ein- oder zweimal nach Danzig kommen mit zwei- oder dreihundert großen Schiffen, um das ganze Getreide (...) zu kaufen (...), denn alle großen Herren in Polen und in Preußen haben seit 25 Jahren Mittel gefunden, über gewisse Flüsse all ihr Getreide nach Danzig zu schicken (...) Und deshalb sind das Königreich Polen und die genannten Herren sehr reich geworden (...) Denn vor dieser Zeit wussten sie nicht, was sie mit ihrem Getreide machen sollten." (Kümper, S.345)

 

Soest

Anfang des 16. Jahrhunderts taucht die "Gemeinheit" in etwa als Zusammenfassung aller Bürger auf, die nicht in Zünften organisiert sind. Darunter sind dann Tagelöhner und Gesinde. Ganz oben sind z.B. die Salzbeerbten, die spätestens 1517 die Gesellschaft vom Stern bilden, die einen Platz im Rat beanspruchen und in der Regel die Bürgermeister stellen.

 

Seit etwa 1525 treffen sich "Eidgesellen" (eetgesellen) im Haus des Johann von Arnsberg. 1530 wird einem Laienprediger die Predigt verboten, und er wird durch den Rat vorübergehend gefangen gesetzt. Deutsche Lieder werden in einer Kirche gesungen. Luthers Einfluss fehlt noch, es ist eine allgemeine religiöse Erneuerungsbewegung. ((Ehbrecht, S.347)

1531 behauptet der Rat, Johann von Kleve habe von Obrigkeit über die Stadt geschrieben. Wer sich dagegen wendet, solle bestraft werden. Drei Schützen-Bruderschaften beginnen mit Widerstand und gründen eine neue, und protestantisches Gedankengut verbreitet sich. Die Bürgergemeinde verlangt nun das Verlesen der Schrae, des Rechtsbuches der Stadt, was im Oktober geschieht. Es wird auf Druck der Gemeinde mit (nicht religiösen) Zusätzen versehen. 

 

Die Reformation gewinnt an Einfluss. Der zur Reformation neigende Dominikaner Borchwede schlägt am 20. November 22 Thesen an die Stiftskirche St.Patrokli an. Van Kampen und andere Prediger kommen nach Soest.

Van Kampen wird verhaftet und das führt sofort zu einer Versammlung des "gemeinen Volkes". Das Stadt-Weinhaus wird besetzt. Die zwei Bürgermeister Greve und Gropper werden eingesperrt. Man zieht in die Dom-Immunität, und die Häuser der Geistlichen werden geplündert. Die Stadtbezirke (hoven) setzen einen 24er-Ausschuss ein. Es wird Straffreiheit und Übernahme der Reformation gefordert. Die beiden Bürgermeister stimmen zu und werden befreit und wieder eingesetzt.

 

Ein Gerd Oemeken aus Lippstadt soll 1532 eine städtische Kirchenordnung ausarbeiten, was gegen die Interessen des Kleveschen Herren ist, der eine Landeskirche aufbauen möchte. Anfang 1533 wird ein Achter-Ausschuss soll die Klöster visitieren. (zwei Räte, zwei Zwölfer und vier von Ämtern und Gemeinheit). Oemeken setzt auf den Rat als overicheit und wendet sich gegen Borchwede und Kampen. Die Kleveschen Landstände wenden sich gegen die Reformen in der Stadt. Die Prädikanten sind untereinander uneinig. 

Im März kommt es zu Konflikten zwischen Oemeken und dem Gropper-Flügel des Rates und zu Volks-Aufläufen. Im April verlässt Oemeken die Stadt für den Druck der Kirchenordnung in Lübeck.

Im Mai/Juni interveniert der von Johann von Sachsen damit beauftragte Luther bei der Stadt für seine Reformation und gegen die Aufrührer unter den Reformatoren.

Anfang 1533 muss Kampen die Stadt verlassen. Im März Auflauf, die Hoven wählen einen 24er Ausschuss. Dem Rat werden von Brune 22 reformatorische Artikel gebracht. Die Kirchenaufsicht soll vom Rat auf einen Superintendenten übergehen.  Die sechs Hoven bringen eigene Artikel ein. 

Im April neue Unruhen, worauf deren Anstifter hingerichtet werden sollen. Sie werden als lutherische Märtyrer des Glaubens bezeichnet. 16 Herren der Ratspartei verlassen die Stadt.

 

Im Juli 1534 erklärt sich ein neuer Rat für die Reformation und gegen die Position des Landesherrn von Kleve.

1538 unterschreibt Soest die Schmalkaldener Erklärung.

 

Osnabrück

Schon im späteren 15. Jahrhundert gibt es kirchenkritische bis antiklerikale Positionen in der Stadt. Wohl am 29. Mai 1525 stürmen Gruppen der Bürgergemeinde, darunter die Schützen unter Johann Oberg, das Gerichtshaus auf dem Domhof und vertreiben die Notare. Unter anderem dabei sind der Gograf Otto Spiker und Johann Ertmann. In den folgenden Tage werden Klerikerhäuser geplündert usw. Es geht gegen die Privilegien der Geistlichkeit. Auf einer Versammlung wird ein "gemeiner Rat" gebildet.

Am 1. Juni verhandelt der Bischof mit Domkapitel und Rat, aber nicht mit dem gemeinen Rat als Bürgerausschuss. Als die Leute damit unzufrieden sind, holen sie die Webstühle aus den Beginenhäusern und bringen sie aufs Rathaus

Am 4. Juni scheren die Schützen aus der Protestbewegung aus. Am 14. Juni wird eine Sammlung von gesammelten Beschwerdeartikeln dem Rat übergeben. U.a. Verbot des Handels geistlicher Einrichtungen,Verbot der Aufnahme dort von Gesellen, die gegen die Ämter verstoßen haben, geistliche Straftäter sollen wie weltliche bestraft werden, Bettelverbot für Mönche, Kennzeichnung der Pfaffenfrauen an den Mänteln, Brau- und Zapfrecht allein für Bürger.

 

Sie ähneln solchen in Münster, Köln und anderswo in dieser Zeit. 

Am 6. August kommt es zum Vertrag des Bischofs mit der Stadt.

 

 

***Münster***

 

In Münster kontrolliert seit dem 13. Jahrhundert ein Rat aus von den Vollbürgern gewählten Erbmännern die Stadt, der innerhalb und außerhalb von ihr Land besitzt und Renten kassiert. Daneben existieren seit derselben Zeit 17 Zünfte der Handwerker und Kaufleute mit je zwei Gildemeistern an der Spitze, die sich 1410 zu einer Gesamtgilde zusammenschließen und über sich zwei Overluden haben.

Nach und nach gelangen führende Personen dieser Gilden in den Rat, während die Erbmänner sich mit dem Landadel versippen und nach einem ländlichen "Ritter"dasein streben. Die meisten der inzwischen etwa 9000 Einwohner stehen aber als Gemeinheit (Gemeinde) außerhalb des Gefüges von Rat und Gilden, da sie entweder nur Bruderschaften angehören oder überhaupt nicht organisiert sind. Das gilt für Zimmerleute, Tuchscherer, Weber wie für Färber, Apotheker und Weinhändler und andere.

 

Neben diesem Konfliktpotential steht das von Kirche und Klöstern und auf der anderen Seite der Laienwelt. Die Kirche ist weiter großer Grundbesitzer und die Klöster sind darüber hinaus teilweise gewerbliche Konkurrenz, tragen aber nichts zum Steueraufkommen der Stadt bei. 1525 formiert sich eine Handwerkermenge gegen diese Privilegien, stürmt ein Nonnenkloster und verlangt die Auslieferung der klösterlichen Webstühle und Werkzeuge. Der Gesamtverband der Gilden schließt sich an und fordert "die Besteuerung des Klerus, die Aufhebung der geistlichen Gerichtsbarkeit, das Verbot der Klosterarbeit, Aufhebung des Kirchenbanns, Mitsprache bei der Bestellung von Kaplänen und die Einhaltung des Zölibats." (Schneider-Ferber, S.211)

Nachdem der Bauernaufstand niedergeschlagen ist, nimmt der Bischof die erzwungenen Zugeständnisse 1526 wieder zurück.

 

1531 finanzieren Kaufleute eine Reise Bernhard Rothmanns in Zentren der Revormation, nach Marburg, Wittenberg und Straßburg. Danach predigt er am Mauritzstift lutherischen Protestantismus. Als der Bischof ihm das Predigen untersagt, tritt die Gesamtgilde unter der zunehmenden Führerschaft des reichen Tuchhändlers Knipperdolling für ihn beim Rat ein. Knipperdolling war schon länger Gegner des Bischofs. Im Febraur 1532 gelingt es der Opposition, die Lambertikirche zu stürmen und dort Rothmann als Prediger einzusetzen. Nun werden katholische Prediger auch aus anderen Pfarrkirchen vertrieben. Die Gilden bilden einen 70-köpfigen Ausschuss, der die Reformation vorantreibt.

 

1533 nehmen städtische Truppen in Telgte Domherren, Patrizier und probischöfliche Räte gefangen. 1533 wird im Vertrag von Dülmen eine Teilung der Stadt in katholische Domkirche und protestantische Pfarrkirchen etabliert. Bei den bald folgenden Ratswahlen sind noch ein Erbmann und sechs alte Geschlechter vertreten, dafür aber 17 Vertreter der Gilden.

 

Inzwischen war das Täufertum aus Südwestdeutschland bis nach Münster gelangt und hat Rothmann beeinflusst: Pfarrerwahl durch die Gemeinde, Ablehnung von Kriegsdienst und des Eides sowie die Ablehnung der Kindertaufe. Dazu kommen Endzeitgedanken von der Nähe des Jüngsten Gerichtes.

Jetzt wendet sich der protestantische Rat ebenfalls gegen Rothmann, dessen Täufertum durch Flüchtlinge aus anderen Städten verstärkt wird, zu denen Jan Bockelson aus Leiden stammt, der sich mit Knipperdolling anfreundet. Viele Münsteraner Erwachsene lassen sich heimlich taufen.

Knipperdolling und Bockelson ziehen predigend durch die Straßen und wenden sich gegen Reichtum und Besitz. Die Reichen legten all ihr Geld zu den Füßen Rothmanns nieder, zerrissen und verbrannten alle Schuldverschreibungen, die sie besaßen, und erließen ihren Schuldnern ihre ganze Schuld, erinnert sich Kerrsenbroich in seiner 'Narratio historica Anabaptistici furoris Monasterium' (Schneider-Ferber, S.222), auch wenn dann sicher nicht alle tun.

 

Januar 1534 verkündet der Rat Glaubensfreiheit. Als das Gerücht umgeht, der Bischof marschiere gegen die Stadt, fliehen die einen und die anderen bekehren sich zu den Täufern. Ein neuer Rat erhält eine klare Mehrheit für die Wiedertäufer.  Nun kommt auch Jan Matthys aus Haarlem und zuletzt aus Straßburg hinzu und die Stimmung radikalisiert sich. In einem Bildersturm werden Dom und Kirchen vom alten Kirchenschmuck "gesäubert" und dann auch von individuellen Plünderern verkauft. Etwa 2000 Menschen, die sich nicht erneut taufen lassen wollen, werden aus der Stadt vertrieben. Etwa ebenso viele sind inzwischen eingewandert. Das Stadtarchiv wird zerstört und Bücher werden verbrannt.

 

Um die Stadt in der Belagerung zu ernähren, wird Gütergemeinschaft und Naturaltausch eingeführt. Nach dem Tod von Jan Mathys setzt Jan Bockelson ("van Leyden") einen Rat der Zwölf Ältesten mit 50% eingewanderten radikalen Täufern ein. Ein alttestamentarischer Fundamentalismus führt bis zu einer patriarchalischen Polygamie. Ein Aufstand von rund 200 Bürgern gegen die Täuferdiktatur wird brutal niedergeschlagen.

 

Schließlich gelingt es Jan Bockelson, sich zum König (von Zion) mit großem Hofstaat und 16 Frauen ausrufen zu lassen, während die Massen nun hungern. Nach sechzehn Monaten Belagerung gelingt es einem Söldnerheer, die Stadt einzunehmen. Wehrfähige Männer werden erschlagen, die Führungsfiguren der Täufer werden gefangen genommen, mit glühenden Eisenzangen gefoltert, getötet und dann in Eisenkäfigen oben an der Lambertikirche aufgehängt.

 

Der Bischof vertreibt den Protestantismus und verbietet die Gilden. Erst 1353 wird die Dreiheit aus Rat, Ämtern (Gilden) und Gemeinde wieder hergestellt. 1555 erlaubt der Augsburger Religionsfriede dann das Nebeneinander von Katholiken und Protestanten.

 

***Chemnitz***

 

Die im Berg- und Hüttenwesen sowie im Metallhandel verankerte altgläubige Kapital-Elite der Stadt ist mit Herzog Georg verbündet. Als es im Februar 1524 zu einer Schwurgemeinschaft und einem Auflauf des lutherisch orientierten niederen Bürgertums und von Leuten der Unterschicht kommt, zeigt sich aber, dass es im Rat bereits unterschiedliche Positionen gibt. Das Chemnitzer Kapital wird immer mehr durch solches aus Augsburg und Leipzig verdrängt, und die Bedeutung des Bergbaus im Erzgebirge lässt nach. Damit steigen Leinen- und Barchentproduktion mit allen Begleithandwerken auf und es formiert sich eine neue kapitalgetriebene Obrigkeit, die zusammen mit dem neuen Herzog Heinrich nun die Reformation auch von oben betreibt. (alles nach Bräuer in: Postel/Kopitzsch, S.37f)

 

 

Welthandel

 

Das 15. Jahrhundert bis in die Anfänge des 16. schafft neue Handelswege über die Meere. Bessere Schiffe umrunden von Italien aus die iberische Halbinsel und bringen ihre Waren dann nach Antwerpen.

 

Kastiliens Reichtum steigt mit der Kolonialwirtschaft. Immer mehr Geld ist in Umlauf und verstärkt die Nachfrage vor allem nach Konsumgütern. Händler aus Sevilla, Burgos, Medina del Campo betreiben Handel über den europäischen Kontinent. 

 

Die Schiffe und Händler der neuen Vormächte beherrschen zunehmend das Mittelmeer. Selbst Florenz wird zunehmend von genuesischen und kastilischen Händlern abhängig und versucht mit einem internationalen Freihafen Livorno den Anschluss zu halten. Mitte des 16. Jahrhunderts werden dort neue Docks und ein Arsenal gebaut samt einem Kanal, der es mit Pisa und dem Arno verbindet. Der Ort steigt von wenigen hundert auf 12 000 Einwohner.

Genuesen und Venezianer stellen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ihre Schiffahrt in den Norden ein, während von dort insbesondere englische und holländische Schiffe kommen. Ende des Jahrhunderts setzen sich Engländer und Franzosen aus Marseille mit Handelsposten in der Levante fest.

 

Die Konflikte um Flandern seit Maximilian führen mit zum Abstieg Brügges. Antwerpen ist nun vorläufig Dreh- und Angelpunkt des Welthandels. 1508 beschließt die portugiesische Krone, die Stadt zum Verteilerzentrum seines Gewürzhandels aus dem fernen Osten zu machen. Der von süddeutschen Firmen kontrollierte Silbermarkt löst sich von Venedig und wendet sich Antwerpen zu. Neben den portugiesischen Gewürzen laufen nun Tuche aus England, Silber, Kupfer, Metallprodukte und Barchent aus Deutschland über die Stadt.

Mitte des 16. Jahrhunderts ziehen sich die Portugiesen aus Antwerpen nach Lissabon zurück und werden mit der Förderung von Karl V. durch Spanier ersetzt, die einen Teil ihrer amerikanischen Edelmetalle dorthin fließen lassen. Von etwa 1500 bis 1565 steigt die Bevölkerung von 30 000 auf 100 000 an, um dann im 17. Jahrhundert mit dem Aufstieg von Amsterdam wieder erheblich zurückzufallen. Im Aufstand der Niederlande gegen die spanischen Habsburger kommt es 1575 zur Sperrung des Antwerpener Hafens und zur Abwanderung eines Teils seines Geschäftes.

 

Zunächst sieht Antwerpen im 16. Jahrhundert die Dominanz süddeutscher Firmen mit ihrer Nähe zum Kaiser und die Abwanderung der Italiener, bleibt aber "internationales" Handels- und Finanzzentrum. Ab 1580 steigt die holländische Wirtschaft rapide auf und macht das nicht fürstlich, sondern direkt vom Kapital regierte Amsterdam zum neuen Weltzentrum im Norden. Daneben haben die von Genuesen beherrschten Messen von Besancon zentrale Bedeutung.

 

Im 16. Jahrhundert löst sich der Nordwesten Europas mit Flandern, den Niederlanden und England von einem Fallen Resteuropas in eine gewissen Stagnation. Die Produktivität der Landwirtschaft in Flandern und den Niederlanden ist höher als im Rest Europas, die Bevölkerung deutlich wohlhabender und verdichteter sowie der internationale Seehandel gemessen an der Flottengröße im Verhältnis zur Einwohnerzahl am größten. Damit sind die beiden Gebiete an Stand der Urbanisierung längst an Nord- und Mittelitalien vorbeigezogen.

 

 

Welthandel über vier Kontinente verändert die Welt. Keine Gegend dort, die nicht für den global agierenden Handel erschlossen wird, Kapital erfasst die ganze Welt Schritt für Schritt und macht sie ihren Interessen untertan. Finanzen, Handel und Produktion sind dabei auf eine Vielzahl von Metropolen des Kapitals ausgerichtet, und die politische Macht unterstützt sie dabei.

Weltweit agierendes Kapital an Florentiner Beispielen: Der ursprünglich für die Florentiner Cambini-Firma in Lissabon agierende Marchionni macht sich in den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts dort selbständig, investiert in Fahrten nach den Indien und in den Gewürzhandel, 1486 bis 1495 kauft er sich in das Nigerdelta ein, von wo er Handelsprivilegien insbesondere für den Sklavenhandel in Westafrika erlangt. Vermarktet wird über Partner in Sevilla und Valencia. Neben den Fuggern und Welsern finanziert auch Marchionni die Fahrten von Vespucci 1501-02 und von Vasco da Gama 1502-03. Ein anderer mittlerer Florentiner Kaufmann finanziert 1510 die vier Schiffe, die nach Malacca fahren. (Goldthwaite, S.158/59)

 

Eine ebenfalls mittelgroße Firma mit den Partnern Strozzi und Capponi in Florenz und Partner-Firmen in Südspanien exportiert nun um 1535 Sklaven, Wein und Fertigtuche nach Mexiko und handelt dort Silber ein. Eine weitere operiert um 1550 von Florenz aus über Firmen in Sevilla, Cadiz und Valladolid, verhandelt dabei über 150 Warenarten, und zwar durch die ganze damals bekannte Welt. (Goldthwaite, S.156). Genuesische und florentinische Banken agieren überall in Südspanien, in Lissabon vorläufig noch vor allem die Florentiner, in Zentralkastilien bald nur noch die Genuesen.

