Natur. Landschaft und Zerstörung
Die deutschen Lande (Rheingau / Ingelheimer Dorfgericht / Reformatio Sigismundi / Hans Behem und Niklashausen)
Flandern
England
Frankreich
Italien
Spanien
Natur, Landschaft und Zerstörung
Mit dem Aufstieg des Kapitalismus im Mittelalter beginnt in seinem Einzugsbereich eine zweite, nun fast unaufhörliche Bewegung der Verwandlung der Welt, die immer noch anhält. In seinen Kernlandschaften zwischen England und Italien, zwischen den deutschen Landen und Spanien schwindet eine Naturlandschaft nach der anderen und wird in menschengemachte verwandelt. Aus Wäldern werden entweder Forste oder sie verschwinden ganz. Feuchtgebiete werden trockengelegt, Fließgewässer in Wirtschaftswege verwandelt, Berge werden in Bergwerksareale verwandelt. Die Menschen, die über die Landschaften verfügen, verwenden sie als Ressourcen für ihr Erwerbsstreben und ihre Besitzgier.
Nirgendwo wird das deutlicher als beim Schwinden der Wälder. (siehe schon oben: Land2) Am Anfang des Mittelalters sind nördlich der Alpen Siedlungen Inseln in einer Welt aus Bäumen und Sträuchern. Schon im 15. Jahrhundert sind Wälder Inseln in einer menschengemachten Welt. Neben Wasser und Getreide ist Holz der dritte Grundbaustoff der neuen kapitalgetriebenen Zivilisationen.
Dabei gibt es neben der behutsamer werdenden Schweinemast mit der Waldbienenzucht noch eine weitere Nutzung des Waldes, ohne ihm großen Schaden zuzufügen. Seit dem 12. Jahrhundert bezieht die Stadt Nürnberg erhebliche Einkünfte aus der Zeidlerei. 1350 werden die Rechte der Bienenzüchter im Nürnberger Reichswald aufgezeichnet. Sie leben im Wald, besitzen eine eigene Zeidelhube, unterstehen einem gewählten Zeidelmeister, müssen Kriegsfolge und Abgaben leisten. (SchubertAlltag, S.80) Mit dem Verschwinden des Mets verschwindet zwar eine Nutzung des Honigs, andererseits nimmt aber das Angebot als Süßstoff dennoch ab, weil die Wälder zurückgehen. Damit steigt der Honigpreis.
Im wesentlichen aber wird in Mitteleuropa nicht selten bis tief ins 14. Jahrhundert neben den Siedlungs-Rodungen reiner Raubbau an den Wäldern betrieben. Mit der Zunahme von Städten und ihrem Wachstum werden sie Haupt-Verursacher, was man daran sehen kann, dass das Land um sie herum im 14. Jahrhundert oft in weitem Umkreis kahlgeschlagen ist.
Man braucht Holz schon seit der Steinzeit für Kochen und Heizen, und die nun rapide zunehmende Bevölkerung braucht davon immer mehr. Als Energieträger und Grundmaterial entspricht Holz längst mindestens der Bedeutung des Erdöls um das Jahr 2000. Zu den wichtigsten wirtschaftspolitischen Maßnahmen der sich zunehmend selbst verwaltenden Städte gehören jetzt Waldkäufe. Man erkennt, dass Städte es schwer haben, ohne Wälder zu überleben.
Bauholz wird bis heute verbraucht, auch wenn im späten Mittelalter langsam etwas mehr Steinbauten errichtet werden, die aber immer noch nicht ohne erhebliche Mengen Holz auskommen, auch wenn Holzschindeln teilweise durch Dachziegel ersetzt werden.
"Für den Dachstuhl der Hamburger Petrikirche brauchte man ohne die Sparren mehr als 400 alte Eichen. Gerüste und Verschalungen hatten weiterhin viel Holz verschlungen: Ein großer Wald ist für den Bau einer solchen Kirche nötig." (SchubertAlltag, S.91)
Dort, wo man nicht mit Natursteinen bauen kann, kommen Backsteine auf, aber der Brennholz bedarf für ihre Herstellung ist enorm, so dass gelegentlich schon im 14. Jahrhundert die Produktion beschränkt wird. Zudem brauchen Steingebäude Kalk, der im Wald mit Hilfe von Brennholz gebrannt wird.
Schon die antiken mittelmeerischen Stadtzivilisationen verbrauchten es massenhaft für den Schiffsbau für Krieg und Handel, und der nimmt seit dem 10. Jahrhundert immer mehr zu. Der Handel verbraucht es auch für Karren und Fässer, und ohne letztere hätte wohl nicht die große norddeutsche Hanse entstehen können. In Fässern werden nicht nur die Heringe transportiert, sondern zum Beispiel auch das Bier. In der Brauereistadt Hamburg "wurden 1375 neben 457 Brauereien 104 Böttcherbetriebe gezählt." (SchubertAlltag, S.86)
Am meisten Holz, gemessen am Einzelprodukt, verbraucht die spätmittelalterliche Glasherstellung. Für Schiffe und Glas verwandelt Venedig Dalmatien in eine karge Kastlandschaft. Zudem verschwinden im Zuge seiner Eroberungen die Wälder im Einzugsbereich des Po, bis der durch Erosion in die Gewässer eingetragene Schlamm die Lagune selbst bedroht.
Die zunehmende Glasproduktion verlangt nach Pottasche, und die entsteht aus Holzasche des Aschenbrenners, der sie an den Pottaschesieder weitergibt, der das Kali auslaugt und dann die Flüssigkeit eindampft (mit Holz als Brennmaterial), worauf sie zu Pottasche gebrannt werden kann. Der große Bedarf resultiert aber nicht nur aus der Glasherstellung, sondern betrifft auch die Seifenproduktion, das Färben und Bleichen von Textilien. Da vorzugsweise Buchenholz verwendet wird, kann es im späten Mittelalter alleine deswegen schon knapp werden.
Fast genauso verheerend wirkt sich die Salzsiederei auf das Umland aus: Die Lüneburger Produktion hat großen Anteil daran, dass sich das südliche Mischwaldgebiet im späten (kurzen) Mittelalter in eine Heidelandschaft mit weniger fruchtbaren Böden verwandelt.
Ganze Wälder verschwinden auch für die Metallindustrie, angefangen bei der Verhüttung der Erze bis hin zum Schmieden. Seit Jahrtausenden braucht man für das Schmelzen von Metallen Holzkohle, die entsprechend hohe Temeperaturen erreicht. Wie bis heute üblich wird die härteste und verachtetste Tätigkeit am schlechtesten entlohnt: Hier die des Köhlers, der vor allem für die Gewinne des Handels arbeitet.
Er muss relativ dünne Stämme vorwiegend von Buchenholz schlagen, an der Luft trocknen und dann unter Luftabschluss (durch Rasenplacken) so erhitzen, dass am Ende ein Drittel der Substanz als Kohle entsteht.
Im 13. Jahrhundert steigert sich die Verhüttung von Eisenerz durch Rennöfen und dann den Übergang zu (zunächst noch nicht sehr hohen) Hochöfen. 30 Tonnen Holz werden nun zu rund acht Tonnen Holzkohle und die verbrennen dann für eine Tonne Roheisen.
Gewerbliche Nutzung, oft mehr als der sonstige Holzverbrauch, entwaldet wie in dem Industrierevier der Oberpfalz ganze große Regionen. Sogar die Nutzung der Energie der Fließgewässer stößt hier an die Grenze, aber vor allem kommt es zum Mangel an Holz zur Erzeugung thermischer Energie. 1387 schließen sich hier 74 Hammerherren mit 80 Hammerwerken in der Großen Hammereinung zu einer Art Kartell zusammen, welches Produktions- und Stillstandszeiten festlegt. Schon ein halbes Jahrhundert vorher hat die Stadt Nürnberg für ihre Wälder "Viehweide, Rodung, unrationelle Arten von Holznutzung, die Herstellung von Zaunpfählen oder Dachschindeln, das Schälen von Lohrinde und das Brennen von Pottasche" verboten oder reduziert. (Bayerl, S.63) Die Arbeit der Köhler wird ebenfalls eingeschränkt.
Überhaupt bedeutet Technik bereits im späteren Mittelalter in der Regel Zerstörung. Zwar werden Bäume bis ins 18. Jahrhundert mit der Axt gefällt, was enorm harte Arbeit bedeutet, und sie werden dann mit Rückepferden aus dem Wald geholt, aber im 13. Jahrhundert tauchen erste Sägemühlen auf und im beginnenden 14. Jahrhundert fangen sie an, sich auch in deutschen Landen zu verbreiten. Sie dienen der Herstellung von Brettern, die nun nicht mehr mit Axt oder Beil abgespaltet werden müssen, und dann auch von Balken. Damit nimmt die Holzverarbeitung dort, wo sie entstehen, massiv zu, und 1458 versucht der Nürnberger Rat darum, neue zu verbieten, - was sich aber dann nicht durchsetzen lässt. (SchubertAlltag, S.94)
Ersatz für den Brennstoff Holz bietet in einigen (waldarmen) Gebieten Torf, und die Torfstecherei zerstört so großflächig weitere Biotope. zuerst in Northumberland und im 15. Jahrhundert dann auch im Lütticher Raum, der aber erst im 16. Jahrhundert an Bedeutung gleichzieht.
Im immer holzärmeren England nimmt der Gebrauch von Steinkohle zu. Mit dem ungefilterten Rauch aus Kohleverbrennung gibt es aber immer mehr Luftverschmutzung.
Im 13. Jahrhundert nimmt der Erwerb von Land auch durch kleinere Städte zu.
Es ist nicht das einzelne Kapital, sondern vor allem die Stadtgemeinde, die bei der Bedrohung der Wälder zu Gegenmaßen schreitet, nicht um "Natur" zu schützen, sondern um den Rohstoff Holz zu erhalten. 1226 kommt es im Rheingau zu einem ersten Rodungsverbot (Dirlmeier, S.10). Mitte des Jahrhunderts gibt es eine Waldordnung für das Kloster Ebersberg bei München und 1282 wird von Venedig das Fällen von Pinien in seinem Umland verboten. 1293 erlässt die Stadt Offenburg eine Waldordnung, 1294 erlässt König Adolf von Nassau für Nürnberg eine solche, die den übrig gebliebenen Reichswald hegen und schützen soll. Forstmeister sind dafür zuständig. 1309 befiehlt Kaiser Heinrich VII., den dennoch weiter stark geschädigten Reichswald "wieder zu Wald zu machen". 1310 müssen Forstmeister, Förster und Zeidler dem Stadtrat einen Eid schwören, den Stadtwald wiederherzustellen. 1340 wird dort die Köhlerei ganz verboten und 1385 der (freie) Handel mit Brennholz von dort.
Aber auch Bauern beginnen sich um 1300 zu beteiligen, um die Übernutzung und damit Zerstörung der Wälder zu beenden. Das Markweistum von Ostbevern von 1339 schränkt das Fällen von Buchen und Eichen ein, Das Lesen von Eicheln und Bucheckern wird verboten wie auch die Köhlerei, Holz darf nicht mehr nach außerhalb verkauft werden. (Epperlein, S.33)
In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstehen für die Wälder um Frankfurt/Main detaillierte Nutzungsbestimmungen. 1359 wird der Erfurter Stadtwald in Schläge eingeteilt, die seine Verwaltung überhaupt erst ermöglichen. Dort wo ökonomisch gesehen wertloseres Holz reicht, wird es nun auch und insbesondere dann im 15. Jahrhundert zum Sammeln und Schlagen vorgegeben.
Solche städtische Verwaltung eines reinen Wirtschaftswaldes verlangt, dass der Allmendecharakter des Waldes schwindet. Die Holznutzung wird kontingentiert und spezifiert und schließlich dann muss wertvolles Bauholz pro Stamm bezahlt werden. Fürsten werden erst im 16. Jahrhundert oder noch später davon lernen.
Zwischen 1350 und 1500 gibt es zwei unterschiedliche Entwicklungen: In manchen Gegenden auf dem Land nimmt die Besiedlung so ab, dass ganze Dörfer verschwinden. In nicht wenigen Einzelfällen werden Wüstungen der Krisen des 14. Jahrhunderts nicht mehr wieder aufgesiedelt, sondern dem Wald überlassen.
