RITTER (12.Jh. bis 1250)

 

Wer oder was ist ein Ritter?

Ministeriale werden Ritter

Militär und Geld

Rittertum als Christianisierung der Gewalttätigkeit

Ritterliche Zerstörung Okzitaniens (Eine Heerordnung Kaiser Friedrichs I.)

Burgen (in Arbeit)

Jagd

Gewalt als Sport

Sexuelle Gewalt

Grausamkeit (erster Versuch)

Guillaume le Maréchal

Ritterorden

Gewalt, Macht und Herrschaft: Ein Exkurs (Ehre und Genugtuung)

 

 

Wer oder was ist ein Ritter?

 

Was ein Ritter ist, ein knight, chevalier, caballero, entzieht sich zunächst einer eindeutigen Definition. Bevor diese Begriffe dokumentiert sind, war er ein miles, ein Krieger, ein Militär. Klarer definiert wird er erst, als er an militärischer und gesellschaftlicher Bedeutung verliert und Rittertum zunehmend im späten Mittelalter vor allem (vor)gespielt wird. Auf jeden Fall hebt er sich im 12. Jahrhundert immer klarer von vier Gruppen ab, mit Ausnahme der Ritterorden von den Mönchen, von den Weltgeistlichen, vor allem aber von den Bauern (rustici), denen ganz allgemein das Waffentragen untersagt ist, und den Stadtbürgern nicht ritterlicher Art, die sich nur für die Verteidigung ihrer Stadt bewaffnen dürfen.

 

Noch einmal zur Erinnerung: Grundsätzlich kennt das Mittelalter den Herrn und den Knecht, den Inhaber von Macht und den Untertanen. Herr ist man zunächst durch den Besitz von nutzbarem Grund und Boden und (kriegerische) Gewalttätigkeit als wesentliche Betätigung. Herren sind die vielen untertan, die für sie und dabei dann auch für sich arbeiten und denen in der Regel Gewalttätigkeit untersagt ist, da diese die Herren und ihre Herrschaft gefährden würde.

 

Hatte das römische Imperium alles getan, um kriegerische Gewalt außerhalb der Grenzen zu halten, so führen die Eroberungen germanisch dominierter kriegerischer Heerscharen zu Nachfolgereichen, die Gewalttätigkeit der neuen Herren als konsolidierendes Element im Inneren benötigen, da die Reichsbildung der Könige sich auf diese Herren stützt, die Krieger bleiben.

Während einige belesene Geistliche weiter formulieren, dass der Christengott einer des Friedens sei, besteht die Kriegerschaft darauf, dass Friede etwas sei, was immer wieder erst durch Gewalt hergestellt werden müsse, und beziehen sich wesentlich auf den altjüdischen Gott des Krieges und der Gewalttätigkeit.

 

In den Texten des lateinischen Abendlandes ist der Krieger der miles, und beritten ist er equestre von equus, Pferd. Der deutsche Ritter ist eine Variante von Reiter, so wie chevalier, caballero und cavaliere. Nur im Englischen wird er zum knight, dem Wort Knecht verwandt.

Das Reiten zu Pferde ist bis tief ins hohe Mittelalter reine Herrensache, da Besitz und Verpflegung von Reitpferden kostspielig ist. Insofern ist Reiten auch die übliche Fortbewegungsart dieser Herren, während fast alle ihnen Untergebenen Fußgänger sind. Das gilt auch für alle Arten von Gewalttätigkeit. Erst mit dem Aufstieg der Ministerialen aufs Pferd und in die Gewalt zu Pferde wird eine zunächst unfreie Gruppe zu kriegerischen Reitern. Auch darum wird sie über die Ritterschaft ganz langsam in den niederen Adel aufsteigen.

 

Der Weg vom Reiter zum (im Deutschen) Ritter als Weg von einer militärischen Funktion zu einem spezifischen Status im Machtgefüge erklärt sich einmal durch die zunehmende offizielle Rechtfertigung der Gewalttätigkeit durch die Kirche bei gleichzeitiger Instrumentalisierung der Gewalt durch diese, zum anderen durch die Absetzung eines veredelten Kriegertums von einem aufsteigenden kapitalkräftigen Bürgertum, welches zunächst durch fehlenden Zugang zum Rittertum abgewertet wird, bis dann insbesondere städtische Ministeriale selbst sich als Ritter von den Bürgern absetzen. Ritterlichkeit wird schließlich zum Markenzeichen eines Adels, der sie sich leisten kann.

 

Nach dem kirchlichen Einfluss auf die berittenen Krieger kommt der einer Ritterlichkeit idealisierenden Literatur, die im 12. Jahrhundert neben der Troubadours- und Minnelyrik an den Höfen aufkommt und dann wohl auch durch mündliche Erzählungen verbreitet wird. Da sind die Rolandsgeschichten, die von der Artusrunde und manche andere. Sie dekorieren ein brutales Krieger"handwerk" und bald auch als Fresken dann Wände und zudem pergamentene Buchseiten. Wenn Richard ("Löwenherz") zeitweilig ein Schwert besitzt, welches er Excalibur nennt, und wenn man zu etwa derselben Zeit das Grab von Artus und Guinevere in Glastonbury zu entdecken vermeint, spricht das deutlich für die Macht solcher Mythen.

 

Mit der Literatur werden Manieren und Moden immer wichtiger, die allerdings den niederen Adel um diese Zeit noch kaum erreichen und sich an den Höfen der Mächtigen auszubilden beginnen. (Das Thema gehört darum in das Großkapitel 'Fürsten').

 

Klarer definiert wird Rittertum erst, als er an militärischer und gesellschaftlicher Bedeutung verliert und Söldner der Infanterie wie besoldete oder zumindest im Kriegsfall subventionierte Ritter an Bedeutung gewinnen.

 

Grundsätzlich ist der Ritter ein geübter Bewaffneter und Gepanzerter zu Pferde. Er "kleidet" sich für den Kampf und den großen Auftritt in ein Kettenhemd, ein ursprünglich mehr oder weniger knielanges Geflecht aus Eisenringen oder solchen aus Messing, welches um 1200 den Körper umschließt. Darüber trägt er einen langen Waffenrock. Erst im späteren Mittelalter wird daraus der Plattenharnisch, französisch harnais. Dazu kommen der Helm über einer gepolsterten Mütze und ein im Kern hölzerner Schild, wobei letzterer bemalt sein kann, ein Ursprung adeliger Wappen.

Die Defensiv-Bewaffnung wird im weiteren Mittelalter immer schwerer, macht den Ritter unbeweglicher und kann im Extremfall durch Überanstrengung alleine schon seinen Tod herbeiführen. In der Regel braucht er zunehmend einen Knappen, der ihm die Rüstung an- und auszieht und ihm im Kampf assistiert, und ein Packpferd für das Gepäck. Wichtigste Angriffswaffen sind ein beidseitig scharf geschliffenes Schwert und und eine gut drei Meter lange schwere Lanze aus Eschenholz, dazu können noch Dolch, Streitkolben und Streitaxt kommen.

Zur Ausrüstung gehören dann vor allem ein Marschpferd (palefridus) und ein Streitross (dextrarius), welches ebenfalls gepanzert und darüber mit einer Decke versehen ist. Als destrier von lateinisch dexter, rechts abgeleitet, da der Knappe dies Pferd außerhalb der Schlacht mit der rechten Hand führt. (Tuchman)

 

Für den Ritter und seine Ausrüstung ist ein größerer Wohlstand ebenso Voraussetzung wie die Ablehnung produktiver Arbeit. Die komplette Ausrüstung eines Ritters kostet damals, wird geschätzt, den Gegenwert von etwa zwanzig Kühen, ein Vermögen also.

 

Die defensive Rüstung, vollständig angezogen, schützt recht gut vor einem ritterlichen Gegner, und das Ideal des Zweikampfes ist es, den Gegner vom Pferd zu stoßen und gefangen zu nehmen. Aber kriegerische Unternehmen sind oft wenig ritterlich: Wenn Ritter auf Armbrustschützen treffen, Truppen zu Fuß also, die als Soldtruppen beim Aufkommen des Ritterideals bereits gang und gebe sind, können deren Pfeile problemlos die Kettenhemden durchschlagen. 

 

Der Umgang mit Pferden, Rüstung und Waffen verlangt jahrelanges Training in der Jugend, in der kriegerische Gewalttätigkeit und ein Männlichkeitsideal miteinander verschmelzen. Neben dem Reiten ohne und dann mit Waffen lernen Knaben zumindest des höheren Adels das Schwimmen, dazu tanzen und singen, im Idealfall auch das Lesen und sehr selten bereits ein wenig Schreiben.

Im Alter von 15/16 Jahren findet als Initiationsritus die Schwertleite statt, bis tief ins 12. Jahrhundert für viele noch ein einfacher Vorgang, im Französischen adouber, also bewaffnen genannt, nämlich die Übergabe des Gürtels, cingulum, und des daran gehängten Schwertes. Im Laufe der Zeit kann noch ein sanfter Schlag des Herrn auf die Schulter oder den Körper des neuen Ritters dazu kommen. Für sehr hochgestellte Knaben, die nun zu Herrenkriegern werden, kann daraus ein ausführliches, mit magischen Elementen aufgewertetes Ritual werden, welches mit einer Art morgendlichem Reinigungsbad beginnt, dann in der Bekleidung mit einem Festgewand weitergeht und nach der Übergabe von Schwert und Gürtel mit einem großen Fest endet. Nicht selten werden bei solchen Gelegenheiten gleich eine ganze Anzahl neue Ritter "gemacht", und die Festivitäten im Anschluss können dann mehrere Tage umfassen.