 

Tatsächlich ist es Genua, welches im 15. Jahrhundert langsam zur ersten Handelsstadt im Mittelmeerraum aufsteigt. Als die Messe von Medina del Campo 1500 sowohl offizielles spanisches wie internationales Finanzzentrum wird und in Bedeutung an Lyon und Antwerpen heranreicht, behaupten sich dort Genueser Banken neben süddeutschen, solange Karl V. herrscht, und danach beherrschen sie dort den Markt. Umgekehrt verhilft katalanischen Firmen Förderung durch die toskanischen Herzöge zu immer mehr Präsenz in Florenz.

 

Welches Unheil bei der Zerstörung gewachsener Kulturen und Zivilisationen und der Entwurzelung der Menschen ganzer Kontinente angerichtet wird, wird sich erst im zwanzigsten Jahrhundert deutlich für die Europäer zeigen. Nichts macht das heute offensichtlicher als die Besiedelung Westeuropas durch die Völker der ehemaligen Kolonialreiche.

 

Was den einen Macht und Reichtum verschafft, schadet den anderen. Für den bis dato auf Zypern, Kreta, auf Sizilien und um Granada angebauten Zucker bedeutet die Kolonisierung der Kanaren und Madeiras samt menschenverachtend günstigem Anbau von Zuckerrohr einen erheblichen Preisrückgang. Solcher Zucker ist nicht länger ein Luxusprodukt, so wie nun auch Pfeffer im 16. Jahrhundert von breiteren Massen konsumiert wird.

 

Handelskompagnien zur Erschließung der Waren und Verwaltung der überseeischen Gebiete entstehen: Indienkompagnie. 1600 Britische Ostindienkompagnie 1602 niederländische Ostindienkompagnie 1627 portugiesische Ostindienkompagnie 1664 französische Ost- und Westindienkompanien 

 

Atlantische und pazifische Wende bedeuten nicht so sehr Wende für die Machtverhältnisse in den Zivilisationen Europas, sondern eine auf den anderen Kontinenten. Im kapitalistischen Europa herrschen Potentaten und Kapitaleigner in relativer Kontinuität bis ins 18. Jahrhundert weiter, einträchtig zusammen mit ihrer hohen Geistlichkeit.

 

 

Der Niedergang der Hanse

 

Der Niedergang der Hanse beruht nicht auf einem Niedergang des Handels oder der Städte, die teilweise wie Hamburg oder Danzig eher enorm aufblühen. Vielmehr hat er damit zu tun, dass die Hanse als Verbund keine Dominanz mehr in ihren Räumen herstellen kann. Die Auflösung der Hanse hat dabei machtpolitische und wirtschaftliche Gründe, die eng miteinander verzahnt sind.

 

Schon bevor sich der Welthandel mit der Eroberung der beiden Amerikas und Afrikas riesige neue Gebiete erschließt, verändern sich seine Strukturen in Europa. Der wirtschaftliche Aufstieg süddeutscher Städte, der östlichen Niederlande und Englands verlagert die Gewichte, führt zu neuen regionalen Kapitalkonzentrationen mit entsprechender Kaufkraft.

 

Die dominante Ost-West-Ausrichtung des Hansehandels wird gebrochen an dem steigenden Handel süddeutscher Firmen mit dem Norden ohne hansische Vermittlung. Die flämische Tuchproduktion bricht unter englischem Druck ein. Süddeutsche Firmen verdrängen Hansekaufleute beim Handel mit englischem Tuch in Antwerpen und den Brabanter Messen. Besonders Köln hat darunter zu leiden, nachdem sich Lübeck bereits aus dieser Sphäre zurückgezogen hat.

Welthandel orientiert die Kaufleute der einzelnen Hansestädte neu und lässt die relative Abschottung des alten Hanse-Raumes nicht mehr zu.

 

Ein weiteres stellt der Aufstieg der Nationalstaaten bzw. der deutschen Fürstentümer dar. Nicht mehr Städte, sondern Territorialstaaten betreiben nun zunehmend die Förderung von Kapitalverwertung.

 

 

1518 schließt ein Hansetag 31 Städte wegen Nichtbeteiligung aus, darunter Stettin, Krakau, Halle, Groningen. Die Uneinigkeit nimmt immer mehr zu.

 

Konfliktpotential mit England bleibt nach dem Frieden von 1479 der Unmut der englischen Kaufleute darüber, dass die englischen Handelsprivilegien in Preußen nicht erneuert worden waren. Der Kanzler Kardinal Wolsey versucht die Hansen mit Prozessen und Abgabenerhöhungen unter Druck zu setzen. Das ändert sich vorübergehend, als er von Henry VIII. 1530 wegen der Scheidung von Katharina von Aragon abgesetzt wird.In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts exportieren aber Hansekaufleute weiter in beträchtlichem Maße englische Tuche und importieren französische Weine.

1552 verringert die englische Regierung dann vor allem zugunsten der Merchant Adventurer Hanse-Privilegien und es setzen Exportbeschränkungen ein. Die englische Tuchhändler- Company mit ihren inzwischen mehr als 7000 Mitgliedern gewinnen 1560 das Monopol auf den Tuchexport in die Niederlande und nach Norddeutschland und lassen sich kurz darauf in Hamburg und Emden nieder.

 

 Die Konflikte zwischen dem "Heiligen" Römischen Reich und dem englischen Tudorreich führen 1598 dazu, dass Königin Elizabeth zugunsten des heimischen Handels den Stalhof schließen lässt. In ihrer Ordonnanz vom 13. Januar begründet sie das damit, das der Kaiser verboten habe, dass englische Kaufleute irgendwo in seinem Reich Handel treiben dürften, und vordergründig als Reaktion auf die Ausweisung der Merchant Adventurer aus Emden.

 

Ein wesentlicher Einschnitt im Westen war schon die schrittweise Übernahme der Niederlande durch Burgund. Erst 1442 haben die Hanseleute in Brügge ein eigenes Gebäude für ihre Versammlungen, 1478 bauen sie dann das Osterlingenhaus aus. Inzwischen versandet aber der Zwin trotz aller Gegenmaßnahmen immer mehr und es sinkt auch deshalb die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt und mit ihr auch die der Hanse-Niederlassung.

 

Antwerpen hat inzwischen Brügge an Bedeutung für den Fernhandel abgelöst und nimmt seinen Aufschwung auch mit den Niederlassungen der englischen merchant adventurers, der Portugiesen und Venezianer. Die Stadt bietet bessere Handelsbedingungen und inzwischen auch den direkten Kontakt zum immer dominanteren englischen Tuchhandel.

Auch die deutschen Kaufleute siedeln sich nun dort an, und die Hanse verlegt ihr Kontor 1555 offiziell dorthin. Man erhält ein Grundstück von der Stadt und baut dort zwischen 1564 und 1568 das sogenannte Oostershuis. Es ist eine prächtige vierflügelige Anlage mit 144 Schlafkammern auf einer Fläche von fast 5000 Quadratmetern. (Kümper, S.305) Aber in dieser Zeit sind die Handelsbeziehungen Englands mit den Niederlanden bereits erheblich ausgebaut.

 

Mit der Fertigstellung des Kontorgebäudes bricht aber der Aufstand der Niederlande gegen die spanische Fremdherrschaft aus, der 1581 zur Gründung der Republik der Vereinigten Niederlande führt und zu rund achtzig Jahren Krieg. Damit spielt zwar Antwerpen für einzelne deutsche Kaufleute noch eine Rolle, aber nicht mehr für einen Hanseverbund.

 

Mit der Fischerei um Island wird seit dem 15. Jahrhundert das Bergener Stockfischmonopol gebrochen, wobei Engländer und einzelne Hansekaufleute ihre Fänge nunmehr direkt auf die Märkte im Binnenland bringen. Um 1500 verringern sich die Heringschwärme in der Ostsee immer stärker und bleiben seit der Jahrhundertmitte dann fast ganz aus. In derselben Zeit verbessert sich die niederländische Schiffstechnik und Niederländer beginnen, die Hanse mit der Nordseefischerei abzulösen. Köln wird nun eine Drehscheibe des Heringshandels (SchubertAlltag, S.148)

 

1523 lässt sich Gustav I. (Wasa) mit Unterstützung Lübecks zum schwedischen König krönen, womit die Kalmarer Union zu Ende ist. Er begründet eine Erbmonarchie und mit den Enteignungen von Kirchengütern während der Reformation wird er den Kronbesitz versechsfachen. Lübeck erhält von ihm die Hanseprivilegien für sich allein.

 

Derweil wird Christian II. von Dänemark (und Norwegen) durch seinen Onkel Friedrich gestürzt und muss ins Exil nach Holland. Von dort kämpfen die Holländer gegen diejenigen Hansestädte, die König Gustav unterstützen.

1531 landet Christian in Norwegen und Friedrich verteidigt sich mit holländischer und Lübecker Unterstützung. Am Ende bekommen nur die Holländer daraus Vorteile, während die Lübecker leer ausgehen. Zudem wird vom König nun der Ostseehandel der Fugger gefördert.

Gegen Friedrichs Sohn Christian III. (ab 1535) führt der Lübecker Bürgermeister Jürgen Wullenwever einen Kaperkrieg, der am Ende scheitert und mit seinem Tod endet. Inzwischen ist Lübeck erheblich geschwächt.

 

1526 macht Hochmeister Albrecht von Zollern aus den Resten Westpreußens 1526 ein protestantisches Erbherzogtum, welches er vom der polnischen Krone zu Lehen nimmt. Knapp hundert Jahre später wird es mit dem Kurfürstentum Brandenburg vereint werden.

1569 erhält das polnisch-litauische Reich Livland und Kurland dazu.

 

Etwa gleichzeitig mit dem Niedergang des Brügger Kontors schwindet auch die Bedeutung Nowgorods für die westlichen Städte nach Wiedererrichtung des dortigen Kontors. Nachdem es einen Konflikt mit Reval gibt, schließt der Moskauer Großfürst Ivan III. Ende des 15. Jahrhunderts den Peterhof, der dann bei großem Bedeutungsverlust für die Hanse 1514 wieder geöffnet wird. Nowgorods Beziehungen zu Dorpat, Reval und Riga nehmen zu, und die westlicheren Kaufleute fahren nun eher diese näheren livländischen Städte an, um Güter aus Russland einzukaufen.

 

1553 erreicht ein englisches Schiff den Hafen von Archangelsk.

Livland ist in den Händen eines Zweiges des Deutschen Ordens. 1558 erobert Iwan IV. ("der Schreckliche") Dorpat und Narva. Schweden versucht als Schutzmacht Revals seit 1561 immer mehr Einfluss auf den Russland-Handel zu bekommen, was 1563-71 zu einem Krieg Lübecks und Dänemarks dagegen führt, in dessen Verlauf Lübecker Schiffe Reval beschießen, nachdem es Revaler Kaperfahrten gegen Lübecker Schiffe gibt.

 

Was Antwerpen für den Norden ist, sind Sevilla und Lissabon inzwischen für den Südwesten. Kaufleute aus Hamburg, Lübeck und Danzig liefern im 16. Jahrhundert verstärkt Holz und Getreide dorthin und brechen damit aus dem Hansekontext aus.

Der Anteil der Hanseschiffe am Export von ihren Städten aus nimmt rapide ab. Eine Quelle beschreibt 1534 den Reichtum Polens und insbesondere Danzigs damit,

dass die Holländer alle Jahre ein- oder zweimal nach Danzig kommen mit zwei- oder dreihundert Schiffen, um das ganze Getreide, das sich in der Stadt Danzig befindet, zu kaufen und binnen 14 Tagen zu verladen. Denn alle großen Herren in Polen und in Preußen haben seit 25 Jahren Mittel gefunden, über gewisse Flüsse all ihr Getreide nach Danzig zu schicken und es dort an die Leute der genannten Stadt zu verkaufen. (in: Dollinger, S. 574f)

 

Mit dem Territorialismus der Fürstentümer und dem unaufhaltsamen Aufstieg der Nationalstaaten nehmen die politischen Freiheiten der meisten Städte und ihre internationale Ausrichtung ab, soweit sie nicht von Herrschern gefördert wird. Kleinere Städte können sich militärisch nicht mehr halten. Nur große, reiche Städte können Festungsanlagen bauen, die der immer besseren Artillerie noch standhalten. Dazu gehören Lübeck, Hamburg, Bremen, Braunschweig und Magdeburg. Die übrigen Städte integrieren sich in die Fürstentümer und verlieren ihre Autonomie.

 

Ein weiterer Faktor sind die Reformationen, deren Unterschiede und die zwischen Katholiken und Protestanten die Solidarität untereinander gefährden, was in den folgenden Kriegen die Finanzen der Städte teilweise ruinieren und die schließlich die Fürstenmacht durch Einziehung von Kirchengut verstärken.

In den 20er und 30er Jahre bilden sich in Wismar, Rostock, Bremen und anderen Städten Ausschüsse aus Handwerkern und politisch unterprivilegierten Kapitaleignern, die Partizipation verlangen und auf die Dauer scheitern werden. (s.u.:Lübeck)

 

Um 1550 nimmt die Zahl der zentralen und regionalen Tagfahrten zu. Die verbleibenden Städte der Hanse versuchen sich enger zusammenzuschließen. Die Hanse teilt sich nun als Einung, confoederatio statt in Drittel in Viertel, ein kölnisches, ein lübisches, ein preußisches und ein sächsisches. 1557 wird auf dem Augsburger Religionsfrieden engere Kooperation beschlossen mit einem Statut und einem festen Jahresbeitrag, und ein Syndikus wird als hauptamtlicher Geschäftsführer eingesetzt. Getagt wird nun nur noch in Lübeck. Damit ist die Hanse nun ein richtiger Städtebund. Aber tatsächlich zerfällt in den nächsten hundert Jahren das Bündnis zunehmend bei immer stärker auseinander driftenden Eigeninteressen und immer mehr ausscheidenden Städten insbesondere im Binnenland..

 

Dennoch wächst in vielen einzelnen Städten insbesondere in den Boomzeiten zwischen 1460 und dem Dreißigjährigen Krieg sowohl der Handel wie das Gewerbe. Der militärische und politische Niedergang bedeutet am Ende für so manche Hanse-Stadt keine massive Krise der Kapitalverwertung.

 

Die Integration eines neuen Welthandels führt dazu, dass sich Firmen immer mehr ähneln. Die neue Hansefirma der vullen mascopey teilt wie üblicherweise im lateinischen Mittelmeerraum die Gewinne nach Investitionsvolumen und beteiligt die Teilhaber nun entsprechend am vollen Risiko.

"Immer häufiger blieben Faktoren, also Beauftragte oder Angestellte, die nicht selbst an der jeweiligen Gesellschaft beteiligt waren, langfristig am jeweiligen Handelsort. Sie rechneten dementsprechend sofort mit ihren Auftraggebern ab - meist, indem sie neue Waren einkauften und zurücksandten." (Kümper, S.328) Kapital ist nun flexibler einsetzbar, aber die Risiken steigen, auch das, dass sich Faktoren mit Geld aus dem Staub machen.

 

Firmen basieren nicht mehr auf der aktuellen Reputation des einzelnen Kaufmanns, sondern auf der dauerhaften des meist noch Familienbetriebes. "Das soziale Kapital der hansischen Firma wuchs mit dem Erfolg der Generationen und der Repräsentationsfähigkeit ihrer Familienmitglieder." (Kümper, S.330)

 

Die Hanse 1550-1648

Drei Faktoren bestimmen das Schicksal der Hanse vor dem Dreißigjährigen Krieg: Der Aufstand der Niederlande gegen die spanische Herrschaft ab 1568, der Verlust Livlands an Russen und Schweden und die zunehmende Dominanz der englischen Händler im norddeutschen Raum.

Nur die Tatsache, dass die Niederlande über Jahrzehnte vom Handel mit der iberischen Halbinsel abgeschnitten ist und die Hanse dafür einspringen kann, schlägt für sie positiv zu Buche.

 

1555 führt der Augsburger Religionsfriede zur Entspannung im Konfessionskonflikt.

 

Die Auflösungstendenzen innerhalb der Hanse werden mit der Einrichtung einer gemeinsamen Kasse und eines Syndicus, also Geschäftsführers und 1557 mit einer 'Konfederationsnotel' beantwortet. Das Statut

"wiederholte nur die oftmals vorgebrachten Vorschriften: die Verpflichtung, sich auf dem Hansetag vertreten zu lassen und seine Entscheidungen anzunehmen; einen Streitfall zwischen zwei Städten einem Schiedsgericht der Nachbarstädte und in letzter Instanz dem Hansetag zu unterbreiten, verbunden mit dem absoluten Verbot, sich an ein fremdes Gericht zu wenden; die gemeinsame Übernahme der Kostenfür den Schutz der Land- und Seewege, der Gesandtschaftskosten, der Entschädigungen für die Opfer von Angriffen; gemeinsames bewaffnetes Vorgehen gegen Friedensbrecher; strenge Kontrolle der Fremden, Müßggänger und Handwerker; Ausschluss der Schuldigen im Falle des Ungehorsams gegen eine Entscheidung." (Dollinger, S.417)

 

Immer mehr Städte verlassen die Hanse. Andere sind säumige Zahler in die Kasse.

 

1553 hebt Edward VI. die Hanseprivilegien für England endgültig auf. Eine Handelssperre dagegen scheitert an der Uneinigkeit der Hanse. 1567 erhalten die Merchant Adventurers in Hamburg "zwei Häuser, gerichtliche Garantien und Zollfreiheiten, die denen der Hamburger Bürger fast gleichwertig waren." (Dollinger, S.449) Nachdem auch Hamburger Kaufleute weiter Schikanen in England erleiden, wird das Privileg 1478 beendet. Die Merchant Adventurers gehen darauf erst wieder nach Emden und dann nach Stade. 1579 lassen sie sich in Elbing in privilegierter Stellung nieder. Das Londoner Kontor ist inzwischen praktisch erledigt.

 

1558 erobert Iwan ("der Schreckliche") den größten Teil Livlands und zerstört Dorpat. Nur Riga und Reval bleiben außerhalb des Moskowiter-Reiches. Narva wird zum russischen Ostseehafen.

 

Nachdem Bremen 1563 zum Kalvinismus übergegangen ist, verlässt der Rat die Stadt und sie wird aus der Hanse ausgeschlossen.

1565 beschlagnahmt Schweden eine lübische Handelsflotte. Im folgenden Krieg zwischen Dänemark und Schweden stellt sich Lübeck auf die dänische Seite. 1564-68 wird der große Hansehof in Antwerpen erbaut.

 

1576 wird Bremen wieder aufgenommen, ohne wesentliche Forderungen eingelöst zu haben. 1578 plündern die Spanier Antwerpen, 1584 wird sie durch Alexander Farnese belangert. Damit ist der Hansestandort Antwerpen praktisch ruiniert.

Ein wenig tritt Köln die Nachfolge an. 1556 schon wird dort eine Börse gegründet. Mit den niederländischen Unruhen fliehen viele Ausländer dorthin. Dazu gehören Portugiesen, die nun den Gewürzhandel und einen Teil des Edelmetallhandels von Portugal und Ostindien kontrollieren und einen Teil des Handels mit Getreide nach Spanien. Zwischen 1578 und 85 kommen etwa 40 italienische Firmen in Köln zusammen, teils aus Antwerpen und den Niederlanden, teils auch aus Italien. Sie betreiben Tuchhandel und solchen mit Seide und Seidenstoffen und bewegen um 1595 etwa 30% des Kölner Handels (Dollinger, S.466). Die Konkurrenz zur Kölner Seidentuch-Produktion und allgemeine Fremdenfeindlichkeit besonders im Handwerk macht sie unbeliebt und vertreibt dann bald die meisten. Vor allem aber kommen teils große katholische Firmen aus Antwerpen und ganz Flandern, dem Hennegau und dem Artois, die es auf die Dauer aber in Köln auch nicht leicht haben und wieder abziehen, sobald die Umstände es ermöglichen.