Andererseits gibt es im Umfeld nicht weniger Städte bei weiter abnehmenden Wäldern zunehmende Holzknappheit. Im späten 14. und im 15. Jahrhundert beginnt man in ersten Ansätzen mit Aufforstungen, 1369 versucht sich der Nürnberger Peter Stromer im Nürnberger Wald erfolgreich mit der Aussaat von Samen heimischer Tannen, Föhren, Fichten und Birken. Ende des Jahrhunderts werden dann auch Eicheln bewusst ausgesät. 1400 gibt es in Nürnberg sogar eine Waldsamenhandlung. (SchubertAlltag, S.107) Inzwischen werden auch im Frankfurter Wald Laub- und Nadelbäume nachgesät.
Damit beginnt der Siegeszug des Holzackers über den noch halbwegs natürlichen Wald, der nun nach und nach fast überall verschwinden wird. Die Forstwirtschaft wird nun die Waldflächen bewirtschaften und damit in landwirtschaftliche Nutzflächen verwandeln. Schnellwachsender Nadelwald wird den oft noch von Laubbäumen dominierten Mischwald ersetzen.
Auch anderswo wird mit Schutzmaßnahmen für die Restwälder begonnen. 1376 fordert eine Ordonnanz des französischen Königs Charles V. die Selbstverjüngung für die Kronwälder: "Auf den Schlägen bleiben immer Überhalter stehen, aus deren Samen die neuen Schößlinge treiben. Auch wenn damals in den Kronwäldern die Mittelwaldwirtschaft entsteht, so ist man doch weit entfernt vom Försterwald mit seiner am Ertrag orientierten Nutzung." (SchubertAlltag, S. 83. Mittelwald ist eine Kombinsation alter hoher Bäume, Hochwald, mit einem alle etwa dreißig Jahre vor allem für Brennholz geschlagenen Niederwald.)
Die knapper werdende Ressource Holz macht dann zur Gänze aus Wäldern als Naturlandschaft forstwirtschaftlich betriebene Holzproduktion: An die Stelle von Eichen- und Buchenwäldern treten nun zunehmend Holzplantagen aus schnellwachsenden Nadelbäumen, die häufiger abgeerntet werden können.
Seit dem späten Mittelalter ziehen sich mit dem Schwinden natürlicher Wälder und dem Rückgang der Sümpfe und Moore natürliche Restposten als Naturlandschaften auf kleine Reservate zurück, mit einem zunehmenden Schwund von Tier- und Pflanzenarten. Zivilisierung ist ganz selbstverständlich Vernutzung und Verwertung von Natur und wird bis heute anhalten, wo sogenannte Naturschutzgebiete als Reservate des Tourismus herhalten müssen und einem tiefen Missverständnis von dem dienen, was Natur ausmacht.
Das Schwinden der Wälder und die Zunahme von Starkregen im 14. Jahrhundert führt dazu, dass nicht ebenes Ackerland langsam weggeschwemmt wird. Schon um 1300 schreibt ein Dominikaner im Elsass über das große Maß an verschwundenen Wäldern seit hundert Jahren:
Gießbäche und Flüsse waren damals nicht so groß wie jetzt, weil die Wurzeln der Bäume die Feuchtigkeit von Schnee und Regen längere Zeit in den Bergen zurückhielten. (in: Epperlein, S.75)
Geschätzt wird, dass allein der Starkregen von 1342 in den deutschen Landen 13 Milliarden Tonnen Boden abträgt. Zwischen 1310 und 1350 soll Bodenerosion Ackerflächen um durchschnittlich 25cm abgesenkt haben. (DMeier, S.227)
Das massive Verschwinden der Wälder führt gerade in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wegen des nun viel schnelleren Abfließens des Wassers zu katastrophalen Überschwemmungen von Flüssen und Bächen.
Zwei Besonderheiten bei dem Schwinden der Wälder finden in England statt. Am gravierendsten ist das Verwandeln von Wäldern in Graslandschaften seit dem 11./12. Jahrhundert, um Weideland für Schafe zu gewinnen, deren Wolle wichtigster Exportartikel Englands und durch Ausfuhr-Zoll zentrale Einnahmequelle für die Könige wird.
Eine weitere Entwicklung stellt die Errichtung großer Parks als Statussymbol und Amüsierareal für den Hochadel dar. Als die unteradelige Katherine Sywnford, Geliebte des verheirateten John, Herzog von Lancaster, ihres Ehemanns durch Tod ledig wird, kann sie 1383, auch mit finanzieller Unterstützung ihres Liebhabers und integriert in die regionale High Society, in Kettlethorpe auf dem Grund des Verstorbenen 300 acres Land mit Wald in einen Park verwandeln, indem sie das Gebiet abschließt (enclosed). (Strohm, S.37)
Bevor mit der großen Industrialisierung im 19. Jahrhundert Flüsse kanalisiert werden, wird bereits erheblich in den Wasserhaushalt der Fließgewässer eingegriffen. In deutschen Landen wird zum ersten Mal 1400 mit dem Elbe-Stecknitzkanal Fließgewässer umgeleitet, anderswo geschieht das schon früher. Flüsse werden noch nicht kanalisiert, aber die Ufer befestigt, bei Städten, Anlegestellen und zur Sicherung von Leinpfaden.
Und natürlich werden Flüsse genutzt und auch dadurch verändert so weit es geht. Müller sperren den Fluss zum Nachteil der Schiffahrt, Fischer setzen feste Netze, Reusen und Wehren ein, unterstützt von Grundherren, die davon Abgaben erhalten. Landesherren wiederum unterstützen Kaufleute, die Zölle zahlen. Konflikte darüber sind an der Tagesordnung: Mühlen werden abgebrochen, um dem Handel zu dienen, wegen der Rechte bezüglich der Schiffahrt auf Oker und Aller geraten Lüneburg und Braunschweig 1388 in einem Krieg. Städte schaffen künstliche Untiefen, um ihrem Stapelrecht Nachdruck zu verleihen, da nun die Waren auf jeden Fall umgeladen werden müssen (1314 bei Hameln, SchubertAlltag, S.132).
Mit der Entwaldung in großen Regionen wird Holz auch die Flüsse abwärts geflößt, was selbst die aufstrebende Montanindustrie in abgelegenen Gegenden dazu veranlasst, sogar Bachläufe für Holztransport zu nutzen. Wenn dann erst einmal mehr Kapital in die Flößerei investiert wird, werden erneut ganze Gegenden zum Beispiel in den Alpen entwaldet - und bleiben es teilweise bis heute, da dann die Erde weggeschwemmt wird. Dort, wo Glashütten ihren hohen Holzbedarf befriedigen, müssen sie gehen, wenn dann über Flößerei ihr Rohstoff zu schnell verschwindet.
Ein wesentlicher Eingriff in den Wasserhaushalt wird bis ins 15. Jahrhundert sowohl die Entwässerung wie auch die Bewässerung. Bis ins 14. Jahrhundert steht in Mitteleuropa Bewässerung mit Gräben und kleinen Kanälen unter der Aufsicht von Grundherren, danach entstehen auch Zweckverbände unter Einbeziehung der arbeitspflichtigen Bauern. Es müssen Menge und Zeiten der Bewässerung eingehalten und kontrolliert und die Wasser-Zufuhren in Stand gehalten werden. Nutznießer für Trinkwasser und Brauchwasser sind aber auch Handwerker, und in den künstlich veränderten Wasser-Haushalt sind auch Besitzer von Mühlen aller Arten einbezogen. Wo dabei Rentenwirtschaft zu dominieren beginnt, wird auch das Wasser insoweit zum "öffentlichen Gut" mit gemeinsamer Verwaltung. (Loose in: Andermann/Auge, S.132)
Die Zerstörung von Lebensräumen ist nicht nur Menschenwerk, der unbelebte Planet entfaltet so etwas manchmal auch aus sich heraus. 1362 wird die Küstenlandschaft an der Nordsee in einer großen Flutkatastrophe massiv verändert: Jadebusen, Dollart, Elbe- und Eidermündung werden massiv vergrößert, sondern weite besiedelte Teile Nordfrieslandes mit Orten wie Rungholt gehen für immer unter. Aber teilweise haben auch hier Menschen schon vorgearbeitet, zum Beispiel durch das Salztorfen und andere Maßnahmen, die die Landoberfläche abgesenkt hat.
Das Land in den deutschen Landen
Von den frühesten Zivilisationen über die Antike bis durchs lange Mittelalter zieht sich eine Geschichte von Unterordnung und Entrechtung der Produzenten, insbesondere derer auf dem Lande. Sie ist ein Kennzeichen aller Zivilisationen, nimmt aber durch den Aufstieg des Kapitalismus im lateinischen Abendland besondere Formen an.
Während die Rentenwirtschaft auf dem Lande weiter fortschreitet, gibt es doch immer noch auch Strukturen früherer Grundherrschaft, auch wenn selbst hier fast überall Erbpachtverträge die Bauern absichern.
Die Nahrungsproduktion bleibt von der Witterung abhängig, und lange kalte Winter, verregnete oder von längerer Dürre betroffene Sommer und andere Plagen sowie Kriege führen weiter zu Hungersnöten, die dann oft Stadt und Land betreffen. Eine von 1438 betrifft gleichzeitig England, Frankreich und die deutschen Lande, von wo eine Thüringische Chronik berichtet:
In diesem 1438ten Jahr war große Teuerung in Thüringen und andern Landen, also dass die Leute Hungers starben und in Dörfern, Flecken und Straßen tot niederfielen und lange Zeit unbegraben lagen (...) Und dieweil die Leute also tot lange Zeit hin und wider unbegraben lagen, so ward die Luft davon vergiftet und entstand auf solche Teuerung daraus ein ganz geschwinde Pestilenz und ein grausam Sterben und starben noch viel mehr Leute daran denn vormals aus Hungersnot gestorben, also dass manch Dorf, ja auch viel Städtlein gar ausstarben und darinnen kein Mensch zu finden war. (in: Rösener, S.118)
Dabei spielt die ländliche Subsistenzproduktion immer noch eine große Rolle. Darunter ist mehr neue ländliche Armut entstanden, die neben unzureichender oder fehlender eigener Landwirtschaft immer mehr in Lohnarbeit gerät, wo sie nicht in die Städte abwandert.
Das Massensterben durch die Pest ist auf dem Lande geringer, schlägt sich aber auch hier in den Kosten für zunehmende Lohnarbeit im Bereich des Ackerbaus nieder. Viehzucht und Weidewirtschaft sind weniger arbeitsintensiv und ihre Endprodukte werden stärker nachgefragt, nicht nur Fleisch, sondern auch die (englische) Wolle in den Textilstädten Flanderns zum Beispiel. Nicht nur, aber mehr als anderswo insbesondere in England verdrängt das Schaf und das Rind nun den Ackerbau.
Die Regel sagt, dass dort, wo gerade das Massensterben stattfindet, die Produktion von allgemein gehandeltem Getreide weniger gesenkt wird als die städtische Nachfrage danach, und so sinken die Getreidepreise wie übrigens alle in die Ferne gehandelte Lebensmittelpreise. Das kompensieren dann Bauern mit erhöhter Fleischproduktion, also erhöhtem Anteil der Viehwirtschaft, was zu erheblicher Erhöhung des Fleischkonsums in den Städten führt. Damit nimmt der Kampf um das Weideland zu, wobei es vor allem um die vom Adel wo immer möglich eingeschränkte Allmende geht, die oft bewaldet ist. Dabei gewinnt der Adel nur zu oft.
Das funktioniert allerdings in England erst mit der Verzögerung einer Generation und nach mehreren Pestwellen ab etwa 1375.
Dabei wird vor allem der niedere Adel geschädigt, sofern er zur Rentenwirtschaft übergegangen ist und dafür feste Verträge vergeben hat, die mit der Geldentwertung und insbesondere den sinkenden Getreidepreisen nicht mithalten. Der Mangel an Nahrungsmitteln hilft aber dann einer kleinen Schicht von überlebenden Großbauern, die auf dem Dorf in ihrer Lebenshaltung sogar einige adelige Nachbarn zu übertreffen beginnen. Solchen Großbauern gelingt es oft, sich mehr als die Hälfte des gesamten Grundbesitzes im Umfeld ihrer Dörfer anzueignen.