 

Ein Ritter kämpft selten in offener Feldschlacht, liebt vor allem den Hinterhalt in kleinen Gruppen und sein wichtigstes Mittel im Krieg ist die "Verwüstung"einer Gegend durch Abbrennen der Holzgebäude nach Plünderung, das Stehlen des Viehs und Rauben der Ernte, also die Vernichtung der Lebensgrundlagen des Gegners und damit der ihm Untergebenen. Hauptopfer solcher Kriege ist die Landbevölkerung und sind nicht zuletzt die Frauen, und es ist manchmal dort, wo es Städte gibt, auch deren gesamte Bevölkerung. Im nordfranzösischen Sprachraum bürgert sich das Wort chevauchée für solche kurzen Überfälle in Feindesland ein, in denen neben der Beute auch Angst und Schrecken verbreitet werden sollen. In der das alles feiernden Historie von Guillaume le Maréchal heißt es lapidar:

Wenn die Armen nicht mehr die Ernte von den Feldern einbringen können, dann können sie ihre Pacht nicht mehr bezahlen, und das hat dann die Verarmung ihres Herrn zur Folge. (in: Ashbridge, S.115)

Ritterliches "Ethos" und das des Militärs des 20. Jahrhunderts mit seinen Grauenhaftigkeiten haben so elementare Überschneidungspunkte.

 

Direkter "Feindkontakt" führt zur Metzelei, dem Abhacken von Gliedmaßen, dem Durchbohren des Körpers usw. Im Unterschied zu später besteht oft unmittelbarer Kontakt, wer Scheu vor solchen Metzeleien hat, ist fehl am Platz und gehört als Edler ins Kloster oder wenigstens in eine kirchliche Karriere. Und so heißt es bei Bertrand de Born: Und wenn dann der Kampf beginnt, darf jeder edle Mann / Nur an das eine denken, an splitternde Arme und Schädel. (in: Tuchman, S.31)

 

Was friedfertigere Kulturen einst und ausgeprägte Staatlichkeit viel später als Verbrechen bezeichnen, wird in gesungenen, gesprochenen und schließlich auch aufgeschriebenen Texten als Rittertum gefeiert. Dabei wird ein ritterlicher Ehrenkodex hochgehalten, dem in der Wirklichkeit Macht- und Habgier und ungenierte Gewalttätigkeit entsprechen. Der Ritter und nach ihm der Söldner bzw. Soldat ist die Bestie Mensch par excellence.

 

In der Biographie des Guillaume le Maréchal, auf dem Höhepunkt der Ritterzeit geschrieben, wird der Vater des Helden als großartiger Krieger gefeiert, als ein beutegieriger Löwe, so dass so mancher Mann getötet oder verstümmelt wurde, so dass so manches Gehirn aus dem Schädel spritzte und viele Gedärme sich auf die Erde ergossen. (so in: Ashbridge, S.45) Die idealisierenden Ritterepen bestätigen dieses (für mich wenigstens) ekelerregende Bild. Hin und wieder wird nach besonders erbittertem Kampf auch schon mal ein besiegter Gegner bei lebendigem Leib gehäutet wird.

 

Der Graf und gefeierte edle Ritter Philipp von Flandern soll als Mittel des Krieges erklärt haben: Zerstört eure Feinde, verwüstet ihr Land, lasst alles in Flammen aufgehen, dass nichts, sei es ein Feld, Wald oder Weide, übrig bleibt für sie, wovon sie sich am Morgen danach ernähren können. (in: Ashbridge, S.235) Die Feinde sind konkurrierende Edelmänner, die bäuerliche Bevölkerung kommt als das eigentliche Opfer gar nicht vor, so als ob es sich überhaupt nicht um Menschen handelte. Brennen, rauben und plündern heißt es immer wieder wortwörtlich in Aufträgen höchstfürstlicher Herren an ihr Militär. Nichts kurioser als zu behaupten, die Greueltaten der Bolschewiken oder Nationalsozialisten seien einzigartig gewesen. Die entsetzliche Barbarei edler Ritter steht ihnen in nichts nach und die Bestie Mensch ist zumindest unter zivilisierten Bedingungen immer dieselbe.

 

In seinen Reise-Beschreibungen erzählt Gerald von Wales für die frühe Blütezeit des Rittertums eine bezeichnende Geschichte, auch wenn sie nicht anderweitig belegt ist:

Der Burgherr von Chateauroux hat einen Feind gefangen genommen, geblendet und kastriert. Nachdem er so längere Zeit elend in der Burg überlebt hat, nimmt er sich den einzigen Sohn des Burgherrn, stellt sich auf eine Zinne des höchsten Turms und erklärt, den Jungen erst loszulassen, wenn sich der Vater eigenhändig seine Hoden abgeschnitten habe. Nach einigen Täuschungen willigt der Vater ein, um seinen Erben zu retten und tut, wie ihm befohlen. Darauf stürzt sich der Geiselnehmer mit dem Jungen herunter in den Tod. (in: Ashbridge, S.51)

 

Auch wenn es in der Geschichte nicht spezifisch um Ritterlichkeit geht, steht sie doch exemplarisch für die allgemeine Gewalttätigkeit der Zeit. Und: Sie lässt die neuen Städte des lateinischen Abendlandes in dieser adeligen Landschaft florierender Gewalt wie Inseln gemeinschaftlich beschlossener Friedfertigkeit erscheinen, auch wenn dort den Menschen nicht weniger Gewaltfähigkeit angeboren wird.

 

Der Adelige mit dem Vorrecht von Krieg und Jagd fühlt sich durch die Ritterschaft aufgewertet, und dies nicht zuletzt, weil sie christlich verbrämt wird. Dabei verlangt sie für den zeremoniellen Eintritt ins Rittertum zunehmend mehr Geld und für die Ausrüstung dauerhaft einen gewissen Wohlstand. Allein die komplette Ausrüstung eines Ritters kostet schon damals, wird geschätzt, in den "fränkischen" Nachfolgereichen den Gegenwert von etwa zwanzig Kühen, ein Vermögen also. Am teuersten bleiben kampfgeeignete Pferde. Zudem braucht man jenes Auskommen oder die Förderung, die das stete erhebliche Training für den Kampf zu Pferde erfordert. Förderung erhält man dann, wenn man sich in den militarisierten Haushalt eines ritterlichen Herrn begibt, der sein Gefolge finanziert und mit sich kämpfen lässt.

 

Ministeriale werden Ritter

 

Erst noch unterhalb des Adels angesiedelt, treten Ministeriale in der Salierzeit mit Waffentragen und befestigtem Sitz in Konkurrenz zu ihm. Mit Pferd, Waffen und Rüstung so ausgestattet wie er, genügen sie einer ersten Definition von Ritterlichkeit. In dem Maße, indem sie mit insbesondere niederem Adel gleichziehen, bilden sie eine gemeinsame Kriegerschicht.

 

Besonders verdiente Ministeriale dürfen am Ende wie die von Bolanden nur noch zum Dienst als Truchsess, Mundschenk, Kämmerer, Marschall oder Oberjäger herangezogen werden. Als Ministerialen versehen sie nun "die Ansehen bringenden Hofämter, die bei besonders feierlichen Anlässen von den Vornehmsten der adeligen Vasallen wahrgenommen wurden."(KellerBegrenzung, S.270)

Am Hof, Seite an Seite mit dem edelfreien Adel, verschmelzen sie ein Stück weit mit dessen unterer Schicht, beide sind dann milites als Ritter, berittene Krieger, und ihr Standesethos nähert sich an.

 

Ritter werden andererseits auch Meier und betreiben die Hofgerichtsbarheit, wie um 1200 drei Ritter für eine curia des Klosters Korvey (Franz, S.268) Ein solcher Ritter bewirtschaftet in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts den Oberhof Borbeck des Klosters Essen und entschließt sich (wohl 1226) keine Abgaben mehr zu zahlen, was auf de-facto Enteignung des Klosters hinausliefe. Die Äbtissin muss eine Schar Ritter aussenden, um ihn zu unterwerfen, was mit dem Abbrennen des Herrenhofes dann auch geschieht. Nachdem er sich zur Abgabenleistung verpflichtet, wird diese als Entschädigung in einem Vergleich 1227 für das nächste Jahr erlassen.

 

Das ist seit dem 12. Jahrhundert ein allgemeines Phänomen. Adel und Klöster müssen gelegentlich sogar Höfe für enorme Summen von ihren Schultheißen zurückkaufen, um es dann zeitlich befristet vergeben zu können, für Essen führt das dazu, dass solche Stellen am Ende nur noch jährlich vergeben werden und alles schriftlich fixiert wird.