 

In Westfalen verarmen Dortmund und Soest. In Münster und Osnabrück nimmt dagegen der Leinwandhandel zu.

 

1581 erobert Schweden Narva. Die Hanse spielt in der Ostsee nur noch eine geringe Rolle.

 

Schon 1567 erlaubt Hamburg den Merchant Adventurers für zehn Jahre die dauerhafte Niederlassung.

1598 lässt Elizabeth I. das Londoner Kontor förmlich schließen und verbietet der Hanse Handel in ihrem Reich. Der Stalhof wird dann beschlagnahmt. Anfang des 17. Jahrhunderts laden erst Stade und dann Hamburg 1622 die Merchant Adventurers erneut und nun dauerhafter zu sich ein.

 

 

Während die Hanse zerfällt, steigt das Handelsvolumen vieler ihrer Städte ganz erheblich an. Zwar liegt die Größe der holländischen Handelsflotte und die Qualität ihrer Schiffe inzwischen weit vor der der Hanseschiffe, aber die hansische vergrößert sich im 16. Jahrhundert um etwa 50% und bleibt vor der französischen, englischen und spanischen. Bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges bauen Lübecker Schiffsbauer rund 15-20 größere Schiffe jährlich.

 

Hanseschiffe dringen nach Island und nach Archangelsk und dem Weißen Meer vor. Mit dem Aufstand der Niederlande sperren die Spanier den holländischen Getreidehandel und italienische Fürsten kaufen nun Getreide in Hamburg und Danzig ein. Allerdings fehlt es den Schiffen oft an entsprechender Rückfracht und der zunehmende Seeraub nordafrikanischer Piraten richtet erheblichen Schaden an, zu dem auch die Summen für das Lösegeld gehören.

 

Der Aufstieg des Handels hansischer Städte ist eingebunden in den viel größeren anderer Staaten und Regionen. Die Zahl der den Sund passierenden Schiffe versechsfacht sich im 16. Jahrhundert, womit sich die Zahl der Schiffe verdreifacht.

Im Weichsel- und unteren Dünaraum sind inzwischen die Wälder zum großen Teil vernichtet, weswegen der hansische Holzexport von dort drastisch verringert. Aber Asche, Pech und Teer werden weiter in größerem Umfang aus dem Osten exportiert, ebenso Wachs. Hanf und Flachs hingegen werden insbesondere für den rasch zunehmenden Schiffsbau immer wichtiger. Aber zentral bleibt und wird immer mehr der Getreideexport aus dem Nordosten über Danzig, Königsberg, Riga und Stettin. Der Roggenexport aus Danzig verfünffacht sich im 16. Jahrhundert fast. Dabei liefern die Schiffe im Osten an Fracht wesentlich weniger aus als sie von dort mitnehmen. Daran hat sich also seit der Frühzeit des Ostseehandels nichts wesentlich geändert.

 

Der Salzeinkauf ist inzwischen fast ganz von Bourgneuf nach Brouage übergegangen. In der Zeit der französischen Religionskriege bis 1598 löst dann portugiesisches Salz das französische ab.

Während des spanisch-niederländischen Krieges ersetzen Schiffe aus den Hansestädten die niederländischen. "Von 1574 bis 1578 fuhren 92 Danziger Schiffe nach Portugal; 1590 liefen 300  deutsche Schiffe iberische Häfen an. Das waren vor allem Lissabon, Porto, Setubal in Portugal, San Lucar, der Vorhafen von Sevilla, und Cadiz in Andalusien." (Dollinger, S.461) Man liefert Getreide, Fisch und andere Lebensmittel.

 

In fast allen Hansehäfen sind inzwischen holländische Schiffe in der Überzahl, deren wichtigste Anlaufstelle Danzig wird, welches Anfang des 17. Jahrhunderts bereits dreimal so groß wie Lübeck ist und eine wichtige Gewerbestadt zudem, die auch vom über Krakau laufenden Kupferhandel profitiert.

 

Englische Schiffe kontrollieren den inzwischen dominanten Handel mit englischen Tuchen. Das ist zumindest zum Nachteil hansischer Reeder, bedeutet aber auch, dass ein Teil der hansischen Kaufleute in Abhängigkeit von holländischen und englischen Firmen gerät. Die Folge ist, dass die Zahl der eigenen Schiffe der Hansestädte sinkt. "Von 1557 bis 1585 passierten durchschnittlich 1025 Schiffe aus Danzig den Sund nach Westen; aber die meisten von ihnen sind Holländer.

 

Nach 1600 verbleiben noch etwa 20 in der Hanse aktive Städte, darunter Danzig, Hamburg, Bremen, Köln und Lübeck, deren Interessen immer weiter auseinander driften. In Konflikten zwischen den Städten kann die Hanse nicht mehr vermitteln. Immerhin bildet sich um 1615 noch einmal ein Bündnis von Lübeck, Bremen und Magdeburg zum militärischen Schutz von Braunschweig gegen seinen Landesherrn, welches zehn Jahre später erneut in Aktion tritt.

 

Ab 1597 beginnt Christian IV. von Dänemark und Norwegen mit dem Versuch, den Ostseeraum zu dominieren. 1611 verbietet er Lübeck die Handelsreise nach Schweden und behindert sie nach Livland. 1613 verbündet sich darum Lübeck mit den Niederlanden.

 

1602 stellt Zar Boris Godunow ein Privileg für Lübeck aus, aber nicht mehr für die gesamte Hanse. Sie erhalten Plätze in Nowgorod, Pleskau und Archangelsk.

 

1608 scheitert ein Reichstag in Regensburg an den inneren Spannungen. Es bildet sich eine protestantische Fürstenunion und richtet eine Kriegskasse ein. Darauf beschließt die katholische Seite die Liga. Im Mai 1618 werden drei kaiserliche Beamte aus einem Fenster der Prager Burg geworfen. Im November 1619 besteigt dort der Pfälzer Kurfürst den Thron. Für die Hansestädte sind zunächst die Konflikte zwischen Schweden, Polen und Russland wichtiger. Dazu kommen Teuerung und Inflation und ein schwerer Konflikt zwischen Hamburg und Lübeck.

1625 schließen Dänemark, England, die Vereinigten Niederlande und einige protestantische Landstände ein Bündnis gegen Habsburg, welches für Hansestädte hätte bedrohlich werden können. Aber da gelangen die Heere von Wallenstein und Tilly bereits nach Norddeutschland. 1627 wird Wismar besetzt, Rostock kauft sich mit viel Geld frei und 1628 übersteht Stralsund eine Belagerung und schließt sich dann Schweden an.

 

1629 beauftragt ein Hansetag Lübeck, Hamburg und Bremen mit der Vertretung des Städtebundes. Am Ende werden Wismar, Stralsund und Kammin schwedisch. 1645 erhalten die Hansestädte mit dem dänisch-schwedischen Frieden im Ostseeraum Handelsfreiheit und Bremen, Hamburg und die Niederlande handeln für sich Handelsfreiheit in der Nordsee aus. Anfang 1648 werden sie in den spanisch-niederländischen Friedensvertrag aufgenommen.

 

1669 findet der letzte Hansetag statt. 1671 nehmen die Herzogsbrüder Braunschweig ein. 1672-78 erklären England, Frankreich und die Fürstbistümer Köln und Münster den Generalstaaten den Krieg  1662 kommt es zu einer Allianz des Kaisers mit den Fürsten, der die restlichen städtischen Freiheiten untergraben wird.

 

***Hamburg***

 

Neben Amsterdam tritt Hamburg das Erbe Antwerpens an (Dollinger). Im 16. Jahrhundert bauen sie den Handel mit England und dem Nordatlantik aus. Reiche niederländische Emigranten ergänzen das heimische Kapital.  

Noch um 1500 hat die Stadt kaum 15 000 Einwohner, zu Anfang des Dreißigjährigen Krieges dann knapp 50 000 und wird größte deutsche Stadt. Es erweitert seinen Handelsraum  auf den deutschen Elberaum bis hin zur Oder im Binnenland. 1558 erhält es eine Börse, die schnell bedeutend wird. 1619 wird eine Depositen- und Girobank in städtischer Hand gegründet.

Die Stadt fördert ausländisches Kapital.Sie "durften frei untereinander Handel betreiben  und mit Hamburger Kaufleuten zusammen Firmen gründen. (...) Ein 1590 aus Brasilien einlaufendes Schiff gehörte drei Hamburgern, zwei Holländern und einem Portugiesen gemeinsam." (Dollinger, S.469) Die Merchant Advenurers erhalten Privilegien. Portugiesen und Italiener aus den Niederlanden oder Köln, wiewohl Katholiken, fördern den iberischen Handel. Süddeutsche Kaufleute betreiben Kupferhandel. "Von den 42 Firmen, die 1619 Einlagen von mehr als 100 000 Mark besaßen, waren 32 niederländische, zwei oberdeutsche, zwei portugiesische und sechs hamburgische." (Dollinger, S.470f) Historiker loben üblicherweise als Weltoffenheit, dass großes Kapital kein Vaterland kennt, sondern nur Gewinnerwartungen.

 

Um 1600 fahren Hamburger Handelsschiffe durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer und führen nun regelmäßigen Handel mit italienischen und marokkanischen Küstenstädten.

 

Wichtigste einzelne Ware im Hamburger Hafen ist inzwischen Getreide, - in Konkurrenz zu Danzig.

 

Das Ende: 1600-1650

Christian IV. von Dänemark behindert den Hansehandel und dagegen bilden die Hansestädte unter Lübecker Führung 1616 ein Bündnis mit den Vereinigten Niederlanden. Dadurch gelingt es dem mit Christian IV. verbündeten Herzog von Braunschweig nicht, die Stadt zu unterwerfen. Dafür gründet und privilegiert Christian 1617 Glückstadt, um Hamburg zu schaden. 1619 besetzt er Stade, Andererseits erkennt das Reichskammergericht 1618 Hamburg als reichsunmittelbare Stadt an.

 

1617 verschärft Gustav Adolf seine schwedischen Expansionspläne in einem Krieg gegen Polen. Er erobert Livland mit Riga und die preußische Küste und vergrößert mit den dortigen Zöllen seine Einnahmen erheblich und kontrolliert nun große Teile des Getreidehandels nach Westeuropa.

 

1621 verbündet sich Philipp IV. gegen die Niederländer mit der Liga und Ferdinand II.  Darauf verständigt sich Christian mit den Holländern und verbündet sich mit England. 1626 wird er bei Lutter durch die Truppen der LIga unter Tilly geschlagen. Wallenstein erhält vom Kaiser das Herzogtum Mecklenburg. Avancen vom Kaiser und Philipp werden von der Hanse 1628 abgelehnt.

Als nächstes versucht Wallenstein Stralsund einzunehmen, was erst an dänischer und dann schwedischer Unterstützung für die Stadt scheitert. Derweil gelingt es Gustav Adolf, auch Wismar unter seine Kontrolle zu bringen. Die übrigen Hansestädte im Norden bis Bremen stellen sich unter seinen Schutz. Insgesamt herrscht innerhalb der Hanse Uneinigkeit über das Verhalten gegenüber den kriegsführenden Mächten.

 

1645 unterliegt Dänemark einem Bündnis Schwedens mit Holland. 1648 erhält Schweden dann Vorpommern und Stade und kontrollieren nun den Hansehandel, aus dem es erhebliche Gewinne abzieht.

Der Hansehandel der Küstenstädte, insbesondere der Getreidehandel, kommt nach 1630 wieder in Gang. In diesem Jahr verbünden sich Lübeck, Bremen und Hamburg, die nominell die Hanse in Zukunft darstellen werden. Hamburg gelingt es, mit seinen Mauern den Dreißigjährigen Krieg relativ unbeschadet zu überstehen und wird nun Reichsstadt.

Ein Hansetag, den Lübeck 1651 einberuft, findet kaum noch ein Echo. 1668 treffen sich noch Vertreter von fünf Städten, 1669 noch einmal von neun Städten, aber das ist denn auch das letzte Mal.

 

 

Transport und Verkehr

 

Der Weg zu einigermaßen maßstabs-getreuen Karten beginnt im 15. Jahrhundert. Flüsse und Straßen stimmen in ihrem Verlauf, ganze Länder wie Bayern oder gar die ganzen deutschen Lande werden halbwegs richtig auf Papier gebracht. Im Auftrag der Stadt Nürnberg schafft der weitgereiste Beheim einen Globus, auf dem Europa einigermaßen richtig dargestellt wird, dazu Teile Afrikas, während er weiter östlich ins Fabulöse ausufert.

Das mittelalterliche Straßennetz, und damit sind wir bei den alltäglichen Sorgen fast aller Menschen, ist im 14./15. Jahrhundert so eng geknüpft, dass es bis tief ins 18. Jahrhundert ausreicht, in dem dann mit neuartigen Chausseen eine neue Zeit beginnt.

 

1516 schließt Karl V. für Kastilien und Aragon Postverträge mit Franz und Johann Baptista von Taxis. Seit 1543 ist ein Generalpostmeister Leonhard von Taxis in Brüssel ansässig.

 

 

Köln

 

Die Stadt hat sich längst unter die sogenannten freien Städte eingereiht, auch wenn die Erzbischöfe immer noch von Akzisen, Zöllen und einigen anderen Abgaben profitieren. "Bürgerfreiheit" gilt als hoher Wert, auch wenn die Vorstellungen davon oft wohl eher vage sind.Es kommt zu Beschwerden gegen den Rat und einer Rechnungsprüfung. Einige führende Politiker werden hingerichtet und ein neuer Rat gewählt. Bürger dürfen sich nun bei der Gaffel über Ratsentscheidungen beschweren und die Gaffel beauftragen, eine Delegation zum Rat zu schicken. Cliquenbildung in der Ratselite (Krenzgen) oder ähnliches soll verboten sein. Derartige Forderungen werden dann auch in Zukunft immer wieder erhoben.

1513 wird zudem im Transfix-Brief entsprechend gefordert:

(..) dat man unser Stede Statuten mit Rhade der Rechtzgelehrten, so balde dat muglichen ist, sall Ordentlichen setzen und drucken lassen. So dat ein jeder Rathsman und Bürger sich darnach halten und wissenheit haven mugen, wie he seinen Mitbürger und Bürgische verabdingen und bei Bürgerfreyheyt hadthaben und halten muge. (in Schreiner/Meier, S.109) Tatsächlich wird das erst fünfzig Jahre später auf private Initiative geschehen.

 

Die städtische Obrigkeit, wie sie sich selbst sieht, tritt fast fürstlich gegenüber den Untertanen auf. Längst ist es üblich geworden, nach zwei Jahren Pause dieselben hohen Herren wieder in den Rat zu wählen, der nun aus 147 Ratsherren besteht. Der Rat selbst nimmt sich heraus, gewählte Leute dennoch als untauglich vom Rat auszuschließen. Mit der Konfessionalisierung der Religion wird als Argument zur Ablehnung gewählter Kandidaten ihre Nähe zur protestantischen Seite herangezogen. Ab etwa 1568 setzt sich die Tendenz langsam durch, auch eingesessenen Protestanten das Bürgerrecht zu entziehen, was 1614 dann Standard wird.

Aktives und passives Wahlrecht werden seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts immer mehr eingeschränkt. Für die Ratswahl in der Gaffel setzt sich schon im 15. Jahrhundert eine Vorauswahl durch die meistere ind frunde von allen ampten durch. Für 1464 begründet es der Rat damit, dae vyl personen sijnd, in dem besten um vredens willen, uneyndracht tusschen der geselschaft zo verhoeden. (in: Schreiner/ Meier, S.215) Schon 1481 geht von den Gürtelmachern, Schuhmachern und Fischmengern deswegen erhebliche Unruhe aus, weil etliche gaffelengeyne vreije kueren haven.

Aber diese Forderungen nach freier Wahl werden bis ins 18. Jahrhundert nicht erfüllt werden.

 

1544 wird den Jesuiten als Orden der Aufenthalt in Köln untersagt, aber als Einzelpersonen gewinnen sie immer mehr Einfluss, insbesondere auch auf die Universität. Gegen Ende des Jahrhunderts sind sie so stark, dass sie vom Rat akzeptiert werden. Dennoch gibt es eine Menge Protestanten in der Stadt. Werden sie vertrieben, ziehen sie nach Mülheim.

 

Mit Erzbischof Salentin von Isenburg nehmen dann ab 1567 die Versuche zu, gegen die Stadt mehr Landesfürstentum durchzusetzen.

1570 möchte der Erzbischof ein neues Gefängnis bauen und beruft sich dabei auf seine Hochgerichtsbarkeit. Der Rat setzt dagegen die nun schon lange bestehende Selbstherrschaft der Stadt.

 

1583 übernehmen Wittelsbacher das Erzbistum und verstärken ihre Angriffe auf die städtische Autonomie.

Inzwischen ist laut Hermann von Weinsberg (1588) die Macht der offiziellen Obrigkeit, des Rates, nit so grois, denn die Bürgermeister (Sechsherren) werden nach drei Jahren regelmäßig wieder gewählt, so dass das Amt sich bald auf wenige Familiengruppen aufteilt. Dazwischen nehmen sie das Rentmeister-Amt oder andere Ämter ein und werden in den Rat gewählt. Dort nehmen sie die oberste bank ein und werden von den übrigen ehrerbietig behandelt, zudem folgen sie in der Regel deren Positionen oder werden massiv diffamiert. Wer dabei anständig bleiben will, nimmt erst gar nicht an dieser Art Stadtpolitik teil, was am Ende auch dieser Hermann beschließt. (Schwerhoff in: Schreiner/Meier, S.210f)

 

1595 wird anhand der ungleichen Steuerlast unterschieden zwischen den rentnern und richen und den gemeinsluden auf der anderen Seite. (Schreiner/Meier, S.198)

 

1605 behauptet der Greve als Vorsitzender des Hochgerichts und Stellvertreter des Kurfürsten, er habe die Obrigkeit in der Stadt inne. Aber die Stadt versucht immer wieder, die gesamte Gerichtsbarkeit für sich zu beanspruchen.

 

1617 bestimmt der Rat, dass nur Katholiken das Bürgerrecht haben dürfen. Aber im Dreißigjährigen Krieg verdient man in der Stadt gut an allen Seiten.

 

1632 besetzen die Schweden Deutz, und die Kölner marschieren gegen sie. Nach dem Krieg wird die Stadt immer mehr vom internationalen Handel abgeschnitten. Die Konflikte zwischen den Niederlanden und Spanien schaden der städtischen Wirtschaft. Die Zünfte verhindern technische Neuerungen.

 

 

Trier

 

Die Einbeziehung der Zünfte, auch der kleineren, in das Stadtregiment im 15. Jahrhundert hält die Abschließung der neuen Obrigkeit nicht auf. Sie lässt sich gelegentlich nun als Herren titulieren, was meist aber nur den Bürgermeistern und Schöffen zusteht, oder 1515 als regenten zur zeit der statt Trier uz oberkeyt des rats. (in: Anton/Haverkamp, S.315)

Anfang des 16. Jahrhunderts schließen sich 13 Zünfte und 7 Bruderschaften zusammen gegen beschwernissen von fürsten und herren, von unseren herren vom rait, von scholtes oder scheffen von Trier oder anderen des raits genoßen. (s.o.)