Für den Adel heißt das manchmal den Abstieg, manchmal auch den Weg in ein Zubrot durch den Fürsten- bzw. Königsdienst. Ein stattlicher Teil der alten Adelsfamilien verschwindet dabei ganz, und neue entstehen durch den Aufstieg großbürgerlicher Familie.
Wenn dann Fürsten und Adel versuchen, der Krise durch erhöhte Abgaben zu begegnen, kann es zu Bündnissen von Bauern und Bürgern kommen.
Wenig betroffen sind die vielen überlebenden Kleinbauern, die ohnehin weiter vorwiegend Selbstversorgung betreiben, wie überhaupt die überlebenden kleinen Landhalter und Lohnarbeiter. Letztere profitieren von höheren Löhnen und billigeren Lebensmitteln, erstere zudem von sinkenden Pachten.
Technische Neuerungen gibt es in der Landwirtschaft des 14./15. Jahrhunderts kaum, aber frühere setzen sich nun stärker durch. So verändert sich die Getreideernte mancherorts durch die sich nun durchsetzende Sense mit dem längeren Baum, was zu deutlich tieferem Schnitt und zu ergiebigerem Stroh führt, welches für die Stallungen eingesetzt wird. Zudem wird die Erntezeit dadurch verkürzt. Im 14. und besonders im 15. Jahrhundert kommen dafür spezialisierte Sensenschmiede auf.
Gewohnt wird nun mehr und mehr in bäuerlichen Ständerhäusern in Fachwerk, die Zimmermannskunst verlangen, insbesondere wenn sie zweigeschossig werden. Im Laufe der Zeit kommen erste bäuerliche Steinhäuser dazu, obwohl meist die hergebrachte Dorfkirche das einzige Steingebäude bleibt. Langsam zieht auch eine Koppelung von Herd und Heizofen ein, mit dem Rauchloch in der Küche und einem rauchfreien Wohnraum daneben.
Bauern tragen in der Regel grobe Kittel, bis übers Knie reichende Hosen und Bundschuhe. Eine bäuerliche Oberschicht nähert sich städtischer Kleidung an. Im 15. Jahrhundert übertreffen einzelne an Pracht bereits manchen niederen Ritter.
Die Grundherren haben längst die Masse ihres Landes in immer längerer Zeitpacht ausgegeben, die ihnen Geldeinnahmen bieten, mit denen sie selbst Lebensnotwendiges nicht mehr direkt von ihrem Grund und Boden beziehen, sondern via Geldeinnahmen auf dem städtischen Markt.
Nicht die Grundherrschaft schwindet dabei, sondern ihre seit der Nachantike entwickelte Form. Die Ablösung der Dienste fördert die Konzentration der Bauern auf ihre Eigenwirtschaft, nötigt sie aber zum Verkauf ihrer Überschüsse auf dem Markt gegen Geld, welches zum guten Teil dann an den Grundherrn geht. Die Abhängigkeit vom Markt ist nun aber zugleich Konjunktur-Abhängigkeit.
Der Bauer auf den Märkten ist längst alltäglich und so kann der Nürnberger Hans Rosenplut um 1450 in einem Loblied auf die Bauern schreiben:
Wenn sie zu dem Mark varn / So künnens uns wol pewarn. / Di Frauen kumen mit in dar / Und pringen mancherlai War; / Dasselb wirt in denn abgekauft / Zu Speis nach der Werlt Lauf, / Des man nit enpern mag. (in: Franz, S.552)
Der massive Bevölkerungsrückgang verringert die landwirtschaftlichen Einnahmen für die Herren, während die Einkommen aus Kapital steigen. "Die Domherren von Schleswig, die ihre Einküfte von 1457 mit denen aus dem Jahre 1352 verglichen, stellten fest, dass Pacht und die Abgaben an Gerste, Roggen und Weizen nur noch ein Drittel des Vergleichsjahres ausmachten." (Tuchman, S.522)
Für niederen Adel mit kleinen Grundherrschaften vermindern sich die Einnahmen durch sinkende Getreidepreise und Renteneinnahmen. Im 14. Jahrhundert sollen sich die Einnahmen der Ritterschaft der Ortenau zum Beispiel halbiert haben (Rösener, S.263). Einige Adelige übernehmen Funktionen in der wachsenden Landesherrschaft, andere werden Söldner, manche werden einfach zu Raubrittern.
"Aus den Jahren 1364/65 liegt ein Bericht des Drosten von Meppen vor, worin von einem Raubzug des Grafen Otto von Tecklenburg die Rede ist. Der Tecklenburger raubte z.B. aus Dahlem 24 Kühe und 1005 Schafe, aus Haselünne92 Kühe und 80 Pferde und aus Holte 111 Kühe, 50 Schweine, 15 Pferde und sonstige Wertsachen in beträchtlicher Höhe; dabei wurden in Holte auch zwei Bauern erschlagen. Fehdeführung und Plündern war außer bei größeren Herren wie den Grafen von Tecklenburg vor allem bei den kleinadeligen Gruppen weitverbreitet. 1395 wurde der Schlichtungshof in Garen, ein Gut des Klosters Gertrudenberg, von solchen Raubrittern heimgesucht; trotz der über sie verhängten Strafen kamen sie noch ein zweites Mal und nahmen etliche Schweine, Pferde und Ochsen mit." (Rösener, S.265)
Neben dem Rauben bleiben vor allem zwei Möglichkeiten: Man kann versuchen, die Abgaben zu erhöhen bzw. neue zu erfinden, mit dem möglichen Nachteil, dass die Bauern dann abwandern, oder man kann dann das genaue Gegenteil tun, um neue Bauern anzulocken. Je nach Zeit und Gegend wird mal mehr das eine oder das andere versucht.
Dennoch ziehen Bauern weiter in die Städte, und ihre Herren versuchen das weiter zu verhindern. 1406 bestimmt der Herzog in der Tiroler Landordnung:
daz all Paulaeut bei iren Hôven und Guetern, es sein Zinsgueter, Weinhoef, Weingaerten, Kornhoef, Wisen, Ekker oder wie die gueter genant sein, nichts ausgenomen, die da Tail oder Zinse gebent, beleiben sullen und davon nicht ziehen an irs Herren Willen und Wissen. (in: Franz, S.505)
Dabei wird vor allem der niedere Adel geschädigt, der zur Rentenwirtschaft übergegangen war und dafür feste Verträge vergeben hat, die mit der Geldentwertung und insbesondere den sinkenden Getreidepreisen nicht mithalten.
Durch die steigende Bedeutung des Marktes und der Warenproduktion sowie dem Mangel an Nahrungsmitteln kommt es im späten (kurzen) Mittelalter zu einer weiteren Differenzierung auf dem Lande: Wenig betroffen sind die vielen überlebenden Kleinbauern, die ohnehin weiter vorwiegend Selbstversorgung betreiben, wie überhaupt die überlebenden kleinen Landhalter und Lohnarbeiter. Letztere profitieren von höheren Löhnen und billigeren Lebensmitteln, erstere zudem von sinkenden Pachten. Einige wohlhabende Bauern setzen sich ab vom Rest und schaffen es manchmal, den ärmeren Teil des ländlichen Adels an Wohlstand und Konsumniveau zu übertreffen, ohne dessen Standesvorteile zu erreichen.
Solchen Großbauern gelingt es oft, sich mehr als die Hälfte des gesamten Grundbesitzes im Umfeld ihrer Dörfer anzueignen. Wenn dann Fürsten und Adel versuchen, der Krise durch erhöhte Abgaben zu begegnen, kann es zu Bündnissen von Bauern und Bürgern kommen.
Entsprechend werden die Kleiderverordnungen, die im hohen Mittelalter einsetzen, weiter fortgesetzt, was deren geringe Wirksamkeit bezeugt.
Im Lindauer Reichsabschied von 1497 heißt es, dass der gemain Pawersmann und arbaitend Leut in Stetten oder auf dem Land kain Tuch anmachen oder tragen sollen, des die Ele über ainen halben gulden kostet; auch sollen sie kainerley Gold, Perlen, Samat, Seiden noch gestückelt claider tragen, noch ihren Weibern noch Kindern zu tragen gestatten. (in: Rösener, S.104)
Solche Bestimmungen wie auch die Predigten von Bußpredigern wie Geiler von Kaysersberg über bäuerlichen Kleiderluxus und Verschwendungssucht betreffen natürlich vor allem eine inzwischen etablierte bäuerliche Oberschicht und übertreiben vielleicht manchmal auch etwas. So schreibt der ebenfalls elsässische Prediger und Humanist Jakob Wimpfeling einige Zeit vor 1500:
Durch Reichtum sind die Bauern in unserer Gegend und in manchen Theilen Deutschlands üppig und übermütig geworden. Ich kenne Bauern, die bei der Hochzeit von Söhnen oder Töchtern so viel Aufwand machen, dass man dafür ein Haus und ein Ackergütchen nebst einem kleinen Weinberg kaufen könnte. Sie sind in ihrem Reichtum oft wahrhaft verschwenderisch in Nahrung und Kleidung und trinken kostbare Weine. (in: Rösener, S.106)
In einem Fastnachtsspiel des 15. Jahrhunderts heißt es:
Die Pauren wellen nicht vertragen, / Daß die Ritter und ire Kind / Anders den si geklaidet sind. / Die nemen gar sehr ab / An Tugenden alle Tag. / Die Paurschaft hoch steiget / Und Ritterschaft nieder seiget (sinkt) (...) Nun aber sich die Paurhait / Den Rittern geleich hat geklait / Mit Gewant und mit Gepärden. (...) Ir Röck die sein enge, / Anderthalbe Elle an der Lenge / Wen er in hat angetan, / Daß er nicht schreiten kann. (...) Ir Schuoch sind ausgesnitten / durch (aus) Holz mit höflichen Sitten. (in: Franz, S.525ff)
Zunehmend ist von der Hoffahrt solcher Bauern die Rede.
Nachdem bis ins 13. Jahrhundert in Texten für Bauern gelegentlich noch Verständnis gezeigt wurde, sofern sie ihre ständische Situation akzeptieren, nehmen im 14./15. Jahrhundert verächtliche bis feindselige Texte zu: Bauern sind dumm, bösartig, sie lügen und stehlen. Franziskaner beklagen fehlenden Kirchgang und fehlende Frömmigkeit. Vermutlich irritiert dabei auch der Aufstieg wohlhabender Bauern (sogar gelegentlich bis in die Ritterschaft).
Wo noch keine Pfarrkirche existiert, wird sie jetzt gebaut, wobei die Dorfgemeinde oft den Hauptbeitrag leistet. Manchmal hat sie sogar ein Mitspracherecht bei der Pfarrerwahl oder kann sich zumindest über ihn beschweren. Wo ein entsprechendes Benefizium gestiftet wird, kann ein zweiter Pfarrer für eine Frühmesse eingesetzt werden, die nach Tagesanbruch gehalten wird und Bauern mit einem Segen bedienen kann, bevor sie aufs Feld gehen. (Bünz in: Andermann/Auge, S.180) Kirchenämter nehmen zu, das des Küsters, des Glöckners und des Totengräbers, wohl alle im Nebenberuf.
In Laienhand gerät das Amt des Kirchenpflegers, der für das Gebäude zuständig ist. Oft sind es zwei, die das entsprechende Vermögen verwalten. Ins Dorf kommen jährlich Sendrichter, die über die Kirchenpfleger Aufsicht führen und über Verfehlungen der Gemeinde-Mitglieder im kirchlichen Sinne Gericht halten. Sie werden oft von den Pfarrern (bestenfalls) mit Misstrauen behandelt.
Überall auf dem Lande (nicht nur) in Mitteleuropa gibt es nun ein kirchliches Christentum aus Ritualen und Zeremonien, sozusagen als Teil einer allgemein
anerkannten Folklore. Nur soweit allerdings dringt Religion ins Landvolk ein, lokal und regional unterschiedlich und kaum um ihre eher verzwickten Feinheiten bekümmert.
Ein Teil der Bauern gerät im Umland von Städten unter die Kontrolle städtischer Obrigkeit, sie werden von dieser aufgekauft oder erobert (siehe Großkapitel. Stadt N4) Sie gehören nun zum direkten Nahrungsmittel- und Rohstoffreservoir dieser Städte sowie zum direkten Absatzmarkt für Handelswaren und Gewerbeprodukte, stellen gleichzeitig aber einen teilbefestigten äußeren Abwehrring gegen Feinde dar.