 

 Für 1161/62 ist ein erstes (Bamberger) Ministerialenrecht überliefert (iustitia ministerialium Babenbergensium), in dem sie bereits als eigene „Rechtsgruppe“ (Weinfurter) auftreten. Sie besitzen danach bereits eigene Lehen als Dienstlehen, die erblich sind und sind von der Vogteigerichtsbarkeit befreit und direkt dem Hofgericht des Bischofs unterstellt. Ein gemeinsames Dienstrecht entwickelt sich aber nicht.

Noch im 'Sachsenspiegel' wird für die Ministerialen der Geistlichkeit erklärt, dass man kein generelles Recht darlegen könne, da es von Herrn zu Herrn verschieden sei:

Got hat den man noch im gebildit unde mit siner martir irlost, den einen als den an- dern; im was der arme also liep alse der riche. Nu last uch nicht wundirn, das dis buch so luzzil sait von dinstlute rechte, wenne is ist so manch- valt, das is nimant zu ende kumen kan. Un- dir iclicheme bischove unde epte unde eptischin- nen haben dinstlute sundirlich recht. Dar umme enkan ich is nicht bescheiden. (Sachsenspiegel C.XLII. Gott hat den Mann nach seinem Ebenbild geschaffen und durch seine Marter erlöst, den einen wie den anderen; ihm war der Arme so teuer wie der Reiche. Nun wundert euch nicht, daß dieses Buch so wenig vom Recht der Dienstleute enthält, denn dieses ist so mannigfaltig, daß es niemand zu Ende bekommen kann. Unter jedem Bischof und unter den Äbten und Äbtissinnen haben die Dienstleute besonderes Recht. Deshalb kann ich darüber nicht berichten.)

 

Seit Beginn des 12. Jahrhunderts werden Konflikte zwischen Adel und Ministerialen manchmal auch kriegerisch, können bis in Revolten gegen diesen ausarten. "Niemand konnte verhindern, dass sich 1146 in Sachsen Reichsministeriale und Dienstmannen anderer Herren ohne deren Erlaubnis zu Standestagen trafen und ein Standgericht abhielten." (KellerBegrenzung S. 275)

 

Der Ministeriale Ludwig von der Brücke führt 1131/32 in Trier im Bündnis mit einer Eidgenossenschaft der Bürger eine Fronde von Ministerialen gegen die Wahl Erzbischofs Albero ohne ihre Zustimmung an. Laut Gesta Alberonis: Burggraf Ludwig hatte Erzbischof Gottfried so von sich abhängig gemacht, dass er sagen konnte, er habe die Bischofspfalz zu Lehen und alle bischöflichen Einkünfte müssten dorthin gebracht werden. Er habe für den Unterhalt des Bischofs und seiner Kappelläne zu sorgen, und alle übrigen zum Bistum gehörenden Dinge seien ihm unterstellt. Die Aufgaben des Bischofs seien dagegen, Messen zu lesen, Geistliche zu ordinieren und Kirchen zu weihen; als sein Recht erklärte er, das Land zu regieren, alle Geschäfte im Bistum zu regeln und die Kriegsmannschaft zu befehligen. Für die Mahlzeiten des Bischofs lieferte er täglich einen Sester Wein und zwei Sester Bier, während er selbst wie ein großer Fürst Tafel hielt. Er trat überall mit einer großen Gefolgschaft von Rittern auf und regierte in jeder Weise das ganze Land. Es wird längere Zeit dauern, bis der geistliche dem weltlichen Machthaber die Macht wieder entreißen kann.

 

Der Konflikt geht bis in die Domkapitel und Klöster hinein, wo zunehmend mehr Ministeriale Aufnahme finden, was zur Gegenreaktion des Adels führt, der nun expliziter als zuvor für sich edelfreie Abkunft verlangt.

 

Wie weit die Macht führender Ministerialer im Reich um 1146 bereits gediehen ist, bekunden die Annales Palidenses (von Pöhlde): Die Minsterialen des Reichs und anderer Gewalten kamen ohne Einladung häufiger zur Besprechung zusammen. Ohne den König oder die anderen Fürsten zu fragen, sprachen sie allen, von denen sie angerufen waren, Recht nach Art der Gerichte. (in Schneidmüller, S.210)

 

Klassischer Fall eines rasanten Aufstieges von Dienstmannen bietet die Bolanden-Familie. Ihre Besitzungen in der nördlichen (heutigen) Pfalz wachsen im 12. Jahrhundert soweit an, dass Werner von Bolanden um 1185 ein Lehnsverzeichnis anlegen lässt, in dem neben dem Kaiser weitere 44 Lehnsherren verzeichnet sind, von denen er formal abhängig ist.

 

Markward von Annweiler wiederum erhält 1195 sogar schon die Freiheit für seine Dienste für Heinrich VI. und sammelt die Herzogstitel Ravenna und Romagna sowie den Markgrafentitel von Ancona und Grafschaften ein. Diese außerordentliche Karriere beruht allerdings auf der nur vagen Kontrolle über diese Gebiete und der besonderen Situation Heinrichs in Italien.

 

Militär und Geld

 

Schon unter den Karolingern beginnt in Einzelfällen die Umwandlung der Wehrpflicht (zunächst freier Bauern) in Geldabgaben. Diese nimmt im 12. Jahrhundert dann auch für den Adel zu, der dafür Schildgeld zahlt. Die Rechnung ist, dass, wer nicht mehr als Krieger im Gefolge des Herrn mitziehen möchte, damit einen anderen bezahlt, den der Herr dafür mieten kann. Andererseits bedurfte für zunehmende Verwaltung der hohe Herr bald auch des Lesens und Schreibens fähige Beamte, und diese sind zunächst auch nicht Bürger, wie im späteren Mittelalter, sondern noch von höherem Adel. König John ("Lackland") macht Geoffroy Fitzpeter zum Earl (von Essex) und verleiht ihm dafür ein Schwert, verzichtet aber auf militärische Dienste zugunsten eines scutarium, nutzt aber dafür seine administrativen Fähigkeiten.

 

Wenn die staufischen Könige Heere nach Italien bringen wollen, dann müssen sie die ursprünglich zur Heeresfolge Verpflichteten immer mehr mit Geld (und natürlich Beute) locken. Der Kriegszug, der mit Friedrichs II. großem Sieg bei Cortenuova endet, wird auch durch die königlich englischen Dotationen für Friedrichs Braut Isabella finanziert. Derselbe Friedrich muss die Krieger bezahlen, die ihm in seinen Kreuzzug folgen. Tendenziell werden Kriege zudem immer stärker kreditfinanziert. Selbst städtische "bürgerliche" Milizen, die Friedrich Barbarossa seine empfindlichste Niederlage in der Lombardei beibringen, werden immer mehr durch Söldner ergänzt.

 

Umgekehrt geht es in den hochmittelalterlichen Kriegen und Fehden immer mehr um Geld. Ordericus Vitalis meint im 12. Jahrhundert, Ritter würden deshalb so selten getötet, weil sie so gut gewappnet seien, aber ein anderer Grund dominiert wohl. Ritter und Fürsten werden nach Möglichkeit höchstens verletzt und gefangen genommen, um dann gegen Lösegeld wieder freigelassen zu werden. Den Rekord schafft das Lösegeld von 150 000 Mark, welche für Richard Löwenherz 1194 gezahlt werden. Er war auf der Rückkehr vom Kreuzzug vom Babenberger gekidnappt und an den deutschen König weiterverhökert worden. Nach der Schlacht von Bouvines kann König Philipp August seinen Staatshaushalt mit dem Lösegeld der vielen Gefangenen sanieren.

 

Wenn man die Quellen durchsucht, dann stellt man fest, dass Ritter geldgierig und darum auch bestechlich sind. Der ungarische Kronprätendent Boris multosque ex militibus nostris ad favorem suum pecunia inducens, bringt sie also Mitte des 12. Jahrhunderts mit Geld auf seine Seite (OttoGesta, S.190)

 

Dennoch töten Ritter durchaus, nur eben weniger sich selbst gegenseitig, sondern andere, zum Beispiel die eher wehrlose Bevölkerung von Jerusalem 1099 oder abendländische Landbevölkerung bei Requirierungen oder Verwüstungsfeldzügen.

 

Die hohe Zeit des Rittertums, 1100 bis 1300, ist auch die erste Blütezeit des Söldnertums, der Soldaten, also der für den Kriegsdienst Besoldeten, so wie es auch die erste Blütezeit des Kapitals ist.

1094 lässt Ranulf für den anglonormannischen König ein englisches Heer (fyrd) versammeln, um in die Normandie gegen dessen Bruder Robert Kurzhose zu ziehen. Als alle da sind, entlässt er sie aber, nachdem sie ihm die 10 Schillinge abgegeben haben, die ihr jeweiliger Distrikt ihnen für den Lebensunterhalt mitgab. Es ist offenbar lukrativer, das Geld einzusammeln und dann teilweise für Söldner auszugeben.

 

Die okzitanischen soudadiers sind selbst zum Teil "Ritter", also Leute mit ritterlicher Ausrüstung und Ausbildung, die sich für den Kriegsdienst verdingen.