 

Trier ist immer noch Wallfahrtsort und erhält 1512 mit dem "Heiligen Rock" ein zusätzliches Pilgerziel. Inzwischen werden die Wallfahrten auch mit Druckschriften beworben.

 

Auch noch im 16. Jahrhundert gibt es Obstgärten und Wingerte innerhalb der Stadtmauern.

 

1521 versucht Erzbischof Richard von Greiffenklau Luther auf dem Reichstag zu Worms für einen Widerruf zu gewinnen und scheitert. In der Folge äußert sich Luther abfällig über den Trierer "Heiligen Rock" und die Wallfahrt.

1522 verbündet sich der in finanziellen Schwierigkeiten steckende Franz von Sickingen mit Reichsrittern und erklärt dem Trierer Kurfüsten die Fehde. Die Stadt wird längere Zeit ergebnislos belagert. Nach dem Abzug wird er auf Burg Landstuhl vom pfälzischen und Trierer Kurfürsten sowie dem hessischen Landgrafen belagert und stirbt.

 

Im Zuge des Bauernkrieges von 1525 macht die "Bürgerschaft" Druck auf den Rat, die vor allem wirtschaftlichen Rechte und Privilegien des Domkapitels einzuschränken. Sie scheitern damit 1526.

 

1559 scheitert der Reformationsversuch des kalvinistischen Caspar von der Olewig (Olevianus). Wer Protestant bleiben möchte, muss danach wegziehen, was einen wirtschaftlichen Aderlass für die Stadt bedeutet.

 

 

Der weitere wirtschaftliche Aufstieg Süddeutschlands

 

Neben dem Metallrevier Nürnberg-Oberpfalz gewinnt die Barchentproduktion immer mehr Bedeutung. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts deutet sich eine Verschiebung der Zentralfunktion der Nordhälfte Italiens in Richtung Norden an: Zunächst verlieren die Gebiete südlich des Appenins an Bedeutung, was man besonders am Beispiel Siena erkennen kann.

 

Nürnberg

Die Stadt hat um 1520 ca. 40 000 Einwohner. Nach der Wende zum 16. Jahrhundert verschlechtern sich die Beziehungen Nürnbergs zur Oberpfalz, und nun bezieht man verstärkt Eisen aus Thüringen und der Steiermark, wo Nürnberger Kapital nun investiert. Dabei wird die Produktion von Metallwaren aber weiter gesteigert, während quasi komplementär die von Textilien im 16. Jahrhundert sinkt. Immer wichtiger werden die Gewerbe der Messermacher und Schwertfeger, die nun rund ein Viertel der Gesamtproduktion ausmachen. Die städtische Produktion von Messern soll Mitte des 16. Jahrhunderts auf rund vier Millionen angewachsen sein, um sich dann allerdings bis zum Jahrhundertende wieder zu halbieren. Zweieinhalbmal so groß ist allerdings Mitte des Jahrhunderts die Messerproduktion von Steyr (Schulz, S.281)

Nürnberg entwickelt sich auch weiter zum Zentrum von Waffen- und Rüstungsproduktion. Dazu gehören Handfeuerwaffen, von denen jährlich weit über 10 000 Stück produziert werden, und der Geschützguss. Nürnberg beliefert ganz Europa mit jenen Wunderwerken, die immer effektiver verletzen, töten und zerstören. Im Verlauf des Jahrhunderts steigt auch hier der Kapitaleinsatz und damit die Tendenz zum Verlegertum. Wegen der machtpolitischen Bedeutung von Waffen sind die Nürnberger politische Elite, Produktion und Handel von Waffen eng vernetzt.

 

Fünf-Stände- Ordnung mit Kleiderordnung, Titeln usw. in Nürnberg seit etwa 1525: Erster Stand Patriziat, zweiter: Großkaufleute aus dem Größeren Rat und bedeutende Juristen, dritter: Übrige Kauf- und Handelsleute des Größeren Rates und die acht Handwerker-Ratsherren, vierter: Handwerksmeister des Größeren Rates und Kaufleute außerhalb von ihm, fünfter: übrige Bürger. (Diefenbacher in: Kaufhold/Reininghaus, S.214)

 

***Augsburg***

 

1523 dürfen sich die Zünfte nicht mehr selbständig versammeln.

 

Jakob Fugger ("der Reiche") ist zwischen etwa 1495 und 1525, als er stirbt, der bedeutendste Kaufherr, Montanunternehmer und Bankier Europas. Die Verbindung von Bergbau und Geldhandel macht ihn reich. Die 1486 gegründete Fuggerbank hat ein Filialnetz bis nach Chile, Peru und Moskau.

1527 beträgt das Firmenkapital der Fugger 2,8 Mio Gulden(fl) und erreicht 1546 7 Millionen. 

 

Die jährliche Augsburger Barchentproduktion verdreifacht sich dann im 16. Jahrhundert fast. 1610 stellen dort etwa dreitausend Meister und Gesellen rund eine halbe Million Tuchballen her (Schulz, S.169).

 

 

***Regensburg***

 

1525 gelingt es dem Rat, den Klerus zur Beteiligung an den bürgerlichen Lasten zu zwingen. Kurz darauf wird das aber mit einer jährlichen Zahlung abgelöst.

 

1571 wird die hohe bischöfliche Gerichtsbarkeit mit dem Stadtgericht vereinigt, während die niedere bei den geistlichen Institutionen verbleibt.

 

Erst der Weg in den Dreißigjährigen Krieg und dann besonders dieser selbst wird die Wirtschaft in deutschen Landen und nicht nur diese ruinieren.

 

 

Finanzen

 

Finanzen von Florenz

 

In Florenz werden im 14./15. Jahrhundert die relevanten politischen Institutionen, die Arti der Gewerbe und die Marcanzia entmachtet und die Macht geht an  miteinander konkurrierende schwerreiche Kapitalisten, von denen insbesondere die Medici aus dem Hintergrund operieren. Indem Italien in das Machtspiel der Spanier, der französischen Krone und von Habsburg gerät, verlieren die Städte dann aber ihre politische Bedeutung an Fürsten, die ihre wirtschaftliche Stärke nun nutzen. Florenz wird Hauptstadt eines (Groß)Herzogtums, das von fürstlicher Verwaltung beherrscht wird.

 

Die Florentiner Wohlfahrtseinrichtungen mit Bankfunktionen sammeln seit dem späten 15. Jahrhundert hunderte von Depositen an, scheitern aber am Ende. Immerhin sind sie Ausdruck eines wachsenden Wohlstands einer "bürgerlichen" Mittelschicht und der relativ geringen Bedeutung der regulären lokalen Banken.

 

Die Monti di Pietà, quasi öffentliche Pfandbanken, die darüber hinausgehend im 15. Jahrhundert den Anlage- und Kreditbedarf einer Handwerkerschicht bis hin zu Lohnarbeitern decken sollen, werden kirchlich anerkannt, weil sie niedrige Zinsen verlangen. Der Florentiner Monte braucht aber noch lange im 16. Jahrhundert, bis er die jüdischen Pfandleihbanken an Anlagen und Krediten übertrifft. Für den 1. Januar 1582 sind dann aber über 88 000 Pfänder eingetragen, für die 280 000 Florin ausgeliehen sind. Basis dafür sind fast 3000 zinsbringende Depositen, die knapp eine Million Florin Kapital repräsentieren. Nicht wenige dieser Konten wirken wie Sparbücher zu 5% über längere Zeiten.

 

Mit den Spareinlagen entwickelt sich der Monte von einer Pfandleihbank in eine Sparer- und Kreditbank. Geld wird je nach Leihedauer mit bis zu 7% verzinst. Über 600 000 der knappem Million ausgeliehenen Geldes werden nun nicht mehr über Pfänder vermittelt, sondern sind längerfristige Kredite.

 

Als quasi öffentliche Banken sind die Monti mit dem Staat liiert. Arti, die Opera der Kathedrale, und ab 1590 das Hospital von Santa Maria Nuova müssen ihre Einlagen dort machen. Gelegentlich legt auch der Großherzog dort Geld an. 1620 hat dieser Monte ein Kapital von drei Millionen Dukaten zur Verfügung. Acht Direktoren und ein Personal von 42 Angestellten betreiben drei Zweigstellen.

 

 

Kaufleute

 

Der Kaufmann braucht seinen guten Ruf der Kreditwürdigkeit wegen. Wie gut es tatsächlich um seine Ehrbarkeit im wirtschaftlichen Geschehen bestellt ist, erfahren wir nur dort, wo Betrügereien auffallen. Bei Durchsicht Kölner Handelsakten des 16. Jahrhunderts fasst Ermentrude von Ranke zusammen:

Man mengte faule Heringe in die Mitte der Tonnen, man panschte den Wein, man füllte die Weinfässer zu einem Viertel mit Kirschkernen, man nässte die Rohseide, um ihr Gewicht schwerer erscheinen zu lassen, man fälschte Maß und Gewicht. Man verkaufte englische Laken als >uffrechtig kaufmannsgut<, von denen man genau wusste, dass sie die auf den Bleiplomben angegebenen Längen nicht erreichten, man gab den Hanf nach Zentnern ab, die doch in Wirklichkeit nur 97 Pfund wogen, den gemahlenen Ingwer und Pfeffer vermischte man gewohnheitsmäßig mit Mehl, Sand oder Mäusedreck, man verkaufte Drahtrollen, von denen einem nur zu wohl bekannt war, dass der feine Draht nur draußen herum gewickelt war, während im Innern der starke Draht darauf wartete, den Abnehmer zu überraschen. (in: Meckseper/Schraut, S.58)

 

 

Untergang und Aufstieg der bürgerlichen Freiheiten

 

Deutsche Lande

1522 lässt der Habsburger Erzherzog Ferdinand den Wiener Bürgermeister und fünf weitere Ratsherren hinrichten, der Bürgerausschuss der Genannten wird aufgelöst sowie die Münzer-Hausgenossenschaft. Die Handwerker verlieren ihren Einfluss auf den Inneren Rat und es gibt einen Versuch, die Zünfte aufzulösen. Das nicht auf den Hof ausgerichtete Handwerk unterliegt dem unzünftigen, welches der Hof für seine Zwecke privilegiert.

 

Einen weiteren Einschnitt in Flandern stellt die Habsburgerherrschaft ab 1492 dar, die zum weiteren Abbau städtischer Rechte führt und nach 1540 unter Karl V. auch zur Entrechtung der Gilden.

 

Seit dem 15. Jahrhundert steigt Antwerpen auf Kosten von Gent und besonders Brügge auf. Süddeutsche Kaufleute bringen Gewürze und andere Luxusgüter aus Italien dorthin und bringen als Rückfracht vor allem englische Tuche zurück.  1585 erobern die spanischen Habsburger Antwerpen, das darauf den Seehandel zum guten Teil verliert und auf den Landhandel zurückgeworfen wird.

 

Der Abstieg Flanderns ist auch der Aufstieg Hollands, wo das schnelle Anwachsen der Städte einen bürgerlichen Markt für Massenwaren hervorbringt. Besonders England und die nördlichen Niederlande beginnen nun, die Entwicklung des Kapitalismus weiter voranzutreiben. Während die bürgerlichen Freiheiten im größten Teil Europas langsam schwinden, gewinnen sie in Holland und dann auch in England auf eine neue Weise an Gewicht.

 

Die landesherrlich geprägten deutschen Städte, insbesondere die Residenzen, werden im 16. Jahrhundert immer mehr fürstlichen Interessen unterworfen, die über Ämter und Verwaltung direkt in die Städte hineinwirken. Die südwestdeutschen Reichsstädte und die Hansestädte bilden ein eher noch rigideres obrigkeitsstaatliches Regiment aus. "Dieses ließ der kommunal-gemeindlichen Gliederung und Mitwirkung, gerade auch der Zünfte, immer weniger Raum zur Entfaltung." (Schulz, S. 262)

Immerhin gelingt es manchen Hansestädten, ihre Freiheiten durch Bündnisse untereinander länger gegenüber den Landesherren zu bewahren. Braunschweig muss sich zum Beispiel erst 1671 seinem Landesherrn unterwerfen. Schon 1660/61 fällt Münster in die Hand seines Bischofs, 1664 Erfurt, 1666 fällt Mag-
deburg.

 

Die Zeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert ist alles in allem immer weniger bürgerlich geprägt, wenn auch weiter zunehmend kapitalistisch. Aber es ist die große Zeit von Königen und Fürsten, also von zunehmend sich erweiternder Staatlichkeit. Das wird dann so weiter gehen, bis so viel Staatlichkeit ausgeprägt ist, dass die Staaten nicht mehr der Fürsten und Könige bedürfen, um ohne sie genauso weiter existieren zu können.

 

Dabei verlagert sich zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert das Gewicht der deutschen Städte nach Norden. Die meisten großen Städte liegen zwischen Frankfurt und Leipzig im Süden und der Strecke von Bremen bis Danzig im Norden. Berlin verachtfacht seine Bevölkerung zwischen 1650 und 1710. Selbst Potsdam ist am Ende so groß wie Nürnberg. Aber immer noch arbeiten um 1800  etwa zwei Drittel der deutschen Bevölkerung in der Landwirtschaft.

 

Italien 

Nachdem in der Nordhälfte Italiens die ersten Städte schon im 13. Jahrhundert als Signorien unter das Regiment von despotischen Familien gerieten, und selbst Genua, außerstande, sich über ein "republikanisches" Regime seiner großen Kapitaleigner zu regieren, sich im 14./15. Jahrhundert unter die Herrschaft von Monarchen wie dem französischen oder von Tyrannen wie den Mailänder Visconti begibt, bleibt nur die venezianische Republik übrig, ein Konsorzium großer Kapitaleigner und alter Geschlechter, welches am Ende dem Expansionsdrang Frankreichs zum Opfer fallen wird.

 

Florenz hält durch alle Widrigkeiten sein republikanisches Pathos aufrecht, aber 1537 ist es damit endgültig vorbei, als Alessandro de'Medici als Herzog eingesetzt wird. Guicciardini schreibt nun im Sinne des Fürsten, die Freiheit seiner Stadt bestehe darin, keinen fremden Herrscher zu haben, und die der Bürger darin, in ihrem Privatleben frei zu sein.

 

In Genua regiert ein Vertreter des französischen Königs, als es 1506 zu einer Revolte eines Bündnisses aus Handel und Handwerk kommt, die stärkere Beteiligung an den Ämtern fordern. 1507 haben sich die Franzosen auf ihre Festung zurückgezogen und der Popolo wählt den Seidenfärber Paolo da Novi zum Dogen. Dann muss sich die Stadt aber der Armee Louis XII. ergeben.

Damit ist Genua in die antivenezianische Liga von Cambrai integriert.

 

1512 vertreibt eine Heilige Liga unter spanischer Beteiligung die Franzosen aus der Stadt, Die kehren allerdings im folgenden Jahr wieder zurück.

1522 versucht Francois I. Mailand zu erobern, was Kaiser Karl V. veranlasst, eine riesige deutsch-spanisch-italienische Armee gegen Genua zu schicken. Gerade als die Stadt sich ergeben will, gibt der Marchese von Pescara die Stadt zur Eroberung und Plünderung frei.

 

In der Folge verwandelt sich Genua in eine aristokratische Republik, in der 23 Adelsklans gemeinsam herrschen. Aus einem Maggiore Consiglio von vierhundert wird ein Minore Consiglio von einhundert Aristokraten ausgelost. Letzterer wählt den Dogen und acht Beamte jeweils für die Rechtsprechung und die Finanzen. Im Hintergrund agiert Andrea Doria, ehemaliger Söldnerführer und Korsar, dem es in einem Vertrag (asiento) mit erst Karl V. und dann Felipe II. gelingt, beide mit Galeeren zu versorgen, die mit Sklaven bemannt sind. Er wird dadurch schwerreich und ist de facto eine Art Prinz oder Signore der Stadt.

 

In Siena endet die Herrschaft Pandolfo Petruccis mit seinem Tod 1512. Es folgt sein Sohn Borghese. Nach dem Tod von Papst Julius II. 1513, den Pandolfo mit einer prächtigen Villa in Casole d'Elsa auf seine Seite gezogen hat, zieht in Rom Giovanni di Medici ein (Leo X.), der Siena weniger freundlich gesonnen ist. 1516 organisiert der Papst einen Aufstand, in dem Borghese durch einen Medici-freundlichen Raffaele ersetzt wird. 1525 verhilft eine französische Truppe Siena zu einer Art Diktatur von neun Prioren, Vertretern der reichen Kaufmannschaft, die bis 1545 herrschen. In der Schlacht am Camollia-Tor siegt die Stadt über Truppen des neuen Medici-Papstes und drei bislang unterlegene Monti vertreiben bzw. massakrieren die Vertreter der übrigen beiden. 1530 müssen die Senesen Truppen für den Angriff Karls V. auf Florenz stellen, wo der Kaiser einen Medici zum Herzog machen möchte. Danach werden in Siena spanische Truppen stationiert. Nach und nach wird es immer mehr zu einer kaiserlich besetzten Stadt und errichten dort die Zitadelle. Es folgen spanische Gouverneure.

 

Inzwischen haben sich mehr oder weniger humanistische Vereinigungen gebildet, während Teile des Adels sich ganz auf seine Landsitze begibt. Dann öffnet sich die Stadt für das Heer eines Piccolomini; die Spanier werden besiegt und Siena gerät in die Abhängigkeit des französischen Königs.

1555 ist die Stadt von Zehntausenden kaiserlicher Truppen belagert. Eine entsetzliche Hungersnot ist die Folge, die Stadt gerät unter Kanonenbeschuss und muss kapitulieren. 1557 wird die Stadt an Cosimo de Medici verkauft, und der setzt dort einen Gouverneur ein. Stadt und Umland verarmen.

 

Die Versuche unteradeligen Kapitals, selbst die Politik der Städte zu betreiben, erledigen sich einmal, weil der fortgeschrittene Kapitalismus längst zum Selbstläufer geworden ist und von allen betrieben wird, zum anderen, weil es Monarchen gelungen ist, den sich entwickelnden Staat zentral auf sich zu beziehen. Damit aber ist selbst für die Spitzen der Produzenten der Zugang zur politischen Macht versperrt, und das dann bis heute.

 

Die kastilischen Communeros

Die wachsenden und über Handel und Bankwesen properierenden Städte werden von einem Bündnis aus stadtsässigem Adel und bürgerlichem Patriziat zusammen mit königlichen Beamten kontrolliert. Karl (Carlos) tritt 1516 sein Königtum mit einem Tross burgundischer Günstlinge an, was als Fremdherrschaft erlebt wird. 1518/18 kommt es denn auch zu Konflikten, als der König von den Cortes, Ständeversammlungen neue Steuern verlangt. Nachdem Karl Spanien verlässt und seinem Statthalter Adran von Utrecht überlässt, kommt es in einigen Städten wie Segovia und Toledo zu spontanen Erhebungen gegen die neuen Steuerlasten und die Zentralisierungsbestrebungen des Staates sowie seine Überfremdung an der Spitze. Diese breiten sich unter Beteiligung des niederen Klerus und eines Teils des Adels in Kernkastilien aus. 