In Erfurt beispielsweise wird das Umland in am Ende sieben Vogteibezirke gegliedert, Der vom Stadtrat ernannte Vogt steht vor allem den Dorfgerichten vor und sorgt dafür, dass seine Untergebenen einmal im Jahr der städtischen Obrigkeit den Huldigungseid leisten. Die Dorfgemeinden wiederum stehen Dorfvorsteher, die sogenannten Heimbürgen, die ebenfalls der Obrigkeit den jährlichen Unterwerfungseid leisten müssen.
Einen Sonderfall des deutschen Spätmittelalters stellt die Entstehung der ostelbischen Gutsherrschaft dar. Hier kann der Ritteradel die Schwäche der Territorialherren ausnutzen und seine Rechte als Gerichtsherr erweitern, "mit deren Hilfe er die bäuerliche Freizügigkeit faktisch aufheben und die Frondienste bei Bedarf erheblich ausdehnen konnte. (...) Die territoriale Geschlossenheit der sich herausbildenden Gutsherrschaft war insbesondere mit einer Verstärkung der personalen Bindungen verbunden: Der Gutsherr war zugleich Grundherr, Gerichtsherr, Leibherr und häufig auch unterste Instanz der landesherrlichen Verwaltung." (Rösener, S.271) Großflächig durchgesetzt wird das aber erst nach 1500 und verbunden mit dem Export von Getreide in den nachfragestärkeren Westen.
Herren haben beide, die Bürger wie die Bauern, und manchmal gestaffelt in verschiedene Stufen von Obrigkeit: Ganz oben der schwache römisch-deutsche König, darunter immer stärkere Fürsten und in den sich stärker emanzipierenden Städten eine neuartig drückende Obrigkeit des mächtiger werdenden Patriziats. So wie Handwerker im späten Mittelalter versuchen, an der Macht in der Stadt teilzuhaben, so versuchen auch Bauern, vor allem unter der Führung der Wohlhabenderen, sporadisch ihren rechtlichen Spielraum zu erweitern.
Von den Bauern am Gestade, den Stedingern, bis zu den Revolten des 14. Jahrhunderts werden die Bauern dabei zerrieben zwischen der Tatsache, dass ihr Revoltieren seine Ursache in den Rahmenbedingungen hat, die der Kapitalismus geschaffen hatte, und der Tatsache, dass sie letztlich diese Rahmenbedingungen sprengen wollen, was am deutlichsten in dem englischen Bauernaufstand von 1381 wird.
Dabei reichen die vagen Vorstellungen von Freiheit und Rechten, nicht selten christlich geprägt, nicht zu einem umsetzbaren Programm. Geprägt von zahllosen Generationen der Unterwerfung und Unterdrückung schaffen sie keine konzeptionelle Perspektive mehr. Stattdessen wird schon mal punktuell revoltiert, so werden zum Beispiel Geistliche beim Einfahren des Zehnten angegriffen, "dem Prior des Benediktinerklosters von Merseburg hatte man dabei sogar beide Lippen, die Nase und größtenteils das rechte Ohr abgeschnitten." Wenn dann der Bischof von Havelberg sich wegen solcher Verweigerung das Vieh der Bauern aneignet, holen die es sich schon mal mit bewaffneter Macht zurück. (Esch, S.148)
Die Regel ist aber das Aushandeln der Bedingungen zwischen den verschiedenen Herren, zwischen ihren Vertretern in den Ämtern und Dörfern und zwischen den Genossenschaften und Gemeinden. (Hirbodian in: Andermann/Auge, S.48) Das entspricht den entstehenden Territorialstaaten mit ihren Fürstenhöfern, Oberämtern und Ämtern und darunter den Gemeinden. Dabei stehen am Ende Weistümer und interne Dorfordnungen.
Wohl wichtigste Instanz ist dort, wo frühere Grundherrschaft weiter existiert, das dreimal jährliche herrschaftliche Hubgericht, mit dem Gerichtsherrn und der Gemeinschaft der Hübner, in dem das Weistum bestätigt, Ämter besetzt und alle weiteren Angelegenheiten verhandelt werden.
Wo immer das Hubgericht in das Dorfgericht übergangen ist, ist der Schultheiß Vertreter des Herrn, Schöffen erklären das Weistum und betreiben dann die Verfahren der Niedergerichtsbarkeit. Wo niedriger Adel bzw. Ministeriale stark vertreten sind, sind sie auch eher die Schöffen. (s.w.u.)
Derweil wird selbst bei Verständnis für die Lage der Bauern das harmonisch-organische Ständemodell weiter idealisierend ausgebaut und klingt bereits fast so, wie es in leicht abgewandelter Form noch heute gilt, wenn es der Franziskaner Berthold von Regensburg im 13. Jahrhundert predigt:
Wolltest du gern ein Ritter sein, so musst du ein Bauer sein und für uns Korn und Wein bauen. Wer sollte uns den Acker bestellen, wenn ihr alle Herren wäret? Oder wer sollte uns die Schuhe anfertigen, wenn du das wärest, was du wolltest. (in: Epperlein(2), S.261)
Der juristisch gebildete Kölner Mönch Werner Rolevinck schreibt 1472 einen Bauernspiegel (Libellus de regimine rusticorum), in dem er die Bauern auf die Gleichheit der Menschen vor Gott und im Angesicht des Todes bescheidet und patriarchale Strukturen predigt:
Klug verhält sich der Herrn, der bestrebt ist, den Knecht geradeso wie seinen Sohn oder seine Tochter in Zucht zu halten; das ist für den Knecht nützlich. Die heiligen Satzungen bezeugen das denn auch, da die Freiheit manchen Menschen gefährlich ist, die Knechtschaft aber heilsam. (in: Epperlein(2), S.260)
Am Ende wird der späte Kapitalismus mit der Industrialisierung der Landwirtschaft und der einhergehenden Kapitalkonzentration auf dem Lande die bäuerliche Landwirtschaft im zwanzigsten Jahrhundert zerstören, so wie fast parallel dazu das produktive Handwerk verschwindet. Was vom Mittelalter übrig bleibt, ist dann das nun für alle Untertanen (mehr oder weniger) gültige Gehorsamsprinzip.
***Der Rheingau***
Der rechtsrheinische und kurmainzische Rheingau wird durch den Rhein auf der einen Seite und das Gebück auf der anderen im Vordertaunus begrenzt, und reicht von Walluf bis Lorch. Den Erzbischof vertritt hier der Vitztum (vicedominus). Wohl da es sich im wesentlichen um ein Weinbau-Gebiet handelt, werden hier früh die grundherrlichen Lasten durch reine Zinsverpflichtungen abgelöst, es gibt spätestens seit dem frühen 14. Jahrhundert Freizügigkeit, das Recht auf Wehrhaftigkeit und direkte Unterstellung der Einwohner unter den Erzbischof. (H.Ochs in: Andermann/Auge, S.94)
Schon im 12. Jahrhundert entstehen in den Orten Schöffengerichte unter Schultheißen, die Einwohner heißen manchmal cives. Im 13. Jahrhundert werden die Orte zu universitates. Sie bleiben trotz vieler Ähnlichkeiten mit Städten bis auf Eltville Dörfer, wobei letzteres seit 1332 erzbischöfliche Residenz und so Stadt wird.
Hauptort wird im 14. Jahrhundert Eltville als Oberamt, Oestrich wird Mittelamt, Lorch Halbamt und Geisenheim und Rüdesheim werden Unterämter. Haingerichte regeln die Nutzung der Allmende. Alle Gemeinden gehören zur Landesgemeinde Rheingau mit einem Landeshaingericht, welches vor allem den Landeswald betrifft und obere Instanz für die Gerichte der Landschaft ist. Besetzt wird es mit zwei Adeligen und zwei Bürgern aus den Dörfern.
Der Schultheiß wird wohl spätestens im 16. Jahrhundert von den Gemeinden vorgeschlagen und vom Erzbischof bestätigt. Er vertritt diesen und ist für die Bede, eine Art Grundsteuer zuständig. Die Schöffen, ursprünglich vom Erzbischof bestimmt, ergänzen sich inzwischen durch Kooptation. Daneben gibt es seit dem 14. Jahrhundert aus der Gemeinde Geschworene, die sich im 15. Jahrhundert Rat nennen, und der für die öffentliche Ordnung im Ort und die eigenen Finanzen zuständig ist. In demselben Zeitraum tauchen auch (jeweils zwei) Bürgermeister auf und manche Dorfgemeinden führen nun Siegel. (Ochs, s.o., S.102) Zwischen dem 13. und frühen 16. Jahrhundert errichten einige Gemeinden Rathäuser, die Orte sind ummauert, enthalten Märkte und Zünfte, in Kiedrich ein Spital und in Geisenheim zusätzlich eine Schule.
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Insbesondere in Weinbaugebieten wie hier oder im Elsaß wird damit die Unterscheidung in Dorf oder Stadt schwierig, es fehlt oft nur das Stadtrecht als solches, und in Elville wie in Elsässer städtähnlichen Orten wird es denn auch im 14./15. Jahrhundert verliehen.
Eine Stadtnähe wird durch Pfahlbürger/Ausbürger vermittelt, die vor städtischem Gericht erscheinen, zur städtischen Miliz gehören und städtische Vermögenssteuern zahlen. Manchmal, wie im Fall Konstanz, machen sie im 15. Jahrhundert rund 10% der Stadtbürger aus. (Scott in: Andermann/Auge, S.142)
Ähnlichkeit mit Städten gibt es auch dort, wo sich in Dörfern Handwerk hält, sei es, dass es direkt Bauern zuarbeitet, dort als Heimarbeit auftaucht, oder als zumindest manchmal in der Stadt erworbene Meisterschaft und sogar mit Zünften.
***Das Beispiel des Ingelheimer Dorfgerichtes (vor allem nach Regina Schäfer)***
Das Gericht ist (Nieder)Gericht für neun Dörfer, darunter Ortsgericht für drei Dörfer im Ingelheimer Grund in der Nähe von Mainz. Als solches tagt es mehrmals die Woche und abwechselnd in den drei Dörfern. Unter dem Schultheißen tagen vierzehn Schöffen, überwiegend Adelige. Mit Zustimmung der Parteien kann davon auch nur ein Ausschuss tagen. Zum Gericht zugelassen sein können auch Fürsprecher, eine Art Anwälte beider Parteien, und dazu gehören auch Büttel.
Konfliktfälle sind einmal Zahlungs-Rückstände, die eingetrieben werden sollen, aber auch alles andere im dörflichen Alltag: Beleidigungen, einfache körperliche Gewalt, Eigentumsdelikte, Wildfrevel usw. Als Beispiele zitiert Frau Schneider aus Gerichtsprotokollen den Fall einer Frau, die von einem Mann nach einem Wortwechsel geschlagen und beraubt wird, was letzteres er bestreitet, und den Fall eines Mannes, der darüber klagt, dass ein Peder Wolenber auf seinem Grund widerrechtlich krut oader kole angebaut habe, welches er allerdings inzwischen abgeräumt hat.
Solche Gerichte haben wie in der Stadt die zentrale Aufgabe, die Machtverhältnisse nicht durch das Ausleben von Konflikten oder von Gewalt zu stören, was implizit aber für die Dorfbevölkerung Rechtsicherung zur Herstellung von Frieden bedeutet, weswegen sie die Dorfgerichte grundssätzlich anerkennen. Im Sinne des ländlichen (wie übrigens auch des städtischen) Friedens ist dabei nicht nur die Unschuldsvermutung beim Beklagten bis zum Urteils-Spruch, sondern vor allem auch die Tendenz zur außergerichtlichen Einigung beim Gericht.