Im 'Tristan' aus Franzien, dort wo Forscher die Entstehung des Rittertums annehmen, heißt um 1180 die Tätigkeit des Söldners soudoyer, woraus im frühen Spätmittelalter der soudard wird und am Ende des Mittelalters der soldat, der dann mit dem italienischen soldato auch ins Deutsche gelangt. (Siehe Anhang 18) Mit dem Rittertum gleichzeitig entsteht also die Profession der besoldeten Auftragskrieger. Dort, wo die feudalen Stukturen für ein Lehnsaufgebot regulär nur vierzig Tage Kriegsdienst vorsehen, müssen ohnehin auch schon mal Söldner eingeplant werden

 

Für seinen vierten Italienzug wirbt Erzbischof Christian von Mainz für Friedrich Barbarossa in Brabant Söldner an, die sogenannten Brabanzonen, die über die Lombardei und die Toskana herfallen und die auf dem Rückweg dann die Champagne plündern. Der französische König und der Kaiser kommen darauf überein, solche Leute nicht mehr zu benutzen, halten sich dann aber genauso wenig wie der englische König daran.

 

Die reinen Söldner, beutegierige Totschläger, Mordbrenner und Vergewaltiger, kommen zunächst vor allem aus den (späteren) Niederlanden, dann auch aus der Schweiz und schließlich von überall her. Sie gelten als noch brutaler als die edlen Ritter, von denen sie zunächst als pöbelartiges Fussvolk verachtet werden, und natürlich aus Konkurrenz. Wilhelm von Malmesbury beschreibt mit Robert FitzHubert einen solchen (anglisierten) Flamen als einen Mann von äußerster Grausamkeit, der keinem an Bisheit und Frevelhaftigkeit gleichkam. Er ist damit noch schlimmer als der übliche Rittersmann. "Es heißt, er habe seine Gefangenen gerne nackt ausgezogen. mit Honig bestrichen und dann den Angriffen der Stechmücken überlassen. Und er soll sich damit gebrüstet haben, er habe entzückt zugesehen, wie achtzig Mönche in einer brennenden Kirche in Flandern in den Flammen elendiglich zugrunde gingen." (Ashbridge, S.46)

 

Ritter behandelten wenigstens Lösegeld verheißende Gefangene manchmal besser, aber es kam immer wieder auch vor, dass sie sie folterten und im Kerker an Hunger und Durst zugrunde gehen ließen. Die Grausamkeiten des Dritten Reiches und der Bolschewiken hatten schon im Mittelalter würdige Vorgänger, ja, was damals öffentlich war, wird im 20. Jahrhundert eher schamhaft vor der Öffentlichkeit weggesperrt, so wie ja auch die extreme Barbarei industrieller Massenproduktion von Konsumgütern den Augen der wohlhabenden Konsumenten weithin entzogen wird.

 

 

Ritterliches Abenteurertum par excellence bieten die Reconquista, die normannischen Eroberungen von England samt folgenden Kriegen mit der französischen Krone und die von Süditalien und Sizilien, aber vor allem die Kreuzzüge. In den letzteren vereinen sich Ritter vieler europäischer Regionen, konkurrieren dabei miteinander und formulieren dabei zugleich gemeinsame Ideale jenseits der Wirklichkeit, nicht zuletzt bis vor dem vierten Kreuzzug das eines gemeinsamen (christlichen) Europas, welches dann zerbricht, um in ganz anderer Form auf den Trümmern eines nun endlich fast totgeschrumpften "Deutschland" als Freiraum für Kapitalbewegungen wieder aufzuerstehen.

 

Die Kreuzzüge als das ritterliche Projekt überhaupt hängen aber von Anfang an am Geld, welches sie überhaupt erst ermöglicht. Kreuzritter verpfänden oder verkaufen ihr Gut, so welches vorhanden, um ihre lange Reise nach dem Nahen Osten zu finanzieren. Pisaner, Venezianer und Genuesen vermieten ihre Schiffe und werden reich dadurch. Der französische König Philippe II. Auguste mietet "im Februar 1190 für 5850 Mark genuesische Schiffe, um 650 Ritter, 1300 Schildknappen und 1300 Pferde sowie Verpflegung für acht und Wein für vier Monate aufzunehmen." (Borgolte, S.224)

 

Die von italienischen Händlern mit geprägten Küstenstädte generieren dafür erhebliche Reichtümer. Lange nach dem Fall Jerusalems nimmt dessen König im Exil laut Matthaeus Parisiensis um 1240 alleine von Akkon jährlich 50 000 Pfund Silber ein, "damit übertrafen die Einnahmen des Monarchen von Jerusalem noch nach dem Verlust seiner Hauptstadt an diesem einen Ort die gesamten Einkünfte des Königs von England zur gleichen Zeit." (Borgolte, S.228)

 

Ritter, die als Siedler im Orient bleiben, machen dort zwar gelegentlich Karriere, aber im Verlauf des 12. Jahrhunderts werden die Kreuzzüge vor allem ein Geschäftszweig der großen italienischen Handelsstädte, weswegen sie eben auch scheitern, denn die italienischen Kaufleute profitieren zwar gerne von den ritterlichen Unternehmungen, sind aber auf sie nicht angewiesen, treiben sie doch ohnehin privilegierten Handel mit den Städten der muslimischen Machthaber. insbesondere mit denen der Fatimiden und Mamelucken in Ägypten. Und das ritterliche Europa samt seinen Königen ist nicht bereit, dauerhaft die großen Aufgaben und Siedlungsprojekte mit ihrem erheblichen finanziellen Aufwand in Angriff zu nehmen, die eine Re-Christianisierung des Nahen Ostens ermöglicht hätten. Stattdessen konzentriert man sich vorrangig darauf, in diesem christlichen Europa gegeneinander zu kämpfen.

 

 

Rittertum als Christianisierung der Gewalttätigkeit (in Arbeit)

 

Die Verchristlichung des Kriegers in den Ritter neuen Typs findet ihre Wurzeln zunächst in Vorstellungen wie denen, mit denen ein Abt Odo von Cluny das Leben des recht heiligen Adelsherrn Gerald von Aurillac beschreibt, welches im Loblied um Friedfertigkeit und Grechtigkeit kreist. (siehe Großkapitel...)

Die vielleicht intensive Frömmigkeit dieses adeligen Herren hindert ihn allerdings nicht daran, seinen überschaubaren Machtbereich gegen den Markgrafen Wilhelm von Aquitanien zu behaupten, den dessen Vater Bernhard zur Erziehung an Gerald übergeben hatte.

 

"Verchristlichung" oder besser Zivilisierung findet sich einige Zeit später in den katalanischen und westfränkischen Friedensbewegungen seit dem späten 10. Jahrhundert, dann in der religiösen Verbrämung der Reconquista und den Kriegszügen ins sogenannte Heilige Land. Beim Burgenbau schlägt sich das in der Einrichtung von Burgkapellen nieder. 

 

Die erste Etappe in Westfranzien sind die kirchlich initiierten Friedensbewegungen, die zuerst in der Synode von Charroux 989 kulminieren. Vor allem wird Plünderung und Raub von Kirchengut unter Kirchenstrafen gestellt, insbesondere der Mord an Klerikern, sofern diese unbewaffnet sind (!). Aber daneben wird auch der Schutz von Bauern und ceteri pauperi (die übrigen Armen) beschlossen. Inzwischen gibt es soviele Burgen mit ihren Besatzungen, dass diese mit ihren unmittelbaren Nachbarn in (auch kriegerische) Konkurrenz treten. Solche Fehden einzuschränken funktioniert aber nur, wenn die Krieger verchristlicht, also in ein neues Kriegerbild einbezogen werden. 

Wohl von Katalonien aus entwickelt sich daraus die Treuga Dei, eine allgemeine Friedenspflicht für hohe Feiertage und dann für mehrere Wochentage. Dabei traten nun auch weltliche Körperstrafen und der Verlust des Eigentums auf. Aus dem Gottesfrieden werden dann die noch allgemeineren Landfriedensbestimmungen entwickelt, die dann auch in deutsche Lande übergreifen werden.

 

Das neue Bild vom etwas edleren Ritter schlägt sich dann darin nieder, dass seine Aufgabe als die der Verteidigung einerseits, und des Schutzes der Unbewaffneten andererseits definiert wird. Der Priester segnet dann am Ende nicht nur das so bestimmte Schwert, sondern "weiht" den Ritter selbst. Der Schwertsegen im 11. Jahrhundert lautet dann oft in etwa so: Erhöre, Herr, unsere Bitten und segne mit der Hand deiner Majestät dies Schwert, mit dem dieser dein Knecht umgürtet zu werden wünscht, damit es Verteidigung und Schutz sei für Kirchen, Witwen und Waisen, für alle Diener Gottes gegen das Wüten der Heiden, und den Gegnern Angst und Schrecken einflöße. (in: Borgolte, S.223)

 

Selbstredend führt das nicht dazu, dass sich nun die meisten auch an diese neue Definition ihres Kriegertums halten. Dennoch schreibt Fleckenstein: "Im 11. Jahrhundert erscheinen sie disziplinierter und sind - wenn die Beschlüsse der Synoden nicht täuschen - offenbar auch stärker an den Normen der christlichen Ethik orientiert als zuvor." (S.110)

Die Kehrseite ist selbstredend, dass auf diese Weise eine Aufwertung der Krieger und der Gewalt stattfindet, so sie nur kirchlichen Wünschen entspricht.