 

In Tordesillas entsteht ein Bündnis, eine Junta der in den Cortes vertretenen Städten, die zusammen mit der dort praktisch eingesperrten Königin Juana die Regierung Kastiliens führen wollen. Diese Junta kontrolliert auch die Rüstungsmaßnahmen und das Heer der Aufständischen.

König Karl versucht etwas einzulenken, aber die Bewegung radikalisiert sich und wird nun stärker zu einer der kleinen Leute, bald auch der Bauern gegen die adeligen Grundherrschaften auf dem Lande. Die Städte werden in Schwurgemeinschaften der Comunidades verwandelt. Volksversammlungen der Viertel oder Pfarreien wählen Stadträte, welche die hergebrachten ergänzen, und werden an wichtigen Entscheidungen beteiligt. Die Räte übernehmen die Gerichtsbarkeit und die Einziehung (königlicher) Steuern wie die der internen städtischen Abgaben. Ziel ist auch eine grundlegend Ständeversammlung (Cortes), die sich aus Vertretern von Adel, Klerus und Bürgertum der einzelnen Städte zusammensetzen und so in Städte und nicht mehr primär Stände gegliedert sein soll. Die indirekten Steuern sollen abgebaut, Korruption und Kosten des Hofes sollen eingeschränkt und Ausländer vom Hofe verschwinden. Die Macht von König, Hochadel und hohem Klerus soll eingeschränkt werden.

Radikalere Forderungen an der Basis der Bewegung gehen bis dahin, gleiche Steuern für alle zu verlangen oder gar alle Stände-Unterschiede aufzuheben.

 

Damit scheiden einmal der Adel und dann das große Kapital aus der Aufstandsfront aus. 

Neben Verhandlungen kommt es zum Krieg und im April 1223 siegt die königliche Partei bei Villalar. Es folgen zwei Jahre massiver Repression.

 

Die Germanías von Valencia

Zwischen 1519 und 1523, also während des Aufstandes der Comunidades in Kastilien, kommt es zum Aufstand der Handwerkerzünfte (Germanías) im Königreich Valencia, welches zur Krone von Aragon gehört. Ab 1521 wird er von einem solchen auf dem ebenfalls zu Aragon gehörigen Mallorca ergänzt.

Die Stßrichtung geht gegen die zunehmend absolutere monarchische Gewalt und gegen die Muslime dort, die man zusammen sieht mit den Überfällen der nordafrikanischen muslimischen Piraten. Gegen diese erlaubt König Fernando den Germaníes, sich zu bewaffnen.

In Valencia kontrolliert der Adel das Land und die zunftartigen Bruderschaften die Stadt. König Ferdinand verschuldet sich über seine Kriege.

Nach dem Antritt von Carlos I. als König von Kastilien und Aragon kommt es in Valencia 1519 nach der Pest zu Unruhen gegen Juden und Muslime, und die Regierung wird massiv geschwächt. Die Germaníes übernehmen in der Hauptstadt die politische Macht mit einer Junta der Dreizehn aus Repräsentanten der Zünfte, die ihre Macht auch ansonsten ausweiten 

 

April 1520 setzt Carlos den Diego Hurtado de Mendoza als Vizekönig ein. In einem weiteren Aufstand der Germaníes wird er vertrieben und diese setzen ihre Leute in der Regierung und nun auch in den anderen valenzianischen Städten durch. Eine radikalere Fraktion setzt sich durch und verlangt eine Landreform und die Einschränkung der Macht des Adels. Adelspaläste werden geplündert und Land wird neu verteilt. Der Vizekönig führt nun eine Truppe an, die von andalusischen Adeligen verstärkt wird. Die agermanats dringen dafür in Andalusien ein.

 

Nach einem hin und her von Schlachten setzt sich das valencianische Kapital von den radikalisierten Aufständischen ab. In einer vernichtenden Schlacht gehen sie unter und erst die Junta und dann die Stadt Valencia geben auf.

 

Von nun an sind es Einzelne mit ihren Anhängen, die in der Huerta von Valencia, in Xàtiva und Alzira weitermachen und immer mehr wie Briganten auftreten. Ende 1522 werden auch sie besiegt.

 

1521 bricht der Aufstand auch in Mallorca aus und kontrolliert schnell bis auf Alcudia die Insel mit einem Rat der Dreizehn, arbeitet aber nicht mit den Aufständischen auf dem Festland zusammen. Der Kaiser schickt ein Heer, welches 1532 siegreich ist, und über 200 Aufständische werden hingerichtet.

 

 

Stadtbild

 

Städte sind weiter geteilt in geistliche und weltliche Bereiche, und so wie Kirchen und Klöster die einen markieren, so Rathaus, Kaufhaus oder ähnliche Gebäude, Zunfthäuser und vor allem Märkte die anderen. Der Erfurter Humanist Eobanus Hessus beschreibt 1532 in einem (lateinischen) Gedicht den Nürnberger Markt:

Nie und nimmer ruht dieser Markt, er rauscht sozusagen mit dem tollen Gesumm der Menge, die ununterbrochen hier zusammenkommt und miteinander verhandelt: große und kleine, gemachte und nicht gemachte Geschäfte. So viele Tausende von Menschen versammeln sich fast täglich in dem Geschrei, dem so lärmenden Brausen des Marktes, dass man sie treffend mit dichten Bienenscharen vergleichen kann (...) oder auch mit Ameisenzügen, die unter der Frühlingssonne die zu tragende Last herumschleppen. (in: Ochs/Zeilinger, S.164)

 

Solche Texte, Stilisierungen des Lehrers für Poetik und Rhetorik vom Fenster der Studierstube aus, wie sie schon seit über hundert Jahren italienische Autoren zum Besten geben, zeigen, welches Faszinosum inzwischen kapitalistische Städte für gelehrte Herren sind.  

 

 

Der studierte Kölner Hermann von Weinsberg (1518-97) erbt von Eltern, die Weinhandel, Weinausschank und zunächst auch noch das Färben von Leinengarn und Tuchen mit zwei Knechten betrieben, Rentenbesitz, nicht zuletzt Gebäude, kauft weitere dazu und verwaltet das Vermögen zweier Ehefrauen, die Kauffrauen sind. Hermann und seine Familien besitzen irgendwann u.a. die Hälfte der Häuser am Blaubach der Blaufärber, wo er in einem geboren worden war. Hohe Mieteinnahmen werden wenig mit Reparaturen verbunden, weswegen die Mieter hier nur möglichst kurz wohnen.

Bessere Häuser hier wie das der Ratsherren aus der Weinsberg-Familie haben ein steinernes Parterre und ein vorkragendes erstes bzw. Dachgeschoß aus Fachwerk, welches im 16. Jahrhundert bereits mit Ziegelsteinen ausgemauert ist.

Häuser der Reichen und Mächtigen haben nicht nur mindestens einen Kachelofen, sondern übernehmen im 16. Jahrhundert die Fayence-Techniken aus Italien, wo auf der Basis einer Glasur aus Blei- und Zinnoxyd ganze Malereien aufgetragen werden.

 

Im 15./16. Jahrhundert etabliert sich in immer mehr Städten eine zentrale Wasserversorgung und Entsorgung. Wasserkünste mit Hebewerken auf Mühlenbasis pumpen Wasser in Türme, von denen es durch die Städte mittels Röhren in öffentliche Schöpfbrunnen fließt. Mit diesem System werden in Nürnberg schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts 100 Schöpfbrunnen bedient. Dazu kommt eine allerdings noch geringe Anzahl von Hausanschlüssen.

1551 ist die erste städtische Wasserleitung in Regensburg fertiggestellt. Viele öffentliche Brunnen werden gebaut.

Was die Stadt nicht direkt über Stadtbrunnenmeister organisiert, schaffen Genossenschaften wie die Pipenbrüder in Braunschweig. Oft bleiben diese Einrichtungen bis ins 18. oder 19. Jahrhundert in Betrieb. Dann wird Augsburg 1761 ein Leitungssystem von 27km geschafft haben.

 

***Armen- und Krankenwesen***

 

Ein Steuerregister Zwickaus von 1501 "zählt neben 848 Pfarrkindern (Haushaltsvorständen) 515 die nichts Eigenes haben." (in: Postel/Kopitzsch, S. 160) 

 

Nach dem Engagement von Kirche und Kloster ging die caritas zunächst an bürgerliche Stifter und Räte über, und wird im 16. Jahrhundert zunehmend kommunalisiert. In Regensburg sterben Stifterfamilien aus und die Stadt übernimmt die Regie mit Hilfe von bürgerlichen "Pflegern".

Im 15. Jahrhundert entstehen in deutschen Städten Bettelordnungen. Schon Ende des 14. Jahrhunderts versucht man, auswärtige Bettler von der Stadt fernzuhalten. Zudem wird zunehmend versucht, bedürftige Bettler von faulen Schmarotzern zu unterscheiden. Zu diesem Zweck verteilt man auch in Regensburg Bettelmarken. Aus der Regensburger Bettelordnung und der Armen- und Almosenordnung von 1523 mit dem Bettelverbot geht 1531/52 ein Almosenamt mit professionellen Stiftungs- bzw. Almosenpflegern hervor. Sein Direktorium gehört dem Inneren Rat an.

Das Bettelverbot verpflichtet die Stadt, Unwürdige aus der Stadt draußen zu halten, und würdigen Armen zu helfen. Arbeitsfähige Bettler werden nun zum Beispiel in Regensburg in Steinbrüche zum Arbeiten geschickt. Arme Kinder, die nicht zur Schule gehen, werden dazu angehalten, ein Handwerk zu erlernen. Medikamenten- und Arztkosten übernimmt der Armenpfleger.

 

 

Städtisches Umland

 

Dem Rat des thüringischen Mühlhausen mit seinen etwa 7500 Einwohnern unterstehen um 1520 18 Dörfer mit fast 2500 Einwohnern. (Vogler in: Postel/Kopitzsch, S.148)

 

 

Ein neues "Bürgertum"

 

Die Bezeichnung Bürger bleibt durch das späte Mittelalter so unklar wie schon zuvor und je nach Stadt verschieden. Manchmal wird es noch eine Weile von den wohlhabenden Geschlechtern okkupiert, die aber zunehmend dazu tendieren, sich als Herren zu bezeichnen. Überhaupt setzt sich das ganze unternehmerisch nutzbare Kapital und das in Renten verwandelte von denen ab, die am ehesten von ihren Lebensformen her als bürgerlich bezeichnet werden können, die Mittelschichten des Handwerks, des Detailhandels, und kleine Unternehmer. Schließlich darf man auch nicht vergessen, dass das Wort im auslaufenden Mittelalter in dieser Verallgemeinerung zunehmend nur noch im deutschen Sprachraum eine Rolle spielt.

 

Je mehr neueres Kapital und zünftiges Handwerk danach drängen, Anteil an der politischen Macht zu bekommen, desto mehr schließen sich jene alten Geschlechter ab, die teils aus der ritterlichen, teils aus der bürgerlichen Ministerialität hervorgegangen sind, die sowohl größeren Grundbesitz haben wie auch Geschäfte betreiben  und durch adelige Lebensformen gekennzeichnet sind. Diesen "Herren", in Herrenstuben und Tanzvereinigungen versammelt, gelingt es in Nürnberg, wo sie als unternehmerisches Patriziat in die Neuzeit eingehen, im 17. Jahrhundert ihre Adeligkeit bestätigt zu bekommen, während sie anderswo in der südlichen Hälfte der deutschen Lande wie in Basel im 15./16. Jahrhundert nach Konflikten mit der übrigen Macht immer weniger werden und in andreren Städten an Macht und Bedeutung verlieren. Die enge Verbindung mit dem Landadel und die frühe Tendenz, in den Fürstendienst einzutreten, trägt dazu bei.

 

In Straßburg werden schon 1419 die sich als adelig begreifenden Geschlechter der Constofler gezwungen, das Bürgerrecht anzunehmen, was sie zum Auszug aus der Stadt und einem mehrjährigen Krieg an der Seite des Bischofs gegen die Bürgerschaft veranlasst, nach dem ihre Bedeutung in der Stadt deutlich zurückgeht. Die Mainzer Bürger entmachten die alten Geschlechter 1444, was dann 1462 zur Eroberung  und Zerstörung von Mainz durch den Erzbischof und Kurfürsten führt.

Das ändert nichts an zweierlei: Solange sich adelig fühlende alte Geschlechter in den Städten existieren, gehören sie zur Spitze des Reichtums in der Stadt, und auch dort, wo sie langsam untergehen, bleiben sie als Gäste mit ihren Höfen und Gesellschaften der Stadt erhalten und tragen dabei Geld dorthin. Schließlich ist ab einer bestimmten Stufe des Reichtums adelige Lebensform längst das bürgerliche Leitideal.

 

Unterhalb des Adels, neben dem Klerus und oberhalb eines nicht von seinem Eigentum lebenden Proletariats ist Bürgertum weiterhin ein städtisches Phänomen. Seinen Kern macht immer noch das Handwerk aus. Etwa ein Drittel bis fast die Hälfte der Familien der städtischen Bevölkerung hängt weiterhin direkt vom Handwerk ab. Bei rund 14 000 Bürgern in Augsburg um 1500 hat alleine die Weberzunft rund 1400 Mitglieder, Kramer gibt es um 350, Schmiede ebenfalls in dieser Größenordnung. Um 1600 sind von

48 000 Einwohnern alleine rund 3000 Webermeister. Mit der Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges geht allerdings nicht nur die Einwohnerschaft, sondern in noch erheblicherem Maße das Handwerk zurück.

 

In die Städte ziehen seit dem 15. Jahrhundert in zunehmendem Maße die Akademiker ein, die "Gelehrten" also. Diese sind von ihrer Ausbildung her Juristen, Mediziner und Theologen/Philosophen. Sie gewinnen Eigentum über ihre Fähigkeiten, die sie eigentlich jenseits von einem wie auch immer gearteten Bürgertum absetzen, aber sie in ihrem Lebensstil gehobener Bürgerlichkeit annähern. Juristen und Mediziner können sich mit einer eigenen Praxis selbständig machen, Juristen treten aber vielfach in gehobene Verwaltungsdienste ein. Verwaltung aber nimmt mit dem Ausbau von Staatlichkeit überall zu. Solche mit Verwaltung betraute Menschen wiederum werden zu Stützen der Staaten und oft mit entsprechendem Untertanengeist ausgestattet. Je besser ihre Tätigkeit dotiert wird, desto mehr identifizieren sie sich mit der Obrigkeit.

Das gilt z.B. auch für die Juristen, die in Köln in den Stadtrat einziehen und dort oft mit der kleinen Elite in der Stadt identifizieren.

 

Städtisches Untertanentum

 

Der Regensburger Leonart Widmann berichtet in seiner Chronik zum Jahr 1521, dass man am 8. Juli zwei Regensburger auf den Pranger gestellt hat, weil sie gesagt hätten, dass viele Pilgergaben bei Unserer Lieben Frauen ankomme, und niemand wisse, wo es dann hinkomme. Der Rat sorgt dann dafür, dass ihnen beiden die Augen ausgestochen werden, weil das zu viel der Kritik bedeutete. (Boockmann in: Hartmann(Hrsg), S.21)

 

 

Florenz

 

Mit dem Italienzug von Charles VI. muss sich Piero de Medici dessen Forderungen unterwerfen, dann wird die Familie vertrieben und kann erst 1512 zurückkehren. 1527-32 wird sie erneut vertrieben. 1537 machen die Habsburger Cosimo zum ersten Herzog der Toskana. Die Stadt ist nun politisch und finanziell geschwächt, während sie immer noch eine reiche Oberschicht beherbergt.

 

Schon die Invasion von 1494 löst die Rebellion von Pisa aus, die von 1494 bis 1509 andauert.

 

Mit dem Erwerb der spanischen Krone 1516 beginnt Karl V. die Fugger und die Genuesen in ihren Handels- und Finanzinteressen in Süditalien zu unterstützen, wobei sich um die Jahrhundertmitte die Genuesen massiv durchsetzen und nun den Handel mit Getreide und Rohseide dominieren und die Regierung in Neapel weitgehend mit Finanzen versorgen. Die großen Firmen von Florenz reduzieren sich zunehmend auf das auf ihre Stadt ausgerichtete Basisgeschäft: Einfuhr von Getreide, Wolle und Rohseide und Ausfuhr von Textilien.

 

Mit der Umstellung der Produktion auf leichtere, aber teurere rascia-Textilien schwindet im 16. Jahrhundert der Levantemarkt, der ohnehin stärker nun von französischem Handel dominiert wird. Die Beziehungen zu den Ottomanen verschlechtern sich, während die französischen immer exzellenter werden. Alexandria löst für Florenz immer mehr Konstantinopel als orientaler Haupt-Handelsort ab. überhaupt aber werden die Märkte im Norden immer wichtiger.

 

1529-30 wird Florenz zehn Monate lang belagert. Danach kommt es zur Rückkehr der Medici und 1537 mit Cosimo I. zur Verwandlung der Toskana in ein Fürstentum.

 

Für Florenz bleibt gegen Ende des 16. Jahrhundert vor allem der Handel mit Seidentüchern wichtig, der nun über Nürnberg bis nach Krakau ausgedehnt wird.

 

 

Technik

 

Technische Innovation beflügelt seit spätestens dem 15. Jahrhundert die Phantasien nicht nur von Literaten. Soweit erkennbar, scheint jene Technikbegeisterung einzusetzen, die heute die Massen vor allem in den Metropolen des Kapitals und in den Köpfen der Politiker begeistert.

Der Nürnberger Humanist Eobanus Hessus schreibt so z.B. 1532:

Ein großes Wasserrad bewegt eine Welle, an deren Ende Zähne die Kraft fortleiten. Mächtige Zangen, Drachenmäulern vergleichbar, ergreifen mit ihren Zähnen das Eisen und ziehen es auseinander, wütig gegeneinander anspringend, als kämpften sie für ihr Leben, nicht für das Eisen. So wird das Eisen zu Draht und dieser dann aufgerollt. Welcher Gott, ihr Musen, hat diese wunderbare Kunst gelehrt? Ein Deutscher, ja ein Nürnberger war es, der anfangs seine Erfindung aus Habsucht geheimhielt. (in: SchubertEinführung, S.183)

 

 

Handwerk

 

Reformatio Sigismundi 1523:

Wir erkennen auch und schließen, dass kein Handwerksmann etwas Neues erdenken oder erfinden oder gebrauchen soll, sondern jeder soll aus bürgerlicher und brüderlicher Liebe seinem Nächsten und Nachbar folgen und sein Handwerk ohne eines anderen Schaden treiben.

 

Aber Erfindungen des Handwerks: um 1500: Schraubstock, wohl in Nürnberg erfunden, bis 1750 verbessert. In derselben Zeit Hobelbank mit Schraubzangen. 1510: Taschenuhr 1550: Münzwalzwerk, Verbesserte Drehbank: 1561

Spätere Erfindungen: 16. Jh: Bandstuhl, 17. Jh. Strumpfwirkerstuhl führen im Laufe der Zeit zu einer Verdopplung bis Verdreifachung der Produktivität.