Dabei ist zu beachten, dass solche immer neue Herstellung inneren Friedens ursprünglich wohl aus den Interessen der betroffenen ländlichen Produzenten selbst herrührt, und nur langsam bis ins 16. und 17. Jahrhundert hinein die Dominanz des herrschaftlichen Interesses überhand nimmt, wobei sie selbst aber immer soweit Rücksicht nehmen muss, als ihr der dörfliche Frieden zwecks Einnahmen-Sicherung wichtig ist. (in: Andermann/Auge, S.65ff)
**Die Reformatio Sigismundi***
Im Rahmen des Baseler Konzils entsteht 1439 eine wohl in vielen Exemplaren verbreitete Reformschrift eines unbekannten Autors in deutscher Sprache, die natürlich nichtsdestoweniger nur von wenigen gelesen wird. Während im 13./14. Jahrhundert unterschiedliche Texte die christliche Religion und insbesondere die biblische Genesis vorwiegend zur Befürwortung, aber auch zur Ablehnung der Knechtschaft der Bauern benutzte, wird in der 'Reformatio' neben anderen Punkten (Ablehnung des Zölibats, Regulierung des Handels) letztere Position in aller Deutlichkeit und eher neutestamentarisch vertreten:
Es ist ein ungeherte (unerhörte) sach, das man es offen(baren) müß in der Cristenheit, das groß Unrecht ist, das vorget, daz einer vor Got also durstig (gierig) ist, das er sprechen tar (darf) zu einem Menschen: "Du bist mein eigen!" den Got hertiglich erloßet hat und gefreiet; es ist heidnisch getan. Got hat uns erlediget von allen Banden (durch Christus) und nieman sich erheben soll in keinen Gewalt einer fur den anderen. (...) Darum wiß jedermann, wer der ist, der da getar sprechen: "Du bist mein eigen!", der ist nit Cristen.
Es geht dabei, wie man dann sehen kann, nicht nur um Leibeigenschaft, sondern um alle herrschaftlichen Zwänge (twinge), und dabei besonders um die von Kirche und Kloster ausgeübten, denen ein Großteil des Landes untertan ist:
Die Closter und die Heupter, die Geistlichen heissen, solten geistlicher Sach warnemen. Nü nehmen sie sich der weltlichen Sach an; sie wissen vor Reichtum nit, was sie tun sollen; sie halten ir Regeln nit; sie eind Tag und Nacht vol(gefressen) und in allem ungefür (ihren Regeln unfolgsam). (...)
Beklagt wird dann unter anderem im einzelnen:
Item uf dem Lande sein vill Guter, Ecker und Wiesen als Hoff, die sein nü swerlichen uberladen mit Zinsen. (...) dick verbannet man es (etc). Man soll wissen, daß man wider Holz noch Weide noch Felt in keinen Bann legen sol. (...) Item man bannet auch die Wasser, die iren Ganck müssen haben, die allen Lendern müssen dienen und es nieman wenden kan noch mag, als es Got geordnet hat. Die da schiffreich sein, sol nieman mer verbannen. (...) Es ist leider darzü komen, mocht man das Ertrich zü dem Wasser verbannen, man tat es. (der ganze Text nach: Franz, S.535ff)
Es soll also die auf Bauern lastende Herrschaft über Grund und Boden fallen, und nur eine quasi politische Hoheit von Königen/Fürsten verbleiben. Das ist bis heute illusorisch geblieben, ist doch die Macht des sich hinter seinen Gesetzen versteckenden Staates über alle Untertanen inzwischen ins vergleichsweise Unermessliche gestiegen.
Das aber ist nur die eine Seite, die andere zeigt ein Felix Hemmerlin aus Zrüch, der um 1450 einen Adeligen (in Latein) über die Bauern sagen lässt:
Nun weiß ich es recht: der Bauer sticht den, der ihn salbt, und salbt den, der ihn sticht. Daher hat auch ein Weiser gesagt: "Wasche und kämme den Hund - Hund ist und bleibt Hund." Und ein anderer äußerte sich aus genauester Kenntnis des bäuerlichen Charakters folgendermaßen: "Das bäuerliche Volk, am besten im Leid, am schlechtesten in der Freud", gleich als er auch sagte: "Äußerst fromm, solange er unterlegen ist, doch im Siege völlig ruchlos", und ferner: "ein falsches und verderbtes Geschlecht". (in: Franz, S.546)
***Hans Behem und Niklashausen***
1476 wird der in der Nähe von Würzburg geborene, vielleicht 16 bis 18 Jahre alte Viehhirte Hans Behem (Böhm) von Marienerscheinungen bewegt, die wohl auf den Einfluss eines Wanderpredigers, jedenfalls eines Geistlichen zurückgehen.
Im Frühjahr 1476 ruft er die Menschen zu einer Wallfahrt zu einem Marien-Kirchlein nach Niklashausen im Taubertal auf.
Den Wallfahrern verspricht er im Namen der Jungfrau Maria vollkommenen Ablass von ihren Sünden, wenn sie nur Buße tun.
Als sichtbares Zeichen dazu fordert er Schmuck, seidene Schnüre, Brusttücher, spitzige Schuhe und sonstigen Tand als Opfergaben. Ein großer Teil der Opfergaben, wie Kleidungsstücke, Zöpfe, Haarnetze, Musikinstrumente, Spielzeug etc. werden öffentlich auf einen Scheiterhaufen geworfen und verbrannt. Danach predigt er den Wallfahrern eine Art Himmelreich auf Erden: Die Habgier von Fürsten, Adel und der hohen Geistlichkeit samt aller Eitelkeit werde bald von Gott beseitigt werden. Standesunterschiede, alle Abgaben und Frondienste sollten abgeschafft werden. Privatbesitz an Feldern, Wiesen, Weiden, Wäldern und Gewässern sollen in Gemeinbesitz (Allmende) verwandelt werden. Jeder, selbst Fürst und Ritter, solle seinen Lebensunterhalt mit eigner Hände Arbeit verdienen und brüderlich mit den Bedürftigen teilen.
Seine Predigten werden von immer mehr Zuhörern begeistert aufgenommen, die ihn schnell als „Heiligen Jüngling“ und „Propheten“ zu verehren beginnen. Im kurzen Zeitraum von drei Monaten soll er mehr als 70.000 Anhänger gewonnen haben. Bei Niklashausen entsteht im Juni 1476 ein riesiges Feldlager, welches rund 40.000 Menschen beherbergt haben soll, vor allem Bauern, aber auch einige Bürger und niedrige Adelige.
Die kirchliche und weltliche Obrigkeit, vor allem der Fürstbischof von Würzburg, Rudolf II. von Scherenberg, verfolgt die entstehende Massenbewegung mit zunehmender Sorge, vor allem wohl mit Angst vor einem allgemeinen Bauernaufstand, aber auch vor sinkendem kirchlichem Einfluss. Er schickt Geistliche zu Hans Behem, der aber offenbar aufrichtig an seine Mission glaubt und in diesem Sinne gut argumentieren kann, wobei ihm ein Mönch bei theologischen Problemen unterstützt.
Vom Fürstbischof beauftragte Kundschafter schreiben auf, was der schlichte Mensch so predigt: die priester sagen, ich sy eyn ketzer und wollen mich verbrennen. Wusten sy waß ean ketzer were, sie erkenntten, daß sie ketzer weren und ich keyner. Verbrennen sy mich aber, wee inen. (...) Welchs mensch den Tauberthall begryfft, der erlange auch all volkommelich gnade; und wan er sterbe, so fare er von mond uff zu hymmel. (in: SchubertAlltag, S.270)
Darauf befiehlt der Fürstbischof, Hans Behem heimlich nach Würzburg zu entführen und einzusperren. Darauf marschieren ein Großteil der Wallfahrer nach Würzburg. Sie werden mit Lügen zum Abzug bewegt und dabei wird dann auf sie geschossen. Einige werden verfolgt und getötet.
Dem Laienprediger werden der Vorwurf der Ketzerei und des Aufrufs zum Aufruhr gemacht. Im Verhör stellt er sich als naiver Analphabet heraus. Man meint aber zu erkennen, dass er unter den Einfluss von Gedanken des von der römischen Kirche bestellten (anerkannten) Wanderpredigers Johannes Capistranus geraten sei, worauf man einen ausführlicheren Prozess vermeidet.
Hans wird nun also im Schnellverfahren als Ketzer zum Tode verurteilt und am 19. Juli 1476 in Würzburg auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Darauf werden dann Propagandalügen des Würzburger Fürstbischofs über ihn unters Volk gebracht.
Weil die Wallfahrt nach Niklashausen weitergeht, wird die Marienkapelle dort nach einiger Zeit auf Betreiben des Mainzer Erzbischofs abgerissen.
(Wikipedia / Klaus Arnold, Niklashausen (1980))
Flandern: Bauernaufstand (1323-28
Die Rebellion gegen adelige Grundherren und gräfliche Steuereintreiber findet vor allem in den flämischen Küstengebieten statt, wo die Bauern seit dem hochmittelalterlichen Landesausbau über ausgeprägte Freiheiten verfügen. "Die in der Umgebung von Brügge im Winter 1323 ausgebrochenen Unruhen richteten sich gegen die Übergriffe adeliger Gerichtsherren, die die Steuern willkürlich einschätzten udn ungesetzliche Gerichtsgebühren einzogen." (Rösener, S.252) Dann entwickelt sich eine allgemeinere Stoßrichtung gegen den Adel, dessen Burgen geplündert und zerstört werden. Außer Gent schließen sich die Städte an. Man ersetzt die gräflichen Amtspersonen durch unteradelige Leute.
1328 besiegt ein französisches Ritterheer, welches die Grafen von Flandern herbeigerufen hatten, bei Cassel das flämische Bauernheer.
Das Land in England
14. Jahrhundert
Die eigentliche Bauernschaft nimmt nicht nur durch die Unglücksfälle des 14. Jahrhunderts ab, sie wird zum Teil geradezu durch Schaf und Ochsen vom Land vertrieben. Das funktioniert allerdings in England erst mit der Verzögerung einer Generation und nach mehreren Pestwellen ab etwa 1375.
Nachdem die Entwicklung schon weit gediehen ist, wird Thomas More (Morus) 1516 schreiben, dass das einst sanfte Schaf zu einem Menschenfresser geworden sei. Ein Jahr später wird die Regierung unter Kardinal Wolsey eine Untersuchungskomission einsetzen, die das allgemeine Niederreißen von Häusern und die Verwandlung von Ackerland in Weiden untersuchen soll - natürlich mit geringen Konsequenzen. Tatsächlich besagen Schätzungen, dass zwischen 1320 und 1520 eine halbe Million Häuser auf dem Lande verlassen werden.
Die übriggebliebenen Dörfer entwickeln sich zu Dorfgemeinschaften. Ab 1334 sind diese gemeinsam verantwortlich für das Einsammeln der Steuern, und daneben entwickelt sich die Einrichtung einer poor box für die Armen.
Viel Dorfleben kreist auch um die Dorfkirche. Churchwardens werden gewählt, die Gelder für den Erhalt der Kirche einsammeln. Immer häufiger wird neben der Kirche eine kleine Gemeindehalle gebaut, wo man sich treffen kann und wo sogenannte church ales stattfinden, Feste, bei denen der Gewinn aus ausgeschenktem Ale und Essen in den Erhalt der Kirche geht, - etwas ähnliches wie Kirchweihfeste in deutschen Landen.
Der starke Bevölkerungsrückgang führt zu nachlassendem Druck der Herren auf ihre Bauern. Die direkte herrschaftliche Bewirtschaftung geht weiter zurück und mehr Land wird an Bauern verpachtet. (Green, S.59) Bauern verlassen in England ihre Herren und bieten sich auf dem Markt an. Eine Ordinance of Labourers 1349 und ein Statute of Labourers 1351 versuchen sich dagegen zu stemmen.
Darin wird vor allem festgelegt, dass keine Löhne über dem Niveau vor der Pest verlangt werden dürfen und dass arbeitsfähigen Leuten keine Almosen gegeben werden dürfen, so dass sie zur Arbeit gezwungen werden können. Das betrifft Männer und Frauen bis zum 60. Lebensjahr. Justices of the Labourers werden bald aus den Reihen der Gentry eingesetzt, und später folgen auf sie die Friedensrichter. Constables zwingen die Arbeitskräfte, die neuen Gesetze vor Ort zu beeidigen.
Lohn- und Preisentwicklungen führen dazu, dass die Kaufkraft der Bauernschaft nach der Pest bis Ende des Jahrhunderts um rund 40% zunimmt (Dyer, S. 279). Dagegen richten sich weiter wie schon ab ab 1263 Luxusgesetze (sumptuary laws) mit detaillierten Kleidervorschriften für insbesondere Landarbeiter. Darin kommt auch die Hoffnung zum Ausdruck, steigende Tuchpreise so in Grenzen halten zu können.