 

****

 

Die Instrumentalisierung des Kriegertums für den territorial geltenden und zeitlich befristeten Frieden fördert dessen Instrumentalisierung für das aufkommende neuartige Fürstentum und damit für eine der Wurzeln viel späterer Staatlichkeit. Aber vorläufig ändert das Bild vom edlen Ritter wenig an seiner Brutalität. Diese aber wird nun zunehmend von der Kirche nicht nur zu deren Schutz und dem anderer Unbewaffneter eingesetzt, sondern auch gegen die "Ungläubigen" mit Ausnahme der Juden, deren wirtschaftliche Funktion insbesondere betreffs des Finanzkapitals von der Kirche wie den Fürsten und Königen hochgeschätzt wird.

 

Althoff (4) hat detailliert dargestellt, wie sich über das Reformpapsttum des 11. Jahrhunderts in der Kirche die Vorstellung von einer militia Christi gegen das "Heidentum" durchsetzt und wie schon Gregor VII. dabei auf altjüdische Texte zurückgreift. Dabei ist aber davon auszugehen, dass die Rejudaisierung der Kirche schon im römischen Imperium weit fortgeschritten war.

 

Bsp....

 

Insbesondere französische Historiker des 20. Jahrhunderts haben die Gewalttätigkeit berittener Krieger des 11. Jahrhunderts auch darauf zurückgeführt, dass mit der Zunahme des Erstgeborenenrechtes die später Geborenen darauf angewiesen sind, sich erst einmal eine eigene kleine Herrschaft zu erstreiten. Die Umlenkung ihrer oft bestialischen Brutalität von christlichen Landen hin in die der Heiden (also des Islams wie der nördlichen und östlichen Kulte)  durch die Kirche soll nun deren Suche nach Beute und Macht aus der Christenheit heraustragen.

 

Habgier und Beutemachen wurden schon in den Kämpfen deutscher Krieger gegen Slawen im frühen Mittelalter als christlicher Krieg gegen Heiden verbrämt.

Gegen die den Christen ähnlicheren Muslimen beginnt in Spanien sich eine ähnliche Ideologie durchzusetzen, die von der Kirche gefördert wird. Der Islam ist von Anfang kriegerisch geprägt, die christliche Welt wird es mit ihrer Integration ins römische Großreich. Erst im 11. Jahrhundert setzt sich aber der Gedanke durch, den Eigennutz christlicher Fürsten auf der iberischen Halbinsel hinter religiösen Absichten zu verbergen.

 

Das setzt sich mit dem Kreuzzugsaufruf von 1095 fort: Nunc fiant milites, qui dudum exstiterunt raptores (Jetzt sollen Ritter die werden, die zuvor Räuber waren). Hier wird ein Friedensgebot für die Besitzungen der Kreuzritter und diese selbst mit einem Sündenablass für die Krieger selbst verbunden, wie es dies schon für Krieger gegen den iberischen Islam gab. Die religiös wenig geschulten Ritter, die das Kreuz nehmen, verstehen darunter, dass sie als Krieger nun sündlos seien und darum mit dem Tod direkt in ein paradiesisches Himmelreich gelangen würden.

Der fromme und belesene Guibert von Nogent beschreibt das so: Gott hat in unserer Zeit heilige Kriege gestiftet, damit der Ritterstand und die Menge, welche ihm folgt (...) einen neuen Weg zu ihrer Erlösung finden. Denn sie sind nicht gezwungen, das weltliche Leben vollständig fahren zu lassen, indem sie das klösterliche Leben oder ein geistliches Amt wählen, wie es früger der Fall war, sondern sie können sich in bestimmtem Maß Gottes Gnade erwerben, während sie ihrem eigenen Beruf folgen, mit der Freiheit und in dem Habit, den sie gewöhnt sind. (so in: Borgolte, S.223)

 

In der Begegnung mit der Pracht des Lebens einer islamischen Oberschicht entwickeln wohlhabendere Ritter den Ansporn zu mehr alltäglichem Luxus, von dem sie einigen in den lateinischen Westen importieren. Und mit der Entstehung der Ritterorden findet die Verschmelzung von Rittertum und Christentum ihren krönenden Abschluss.

 

Ende des 11. Jahrhunderts setzt in einigen Gegenden Westfranziens wie dem Mâconnais die Verschmelzung von alter Nobilität und erfolgreichem übrigem (niederem) Kriegertum in eine Ritterschaft ein, die beginnt, sich als Adel neuen Typs zu verstehen. Mit der stärkeren Betonung der agnatischen Familie zu Ungunsten einer älteren Vorstellung von Geschlechterbildung, der Sakralisierung der Ehe(schließung) und der Konzentration auf einen Familiensitz und ein Hauskloster wird ein dynastisches Moment bis nach unten sichtbar. 1097 wird der spätere Ludwig VI. zum Ritter geschlagen (adoubement), was dazu führt, dass  alle, die es sich leisten können, ihm gleichtun. werden   

 

Mitte des 12. Jahrhunderts dann wird "Ritter" zu einem auch für den hohen Adel und für Könige und Kaiser wie Friedrich Barbarossa erstrebenswerten Etikett. Damit miles diesen hohen Rang behält, wird der Aufstieg in die Ritterschaft nun massiv eingeschränkt. Um 1188 untersagt dann Barbarossa "den Söhnen von Priestern, Diakonen und Bauern den Erwerb des Rittergürtels (cingulum militare) und verfügt, dass bei Zuwiderhandlung der Landrichter solche Leute aus der militia entfernen solle." (Fleckenstein, S.167). Wie man sieht, wird militia nun mit Ritterschaft gleichgesetzt und die nun mit Adel, da man in diesen "Stand" hineingeboren sein muss.

In den Konstitutionen von Melfi Friedrichs II. heißt es dann, dass von nun an niemand zur Ehre des Rittertums aufsteige, der nicht aus dem Geschlecht von Rittern (genere militum)  stammt. Rittersein ist mit honor verbunden. Ähnliche Bestimmungen gelten für Aragon und das immer französischere Königreich

Wenn man allerdings die Schwertleite nicht bis zu einem gewissen Alter vollzogen hat, fällt man aus dieser Gruppe heraus. 

 

Und genau in dieser Zeit arbeitet ein Kleriker namens Wace Geoffrey von Monmouths 'Historia regum Britanniae' um einen sagenhaften König Arthurus/Artus in altfranzösischen Versen um, während in mehreren englischen Romanen antike Stoffe in die neue Zeit und die Volkssprache transponiert werden. Kurz darauf kommt es zu ersten Geschichten um Artusritter. Es entsteht das Bild vom idealen Ritter, schön, kampfesfreudig, anfällig für Amouren. Bei Chrétien de Troyes kommt dann noch eine gewisse Bildung dazu, und Hartmann der Aue bezeichnet sich schließlich im 'Armen Heinrich' als rîter, der gelêret was

An den Höfen wird dabei aufmerksam wahrgenommen, wie dies ritterlich-aristokratische Idealbild aussieht, wobei man von einer Interdependenz von Literatur und höfischem Idealverhalten ausgehen kann. Höfischkeit und Kriegerisch-Sein finden dabei in einer neuen Adelsvorstellung zusammen, die Ritterlichkeit und Geburtsadel zusammenbringen. Dabei entsteht ein höfischer Tugendkatalog einer curialitas, die deutsch reht als Gerechtigkeitssinn, milte (largitas) als Freigebigkeit, staete als constantia, Beständigkeit, und maze als Sinn für das rechte Maß so zusammenbringt, dass sie mit einem schönen Äußeren, Heiterkeit (hilaritas) und einem Sinn für Treue die Ehre (honor) des Adels ausmachen, der sich darin nicht vom Fürsten, König und Kaiser mehr unterscheidet. Selbstredend liebt dieser ritterliche Adel den wohlgeregelten Kampf als Basis für Ruhm, ohne den die Ehre gering bleibt.

 

Das alles will erst einmal erlernt sein, und hohe Fürsten schicken im 11./12. Jahrhundert Söhne als Knappen oder vaselliti an ruhmreiche Höfe, gerne in Westfranzien, um höfische Sitte mehr noch als Kriegshandwerk und außerdem die jeweilige Sprache zu lernen (Beispiele von Thomas Zotz in Fleckenstein, S.195f) Wenn sie das entsprechende Alter erreicht und "ausgelernt" haben, sind sie reif für das Anlegen des Militärgürtels (cingulum milicie)  und des Schwertes., wie für Karl, den Sohn Ludwigs des Frommens, schon für 838 erwähnt wird und für Heinrich (IV). bei Mündigkeit 1065. Bei letzterem erteilt ein Erzbischof von Trier den kirchlichen Schwertsegen. 

Das immer religiöser verbrämte Zeremoniell löst sich im 12. Jahrhundert immer mehr vom Moment der Mündigkeit und wird von einer altersmäßigen Initiations-Routine zu einem ganz besonderen Fest, bei dem in der Literatur dann Nachtwache, Reinigungsbad und andere religiöse Riten vorausgehen können und im Anschluss immer rauschendere Feste samt jubelndem "Volk" gefeiert werden. Aus der im 12. Jahrhundert so bezeichneten Schwertleite wird so eine immer großartigere "Ritterweihe".