 

Indigo setzt sich nur langsam zwischen 1569 und Anfang des 17. Jahrhunderts durch, weil es mehrmals von der Obrigkeit verboten wird.

 

Lohnanteil der Weberei bei einem Drittel bis der Hälfte des Endpreises, im eisenverarbeitenden Handwerk eher unter 10%. (Kaufhold/Reininghaus, S.54) Meist sind es vor allem die Rohstoffe, bei denen man zu sparen versucht.

 

Bäuerliche Nahrungsmittelproduktion und handwerkliche Warenherstellung bleiben im lateinischen Abendland die beiden wichtigsten Produktionszweige bis ins 18./19. Jahrhundert. Dabei nimmt aber die Kapitalisierung in einzelnen Sparten zu.

Das heutige populäre Bild vom mittelalterlichen Handwerk wird von dem des 15. bis 17. Jahrhundert geprägt: Die Zünfte schließen sich langsam ab, das Meisterstück kommt auf und die Gesellen werden immer nachdrücklicher dazu bewegt, eine Wanderzeit einzulegen. Zugleich schwindet der politische Einfluss der Zünfte. 

Das Meisterstück wird im 16. Jahrhundert immer teurer, "das Meisteressen immer aufwendiger und damit für die meisten Gesellen unerschwinglich (...), wodurch sich ein System sozialer Inzucht abzeichnet, in dem allein die Heirat einer Meisterstochter oder-witwe den fremden Gesellen den Eintritt in die Innung ermöglicht." (SchubertEinführung, S.121)

 

Der durch das Mittelalter anhaltende Weg von der Sitte zur bürgerlichen Sittlichkeit wird schon im 15. Jahrhundert in Kreisen des Handwerks deutlicher. 1487 fordern die Braunschweiger Gildemeister, dass "die Dirnen keine langen Mäntel und kein Geschmeide tragen dürfen", belegt, "dass die Mittelschicht Moral in die Stadt zu transportieren versucht." (SchubertEinführung, S.121) Nun im 16. Jahrhundert wird systematischer Sittengesetzgebung betrieben.

 

Bevölkerungsvermehrung, Zuzug in die Städte und Zeiten stark gestiegener Lebensmittelpreise senken den Anteil der massenhaften Nachfrage nach Waren des Alltags. Je mehr die zünftigen Gewerbe sich abschließen, desto stärker wird die Konkurrenz mit niedrigeren Preisen in den Vorstädten und dem Umland durch Gewerbe, welches nun immer schärfer verboten wird. Zudem wird die Aufnahme in die Zünfte erschwert. Gesellen wiederum wird es noch deutlicher als zuvor verboten, nebenbei für den Markt zu arbeiten.

 

In einiger Entfernung von den Städten breitete sich zunehmend und nicht mehr nur im Nebenerwerb oder im Verlagssystem (Weber) ländliches Handwerk aus, Schuhmacher, Schneider, Schmiede, Schreiner, Seiler und andere. Die Städte versuchen es zu verdrängen, aber langsam bilden sich insbesondere auch aus derjenigen ländlichen Bevölkerung, die es nicht mehr schafft, Höfe zu bewirtschaften und nicht zum städtischen Proletariat gehören will, ein breitgestreutes ländliches Gewerbe aus, welches den ländlichen Raum bedient.

 

Im thüringischen Meiningen gibt es im 16. Jahrhundert "etwa 280 Weber mit oft mehreren Webstühlen, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zum größten Teil für die beiden zugewanderten Verleger Christoph Nötz und Jobst von Hagen" arbeiten. Mit ihrem Kapital erreichen sie eine Ausweitung der Produktion. (Mägdefrau, S.269)

 

 

Textilien 

 

Die Produktion von Textilien wird zunehmend vom auf das Land ausgreifenden Verlagssystem geprägt.

 

***Florenz***

 

Mit der Errichtung des (Groß)Herzogtums Toskana gerät Florenz in eine lange und eher bislang ungewohnte Friedenszeit, nur kurz unterbrochen von der Eroberung Sienas 1554-55. Die Staatsfinanzen, von denen die Fürsten sich einen großen Teil einheimsen, kommen im wesentlichen von indirekten Steuern Abgaben und Gebühren, wie es florentinische Tradition ist, was den Vorteil hat, dass sie kontinuierlich fließen.

 

Gegen die "republikanische" Verfassung der bislang herrschenden kapitalkräftigen Oligarchie setzt Herzog Alessandro de Medici 1534 die Zusammenfassung der bisherigen 14 Handwerker-Artes in vier neue Gruppen: Bau- Holz- und Metallgewerbe werden in die università dei fabbricanti gebracht, die Lebensmittelversorgung in die università di Por San Piero, das Lederhandwerk in die dei Maestri di Cuoiami, und die Gastwirte, Weinhändler und Leinenhändler in die università dei linaioli. Sie alle werden von Cosimo I. in dem Neubau der Uffizien unter Kontrolle gehalten. 1583 werden die fabbricanti und die Por San Piero dann zu einer università verschmolzen.

 

Durch den größten Teil des 16. Jahrhunderts kann Florenz seine starke Stellung als Textilmetropole halten, obwohl es seinen Markt im Nahen Osten verliert. Diesen übernimmt Venedig mit seinem dort traditionell verzweigteren Handels- und Finanznetzwerk. Um 1560 sind die Florentiner dort aus dem Tuchgeschäft draußen. 

Dafür gewinnen sie in dieser Zeit mit einem vor allem schwarz gefärbten Rascia-Stoff von erheblichem Prestige neue expandierende Märkte im Norden, konzentriert auf die kastilischen Messen, die von Lyon und die Handels- und Finanzzentrale Antwerpen. Daneben können sie sich weiter den italienischen Markt mit venezianischen Firmen teilen.

 

Allein die Textilindustrie kann durch das 16. Jahrhundert der halben Einwohnerschaft von Florenz ein Existenzminimum sichern, wobei der Lohnanteil in der Wolltuch-Produktion wesentlich höher ist als im Seidenfach.

 

100-150 überschaubar große Firmen teilen sich weiterhin in die Wolltuchproduktion, und es fließt immer noch Kapital in sie, auch wenn die Gewinne aufgrund der höheren Rohstoff- und Produktionskosten für bessere Qualität abnehmen. Die Corsi besitzen gegen Ende des Jahrhunderts vier Wollfirmen und die Riccardi, nach den Medici reichste Florentiner Familie, investiert 1568 etwa 4000 Florin in Wolltuchfirmen und um 1600 etwa 19 000 Florin in vier solche, neben ihren Anlagen in Seidenfirmen, die dahinter zurückstehen (Goldthwaite, S.276). Ein Vorteil florentinischer Firmen ist der stabile Standort unter den Medici-Fürsten, flankiert mit deren Tendenz zu einem gewissen Protektionismus.

 

Im Verlauf des 16. Jahrhunderts gerät die Versorgung mit der hochwertigen kastilischen Wolle immer mehr in die Hand kastilischer und genuesischer Firmen.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts haben wenige solcher Firmen wie die von Simon Ruiz das Geschäft monopolisiert, und dann lässt deren Nachschub empfindlich nach, insbesondere weil sie sich stärker auf Venedig konzentrieren. Florentiner Wolltuchfirmen sind nun wieder stärker auf italienische Wolle angewiesen, was in der Folge die Qualität sinken lässt.

Daneben steigt die europäische Konkurrenz für Qualitätstücher in Spanien, Südfrankreich und nach 1570 von Holland und England. Der Globalisierung ist die florentinische Produktion nicht gewachsen, die bis dato überall dorthin exportiert hatte, wo die Qualität großräumig geringer gewesen ist. Zudem fehlt bei der europaweit immer stärkeren Kapitalisierung der Produktion in der Toskana eine Reserve an billiger (landloser) Arbeitskraft vom Lande, da die Landbevölkerung über Diversifizierung und Marktorientierung ein Auskommen behält.

Von 1660 bis 1620 halbiert sich die Zahl der Produktionsfirmen und die Zahl der Webstühle sinkt noch erheblich mehr.

 

Die Florentiner Seide erreicht auf den europäischen Märkten nie eine so dominante Stellung wie im 15. Jahrhundert die Wolltuche aus der Stadt. Die Diversifikation über immer mehr europäische Produktionsstätten und die Vielfalt von hunderten von etwas unterschiedlichen Tucharten verhindert das. Die meisten Seidenfirmen in Florenz konzentrieren sich im 16. Jahrhundert auf das weniger teure Segment der Seidenstoffe, vor allem Satin, und verzichten auf Brokat und Samt - und fahren damit gut. Die Zahl der Seidenfirmen beträgt 1561 91 und es gibt 20 battiloro-Firmen. Im Verlauf des Jahrhunderts verdoppelt sich der Import von Rohseide und die Zahl der Webstühle. Um 1600  kommt die gesamte italienische Seidenproduktion mit italienischer Rohseide aus. Florenz bezieht 35% alleine aus der Toskana. Das ist nicht unwesentlich, macht sie doch etwa 60% der gesamten Kosten für die Herstellung eines Seidentuches aus.

 

Nicht unwesentlich ist auch die fortgesetzte Förderung durch die Medici-Fürsten. Insgesamt gelingt es der Florentiner Seidenproduktion, anders als den Wolltüchern, ins 17. Jahrhundert hinein eine starke Stellung auf dem europäischen Markt zu behalten.

 

Wirtschaftsförderung wird überhaupt mit den selbst schwerreichen Medici-Herzögen wichtig. Cosimo I. schickt Spione nach Murano und lockt von dort einen Glasmacher, dem er neben einer vollständigen Werkstatt und vielen Privelgien auch 1000 Florin bietet. In seinem Palazzo Vecchio lässt er Werkstätten für Goldschmiede, Juweliere, Weber und Destillateure einrichten. Francesco erbaut in den 1570er Jahren das Casino di SanMarco, wie er eine Gießerei, eine Destillerie, Räume für alchemistische Studien und andere für Handwerker einrichtet, eine Art handwerkliches Forschungsinstitut.

 

 

Erze, Metalle

 

Aus Mexiko und Peru vor allem kommt Gold nach Spanien.

 

 

Industrie?

 

Industrie ist eines der vielen Wörter in der (deutschen) Sprache mit etwas unklarer Bedeutung. Das lateinische Wort schleicht sich seit dem späten 17. Jahrhundert mit der Bedeutung Fleiß in die deutsche Sprache ein, verengt sich im 18. Jahrhundert zunächst auf den Gewerbefleiß und dann das Gewerbe überhaupt. Mit dem Aufkommen des Fabriksystems meint es dann im 19. Jahrhundert genau dieses. 

 

So etwas wie Industrialisierung beginnt mit dem Aufkommen der ersten Maschinen, der Mühlen nämlich. Parallel zu dieser Automatisierung läuft die Mechanisierung, wie sie bei immer mechanischeren Webstühlen aufkommt. Immer aber finden die vielen zerteilten Produktionsvorgänge eines Endproduktes räumlich und kapitalmäßig in verschiedenen Händen statt. 

Seit dem hohen Mittelalter beginnt die Zusammenfassung mehrerer getrennter Produktionsvorgänge in der Hand eines Kapitalisten beziehungsweise einer Firma vor allem im Verlagssystem. Mit zunehmender Mechanisierung und Automatisierung beginnt dann im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit die Zusammenfassung mehrerer Arbeitsgänge an einem Ort und schließlich sozusagen unter einem Dach. Erst im 17. Jahrhundert kommt dafür das missverständliche Wort Manufaktur auf, als in Handarbeit verrichtete Produktion. Tatsächlich werden in ihr mehrere technisch weniger bedeutsame Vorgänge mechanisiert oder finden maschinell statt, werden die wesentliche Kunstfertigkeit noch in Handarbeit vonstatten geht, sei es in Nadel,- Papier- oder Porzellanmanufakturen.

In den Manufakturen finden kunstfertige Handwerker neben angelernter Lohnarbeit ihren Platz, aber sie verbreiten sich nur an einigen Orten und sind zum Teil hochsubventionierte fürstliche Renommierbetriebe zum Beispiel für Gobelins und Porzellan; sie hängen dann an der Auftragsarbeit und Nachfrage einer kleinen reichen Oberschicht.

Im 18. Jahrhundert werden sie manchmal nach dem französischen fabrique als Fabriken bezeichnet, wiewohl das Wort eigentlich nur den Herstellungsort bezeichnet. Ein Erfolgsprojekt auf breiter Fläche werden Manufakturen dann als "Fabriken", wenn auch die Kernbereiche der Produktion Maschinen überlassen werden, und die massenhafte Lohnarbeit im wesentlichen ungelernte veritable Drecksarbeit bedeutet.

 

Industrialisierung findet in deutschen Landen im Metallbereich vom Bergbau bis zum Endprodukt durch Kapitalisierung im Zusammenspiel großer Firmen und der Landesfürsten statt, die letztere immer mehr die Rechte im Montanbereich an sich reißen  und zum Beispiel in Goslar seit 1552 durch ein Bergamt verwalten lassen. "Wichtigster fürstlicher Standort wurde die Bergstadt Grund mit dem Iberg und der Eisenhütte zu Gittelde. Dort schuf der Herzog Julius bald nach seinem Herrschaftsantritt (1568) durch die Vereinigung von Bergbaubetrieb, Schmelzhütte und Faktorei eine neue Produktions- und Organisationsform. In diesem System der  >verbundenen< Arbeitsgänge wurden in dem Hüttenbetrieb hochwertiger Stangenstahl, Schmiedeeisen, Gusseisen und Eisenschlacke hergestellt und zu verschiedenen Produkten weiterverarbeitet. Bergwerke und Pochwerke, Schmelzwerke und Hochöfen, Hammerwerke und Anlagen für das Gussverfahren gruppierten sich um diesen für den Transport günstig gelegenen Standort am Rand des Harzes. Hier wurden langrohrige Geschütze, andere Waffen, Ofenplatten, Draht und vieles mehr produziert - Eisenschlacke verarbeitete man zu Kanonenkugeln. Herzog Julius kann geradezu als Repräsentant des neuen fürstlichen Unternehmertums gelten." (Schulz, S.229)

 

Die großen Bergbauunternehmen sind schon länger veritable Großbetriebe. Das Schwazer Silberbergwerk in Tirol ist am Ende des Mittelalters die ertragreichste Mine Europas. Mit der Tiefe der Stollen nimmt das Wasserproblem zu. 1526 sind 84 Wasserknechte dafür da, für die Trockenhaltung des Schachtes zu sorgen, so sind es 1533 bereits 600. 7400 Bergknappen arbeiteten hier in der Mitte des 16. Jahrhunderts (Ertl, S.153)

Aufgrund der kräftezehrenden Arbeit in der nassen und kalten Umgebung arbeiten die Wasserknechte in 6 Schichten zu 4 Stunden. Auch wegen der immer höheren Lohnforderungen der Wasserknechte wird nun versucht, die menschliche Arbeit durch Maschinen zu ersetzen. So entsteht dort nach 1550 eine frühe Wasserkunst, die nur noch von 2 Arbeitern bedient werden muss und eine Tiefe von 200m ermöglicht. (Mitterauer(2), S.280)

 

 

Der Prozess der Industrialisierung ist eine kontinuierliche Entwicklung seit dem frühen Mittelalter, und nie mit so etwas wie Revolutionen verbunden, wobei man allerdings die Zerstörung des produktiven Handwerks und der bäuerlichen Landwirtschaft vor allem im 19. und 20. Jahrhundert als einen erheblichen Umbruch bezeichnen kann. Letztlich schwinden damit die Grundlagen (nicht nur) abendländischer Zivilisation, sondern auch die des Adels und eines neuzeitlichen "bürgerlichen Mittelstandes" , letzte Träger dieser Zivilisation.

 

Der Fortschritt dieser Industrialisierung zwischen dem 16. und späten 18. Jahrhundert ist gering bzw. langsam. Die Mechanisierung schreitet zwar fort, aber die Handwerker können sich zum Beispiel die 1589 in England erfundenen Strumpfwirkstühle zum Teil leisten und bleiben nun schneller produzierende Handstricker auf der Grundlage eigener Muskelkraft. Die etwa zur selben Zeit vielleicht in Danzig erfundene Bandmühle, mit der Bänder und Borten gelegentlich über zwanzigmal schneller hergestellt werden, und die keine handwerklichen Fertigkeiten mehr zur Bedienung verlangt, wird vom zünftigen Handwerk massiv bekämpft. Aber selbst von ihm durchgesetzte Verbote lassen sich auf Dauer nicht gegen die billig produzierenden Maschinen durchsetzen. Im 17. Jahrhundert produzieren dann an Orten wie Basel bereits hunderte von Mühlen massenhaft die modischen Bänder und Borten, mit denen Mädchen und Frauen überall in Europa sich meinen verschönen zu müssen. Ein industrielles Massenprodukt vor einer sogenannten industriellen "Revolution" und frühes Beispiel eines daran sterbenden Handwerks.

 

Insgesamt ist aber selbst das 18. Jahrhundert eher noch das Zeitalter der Wassermühlen und nicht der Fabriken, und vom 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts finden die technischen Fortschritte im wesentlichen dort statt. Schon früh gelingt es so zum Beispiel, bei den Sägemühlen mit dem Sägen der Baumstämme zugleich ihr Vorrücken bei dem Vorgang zu automatisieren. Kanonenrohre und Gewehrläufe werden mit immer größerer Präzision gebohrt und die Drahtziehmühlen produzieren immer feineren Draht für Geräte und Instrumente.

Städtische Mühlensysteme wie das von Augsburg mit 56 Mühlen 1735 oder das der Oberpfalz mit schon im 17. Jahrhundert über hundert Mühlen für die Eisenindustrie in der Hand vor allem Nürnberger Großkapitals dominieren die Landschaften zumindest Mitteleuropas dort, wo es genug Fließgewässer gibt. Zahlreiche Kanäle verzweigen die Flüsse, um mehr Platz für Mühlen zu schaffen. Holland wird immer mehr zum Windmühlenland. Vielerorts schon sind Regionen soweit mit Mühlen überfüllt, dass sie sich gegenseitig die Wasserkraft wegnehmen. Massive Konflikte bis hin zu gewalttätigen Auseinandersetzungen sind die Folge. Nicht Ersatz, sondern Zuwächse sind dann nur noch mit der Dampfkraft möglich.

 

Was immer man sowohl als Gewerbefleiß wie als im neueren Sinne Mechanisierung und Maschineneinsatz samt neuen Energien unter Industrie verstehen mag, sie ist bis tief ins 18. Jahrhundert in einem wesentlichen Punkt deutlich anders als später: Kapitalbesitz und Firmenführung sind noch in einer Hand. Das heißt zum einen, dass Kapital und Arbeit noch einigermaßen zu trennen sind, und zum anderen, dass das Eigentum an Kapital noch vollständige Verfügung über die Firma bedeutet. Radikal ändern wird sich das mit modernen Kapitalgesellschaften wie den AGs, in denen nicht die Anteilseigner, sondern mächtige Managerkonglomerate im Verbund mit den politisch Mächtigen die Welt im wesentlichen regieren.