Die Zahl der tenants nimmt nach der Pest deutlich ab, um ein Viertel bis ein Drittel in den manors der Herren, und in derselben Zeit wird der von tenants gehaltene Grund und Boden deutlich größer. Im 15. Jahrhundert wird die Zahl solcher Landhalter eines Herren dann schon einmal auf ein Drittel der Vor-Pest-Zeit absinken. Landarbeit und gewerbliche Arbeit auf dem Lande ist zunehmend mit smallholdings verbunden.
Die Herren versuchen, ihre tenants auch dadurch zu halten, dass sie die Beziehungen weitgehend entfeudalisieren und kommerzialisieren. Dazu gehört vor allem die schon vor der Pest einsetzende und sich nun durchsetzende Tendenz, die Domänen selbst zu verpachten. Die Risiken der zunehmenden Krisenhaftigkeit in der Wirtschaft werden so auf tenants übertragen, die sehen müssen, wie sie eine feste Pacht erwirtschaften.
In den siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts beginnt dann die Krone mit dem Versuch der Abschöpfung des zunehmenden Einkommens in der Lohnarbeit mit Hilfe einer Kopfsteuer (poll tax), die dabei von 4 Pfennigen auf 8 und dann auf 12 steigt und alle Erwachsenen ab dem fünfzehnten Lebensjahr unabhängig von ihrem tatsächlichen Einkommen erfassen soll, was zunächst einmal nicht gelingt.
Die Zeit zwischen 1350 und 1450 ist überall dort, wo Hungersnöte, Pest und andere Seuchen zugeschlagen hatten, eine Zeit mangelnder Arbeitskraft und ihrer allgemeinen Verteuerung. Das wirkt sich bis in die Rekrutierung oder Anmietung von Militärs bzw. Söldnern aus. Während dann nach 1450 die Bevölkerung in Frankreich und Italien wieder deutlich zunimmt, stagniert sie in England bis etwa 1540 (Dyer, S.266).
Zur Knappheit an Arbeitskraft gehört bis um 1465 auch eine solche an Silber, die Münzknappheit bedeutet. Besonders kleine Münzen, der halfpenny und der farthing fehlen im alltäglichen Leben.
Tatsächlich dauert es in England mehrere Jahrzehnte, bis die Getreidepreise deutlich sinken, was vielleicht an Missernten nach der Pest liegt, und die Reallöhne steigen auch nur langsam und stärker erst etwa zwanzig Jahre nach der Pest. Das mag daran liegen, dass relative Arbeitslosigkeit vor der Pest erst einmal nachher dazu führt, dass Arbeitslose in Arbeit kommen. Zudem führen die Höchstlohngesetze dann vielleicht dazu, dass Lohnherren auf dem Markt erzwungene höhere Löhne verheimlichen.
In England zeigt sich, dass nicht die Pest selbst, im Moment ihres Auftretens sicher erschreckend, sondern die deutlichen Umwälzungen des 14./15. Jahrhunderts, in denen sich Ständeordnungen und feudale Strukturen als hohle Hüllen erweisen, die Leute beunruhigen, obwohl wir dabei vor allem auf Autoren wie Chaucer, Gower und Langland als Quellen angewiesen sind, von denen allerdings zumindest der letztere dann schriftlich wie mündlich weiter verbreitet wird.
In dem halben Jahrhundert nach der Pest schreibt ein ansonsten eher unbekannter William Langland mit 'Piers Plowman' in mehreren Versionen eine Geschichte über einen vorbildlich braven und frommen Ackerbauern mit einem sehr kleinen Feld, der sich unter anderem mit einem Ritter vertraglich verbindet, für diesen zu arbeiten und von ihm wiederum Schutz zu erhalten und die Landarbeit störende Tiere zu jagen. Die beunruhigende Gegenwelt sind gierige Landarbeiter, Bettler, die eigentlich arbeiten könnten und eine Schar von Kleinkriminellen. Eine vergangene, harmonisch und fromm erscheinende Vergangenheit trifft auf eine neue Welt, in der Herren und Arbeitskraft inzwischen wie auf einem Markt verhandeln und die produktiv Arbeitenden durch Konsumgier allen möglichen Sünden verfallen.
Um 1390 schreibt Gower: The world is changed and overthrown / That it is well-nigh upside down / Compared with days of long ago. Es geht hier nicht um "Mentalitäten" einer "Geistesgeschichte", sondern um Reaktionen auf die Destabilisierung der lateinischen Welt durch Bewegungen des Kapitals, deren Resultate als Unordnung wahrgenommen werden. Wie weiterhin bis heute kommt dabei keine Kapitalkritik auf, sondern eher Erlösungssehnsucht, die da, wo sie sich nicht religiös äußert, anfängt zu politisieren und sich dabei als eher rückwärtsgewandt erweist.
Bauernaufstand
Auf die steigenden Marktchancen von Lohnarbeit reagiert die Krone schon 1349 umgehend mit der Ordinance of Labourers und 1351 dem Statute of Labourers. Darin wird vor allem festgelegt, dass keine Löhne über dem Niveau vor der Pest verlangt werden dürfen und dass arbeitsfähigen Leuten keine Almosen gegeben werden dürfen, so dass sie zur Arbeit gezwungen werden können. Das betrifft Männer und Frauen bis zum 60. Lebensjahr. Justices of the Labourers werden bald aus den Reihen der Gentry eingesetzt, und später folgen auf sie die Friedensrichter. Constables zwingen die Arbeitskräfte, die neuen Gesetze vor Ort zu beeidigen.
Lohn- und Preisentwicklungen führen dazu, dass die Kaufkraft der Bauernschaft nach der Pest bis Ende des Jahrhunderts um rund 40% zunimmt (Dyer, S. 279). Dagegen richten sich weiter wie schon ab ab 1263 Luxusgesetze (sumptuary laws) mit detaillierten Kleidervorschriften für insbesondere Landarbeiter. Darin kommt auch die Hoffnung zum Ausdruck, steigende Tuchpreise so in Grenzen halten zu können.
Die Zahl der tenants nimmt nach der Pest deutlich ab, um ein Viertel bis ein Drittel in den manors der Herren, und in derselben Zeit wird der von tenants gehaltene Grund und Boden deutlich größer. Im 15. Jahrhundert wird die Zahl solcher Landhalter eines Herren dann schon einmal auf ein Drittel der Vor-Pest-Zeit absinken. Landarbeit und gewerbliche Arbeit auf dem Lande ist zunehmend mit smallholdings verbunden.
Die Herren versuchen, ihre tenants auch dadurch zu halten, dass sie die Beziehungen weitgehend entfeudalisieren und kommerzialisieren. Dazu gehört vor allem die schon vor der Pest einsetzende und sich nun durchsetzende Tendenz, die Domänen selbst zu verpachten. Die Risiken der zunehmenden Krisenhaftigkeit in der Wirtschaft werden so auf tenants übertragen, die sehen müssen, wie sie eine feste Pacht erwirtschaften.
Die Zeit zwischen 1350 und 1450 ist überall dort, wo Hungersnöte, Pest und andere Seuchen zugeschlagen hatten, eine Zeit mangelnder Arbeitskraft und ihrer allgemeinen Verteuerung. Das wirkt sich bis in die Rekrutierung oder Anmietung von Militärs bzw. Söldnern aus. Während dann nach 1450 die Bevölkerung in Frankreich und Italien wieder deutlich zunimmt, stagniert sie in England bis etwa 1540 (Dyer, S.266).
Zur Knappheit an Arbeitskraft gehört bis um 1465 auch eine solche an Silber, die Münzknappheit bedeutet. Besonders kleine Münzen, der halfpenny und der farthing fehlen im alltäglichen Leben.
Tatsächlich dauert es in England mehrere Jahrzehnte, bis die Getreidepreise deutlich sinken, was vielleicht an Missernten nach der Pest liegt, und die Reallöhne steigen auch nur langsam und stärker erst etwa zwanzig Jahre nach der Pest. Das mag daran liegen, dass relative Arbeitslosigkeit vor der Pest erst einmal nachher dazu führt, dass Arbeitslose in Arbeit kommen. Zudem führen die Höchstlohngesetze dann vielleicht dazu, dass Lohnherren auf dem Markt erzwungene höhere Löhne verheimlichen.
In England zeigt sich, dass nicht die Pest selbst, im Moment ihres Auftretens sicher erschreckend, sondern die deutlichen Umwälzungen des 14./15. Jahrhunderts, in denen sich Ständeordnungen und feudale Strukturen als hohle Hüllen erweisen, die Leute beunruhigen, obwohl wir dabei vor allem auf Autoren wie Chaucer, Gower und Langland als Quellen angewiesen sind, von denen allerdings zumindest der letztere dann schriftlich wie mündlich weiter verbreitet wird.
In dem halben Jahrhundert nach der Pest schreibt ein ansonsten eher unbekannter William Langland mit 'Piers Plowman' in mehreren Versionen eine Geschichte über einen vorbildlich braven und frommen Ackerbauern mit einem sehr kleinen Feld, der sich unter anderem mit einem Ritter vertraglich verbindet, für diesen zu arbeiten und von ihm wiederum Schutz zu erhalten und die Landarbeit störende Tiere zu jagen. Die beunruhigende Gegenwelt sind gierige Landarbeiter, Bettler, die eigentlich arbeiten könnten und eine Schar von Kleinkriminellen. Eine vergangene, harmonisch und fromm erscheinende Vergangenheit trifft auf eine neue Welt, in der Herren und Arbeitskraft inzwischen wie auf einem Markt verhandeln und die produktiv Arbeitenden durch Konsumgier allen möglichen Sünden verfallen.
Um 1390 schreibt Gower: The world is changed and overthrown / That it is well-nigh upside down / Compared with days of long ago. Es geht hier nicht um "Mentalitäten" einer "Geistesgeschichte", sondern um Reaktionen auf die Destabilisierung der lateinischen Welt durch Bewegungen des Kapitals, deren Resultate als Unordnung wahrgenommen werden. Wie weiterhin bis heute kommt dabei keine Kapitalkritik auf, sondern eher Erlösungssehnsucht, die da, wo sie sich nicht religiös äußert, anfängt zu politisieren und sich dabei als eher rückwärtsgewandt erweist.
In den siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts beginnt dann die Krone mit dem Versuch der Abschöpfung des zunehmenden Einkommens in der Lohnarbeit.
1376 stellt sich ein Parlament gegen eine neue Steuer und fordert die Verfolgung korrupter Steuereintreiber. Dann bekommt aber eine Gruppe unter John of Gaunt, dem Kanzler Simon Sudbury und dem Schatzmeister Robert Hales immer mehr Einfluss und unterstützt die Kriegspolitik der Krone, was mehr Steuern nach sich ziehen muss.
1377 wird eine erste Kopfsteuer (poll tax) für jeden über 14 Jahren von vier Pfennigen eingeführt, die dann auf acht Pfennige steigt. Sie soll alle Erwachsenen ab dem vierzehnten Lebensjahr unabhängig von ihrem tatsächlichen Einkommen erfassen soll, was zunächst einmal nicht gelingt.
1381 ist das Alter auf 15 Jahre gestiegen, aber es werden jetzt 12 Pfennige verlangt. Die Steuereintreiber gehen mit voller Härte für diese dritte Kopfsteuer vor.
Als sich 1381 herausstellt, dass immer mehr Bauern alles unternehmen, um der Kopfsteuer zu entkommen, schickt die Krone Amtsleute nach Essex und Kent, um Untersuchungen anzustellen. Es kommt zu rebellischen Aktionen von Bauern gegen sie.
Ende Mai 1381 bricht dort, zuerst in Essex, "unter der Leitung von Gutsverwaltern (stewarts), gräflichen Amtsleuten (bailiffs) und anderen örtlichen Honoratioren ein sehr gut koordinierter, keineswegs spontaner Aufstand los, der sich rasch ausbreitete. Viele auch der einfachen Landleute konnten lesen, sie waren imstande, ihre Kritik in größeren Zusammenhängen zu sehen und zu formulieren, auch die Forderungskataloge zu verstehen, die ihr Führer Wat Tyler dem König vorlegte. Diese Manifeste beklagten den erfolglosen Krieg in Frankreich, die Angriffe auf die südenglische Küste, überhöhte Steuerforderungen und das antiquierte Arbeitsrecht, führten die Missstände auf das Werk schlechter Berater des Königs zurück..." (EhlersKrieg, S.52)
Am Anfang steht Steuerverweigerung, dann kommt es in Kent auch zu Ausbrüchen von Gewalt.