Schließlich werden bei besonders großen Festen massenhafte Ritterweihen als zentraler Bestandteil mitgefeiert. 

 

Für die Vasallen der Herren, deren Söhne zum Ritter geweiht und geschlagen werden, und damit dann auch für die von ihnen abhängigen Bauern, war das zeitweilig nicht nur ein Grund zum Feiern, konnten Herren doch für solche kostspielige Feiern eine allgemeine Rittersteuer erheben. Andererseits führen die Kosten dahin, dass Kleinadel im Knappenstatus verbleibt und sich entsprechend statt goldenen mit silbernen Sporen begnügen.

 

 

Wieweit der überwiegend eher illiterate niedere Ritter/Krieger-Adel tatsächlich christianisiert ist, bleibt unklar. Viel christliches taucht zum Beispiel in den Ritterromanen bis nach 1200 nicht auf, in denen doch ein idealisiertes Selbstbild der Ritter vorgestellt werden soll. Für fast alle "Helden" in diesen Epen/Romanen ist das Kirchen-Christentum etwas völlig äußerliches, welches bei Chrétien und im Nibelungenlied weithin mit brauchtumsartigen Kirchenbesuchen abgetan wird und bei Wolfram und Gottfried im römisch-katholischen Sinne fast nicht stattfindet. Im 'Parzival' bietet Wolfram stattdessen eine kirchenferne eigenartige Religiosität an, die nur noch in wenigen Zügen überhaupt an das Christentum gemahnt.

 

Das Christentum von Tristan und Isolde und der Mehrzahl der Laienwelt der Romane ist im wesentlichen geprägt von einem christlich formelhaft durchdrungenen Heidentum. Nun muss man allerdings bedenken, dass solche Literatur als Unterhaltung dem religiösen Bereich wenig Unterhaltungswert beimisst. Andererseits aber ist gerade im Parzival Religion im weitesten Sinne ein zentrales Thema, und gerade dort kommt wenig römisches Christentum vor.

 

Um 1170 schreibt Peter von Blois in einem Brief, dass ritterliche Gewalr sich in Wirklichkeit gegen die Priester und den kirchlichen Grundbesitz richten würde, gegen die Armen; sie würden die Mönche ausplündern, sich am Schmerz der anderen weiden und um die Wette Alkohol trinken. Es ginge ihnen um Beute und noch unberührte Jungfrauen. (Goetz, S.188)

 

Ritterliche Zerstörung Okzitaniens

 

Ritter verletzen, zerstückeln und töten, sie mordbrennen und vergewaltigen, sind beutegierig und raffsüchtig. Zumindest können sie auch so sein, und die Kreuzzüge gegen die okzitanischen Christen in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts beweisen das in ihrer Grausamkeit. Die Christianisierung des ritterlichen Kriegertum, so erweist sich auch hier, bezähmte weder Gewalttätigkeit noch Grausamkeit, ganz im Gegenteil.

Diese Christianisierung ritterlicher Gewalttätigkeit im Verlauf des 11. Jahrhunderts, die in den Kreuzzügen kulminierte, wird im 12. Jahrhundert noch einmal durch Bernhard ("von Clairvaux") untermauert: Über die Glaubenskrieger schreibt der fromme Mann den gruseligen Satz: Wenn er (im Kampf) stirbt, wird es ihm zum Guten gereichen, wenn er tötet, ist es für Christus.

 

Nach und nach war es den katholischen Kirchenleuten gelungen, das evangelische bzw. apostolische Christentum in der Nordhälfte Frankreichs und in deutschen Landen zurückzudrängen, und es konzentrierte sich auf den Raum südlich der Loire und die Nordhälfte Italiens. Wohl noch 1143 antwortet Bernhard auf den verzweifelten Brief Everwins über die Ketzer von Köln, und zwar offenbar mit Predigten über das Hohelied Salomonis, den 'Cantus canticorum', in denen er gegen die Füchse hetzt, die im Weinberg des Herrn wilderten und die ausgerottet werden sollen. Er befürwortet zwar die Bekehrung durch die Predigt, zeigt aber bereits ansatzweise Verständnis für Leute, die sie stattdessen umbringen.

Nach Durchreisen des Raumes okzitanischer Sprache stellt Bernhard den maroden Zustand des (römischen) Klerus und das überall verbreitete Geschwür der Häresie fest, die aus Wölfen und Schlangen besteht. Gelegentlich kommt es zu Aufruhr gegen ihn, der ihn am Predigen hindert. Zwei Jahre später exkulpiert er sogar Zisterziensermönche von der Sünde, wenn sie an Kreuzzügen teilnähmen. Um 1165 predigt dann Abt Eckbert von Schönau in dreizehn sermones contra catharos gegen diese Ketzer auch in deutschen Landen. Seine Informationen stammen aus eigenhändigen Vernehmungen der "Ketzer", die unter Erzbischof Rainald von Dassel von Köln aufgegriffen und schließlich verbrannt werden.

 

Okzitanien, Land der langue d'oc, ist schwächstes Glied in einem westeuropäischen Kräftemessen, in dem Frankreich bis zum Sieg von 1214 über eine englisch-welfische Koalition ein Faktor ist, das in dem Herzogtum Aquitanien (Bordeaux) angrenzende England der zweite, und erst die Grafschaft Barcelona und dann das Königreich Aragon die dritte.

Eine gräfliche Familie, die ihren Erstgeborenen meist Raimund nannte, schaffte es bis 1000, durch Heirat und Belehnung die Grafschaften Rouergue und Querzy sich einzuverleiben, Lehnsherr von Carcassonne und Razèz zu werden, vom Albigeois und von den Grafschaften Foix und Comminges. Um 1000 kommen durch Heirat noch Teile der Provence hinzu. In der zweiten Hälfte erwirbt Raimund IV. ("von St.Gilles", wo er residiert), noch Nîmes,, Béziers, Narbonne und Agde hinzu, was ihn zum "Markgrafen der Provence" macht. Danach bricht er zum Kreuzzug nach Jerusalem auf und erwirbt sich dort eine Grafschaft Tripolis.

Um 1130 trennt sich Aragon von Navarra und gewinnt bald die Lehnshoheit über das Roussillon und Teile der Provence. Damit bedroht es die Grafen von Toulouse. 1141 erkennt dieser formell die Lehnshoheit des französischen Königs an, schert sich dann aber wenig darum. Im Unterschied zu den vielen Kontrahenten im Mächtespiel war die Machtausübung des Grafen von Toulouse außerhalb des Toulousain massiv eingeschränkt durch die Eigeninteressen der größeren Adeligen, unter denen der Vizegraf von Béziers, Agde, Nîmes, Carcassonne und Albi, ein Trencavel, der mächtigste ist.

 

Vielleicht wichtigster Mitspieler sind die Päpste, die sich inzwischen ermächtigt sehen, weltliche Macht zu legitimieren oder zu diffamieren. Mehr noch als mit ihrem kleinen Staatsgebilde in Italien fühlen sie sich als oberste Herren der Christenheit auch als ideelle Kriegsherren gegen Ungläubige und Anführer im Kampf gegen Abweichler von der römischen Definition von Christentum. Sie haben bereits gezeigt, wie sie ihre Macht, "zu binden und zu lösen" verstehen, nämlich durch Exkommunizieren, also dem Ausschluss aus ihrer "christlichen" Kirche, und durch Erlass des Interdiktes, also des Verbotes an die betreffende Kirche, noch Sakramente auszuteilen, also aller seiner Aktivitäten gegenüber den Gläubigen vor Ort.

Im Mächtespiel sind sie inzwischen meist mit den Gegnern der Kaiser verbündet, den lombardischen Städten und der französischen Krone. Dem Herrscher von Aragon verleihen sie nach seinem Sieg über die spanischen Muslime den Ehrentitel "der Katholische", treten ihm aber feindselig gegenüber, als er sich mit dem Grafen von Toulouse verbündet. Dem Adel Okzitaniens insgesamt gegenüber entwickeln sie Misstrauen, da sich dort die Katharer massieren, und der wird schließlich zu offener Feindseligkeit, wo sie sich nicht den kirchlichen Anweisungen vollständig unterwerfen.

Wesentlich ist, dass die Papstkirche die Katharer für Häretiker hält, also für dissidente Christen, auch wenn die frühe Titulierung als Manichäer sie zu Heiden stempelte. Sie muss also nun bald erklären, warum sie einen Kreuzzug gegen Christen führt, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, und sie tut das, indem sie Häretiker für noch schlimmer erklärt als Ungläubige, wie es Juden und Muslime sind. Die Doppelrolle als religiöse Führer und spätestens seit dem 12. Jahrhundert auch weltliche Machthaber zwängt selbst frömmere Päpste in die Situation, im weltlichen Machtspiel mitzuspielen, was bezüglich der Katharer dazu führen wird, dass sie die ganz weltlichen Machtinteressen der französischen Krone mitvertreten werden. Umgekehrt werden weltliche Machthaber nach außen hin zumindest ihre Machtinteressen nie getrennt von ihrem kirchenchristlichen Auftrag formulieren.