 

****

 

Der fast allgegenwärtige Krieg ist ein Geschäft nicht nur für die Kriegsherren und die geschäftsmäßig operierenden Söldner-Unternehmer, sondern vor allem auch für die, welche das Kriegsgerät produzieren und verkaufen. Dieses wird bis ins hohe Mittelalter meist noch von Handwerkern hergestellt. Im späten Mittelalter entsteht neben der friedlichen Zwecken dienenden Textil- und Metallindustrie vorwiegend im Verlagssystem ein breites Feld einer Rüstungsindustrie. Diese wird durch die unritterlichen pulvergetriebenen Fernwaffen gefördert, die Rohre der Vorderlader und insbesondere durch die Herstellung gegossener Kanonenrohre. Der totbringende Rüstungswettlauf, der mit den karolingischen Panzerreitern begann, führt nun von den kapitalistischen Investoren in den Krieg bis zu den frühneuzeitlichen Rüstungsmanufakturen.

Söldner bzw. Soldaten, die sich an die Mächtigen verkaufen, schließlich stehende Heere verlangen Uniformen, optische Gleichmacher zum Gleichschritt, und so entstehen schließlich auch ganze Manufakturen dafür. Wie schon zuvor ist der Krieg wichtigster Ausgabeposten der hohen Herren und treibende Kraft technischer Innovation.

 

Sklaverei (in Arbeit)

 

Die Mittelmeerantike war zwar keine "Sklavenhaltergesellschaft", kannte aber Sklaverei in Stadt und Land in größerem Umfang. Bis um das erste Millennium christlicher Zeitrechnung verschwindet sie nach und nach aus dem produktiven Sektor des lateinischen Abendlandes und hält sich dann nur noch als besonderer Luxus in den Haushalten der Reichen und Mächtigen insbesondere im nördlichen Mittelmeerraum, wobei die meisten Sklaven dann weiblichen Geschlechts sind.

 

Als Handelsware haben Sklaven aber gerade in Italien großen Anteil an der Entstehung des Kapitalismus, wobei die menschliche Ware vorwiegend aus dem Osten Europas kommen und in die islamische Welt geht. Dass Sklaven bis tief in das 15. Jahrhundert als Arbeitskräfte im lateinischen und längst kapitalistischen Abendland kaum noch eine Rolle spielen, liegt nicht an einer Ablehnung der Sklaverei, sondern vor allem daran, dass sie im Vergleich zu freier Arbeitskraft zu teuer sind.

 

Das alles ändert sich nach und nach mit der Eroberung der Kanaren, wo die Kultur der Einheimischen vollständig zerstört wird und man einen Teil von ihnen als Sklaven exportiert. Darüberhinaus wird dort und auf Madeira Plantagenwirtschaft eingerichtet, die sich recht günstig über Sklavenarbeit betreiben lässt.

1498 schreibt Kolumbus begeistert an die spanischen reyes catholicos, man könne aus Hispaniola pro Jahr locker viertausend Sklaven exportieren, und selbst wenn sie jetzt (bei der Überfahrt) sterben, dann wird das nicht so bleiben, denn das geschah anfangs auch mit den Schwarzen und Kanaren so. (in. Epstein, S.310)

 

Kolumbus sucht damit Argumente, um die Anerkennung seiner Leistungen als "Entdecker" zu steigern und es wird dauern, bis die Spanier (und Portugiesen) das voll verstanden haben werden. Tatsächlich wird das neue, und nun riesengroße Geschäft mit Handel und Einsatz von Sklaven erst zu voller Blüte gelangen, als einmal die indigenen Völker der südlicheren Teile Amerikas durch Massenmord und vor allem auch durch eingeschleppte Krankheiten weithin ausgerottet sind, darüber hinaus sich nur teilweise für Sklavenarbeit eignen, wie sich herausstellt, und andererseits Europäer nicht bereit sind, unter subtropischen und tropischen Bedingungen wie Sklaven zu schuften. Nun erst beginnt der massenhafte Import von Negersklaven, mit denen die ethnische Zusammensetzung ganzer Großregionen massiv verändert wird und womit einige Gegenden geradezu schwarz-afrikanisiert werden.

 

 

Proletarisierung

 

Mit dem Fabriksystem, der Kasernierung der männlichen Jugend und der Teilkasernierung der Schulkinder werden der Kapitalismus und der von ihm getragene Staat ihre Vollendung finden.

Voraussetzung ist der Prozess zunehmender (relativer) Verarmung immer weiterer Teile der Bevölkerung zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert. Da diese sich schlecht in den Untertanenverband eingliedern, begründet das steigende Repression. Dabei wird nach dem Betteln tendenziell die Armut kriminalisiert. Andererseits führt die Armut immer deutlicher zu Formen des Verbrechertums und dabei auch der Bandenbildung, die sich besonders im ländlichen Armutsmilieu gut aufgehoben fühlen kann.

Die akademische und besonders die juristische Gelehrsamkeit sieht die Entwicklung, ohne auf sie Einfluss zu haben. Zwischen Schillers ernsthaftem 'Verbrecher aus verlorener Ehre' und Vulpius trivialem 'Rinaldo Rinaldini' entstehen Vorformen des Kriminalromans.

 

 

Es wird geschätzt, dass die Bevölkerung im 16. Jahrhundert in deutschen Landen um etwa 20-30 Prozent steigt. Ein Teil des Zuwachses erhält bei der Abwanderung in die Städte Arbeit und Einkommen, ein weiterer Teil versucht illegal, außerhalb der zünftigen und anderen Ordnungen, sein Gewerbe als Störer oder Pfuscher zu betreiben. Zunehmend mehr Leute verstärken - oft notgedrungen - das Heer der Erwerbslosen, Gelegenheitsarbeiter, der Bettler, der arbeitslosen Landsknechte.

 

In diesem Text wird Proletarisierung mit wirtschaftlicher Unselbständigkeit gleichgesetzt. Dabei geraten wir längst in Bereiche zwischen einem selbständigen und einem Handwerk, welches im Verlagswesen vom größeren Kapital abhängig wird, aber ansonsten mit eigenen Gerätschaften noch selbständig agiert.

 

Insgesamt nimmt in der Tendenz die Lohnarbeit zu, also wirtschaftliche Untertänigkeit zusätzlich zu steigender politischer. Für einen sinnvollen Begriff von Proletarisierung ist genau das wesentliches Kriterium und nicht das wesentlich unklarere Element (relativer) Armut. Dennoch wird für die für Lohn arbeitende Bevölkerung Armut phasenweise zu einem besonderen Faktor.

Das hat damit zu tun, dass die lohnarbeitende Bevölkerung neben der Miete für bescheidenen Wohnraum als einzige wesentliche Ausgabe das tägliche Brot hat und sich alltäglich kaum etwas anderes leisten kann. Im 16. Jahrhundert, vor allem der zweiten Hälfte, aber steigen die Getreidepreise phasenweise zunehmend an, während die Löhne nicht mehr wie im 15. Jahrhundert mithalten. Je nach Ort, Branche und Zeit sinkt damit die Kaufkraft auf zwei Drittel oder sogar auf nur eines.

 

Im thüringischen Weinbauzentrum Jena gehört der Großteil der Weinanbauflächen kapitalstarken Bürgern, die (natürlich) nicht mehr mit ihren Händen arbeiten wollen. Dafür sind Lohnarbeiter zuständig, die sogenannten Hecker, die etwa 25% der etwa 800 Familien in Jena ausmachen und vorwiegend in den Vorstädten leben. (Mägdefrau, S.349). Seit 1404 werden nach Aufforderung durch die wettinischen Landesfürsten ihre Lohne jährlich einheitlich festgelegt.

 

Die Städte versuchen, durch Vorratshaltung und Höchstpreise für Brot das Schlimmste zu verhindern, In Hungerzeiten kann sich dennoch die Todeszahl schon einmal verdreifachen. Erschwerend kommt hinzu, dass Gesellen und selbst Lehrlinge immer weniger Kost (und Logis) erhalten und mit pauschalen Entgelten abgefunden werden, die nicht mit dem Preis der Lebensmittel mithalten. Periodische Mangelernährung ist die Folge.

 

An Beispielen einzelner Städte ist die Verarmung immer größerer Teile der Bevölkerung nachvollziehbar. Laut den Freiburger Steuerbüchern steigt der Anteil der Armen mit einem Vermögen von 12 Gulden an der Gesamtheit der Armen mit einem von 25 Gulden dort zwischen 1481 und 1520 von 18 auf 33%. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts besitzen rund 62% der zünftigen Frauen unter 25 Gulden, was sie offiziell zu Armen macht. (Freiburg, S.470f)

Um 1500 ist das Armutsproblem in Freiburg so groß, dass es an städtischen Mitteln fehlt, ihm noch beizukommen. In diesem Zusammenhang entsteht eine Bettlerordnung und es wird das Bettlergericht mit seinem Bettelvogt, der selbst ein Bettler ist, welches vier mal im Jahr tagt, städtisch und quasi zünftig reorganisiert. Almosen erhält nur noch, wer an Samstagen und Feiertagen zur Vesper kommt und an Sonn- und Feiertagen zur Messe. (Freiburg, S.472) Man erhält dann ein Abzeichen, welches das Betteln erlaubt.

 

1530 haben Armut und Betteln so überhand genommen, dass sie in Basel verboten werden, so wie schon 1523 in Straßburg.

 

Für einige Gegenden in deutschen Landen auf dem Weg ins 17. Jahrhundert wird von Dörfern berichtet, in denen unterbeschäftige Familien als Untermieter von Bauern erwähnt werden (Schulz, S.214).

 

Um 1620 in Nürnberg 5% Patriziat, Großkaufleute, Reiche Handwerker-Unternehmer, 8-10% Handwerksmeister, rund 40% regelmäßig arbeitende Handwerker, Gesellen und Stückwerker, 10% Knechte und Mägde, rund 30% Tagelöhner, Hilfs- und Gelegenheitsarbeiter, - der Rext arbeitsunfähig oder arbeitslos. (Diefenbacher in: Kaufhold/Reininghaus, S. 212)

 

 

Kapitalkonzentration

 

Zwei Entwicklungen  gelten für das 15. und 16. Jahrhundert: Die Zahl der Kapitaleigner nimmt zu, zugleich aber auch eine Konzentration von mehr Kapital in weniger Händen. Wie  das funktioniert, lässt sich anhand der Fugger beispielsweise nachvollziehen,

1367 siedelt sich der Weber Hans Fugger in Augsburg an. Vermutlich geht er vom Webstuhl zum Barchentverlag über. 1396 versteuert er bereits ein Vermögen von 1806 Gulden, was ihn an die vierzigste Stelle in der Reichenskala Augsburg hievt. 1448 versteuern die Söhne Endres und Jakob bereits 10 800 Gulden, das fünftgrößte Vermögen in der Stadt. Während die Kinder des Endres an nicht zurückgezahlten Krediten scheitern, vererbt die Witwe von Jakob Fugger (d.Ä.) bereits 23 000 Gulden. Ab 1485 strecken die Fugger Erzherzog Sigismund von Tirol größere Summen vor, deren Zinsen mit Silber aus Tiroler Bergwerken beglichen werden. 1490 dankt Sigismund völlig verschuldet zugunsten von König Maximilian ab, der die Schulden übernimmt und weitere bei  den Fuggern aufnimmt, deren Zinsen weiter mit Silber bedient werden. 

"Ulrich, Georg und Jakob versteuerten 1492 jeweils knapp 17 000, 14 000 und 11 000 Gulden." (Fuhrmann, S.274) Ihr Vernögen kommt wohl immer noch hauptsächlich aus dem Barchentverlag.

Ein Jahr nach den Welsern treten die Fugger neben anderen süddeutschen Firmen in Kontakt mit der portugiesischen Krone, um am Indiengeschäft beteiligt zu werden.

 

Nach und nach kommt das Finanzgeschäft dazu, dann der Bergbau in der ungarischen Slowakei. Nachdem Jakob ("der Reiche") seine Brüder eberbt hat, versteuert er 1510 ein Vermögen von 258 400 Gulden, bevor er dann mit der Stadt eine feste Steuersumme vereinbart.

 

Zu alledem kommen Geldgeschäfte mit der römischen Kurie und Beteiligung am Ablasshandel. Der immer kapitalintensivere Silberbergbau wird von süddeutschen Unternehmern übernommen. Konflikte mit den brutal ausgebeuteten Bergarbeitern werden in Tirol und der Slowakei in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts mit politischer Hilfe "gelöst".

 

1518 schuldet Maximilian den Fuggern bereits knapp 175 000 Gulden. Rund 540 000 Gulden investiert Jakob Fugger in die Wahl Karls V. , die zum großen Teil mit weiterer Kontrolle über den Tiroler Silber- und Kupferbergbau abgegolten wird. Der Rest soll aus den spanischen Einkünften Karls beglichen werden.

 

Ein aristokratischer Stadtpalast und ein vornehmes Gästehaus sind in Augsburg, dazu kommt der Besitz von zunehmend mehr aufgekauften Dörfern, 1530 werden sie in den hochadeligen Reichsgrafenstand erhoben. Man heiratet in vornehmen Landadel. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts werden die Investitionen in Ungarn und Italien aufgegeben und nun wird am Quecksilberber bau im spanischen Almaden verdient, welches die Spanier für den Silberabbau in ihren amerikanischen Kolonien brauchen. Dann zieht man sich ganz aus dem Unternehmertum zurück und führt ein adeliges Rentiersdasein mit dem Besitz von rund hundert Dörfern kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg.

 

 

 

Das Land

 

Deutschland

Die Landbewirtschaftung bleibt in deutschen Landen vorwiegender Wirtschaftszweig. Nordwest- und Süddeutschland entwickeln in Teilen der Landbevölkerung zunehmenden bäuerlichen Wohlstand, während in manchen Regionen für viele Bauern die Höfe durch Erbteilung auch kleiner werden. 

Die Dorfbevölkerung wird immer stärker differenziert in große und kleine Bauern und jene, die nur ein kleines Haus mit Garten besitzen und sich verdingen müssen, eine Art ländliches Proletariat. Produktivität und Produktion stagnieren bis ins 18. Jahrhundert.

 

Bezugspunkt der Bauern einer Gegend sind kleine, ländliche Adelshäuser, die von Abgaben aus der Landwirtschaft leben, und zwar von eigenen wie belehnten Gütern. 

Ritterschaftlicher (niederer) Landadel mit Rittergut, Grundherrschaft (Abgaben und Dienste) ist in dem adeligen Landstand vertreten. Im 17. Jahrhundert grenzt er sich mit Ahnenproben von Neuadeligen und bürgerlichen Rittergutsbesitzern ab.

 

In deutschen Landen gerät die Selbstverwaltung der Dorfgemeinden im Zuge weiterer Territorialisierung immer mehr unter herrschaftliche Kontrolle. Neben die festgeschriebenen und von Seiten der Herren ausgelegten Weistümer versuchen die Amtleute auch die Dorfordnungen stärker zu kontrollieren. Formen der Grundherrschaft und der Gutsherrschaft im Osten geben weiter den Rahmen ab.

 

Bauern bekommen oft ihre Höfe verpachtet, wofür sie recht unterschiedlich Naturalien bzw. Geld, meist am Martinitag, und manchmal Dienste, Leib-, Spann- und Fuhrdienste leisten. Dazu kommt der Zehnte an Anteil der Kirche an Ackerbau und Viehzucht, der selbst inzwischen vermarktet, z.B. verkauft werden kann. Ein Teil der Bauern bleibt, regional verschieden, in Eigenhörigkeit gegenüber einem Herrn mit hohen Abgaben im Todesfall, Besthaupt, Bestkleid, die immer mehr in Geldabgaben verwandelt werden. Heirats- und Abwanderungsbeschränkungen werden durch Geldleistung aufgehoben. Pachtbauern sind aber auch oft frei und im Besitz von Vieh und Inventar. De facto vererben diese Bauern ihren Hof, aber Veränderungen am Hof wie Bäume Fällen fallen unter die Genehmigung des Besitzers.

 

In Ostdeutschland, insbesondere im Nordosten, beginnt Gutsherrschaft neuen Typs mit der zunehmenden Nachfrage nach Agrarprodukten die Bauernhöfe aufzukaufen oder Bauern mit Druck von ihrem Land zu vertreiben ("Bauernlegen"), Die Gutsherren lassen dann ihre immer größer werdenden Besitzungen von persönlich abhängigen oder direkt leibeigenen Bauern bewirtschaften. Billigste Arbeitskraft eines ländlichen Proletariats ersetzt bis ins 18. Jahrhundert technischen Innovationsdruck.

 

Italien 

In der Toskana verarmt die Landbevölkerung immer mehr, da sie den Eigentumsanteil an Land aufgeben und unter dem sich verschärfenden Mezzadria-System Pachten nur noch für zwei Jahre oder weniger und zu oft ungünstigeren Bedingungen ausgegeben werden. Viele Bauern sind zu arm, um sich Brot leisten zu können und gehen zu Esskastanien als Grundnahrungsmittel über. Je ärmer die Bauern, desto verächtlicher äußern sich die Städter über sie, falls sie ihnen einmal zu nahe kommen.

Wingerte, Olivenhaine und Getreidefelder prägen die toskanische Landschaft. Seit dem 15. Jahrhundert breiten sich in Italien neue aus Asien stammende Pflanzen aus: Reis, Karotten (aus Afghanistan), Auberginen, Spinat, Granatäpfel, Apfelsinen.

 

Schweden

Grundherrn, die Bauern persönlich an sich binden, hat es in Schweden kaum je gegeben. Noch im 16. Jahrhundert besitzt die Mehrheit der Bauern das Land,welches sie bearbeiten, etwa 60% des bewirtschafteten Bodens. 20% sind Kronland. Im Süden gibt es etwas adeligen Großgrundbesitz.

 

 

***Die Bundschuh-Aufstände***

 

Nur punktuell und anhand eklatanter Beispiele wie der Niklashauser Fahrt erfahren wir etwas über das, was Bauern in deutschen Landen über ihre Lage denken. Über das, was sich Anfang des 16. Jahrhunderts zusammenbraut, lesen wir dann erst, als die Lage immer explosiver wird und sich in bäuerlichen Forderungskatalogen niederschlägt. Dabei entsteht keine das Königreich umfassende Bewegung, sondern es kommt nur zu lokalen und dann regionalen, denen ein starker Rekurs auf biblisches Christentum eigen ist.. 

 

1493 kommt es in Schlettstadt zu einer Verschwörung gegen hohe Steuern und Verschuldung, für Aufhebung von Zoll und Ungeld, Einschränkung der Pfründe der Pfarrer und für selbstgewählte Gerichte der Gemeinden. Die Juden sollen geplündert und vertrieben werden. Symbol der Aufständischen ist der Bundschuh. Der Aufstand wird schnell niedergeschlagen.

 

1502 führt Joß Fritz eine Bundschuh-Verschwörung in Bruchsal und Untergrombach an. Gefordert wird die Abschaffung der Leibeigenschaft, die Verteilung der Kirchengüter an das Volk, und dass es keinen Herrn außer dem Kaiser und dem Papst geben solle. Über 7000 Leute verschwören sich, aber dann wird die Bewegung vorzeitig verraten und blutig unterdrückt. Joß Fritz kann entkommen. 

1513 kann er eine neue Verschwörung in Lehen im Breisgau beginnen. Zu bisherigen Forderungen kommen die, dass, sobald Zinsen die Höhe des verliehenen Kapitals erreichen, der Schuldner frei sein soll, Geistliche nur eine Pfründe haben sollen, und allgemeiner Friede in der Christenheit herrschen soll. Auch diese Verschwörung wird verraten und Joß Fritz kann erneut fliehen. Dasselbe geschieht dann 1517 noch einmal.