Die Unruhen nehmen im ganzen Land zu und Rebellen ziehen im Juni 1381 von allen Seiten nach London, wobei sie unterwegs eine Burg erstürmen, und sich in Canterbury der Kriegsveteran Wat Tyler als Anführer herauskristallisiert. Hier wird auch John Ball aus dem Gefängnis des Erzbischofs befreit. Er ist seit zwanzig Jahren recht belesener Wanderprediger, der bislang genau das verkündete, was jetzt zu den Forderungen der Bauern wird. So sagt er:
Es kann nicht gutgehen in England, bis alles in gemeinsamen Besitz überführt ist; bis es keine Herren und Diener mehr gibt, bis die Herren nicht mehr Macht haben als wir auch (...) Denn stammen wir nicht alle von denselben Eltern ab, Adam und Eva. (in: Tuchman, S. 332f)
Unterwegs werden sie von Bürgern der Städte unterstützt. "They recruited men and collected money as if they had taken over the government, and they advanced under banners and pennons (Lanzenwimpel) like a legitimate army." (Dyer, S.287). Gefängnisse werden geöffnet, besonders verhasste Grundherren werden geköpft und ihre Köpfe auf Stangen mitgeführt. Häuser von Richtern werden zerstört. (Tuchman, S.332)
Rund 20 000 Bauern lagern vor London, verlangen die Köpfe des Erzbischofs Sudbury, des Kanzlers und die Auslieferung von John of Gaunt; dazu die Abschaffung der Kopfsteuer, Abschaffung der Jagdgesetze und eine erschwingliche Bodenpacht. Die Bürger in London öffnen die Tore. London ist fast wehrlos, Truppen stehen an der schottischen Grenze, andere in Wales und weitere in Plymouth, um sich nach Spanien einzuschiffen.
Sudbury und der Kanzler werden erschlagen. Der Palast von John of Gaunt (Savoy) und der Temple werden zerstört.
"Lombarden und Flamen wurden niedergemacht, einfach, weil sei Fremde waren; Großkaufleute, Beamte und sogenannte >Verräter< (...) wurden aufgespürt und erschlagen." (Tuchman, S.334)
Der König versucht am 13. Juni zu fliehen und wird von den Massen zurückgeschickt.
Die Rebellen sind eher wohlhabendere Bauern, die von den davor liegenden Krisen profitiert hatten und nun mehr politische Freiheiten erhofften. Sie bilden Reiterheere, was bedeutet, dass sie sich entsprechende Pferde leisten können. Sie wenden sich nicht primär gegen die Kopfsteuer als eher gegen die übrigen Abgaben und gegen die noch existierenden Elemente von Servilität in der Bauernschaft, das Herrentum überhaupt außer dem des Königs und treten für die Enteignung der Kirche ein. Land sollte gänzlich für den Markt geöffnet werden und Arbeitsverträge sollten frei ausgehandelt werden. John Ball hält die Predigt mit der zentralen Aussage: Whan Adam dalf and Eve span, wo was thanne a gentilman.
Der Palast des John of Gaunt wird niedergebrannt und sie sollen sogar in den Tower of London eingebrochen sein.
Am 14. Juni treffen sie mit dem König bei London (Mile End) zusammen, der Freiheits-Charters erlässt und verspricht, die "Verräter" bei Hof zu entlassen. Der König macht Versprechungen, die er dann widerruft und schwächt die Aufständischen dadurch. Naiv wie sie sind, vertrauen sie den Versprechungen des Königs und ein Teil zieht ab.
Auf dem Land werden die Verträge von Herr und Knecht in den manor houses zerstört. Als Wat Tyler dann am 15. Juni den König wieder trifft, verlangt er die Abschaffung der Adelsprivilegien und der Kirchenhierarchie und die Selbstverwaltung der Dörfer. Sie steigern das bis zu der Aussage: Kein Herr (lord) soll in der Zukunft mehr Herrschaft ausüben, sondern sie soll auf alle aufgeteilt werden. Alles Land soll ihren Herden als Weidegrund zur Verfügung stehen und alle sollen Jagdrecht in den Wäldern haben. Als die Entourage des Königs darauf unruhig wird, ermordet der Lord Mayor von London Wat Tyler.
Es gelingt dem König, die Massen zu beruhigen. Sie sollen ihm vertrauen und nun kehren mehr noch von ihnen in ihre Heimat zurück.
Darauf werden fast alle königlichen Versprechungen wieder zurück genommen. Unter dem Kommando von Robert Knolles wird der Aufstand von seinen Söldnern dann brutal niedergeschlagen. John Ball wird gehängt. Nach zwei Monaten sind die Bauern militärisch unterlegen und, wer nicht hingerichtet wird, muss sich wieder unterwerfen. Die Herren nehmen sie wieder in ihren Dörfern auf und verpflichten sie auf die alten Verhältnisse.
Die Kopfsteuer verschwindet allerdings und das kriegerische Engagement der Krone wird erst einmal reduziert. In der Bauernschaft bleiben allerdings die Ideen weiter virulent, es kommt zu kleineren lokalen und regionalen Aufständen, und in der Konsequenz werden die Herren die Landbewirtschaftung weiter entfeudalisieren und dabei kommerzialisieren.
Zwanzig Jahre nach 1381 kommt es zu einer nicht ganz unähnlichen Rebellion von Bauern und Handwerkern in Wales, der sich dort, wo die Herren Engländer sind und die Städte englisch besiedelt, als eine Art "nationaler" Aufstand erweist und im Verlauf von sieben Jahren von den Engländern blutig unterdrückt werden muss.
15. Jahrhundert
Je größer die estates, desto mehr ziehen sich die großen Lords aus der Beschäftigung mit ihrer Landbewirtschaftung zurück, die nun von Großbauern und einem Typ von Agrarunternehmern vorangetrieben wird. Bis um 1500 verschwindet die feudal abhängige Bauernschaft fast völlig, sei es, dass sie dem Herrn davonläuft, sei es, dass ihre Dienste und Abgaben im Ereignisfall durch Geldzahlungen (Renten) abgelöst sind. Lohnarbeit in der Landwirtschaft nimmt dadurch deutlich zu.
Rösener fasst das so zusammen: "Der Leibeigenenstatus der Bauernstellen wurde in der Regel zu einer Erbzinsleihe, der copyhold tenure, gemildert. Im Umfeld dieser günstigen Besitzrechtsentwicklung war das Zinslehen kaum noch von freiem Landbesitz zu unterscheiden. Die englischen Feudalrenten waren relativ niedrig, und die Mittel der Grundherren, die Freizügigkeit der Bauern zu kontrollieren oder gar einzuschränken, waren in der Alltagspraxis so begrenzt, dass im ausgehenden 15. Jahrhundert die meisten feudalen Beschränkungen fast ganz verschwunden waren." (Rösener, S.270)
Diese Pachten summieren sich mit den "Renten", die die übrigen tenants zahlen. Die Bevölkerungsverluste des 14. Jahrhunderts helfen, den Umfang ihres Landes zu vergrößern, die smallholders steigen etwas auf und die (fast) landlose Landarbeit geht stark zurück. Die realen Renten der Landhalter sinken tendenziell und die Herren müssen feststellen, dass ihre Einnahmen aus der Landwirtschaft etwas sinken.
Barone lassen nun einen Teil ihrer manor-houses verfallen und konzentrieren ihr Wohnen auf einen oder wenige Burgen, die dadurch zu palastartigen Residenzen werden.
In der Konsequenz geht der Adel vom Ackerbau stärker zur Viehzucht über, die weniger arbeitsintensiv ist.
Landwirtschaft wird nun wie andere Gewerbe durch bäuerliche Familien und kapitalstarke Unternehmer unternehmerisch betrieben. Für große Teile des Adels ist Landwirtschaft im späten Mittelalter ein Geschäftszweig fast wie andere auch. Die feudalen Dienste abhängiger Bauern schwinden, die Domänen werden oft verpachtet, "ausgefarmt". Die Domänen der Canterbury Abbey werden um 1390 komplett verpachtet, und die des Erzbischofs zu fast zwei Dritteln. Damit gewinnen die Herren einen fixen jährlichen Betrag, um dessen Einbringen sich der "Farmer" nun kümmern muss. Selbst der Erhalt von Gebäuden wird oft auf ihn übertragen. Klöster eignen sich Pfarreien mit deren Einnahmen an und ersetzen die rectors durch billigere vicars.
Diese Pachten summieren sich mit den "Renten", die die übrigen tenants zahlen. Die Bevölkerungsverluste des 14. Jahrhunderts helfen, den Umfang ihres Landes zu vergrößern, die smallholders steigen etwas auf und die (fast) landlose Landarbeit geht stark zurück. Die realen Renten der Landhalter sinken tendenziell und die Herren müssen feststellen, dass ihre Einnahmen aus der Landwirtschaft etwas sinken.
Barone lassen nun einen Teil ihrer manor-houses verfallen und konzentrieren ihr Wohnen auf einen oder wenige Burgen, die dadurch zu palastartigen Residenzen werden.
In der Konsequenz geht der Adel vom Ackerbau stärker zur Viehzucht über, die weniger arbeitsintensiv ist.
Der niedere Adel prägt das Land mit konsolidierten bzw. vergrößerten Gütern. Im 15. Jahrhundert muss ein "Ritter" ein vom Land stammendes Einkommen von wenigstens 40 Pfund haben, ein Esquire von 20, ein Gentleman von 10 Pfund. Sie haben herrschaftliche Häuser im Unterschied zu Bauern, ihr Status wird an der Zahl ihrer Dienerschaft sichtbar und an ihrem Anteil an der Lokal-Verwaltung der sich ausbauenden Staatlichkeit.
Wie der höhere Adel tendiert auch die Gentry dazu, ihre Domänen zu verpachten und stattdessen selbst dem Hochadel als Verwalter zu dienen, oder aber bei Gelegenheit zur Armee zu gehen und vor allem in den juristischen Professionen zu arbeiten. Das Recht als Herrschaftsmittel der Mächtigen gewinnt immer mehr an Bedeutung.
Wie der hohe Adel stellt Gentry von Ackerbau auf Viehzucht um, wobei manche Schafherden sich an Kopfzahl in wenigen Jahrzehnten verdoppeln. Eigenes Land und manchmal auch wiederrechtlich Gemeinschaftsland wird durch das ganze 15. Jahrhundert und bis ins 16. eingezäunt und in Weideland konvertiert, Land der tenants wird zum selben Zweck aufgekauft. Auf diesem Wege verschwinden manchmal ganze Weiler.
Solche Gentry sind ländliche Geschäftsleute, die auch in Eisenwerke, Ziegeleien, Glasproduktion , Brauereien, Steinbrüche und vieles anderes investieren
Anders als Gentry sind die farmer, die ganze Domänen pachten oder Grangien der Zisterzienser, kein Adel. Da sie nur feste Beträge an die Herren abliefern, können sie zunehmend selbst entscheiden, wie sie sie erwirtschaften udn es wie ihr eigenes Land behandeln. Ähnlich wie der noch direkt Land bewirtschaftende Hochadel und die Gentry stellen sie ebenfalls einen Gutteil des Ackerlandes auf Viehzucht um, vor allem auf Schafe, aber auch auf Rinderzucht. Es beginnt eine Entwicklung, die die Ernährung wohlhabenderer Engländer von Gemüse und Getreide auf Fleisch (beef) umstellt, eine Entwicklung, die der Kochkunst wenig zuträglich sein wird.
Kapitalkräftige bürgerliche Chefs von Wollverarbeitern, Kleiderproduzenten, Schlachtereien und anderen, die landwirtschaftliche Produkte als Rohstoffe brauchen, beginnen, Domänen aufzukaufen und werden zu sogenannten "Gentlemen Farmern".
Generell lässt sich sagen, dass der "Lebensstandard" der meisten Bauern im 15. Jahrhundert zugenommen hat. Sie verkaufen mehr Überschüsse auf dem Markt und erwerben dafür mehr Kleidungsstücke, mehr Einrichtungsgegenstände und mehr häusliche Gerätschaften. Das gilt vor allem für die bäuerliche Oberschicht der yeomen, die oft über 80 acres und mehr verfügen, aber auch noch für die husbandmen darunter, aber natürlich nicht für die Schicht der labourers, die bei wenigen acres Land weiter auf Lohnarbeit angewiesen sind, um zu überleben. Der Bedarf an ihnen nimmt durch die ausgeweitete Viehzucht deutlich ab.