 

Soweit die Ausgangspositionen in jenem Spiel der Kräfte, welches sich an der Verfolgung der Katharer aufhängt, bei dem es aber wesentlich um die Macht im Süden des ehemaligen Galliens geht.

 

1176 verständigt sich Raimund V. von Toulouse mit den Engländern, um den Rücken frei zu bekommen. 1177 schreibt er, wohl schon präventiv, französische Ritter sollten unter Führung der Zisterzienser gegen die Ketzer ziehen.

Während der Graf Repression gegen die Häretiker gutheißt, kommt es zu Unruhen dagegen in der Stadt (Oberste, S.36) Ein Jahr später sammelt der Abt Henri von Citeaux eine Schar Mönche  um sich und zieht mit ihnen in Vorbereitung des Dritten Laterankonzils gen Süden. Sie berichten Schlimmes über die Ausbreitung der Häretiker. Die Schuld dafür wird - wohl völlig zu Unrecht - dem Grafen von Toulouse in die Schuhe geschoben.

 

1179 erlässt das dritte Laterankonzil 27 Vorschriften zur Exkommunizierung und Verfolgung der Ketzer und derer, die sie beschützen.

 

Dass sich die evangelischen Christen in Südgallien und der Nordhälfte Italiens so gut etablieren können, liegt auch daran, dass diese Gebiete sich relativ frei von monarchischen Bestrebungen entwickeln konnten. In Norditalien entstehen zunehmend autonome städtische Republiken, und von den Pyrenäen bis in die Provence gibt es kleinere Adelsherrschaften, deren bedeutendste die der Grafen von Toulouse ist. Die kleineren Adeligen auf ihren Burgen bleiben relativ arm, auch im Vergleich zum in den Städten aufstrebenden Bürgertum. Sie leben dabei oft sogar zu mehreren Familien auf zum Teil kleinen Festungen. Gelegentlich sehen sie kapitalkräftiges Bürgertum und Handwerk als Verbündete und begreifen wohl das von ihnen unterstützte Katharertum als Gegenpol gegenüber den bedrohlich zunehmenden Mächten der französischen Krone und des Papsttums. Zudem werden Teile dieses niederen Adels wohl auch von dem gelebten evangelischen Christentum dieser Einwanderer so beeindruckt, dass nicht wenige unter ihnen sich ihm anschließen.

Handel- und Finanzkapital steigen auf. Unternehmertum entwickelt sich, wie die Gemeinschaft der Anteilseigner an den Mühlen von Toulouse. Das Kapital, von Natur aus eher indifferent gegenüber Religionen, duldet die Ketzer wie in den norditalienischen Städten. 1205 wenden sich die Konsuln von Toulouse beispielsweise explizit gegen Ketzerverfolgung. (Agustí, S.64)

 

Derweil beginnen in Rom unter Führung von Henri von Clairvaux Beratungen über einen Kreuzzug gegen die okzitanischen Katharer. 1181 zieht Abt Henri mit einer Schar von Rittern gen Süden. Nachdem man zweier Gegner des Grafen, beide Katharer, in Toulouse habhaft wird und des einen Turmbau zerstört, beide werden später in Ehren wieder begnadigt, lenkt der Graf den Zug gegen seinen Gegner und Vasallen Roger II. von Trencavel, Vizegraf von Albi, Béziers und Carcassonne, der wohl offen mit den Katharern sympathisiert. Bernhard exkommunisiert ihn diensteifrig; der fromme Mann ist inzwischen Speerspitze des Kampfes gegen die Apostel des Satans, denen er nun unter anderem auch Homosexualität unterstellt. Mit dem offenen Krieg gegen Trencavel und das Zentrum Albi bekommen nun die Katharer immer häufiger den Namen Albigenser. Nach Erfolg des Heerzuges der Zisterzienser unter ihrem Abt können mehrere "Ketzer" zum Abschwören gezwungen werden, nachdem sie unter Qualen die abartigsten sexuellen Perversionen gestehen müssen, die nun in das römisch-kirchliche anti-evangelische Repertoire eingehen.

 

1184 treffen sich Kaiser Friedrich I. ("Barbarossa") und Papst Lucius III. in Verona, um mit dem Dekret 'Ad abolendam' eine massive Verschärfung der Ketzerverfolgung einzuleiten, zu der auch die eidliche Verpflichtung von Bürgermeistern und Räten darauf gehört, dass sie die kirchliche Häretikerverfolgung unterstützen wollen. Die Bischöfe sollen nun geeignete Inquisitoren für ihre Sprengel benennen.

 

Nach dem Tod des Tolosaner Grafen 1195 zeigt sein Nachfolger Raimund VI. sich nicht mehr feindselig gegenüber seinen "Ketzern".Dafür handelt er sich zwei Feinde ein. Zum einen hatte er bereits seine zweite Frau Beatrix verstoßen, die Schwester des Vizegrafen Roger Trencavels war. Zum anderen lässt er nun das Gebäude eines Priorates der Abtei Saint-Gilles zerstören, mit der seine Familie schon lange verfeindet ist. Bald darauf wird er vom Papst exkommuniziert,

 

Inzwischen säubert die Papst-Kirche ihren okzitanischen Zweig von Bischöfen und Äbten, von denen manche eher den "Albigensern" zuneigen sollen, und ersetzt sie unter anderem in Narbonne, Caravcassonne und Albi durch Zisterzienser. Der Graf von Toulouse duldet, dass päpstliche Legaten in seiner Hauptstadt aktiv werden, darunter Pierre de Castelnau. Eine päpstliche Gesandtschaft unter Arnaud Amaury, dem Abt von Citeaux, kommt an, darunter auch Abt Fulko von Le Thoronet, den der Legat als neuen Bischof von Toulouse durchsetzen kann.

Eifrige Diplomatie setzt ein, die nun bis zum Untergang Okzitaniens hinter der öffentlichen Bühne stattfindet. Der Papst versucht den französischen König dafür zu gewinnen, katharische Adelsnester zu überfallen, die dann in seinen Besitz übergehen sollten. Raimund VI. trifft zwisch mit Pedro II. von Aragon.

 

Es sei daran erinnert, dass inzwischen der Papst einen Teil der Waldenser wieder mühsam zurück in den Schoß der Kirche bringt, während ein Francesco bei Assisi Anhänger für ein evangelisches Leben gewinnt, welches die Kirche bald nur noch durch das strenge Korsett eines Ordens unter Kontrolle bringt. 

 

1206 beauftragt der Papst Dominikus von Caleruega, der eigentlich in Skandinavien Heidenmission betreiben möchte, mit der Missionierung der Katharer in Okzitanien. Zu den geringen Erfolgen gehört die Einschließung weniger bekehrter Katharerinnen in einem Kloster in Prouillé. Als 1207 das Scheitern klar wird, wendet sich Innozenz III. wieder an den französischen König, er möge doch ein Heer gen Süden schicken, damit die Anhänger der verruchten Häresie unter dem Zwang der königlichen Gewalt und unter den Leiden des Krieges zuletzt ihren wahren Glauben wieder finden. (so bei Oberste, S.49, mit Quellenangabe).

 

1207 exkommuniziert der päpstliche Legat Pierre de Castelbau den neuen tolosanischen Grafen selbst. Dazu kommt das Interdikt über seinen Herrschaftsraum. Da der französische König keine zweite Front gebrauchen kann, lehnt er einen Kreuzzug ab.

Im folgenden Frühjahr wird der Legat in der Nähe von St.Gilles umgebracht und es wird von der Papstkirche behauptet, das sei auf Verlangen des Grafen geschehen, was allerdings höchst unwahrscheinlich ist.(Begründung mit Quellen bei Oberste, S.50ff)

In einem heftigen Propagandakrieg wird dem katholischen Grafen mittels Verleumdung Ketzerei unterstellt. Papst Innozenz III. schreibt: Den genannten Grafen, der ein Bündnis mit dem Tod geschlossen hat,sollt ihr nicht aufhören zu bedrängen. Dies geschieht dadurch, dass ihr ihn und seine Helfer aus den Burgen des Herrn treibt und ihnen das Land wegnehmt, auf dem die verruchten Häretiker durch katholische Bewohner ersetzt werden sollen. (in: Oberste, S.53)

 

Darauf wird der Kreuzzug gegen die "Albigenser" vom neuen Legaten Arnaut Amaury ausgerufen und überall finden dazu Predigten statt. Den Kreuzrittern wird, sollten sie im Krieg sterben, der direkte Weg in den Himmel versprochen, Landgewinn und reiche Beute. Arnaut übernimmt auch die Führung des Kreuzfahrerheeres, welches vor allem aus beutegierigen nordfranzösischen Rittern, aber auch aus Söldnern und der ganzen Baggage bis hin zu vielen Prostituierten bestehen wird, die bei keinem christlichen Heer fehlen.

 

Derweil muss sich Raimund VI. von Toulouse öffentlich in der Kirche von Saint-Gilles auspeitschen lassen, um von der Exkommunikation losgesprochen zu werden, eine einen ritterlichen Hochadeligen total entehrende und entwürdigende Strafe. Zudem wird er genötigt, um sich von den Kirchenstrafen zu befreien, selbst an dem Kreuzzug teilzunehmen, der nichts anderes als eine großangelegte Invasion in sein Herrschaftsgebiet ist.Immerhin wird ihm versprochen, dass der Krieg sich nur gegen seinen Lehnsmann Trencavel richten soll. Er reitet dann mit seinen Mannen nach Valence, um sich dem Kreuzfahrerheer (notgedrungen) anzuschließen.