 

***Der arme Konrad***

 

1514 heißt so ein Bündnis von Bürgern württembergischer Landstädte mit Bauern gegen die zunehmenden Belastungen durch Herzog Ulrich, begleitet vom Elend mehrerer Missernten, welche die Getreidepreise vervielfachen, und von der Einführung des römischen Rechts im Lande, welches die Allmende gefährdet.

Als der verschwenderisch agierende Herzog 1513 neue Steuern für einen Krieg gegen Burgund braucht, bewegt ihn die "Ehrbarkeit" dazu, eine Vermögenssteuer in eine Verbrauchssteuer auf Fleisch, Wein und Getreide umzuwandeln. Diese Ehrbarkeit besteht aus etwa sechzig mehr oder weniger adelsgleichen, privilegierten Bürgerfamilien.

 

Ein Peter Gaiß ruft eine Menge zum Widerstand des "armen Konrad", also der kleinen Leute auf. Württemberger Städte treten in Verschwörungen bei. In Grüningen macht sich der Pfarrer und Reformtheologe Gaißler zum geistigen Anführer, der sich gegen die "Ehrbarkeit" und ihre Umverteilungsabsichten wendet und u.a. mit Peter Gaiß konspiriert. Der Einluss erreicht die Mehrheit der Ämter des Landes.

 

Am 7. Mai 1514 kommt es in Grüningen zum Aufstand, und dann in Leonberg und anderen Städten, wo sie manchmal die Verwaltung übernehmen. In Stuttgart und Tübingen treffen sich Aufrührer.

Dem Herzog gelingt es, die Aufständischen hinzuhalten, da es ihm zunächst an Söldnern fehlt.

 

Auf einem Landtag zu Tübingen Juni/Juli gewährt der Herzog den Landständen Zugeständisse, bekommt dafür fast seine gesamte Schuldenlast abgenommen und die Hinnahme des Straftatbestandes des Landfriedensbruchs samt dessen Bewehrung mit der Todesstrafe, was ihm die Rechtsgrundlage für die Niederschlagung des Aufstandes gibt.

Insgesamt fast 2000 Aufständische werden von den Truppen gefangen genommen, gefoltert und brutal bestraft. Anführer werden gleich geköpft.

 

 

Der deutsche Bauernkrieg 1524/25 

 

Am sogenannten Bauernkrieg vor allem in Südwest- und Mitteldeutschland sind neben Bauern auch Städter und Bergleute beteiligt. Er reiht sich in eine lange Linie von Aufständen Ohnmächtiger gegen ihre Machthaber ein, die selten überlokal oder überregional waren. Den Bauern ist bewusst, dass sie Fürsten, Adel, Beamte und Klerus ernähren und finanzieren. Neben den Zehnten zahlten sie Steuern, Zölle und Zinsen. Neben solcher Belastung verkleinert die Realteilung die Höfe und gerade dort, wo dann die meisten Aufständischen auftauchen, sinken immer mehr Bauern rechtlich ab bis in Formen von Leibeigenschaft.

 

Wesentlicher Ausgangspunkt ist die vorausgehende Verschärfung der Belastungen aus der Grundherrschaft. Die Bauern wollen im wesentlichen ihre altüberlieferten Rechte wiederherstellen.

Ein wichtiger Punkt der bäuerlichen Forderungen betrifft dabei die durch Parzellierung oder grundherrliche Nutzung schrumpfende Allmende, und dabei auch ganz zentral Holzrechte und Waldweide. Dazu kommt die Forderung nach Fischereirechten und schließlich die nach der Befreiung der Gewässer von Herrenrechten. Zudem geht es um die Belastungen aus Leibeigenschaft, den Abgabendruck und die zunehmende Einmischung außerdörflicher Obrigkeit.

 

Vor allem die dörfliche Oberschicht fordert Veränderungen. Schultheißen, Bauernrichter, Dorfhandwerker und Ackerbürger aus den Kleinstädten tragen den Aufstand und beeinflussen die ärmeren Bauern. Dazu fördern die Reformationen die Distanz zu den geistlichen Herrschaften, auch wenn die Mehrzahl der Reformatoren sich gegen den Aufstand wenden wird. Ausnahme ist partiell Ulrich Zwingli und insbesondere Thomas Münzer, der an der Mühlhausener Marienkirche Pfarrer ist. Im Zeitraum des Aufstandes werden dort Klöster aufgelöst, Räume für Obdachlose geschaffen und eine Armenspeisung eingerichtet. Er fordert die „Gemeinschaft aller Güter, die gleiche Verpflichtung aller zur Arbeit und die Abschaffung aller Obrigkeit“ (omnia sunt communia). Im Mai 1525 wird er gefangen genommen, gefoltert und hingerichtet. Im selben Monat wendet sich Luther 'Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern': Steche, schlage, würge hie wer da kann.

 

Im Sommer 1524 kommt es zu ersten Aufständen in Thüringen, Franken und Oberschwaben. Burgen und Schlösser werden gestürmt. Im Spätwinter 1225 werden in Memmingen die 'Zwölf Artikel' verfasst. Gefordert wird u.a. die freie Pfarrerwahl, die Abschaffung eines der Zehnten, die Aufhebung der Leibeigenschaft, freie Jagd und Fischerei, Rückgabe der Wälder, Reduzierung der Frondienste, Neufestsetzung der Abgaben an den Grundherren, feste statt willkürliche Strafen, Rückgabe der Allmenden, Abschaffung der Todfall-Abgabe.

Eine Oberschwäbische Eidgenossenschaft wird gebildet.

 

Die Forderungen sind wie die Aktivitäten regional etwas verschieden. Meist wird nicht die Abschaffung des Adels verlangt, aber die (vieler) seiner Privilegien und seiner Burgen, was sich vor allem an den (niederen) Landadel richtet. Da das Evangelium Richtschnur sein soll, sollen auch alle Privilegien der Geistlichkeit fallen, welches nun vor allem dieses predigen soll. Klöster sollen verschwinden. Manche (Hoch)Stifte sollen säkularisiert werden und in Laienhand kommen. Vor Gericht sollen arm und reich gleichgestellt sein. Aber eine Obrigkeit will man schon.

Nachdem ihre christlichen Forderungen von den Herren nicht angenommen werden, radikalisieren sich einige wie in der Flugschrift 'An die versamlung gemayner Pawerschaft' vom Mai 1525. Nun wird die Absetzung von Tyrannen gefordert, der Adel wird von politischen und militärischen Aufgaben ausgeschlossen, man möchte auf die Schweizer Eidgenossenschaft oder städtisches Regiment verweisen. Nur der Kaiser soll den Gemeinden des gemeinen Mannes noch vorstehen.

 

Man hat geschätzt, dass etwa tausend Burgen/Schlösser teilweise oder ganz zerstört werden, von denen viele nun verfallen, so wie auch hunderte Klöster. Viele tausende umfassende Bauern"heere" werden von überlegenen fürstlichen Truppen geschlagen und tausende werden getötet. Insgesamt sterben wohl an die 80 000 Menschen.Am 15. Mai 1525 werden die thüringischen Bauern  bei Frankenhausen durch Philipp von Hessen, Georg von Sachsen, Heinrich von Braunschweig sowie Albrecht und Ernst von Mansfeld vernichtend geschlagen.

Brutale Strafgerichte setzen ein

 

 

Weitere Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen

 

Noch immer leben die meisten Menschen auf dem Lande und von ihm und eine Mehrheit von ihnen ringt ihr nur mit großer Mühe das Lebensnotwendigste ab. Immer noch auch fehlt es an Texten von ihnen, die uns deutlich machen, ob ihnen Natur mehr besagt als den Gegner, mit dem sie tagtäglich ums Überleben riungen. Aber sie sind es, die die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die wieder langsam zunehmende Zahl von Städtern ihr "täglich Brot" bekommen.

Diese reagieren nun mehr noch als früher darauf, dass die Naturlandschaften aus ihrem Gesichtskreis verschwunden sind und es sich überall um menschengemachte "Kulturlandschaften" handelt. Generell kann man wohl davon ausgehen, dass in diesen für sie "Natur" entweder wohlfeile oder aber immer mehr zu bezahlende Ressource ist. Ein Baum ist so die nützliche Ware Holz.

 

Für wohl weiterhin ganz wenige Leute wird Landschaft aber stärker zum Erlebnisraum. So schreibt der Züricher Arzt und Naturforscher Conrad Gessner 1541 über das Hochgebirge: Welche Lust und was für eine Wonne ist das für ein empfängliches Gemüt, die unermesslichen Gebirgsmassen staunend zu betrachten und gleichsam das Haupt in die Wolken zu erheben. (in: SchubertAlltag, S.239)

 

Inzwischen sind aus städtischen Siedlungen mit von Land umgebenen Häusern längst intensiv Haus an Haus die Straßen entlang gebaute Städte geworden, wobei unterschiedliche Siedlungskerne miteinander verschmolzen wurden und weiter werden. In großen Städten wächst der Abstand zum Kulturland drumherum, und wenn man dieses noch wahrnehmen möchte, muss man sich dazu erst einmal aufmachen. Für manche Menschen im Zentrum der ganz großen Städte ist das wohl schon ein zu großer Aufwand.

 

Unkenntnis der außerstädtischen Tier- und Pflanzenwelt dürfte bereits jetzt zunehmen und zugleich auch die Wahrnehmung ökologischer Zusammenhänge, mit denen Bauern wohl noch vertraut sind. Die nunmehr in privater und öffentlicher Verwaltung stehende Ressource Kulturland, Lieferant für Waren, wird nirgendwo um ihrer selbst willen geschützt, es gibt keinen "Naturschutz" irgendeiner Art, aber sie werden nun als schwindende Ressourcen etwas mehr unter Schutz gestellt.

 

 Die Menschen treten nun Forsten gegenüber, die als Holzreservoir behutsamer verwaltet werden, die Überfischung durch Netze wird in Stadtnähe verboten, der Züricher Rat führt Schonzeiten für die Zeit des Ableichens von Fischen im See ein. Seit dem 14. Jahrhunderten wird an einigen Orten das Fangen der Vögel mit Leinruten verboten, an anderen der Vogelfang überhaupt reguliert. Um 1500 dann bemerkt man dennoch mancherorts den Rückgang von Singvögeln (mit dem Blick darauf, dass sie Nahrungsmittel sind. SchubertAlltag, S.258) 

 

Zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert gelangt der Wald, nun immer weniger Naturraum, sondern Ort von Holzproduktion, im Umfeld von weit entwickelten Gewerberegionen an seine Grenzen. Ein Waldfresser erster Güte wird die Glasproduktion mit ihrer Pottasche-Nachfrage. Der immer mehr in die Tiefe und Länge gehende Bergbau verlangt nach Unmengen von Grubenholz, und die Verhüttung der Erze verschlingt ebenfalls ganze Wälder. "Mitte des 16. Jahrhunderts verbrauchte das Kärntner Eisengewerbe (...) jährlich mit mehr als 220 000 Festmetern Holz das Äquivalent von 1000 Hektar Wald." (Bayerl, S.64)

 

Längst ist das natürliche Potential des Waldes in großen Teilen Mitteleuropas ausgeschöpft. Mit landesherrlichen Forstordnungen und ähnlichem wird versucht, das im Rahmen zu halten. Äcker schnell wachsender Nadelbäume ziehen überall ein. Salinen verbrauchen Holz aus immer größeren Fernen und man beginnt, es durch Gradierwerke einzusparen, die Verdunstung eines Teils des Wassers ermöglichen. Augsburg versorgt sich nun aus den Alpen mit Holz und Amsterdam aus dem Schwarzwald. Wald wird nun zunehmend kapitalisiert und gerät so in die Hände unternehmerischer Privateigentümer.

Holzknappheit führt allenthalben dann zu Sparmaßnahmen, aber sie reichen nicht aus, um mit dem Wachstum des Kapitals mitzuhalten. Der Weg in die Industrialisierung des 18./19. Jahrhunderts ist der zu Kohle, Koks, Dampfmaschinen und schließlich Öl, Gas und Elektrizität.

 

Nicht nur die Naturlandschaft Wald verschwindet, sondern auch die großen Moorlandschaften Mitteleuropas. Torf wird in großem Maßstab zu einem Substitut für Holz, bevor die Kohle es noch später ablöst. Der Begriff "Natur", zunächst den gelehrten Lateinern für mehr oder weniger philosophische Betrachtungen vorbehalten und ansonsten mit Wildnis übersetzt, wird nun auf Kulturlandschaften, also Menschenwerk, übertragen. Durch Popularisierung in den Volkssprachen wird er immer unklarer und hat bis heute für die meisten einen definitiven und klar-sinnvollen Inhalt verloren. Inzwischen schwindet Natur als Gegensatz zu Kultur in einem immer schnelleren Tempo auf der Erde, und in Mitteleuropa ist Naturlandschaft fast zur Gänze inzwischen unbekannt und selbst Kulturlandschaft verschwindet aus immer mehr Regionen. Der homo faber des Kapitalismus hört nicht auf, auf sein Ende mit dem seiner natürlichen Lebensgrundlagen hin zu arbeiten.

 

Während die Verwandlung des übrig gebliebenen Waldes von einem Naturraum in forstwirtschaftliche Betriebe und die der Moore in Torfproduktionsstätten allenthalten bejaht wird, werden die Schäden, die der Bergbau anrichtet, inzwischen von einzelnen gesehen. In einem 'Iudicium Iovis', also Urteil des Jupiter, tritt die Erde in einer Art Gerichtsverfahren mit einem durchbohrten Leib und zerrissenen Kleidern auf, um die Menschen anzuklagen. Der Mensch dringe in die Eingeweide seiner Mutter ein, er durchwühlt ihren Leib, verletzt und beschädigt alle inneren Teile. So zerfleischt er schließlich den ganzen Körper und lähmt dessen Kräfte völlig. (in Bayerl, S. 137) Aber das Urteil Jupiters ist, dass das alles notwendig sei für den Markt der Waren und die Geldwirtschaft.

 

Ein halbes Jahrhundert später wird Agricola in seinem 'De re metallica' deutlicher:

Durch das Schürfen nach Erz werden die Felder verwüstet (...) Wälder und Haine werden umgehauen (...) Durch das Niederlegen der Wälder aber werden die Vögel und andren Tiere ausgerottet, von denen sehr viele den Menschen als feine und angenehme Speise dienen. Die Erze werden gewaschen, durch dieses Waschen aber werden, weil es die Bäche und Flüsse vergiftet, die Fische entweder aus ihnen vertrieben oder getötet. Da also die Einwohner der betreffenden Landschaften infolge der Verwüstung der Felder, Wälder, Haine, Bäche und Flüsse in große Verlegenheit kommen, wie sie die Dinge, die sie zum Leben brauchen, sich verschaffen sollen, und da sie wegen des Mangels an Holz größere Kosten zum Bau ihrer Häuser aufwenden müssen, so ist es vor aller Augen klar, dass beim Schürfen mehr Schaden entsteht, als in den Erzen, die durch den Bergbau gewonnen werden, Nutzen liegt. (deutsch in Bayerl, S.138f)

 

Diese Erkenntnisse hindern Pawer/Agricola aber nicht daran, den "Nutzen" und die "Bequemlichkeit", die die Metalle den Menschen bieten, über das zu stellen, was wir heute als Umweltzerstörung bezeichnen. Umwelt aber meint vernutzte Natur. Der Preis ist eben nicht zu hoch, und das ist ja bis heute im wesentlichen so geblieben. Erst die Möglichkeit der Verlagerung der Zerstörungen in die "dritte Welt" machen es möglich, auf breiterer Front überhaupt darauf einzugehen.

Ein Eigenwert von Natur, von Pflanze und Tier taucht hingegen nicht auf. Alles wird, und auch das bis heute, unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit für den Menschen gesehen. Das antike Erbe, so wie es Humanisten wie Agricola auffassen, ist eben befreiend vor allem als kapitalistische Hintergrundsideologie, so wie es auch der sogenannte Rationalismus und die daran anschließende Aufklärung sein werden.

 

Und so wird die sogenannte Neuzeit in ihren ersten Jahrhunderten ganze Kulturlandschaften in Industrielandschaften umbauen, getrieben vom Vermehrungsdrang des Kapitals, der Nachfrage der Warenkonsumenten und überhöht durch "politische" Machtinteressen. Und so wird alleine der Oberharzer Raum bis 1740 mit 120 Stauteichen, rund 500 km Wassergräben, unterirdischen Wasserläufen und rund 100 km Entwässerungsstollen der Gruben ausgestattet. Die Abholzung erreicht dabei ein Niveau, dass Grubenholz nun aus dem Solling herbeigeschafft werden muss. (Bayerl, S.148)

In den Bergwerksregionen führt der Bergbau auch zur Herstellung chemischer Substanzen, die entweder als Nebenprodukte gewonnen werden oder aber zur Metallherstellung Verwendung finden. Dazu gehören Arsen, Schwefel, Vitriol, Salpetersäure und Quecksilber. Mit ihnen erreicht die Wasserverschmutzung als Vergiftung ein neues Niveau.

Wo am Berg die Erze gewonnen werden, wird nun im Tal verhüttet. Die Öfen erreichen bis ins 17. Jahrhundert eine Höhe von sieben Metern und verdoppeln die Roheisenproduktion zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert. Am Ende des 18. Jahrhunderts hat England, wo die Wälder längst weitgehend verschwunden sind, dann bereits auf Hochöfen umgestellt, die mit Koks beheizt werden.

 

 

Plantagenwirtschaft in Übersee

 

Aus den Ansätzen von Plantagenwirtschaft in den letzten beiden Jahrhunderten wird nun das Modell für die Produktion von Zuckerrohr, Tabak und Baumwolle vor allem, in dem die einheimische Bevölkerung in Lateinamerika in das encomienda-System gezwungen wird. Plantagen entstehen aber auch im Süden Nordamerikas, in der Karibik und in Indonesien.

 

Wo Einheimische die harte Arbeit physisch nicht durchstehen, beginnt der Einsatz von Negersklaven, die teils von Freibeutern in den eigenen Reihen, teils von Arabern eingefangen und an die Kolonialherren verkauft. Das Handelsdreieck zwischen Sklaven-Einkauf in Afrika, ihrem Verkauf in Amerika und dem Verkauf ihrer Produkte in England fördert die dortige Kapitalanhäufung, die am Ende in Industrialisierung und Fabriksystem führen wird.

 

 

Neue Krankheiten (Sammeln)

 

Die Bedeutung der Pest geht in Europa in der frühen Neuzeit erheblich zurück. Erforscht wird sie allerdings erst Ende des 19. Jahrhunderts in Indien, und erst Antibiotika stellen ein wirksames Medikament dar so wie Impfungen als Vorbeugung.

 

Was bleibt ist die Malaria, vorwiegend am Nordrand des Mittelmeeres Europa betreffend. Mit der Entdeckung des Chinin im 16. Jahrhundert entsteht ein Heilmittel. Dazu kommt nun das Fleckfieber, eine Typhusart, die die Pest als gefährlichste Seuche bis Anfang des 19. Jahrhunderts ablöst. Dazu kommt des weiteren die Syphilis, Vorläufer für die übrigen Geschlechtskrankheiten der Neuzeit.