Das Land in Frankreich
Die Kommerzialisierung der Landwirtschaft begünstigt in England wie in Flandern eine marktorientiertere Bauernschaft, die ihre feudalen Fesseln verliert, aber sich andererseits in die teilt, die nun größere Höfe besitzen und die, die vom Land durch Verarmung vertrieben werden oder aber so mehr oder weniger landlosen Landarbeitern werden.
1315 bestimmt der französische König Ludwig X. 1315, dass die Leibeigenen in unserem gesamten Königreich zu freien Menschen gemacht werden sollen. (in: Ertl, S.109) Zwar ist es nun ökonomisch sinnvoll, die Unfreiheit der Bauern gegen eine Ablösesumme zu beenden, aber tatsächlich geschieht das zuerst nur in einigen wenigen Krondomänen. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts können sich in immer mehr Regionen die Bauern freikaufen. Die Lage der Bauern bessert sich auch für die Überlebenden der Pest.
Die große Krise des 14. Jahrhunderts und die Kriege hatten die Bevölkerung Frankreichs fast halbiert. Die Landwirtschaft ernährt immer noch fast 90% der Menschen, aber sie geht stärker, wie auch anderswo, vom Ackerbau zur Viehhaltung über und darüber hinaus zur Zuarbeit zum städtischen Gewerbe mit Waid, Krapp und Hanf.
Der Abstand zwischen hoher und petite noblesse wächst, und letztere verliert durch Krieg und Verarmung an Bedeutung, ja, der Unterschied zu wohlhabenden Bauern verwischt. Wer es sich weiter leisten kann, vollgültiger Ritter zu sein, bleibt auch noble.
Es gibt nun Gegenden, in denen Bevölkerungsrückgang mit gesteigerter Produktivität einhergeht. "So wurde für die Normandie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts errechnet, dass 40 Prozent der ursprünglichen Bevölkerung 70 Prozent des früheren Ertrages erwirtschafteten. Die Produktivität pro Kopf hatte sich beinahe verdoppelt." (Ertl, S.107)
Das Leiden unter dem Krieg ist ein Faktor für die zwei Wochen andauernde Eruption der Jacquerie. Diese, benannt nach Jacques Bonhomme, einer Karrikatur des biederen Landmannes, ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die Plünderungen und Verwüstungen des Krieges und die mit dem Krieg zusammenhängenden hohen Steuerforderungen.
Zuvor, im September 1356, unterliegt König Johanns Heer bei Maupertuis, und er selbst und viele Adelige geraten in Gefangenschaft. Die Regentschaft unter dem in London gefangen gehaltenen König führt der junge und unerfahrene Thronfolger Karl (V.). Der Prestigeverlust liegt aber beim französischen Adel, bzw. bei ihrem militärisch gescheitertem Rittertum.
Inzwischen ist die französische Krone zahlungsunfähig und muss bei den Ständen um Geld bitten. Aus Geldnöten einberufene Ständeversammlungen lösen sich ab, und der schwerreiche Führer der Seinekaufleute, Étienne Marcel, kann seine Forderung nach Beteiligung von Ständevertretern am königlichen Conseil durchsetzen, was der König in London strikt ablehnt.
1358 verbündet sich Karl von Navarra mit den von Marcel angeführten Pariser Bürgern. Eine Menge dringt in den königlichen Palast ein und ermordet hohe Militärs. Regent Karl flieht aus seiner Hauptstadt.
Von Paris aus zerstört Marcel mit Bürgermilizen Burgen der Umgebung.
Im Gegenzug schart Karl von Navarra den Adel hinter sich und schlägt die Aufstände blutig nieder. In Paris verbindet er sich dann aber mit Marcel, weigert sich, gegen die Städte vorzugehen, worauf der Adel zum Regenten umschwenkt. Marcel wird ermordet und der Regent kann darauf in Paris einziehen.
Die Jacquerie beginnt im Beauvaisis, der Île de France, weitet sich dann auf die Picardie, Brie und Champagne aus. Anführer in den Dörfer planen offenbar die Aktionen, die von gegen Adel und Klerus gerichteten Emotionen erfüllt sind. Handwerker und Kleinhändler schließen sich an. Adelsburgen werden zerstört, die Besitzer erschlagen.
In seiner Chronik schreibt Jean de Venette:
Im Sommer 1358, als die Bauern, die in der Nähe von Saint-Leu-d'Essérent und Clermont in der Diözese von Beauvais leben, das Unrecht und die Unterdrückung sahen, die ihnen von allen Seiten auferlegt wurden und erkannten, dass die Noblen sie nicht nur nicht schützten, sondern sie stattdessen so sehr unterdrückten wie der Feind, erhoben sie sich und griffen zu den Waffen gegen die Noblen Frankreichs. (in: Green, S.43, m.Ü.)
Der ihnen feindselig gesonnene Jean Froissart schreibt in seinen Chroniques, oft auf Hörensagen zurückgreifend:
Sie sagten, dass der Adel Frankreichs (...) widerwärtig das Reich verratend sei. (...) Sie hatten keine Führer,
plünderten und verbrannten alles, vergewaltigten alle Damen und Fräulein ohne Gnade wie verrückt gewordene Hunde. (...) Sie töteten einen Ritter, packten ihn auf ein Spieß und drehten
dieses auf dem Feuer vor der Dame und den Kindern. Nachdem ein Dutzend die Dame vergewaltigt hatte, versuchten sie diese und die Kinder zu zwingen, das Fleisch des Ritters zu essen, bevor sie sie
grausam umbrachten. (in: Green, S.45, m.Ü.)
Immerhin wird hier einmal angesprochen, in welchem Umfang in dieser Zeit Frauen zum Freiwild für rohe Männlichkeit werden, während beim ("regulären") Militär so etwas eher unterschlagen wird.
Der Aufruhr greift dann auf Städte wie Amiens, Caen, Rouen und Meaux über.
Während Buckingham um 1382 das Land verwüstet, weigert sich der Norden immer mehr, zum Krieg weiter finanziell beizutragen. Bei Unruhen in St.Quentin und Compiègne verbrennen die Leute Steuerämter, greifen Steuereintreiber an und verjagen sie.
Am 14. November sollen die Generalstände einen Ersatz für die abgeschaffte Vermögenssteuer beschließen. Als der Kanzler und Bischof von Beauvais neue Abgaben verlangt, dringen kleine Leute in die Versammlung der Kaufleute ein und fordern Widerstand. Laut der Chronik von St.Denis soll ein Flickschuster folgendes geschrien haben:
Sie wollen nicht, dass wir atmen oder sprechen oder ein menschliches Gesicht haben, sie wollen uns nicht in der Öffentlichkeit begegnen (...) Diese Männer, denen wir erzwungenen Dienst leisten, haben keinen anderen Gedanken, als sich mit glitzernden Juwelen und mit Gold zu schmücken, sich wunderschöne Paläste zu bauen und neue Steuern zu erfinden, um die Stadt niederzudrücken. (in: Tuchman, S.328)
Der Vorsteher der Kaufleute wird gezwungen, die Forderung nach Abschaffung aller Steuern an den Kanzler weiter zu geben. Obiger Chronist schreibt, sie glauben, dass die Regierung besser von ihnen geleitet werden sollte als von ihren natürlichen Herren.
Steuerregister werden verbrannt und man fällt über die Juden her. Am 16. November verzichtet die Regierung auf Steuern, Zehnte und gabelles.
Als 1382 die aides, Steuern auf Wein, Salz und andere Waren, wieder eingesetzt werden, führen Steuerdruck und Uneinigkeit der Regenten zu Aufständen. Hunderte von Webern wenden sich im Februar 1382 in Rouen zusammen mit dem städtischen Proletariat gegen die städtische Oberschicht, die geplündert wird. Das greift über auf das ganze Land, unter anderem auf Laon, Amiens, Reims und Orléans.
Am 1. März wenden sich die Händler der Pariser Markthallen gegen einen Steuereinnehmer und erschlagen ihn. Das Rathaus wird gestürmt und die Hämmer der Polizei werden verteilt, was den Aufständischen den Namen maillotins gibt. Häuser reicher Bürger werden geplündert und Juden massakriert. Die Reichen und Mächtigen fliehen zum König nach Vincennes. Gefängnisse werden gestürmt und Gerichtsakten verbrannt.
Die Bürger von Amiens, Reims, Orléans und Lyon verlangen Gemeinde-Verfassungen. Auf dem Land werden die königlichen Finanzbeamten vertrieben.
Im Languedoc kommt es zu städtischen Unruhen.
Als in Vincennes Truppen konzentriert werden und Amnestie versprochen wird, gibt das Bürgertum von Paris nach und liefert 40 "Rädelsführer" aus, von denen zu ihrem Entsetzen 14 sofort öffentlich hingerichtet werden. In Rouen werden 12 Führer des Aufstandes hingerichtet, und die Verwaltung direkt einem königlichen Beamten unterstellt. Derart eingeschüchtert, versprechen die Stände der Normandie eine Verkaufs-, Einkommens- und Salzsteuer.
Der Herzog von Anjou ist auf Eroberungszug in Italien. Coucy verhandelt mit den Parisern, bietet Amnestie, dafür soll die Stadt 12 000 Franken zahlen und sich komplett entwaffnen. Darauf lassen sich die maillotins nicht ein. Darauf verwüsten königliche Truppen die Umgebung von Paris und die faubourgs. Schließlich bietet Coucy eine Generalamnestie für eine Steuer von 80 000 Franken. Der inzwischen die Regierung kontrollierende Herzog von Burgund ist aber mehr an der Niederwerfung des Aufstandes in Flandern interessiert, um so sein Erbe zu sichern.
Während Paris 1382 noch in der Hand der Aufständischen ist, wird Gent vom Grafen von Flandern belagert. Philipp von Artefelde versucht die unterschiedlichen Gruppen der Stadt zu vereinen. Die Bedingungen des Grafen für die Übergabe der Stadt sind so demütigend, dass sie abgelehnt werden. Einer Genter Armee gelingt es, auszubrechen und das progräfliche Brügge militärisch zu besiegen. Die Stadt muss 500 Geiseln stellen. Immer mehr flämische Städte laufen zu Gent über und Philipp erklärt sich zum Regenten von Flandern.
Während die kleinen Leute in vielen Städten Zentralfrankreichs mit Aufständen beschäftigt sind, zieht eine Armee des vierzehnjährigen französischen Königs mit seinen herzoglichen Onkeln und dem Hochadel Frankreichs nach Flandern. Viele flämische Städte unterwerfen sich schnell und zahlen enorme Summen. Dann wird ein kleines und schlecht bewaffnetes flämisches Heer am 29. November bei Roosebeke besiegt, wobei Philipp van Artefelde umkommt. Courtrai (Kortrijk) wird eingenommen, die Bevölkerung teils massakriert und teils für Lösegeld gefangen genommen. Dann wird die Stadt geplündert und in Brand gesetzt. Gent allerdings kann nicht eingenommen werden.
Im Januar 1383 ergibt sich Paris. 300 reiche Bürger werden festgenommen, mehr als ein Dutzend werden in wenigen Tagen hingerichtet. Verkaufs-, Salz- und Weinsteuer werden wieder eingeführt, alle Privilegien und Stadtrechte mit den städtischen Ämtern werden abgeschafft, die größeren Zünfte unter Kontrolle königlicher Beamter gestellt. Die Stadt muss 400 000 Franken an Bußgeldern zahlen. Auch anderen Städten werden die (Verwaltungs)Rechte genommen. Mit dem Sieg der Monarchie und des Hochadels wird der Weg in immer absolutere königliche Macht beschritten.
Im Berry durchstreifen seit 1383 Banden aus Bauern und Söldnern das Land und können erst zwei Jahre später unterdrückt werden.
Engländer unterstützen, dass Genter Truppen Damme besetzen. Eine französische Armee unter dem König erobert es zurück.
Italien
Spanien
Im Königreich Aragon kommt es dann im 15. Jahrhundert zu Aufständen von Bauern, und 1486 erlaubt Ferdinand ("der Katholische") dann für das ganze Land die Ablösung der Leibeigenschaft durch eine einmalige Zahlung.