 

Beschlossen ist damit de facto die Zerstörung Okzitaniens, seiner Städte und des offenen Landes, und seine Aufteilung als Kriegsbeute unter den Rittern. Papst Innonzenz III. lässt ihnen folgende Botschaft zukommen: Strengt euch an, diese Bevölkerungen im Namen des Gottes des Friedens und der Liebe (sic!) zu befrieden. Macht euch daran, die Häresie mit allen Mittel, die Gott euch einflößt (sic!) zu zerstören. Bekämpft die Häretiker mit größerer Gewissheit als die Sarazenen, denn sie sind gefährlicher, bekriegt die Häretiker mit mächtiger Hand und ausgestrecktem (Schwert)Arm. (in Brenon, S.253)

 

Der französische König Philippe Auguste ist anderweitig beschäftigt und schickt seinen Sohn Philippe. Er erlaubt aber den Rittern in seinem Reich die Teilnahme. Es gibt immerhin viel zu erobern. Für vierzig Tage Kreuzzug wird allen Beteiligten die Vergebung der Sünden versprochen, die erst noch zu begehen sind, ihnen werden die Schulden erlassen bzw. gestundet und ihnen wird ein Teil der Beute zugesagt.

 

Ein riesiges Heer von vielleicht 20 000 Rittern und 10 000 Mann Infanterie sammelt sich auf dem Weg durchs Rhonetal. Besonders zur Infanterie gehören auch von den Rittern angeheuerte Söldner (ribaunds). Das größte Heer führt der Zisterzienserabt Amaury an, dazu gehört auch eine Schar Armbrustschützen, kleinere Ritter-Kontingente führen französische Erzbischöfe und Bischöfe mit sich. Noch kleinere Gruppen werden von Baronen wie Simon de Montfort angeführt.

 

Als erster Ort wird Casseneuil belagert. Der Burgherr will die Häretiker nicht ausliefern. Darauf wird die gesamte Burgbesatzung für häretisch erklärt und nach der Eroberung den Scheiterhaufen übergeben.

Beziers mit seinem Vizegrafen Raimund Roger von Trencavel wird im Juli 1209 kurz belagert, und das Land drumherum dient derweil dem Fouragieren. Unter den Belagerern ist auch der katholische Bischof der Stadt. In der Stadt halten die vermutliche Mehrheit der Katholiken und die evangelischen Christen zusammen. Für sie alle handelt es sich primär nicht um einen Religionskrieg, sondern um eine Invasion aus dem Norden.

 

Dann wird die Stadt schnell durch eine Unvorsichtigkeit der Belagerten eingenommen. Der Legat schreibt an seinen Papst: Die Stadt Béziers ist eingenommen. Die Unseren, die weder auf den Stand, noch das noch das Alter, noch das Geschlecht Rücksicht nahmen, töteten durch das Schwert fast zwanzigtausend Menschen. Nachdem das große Massaker an den Feinden vollendet war, wurde die ganze Stadt zur Plünderung freigegeben und (dann) verbrannt, die göttliche Rache hat (so) ein Wunder vollbracht. (...).

Abgeschlachtet werden auch die Massen, die sich in ihrer Not in den Kirchen zusammendrängen.

 

Dass dabei nicht nur die Ketzer, sondern auch die Katholiken ermordet wurden, ist noch zwanzig Jahre später für den Zisterzienserabt Caesarius von Heisterbach kein Problem. Er berichtet davon, dass der päpstliche Legat gefragt worden sein soll, wie man beim Töten zwischen Häretikern und Katholiken unterscheiden solle. Seine Antwort soll gewesen sein: Massakriert sie, der Herr wird schon die Seinen erkennen (nämlich die Katholiken, die so auf schnellstem Wege in den Himmel kommen. (in: Dialogus Miraculorum V, 21). Tatsache ist auf jeden Fall, dass die ritterlichen Invasoren völlig außerstande sind, zwischen Katharern und Katholiken zu unterscheiden. Vermutlich interessiert es die meisten auch nicht sonderlich. Unter dem kirchlich gebotenen Deckmantel eines religiös motivierten Feldzuges findet ein reiner Eroberungskrieg statt.

 

Nach der Ermordung aller Einwohner verteilen die Ritter die Beute wohl fast ganz unter sich, und aus Empörung darüber stecken die Söldner die von Leichen übersäte Stadt an.

Der Vizegraf hatte zuvor heimlich die Stadt zusammen mit den jüdischen Bürgern verlassen und begibt sich - wohl mit ihnen - nach Carcassonne

 

Nach dem Massenmord von Béziers ergeben sich kleinere Burgen und Orte unterwegs. Es kommt zu einer längerer Belagerung von Carcassonne, Pedro II. von Aragon kommt mit hundert Rittern, um zu vermitteln und scheitert an der Intransigenz der Belagerer. Schließlich können die Kreuzzügler den Städtern die Wasserzufuhr abschneiden.Wieder findet wenig ritterlicher Schwert- und Lanzenkampf statt, Infanterie, Bogen- und Armbrustschützen dominieren ebenso wie die Besatzungen von Steinkatapulten und die Erbauer von Belagerungstürmen.

 

Man verspricht Raimund Roger mit zwölf Leuten den freien Abzug, wenn er die Bevölkerung ihrem Schicksal überlassen würde. Der junger Vizegraf versucht aber heimlich zu entkommen, wird erwischt und in den Turm seines Palastes geworfen. Er wird bald in der Gefangenschaft umkommen. Die ritterliche Bevölkerung darf abziehen, allerdings ohne ihre Habe mitnehmen zu können. Sollen die Ketzer (?) schauen, wo sie bleiben. Dass auch hier die Katholiken dasselbe Schicksal erleiden, ist klar. Simon de Montfort verhindert größere Plünderungen, da er Carcassonne zu seiner Hauptstadt machen möchte.

 

Da vielen Rittern jetzt ihre Beute reicht und nun zudem die geplante Zeit von vierzig Tagen für den Kriegszug um ist, wollen nicht wenige heimwärts ziehen. Der päpstliche Legat übergibt darauf die Führung an einen der ritterlichen Krieger. der sich besonders hervorgetan hatte: Simon de Montfort, der den übrigen Teil der Ritter um sich sammeln kann. In einer vorher verabredeten Zeremonie verzichten dann die höheren französischen Adeligen der Reihe nach auf die Vizegrafschaft, worauf sie Montfort zufällt (ausführlicher in: Oberste, S.79)

Fazit: Der in den gleichzeitigen Ritterepen besungene "edle" Zweikampf findet so gut wie gar nicht statt, es gibt auch keine offenen Schlachten. Vielmehr werden Beute verheißende Städte belagert, mit Katapulten sturmreif geschossen und von der Versorgung abgeschnitten, bis man sie erobern und meist auch plündern kann.

 

Nachdem das Heer Montforts nun relativ klein ist, wird die Kreuzzugspredigt immer Norden verstärkt wieder aufgenommen. Der neue Vizegraf hat noch große Regionen seiner neuen Herrschaft erst zu erobern. Ein Konzil in Avignon fasst harte Beschlüsse nicht nur gegen Katharer, sondern nun auch gegen Juden, denen sogar Geldgeschäfte nun untersagt werden. Der Graf von Toulouse wird wegen fehlenden Eifers bei der Verfolgung der Häretiker erneut gebannt, und das wird dann in Rom noch einmal bestätigt. Als dann die Konsuln seiner Stadt sich weigern, Häretiker auszuliefern, werden sie allesamt exkommuniziert und die Stadt mit dem Interdikt belegt. Immerhin wendet sich der römische Bischof Fulko dort weiter gegen die Häretiker der Stadt.

 

Während Montforts Kreuzzügler nun kleine Eroberungen machen und große Verwüstungen anrichten, reist Graf Raimund nach Rom, um vom Bann gelöst zu werden, was mit vagen Zusagen beantwortet wird. 1210 funktioniert die Hetzpropaganda des Legaten und Montforts beim Papst und die Exkommunikation des Grafen wird schließlich bestätigt. Erneut versucht Pedro von Aragon zu vermitteln

 

Derweil macht sich dann Simon de Montfort gestärkt an die Errichtung eines mächtigen eigenen Reiches, nun an der Seite seine Frau Alicia de Montmorency, die auch im Krieg nicht von seiner Seite weicht. Dazu muss er vor allem den Adel Okzitaniens vernichten. Simon zieht gegen Cabaret und scheitert, dann gegen das kleine Bram, welches sich ergeben muss. Die Ritter machen rund hundert Gefangene, denen sie die Nase und eine Lippe abschneiden, dazu ein Auge ausreißen, und lassen sie dann so im Lande herumirren (Agustí, S.161). Junge okzitanische Adelige, bis auf Termes und Cabaret aus ihrer Heimat vertrieben und herumirrend, nehmen sich ihrer an.

 

Simon de Montfort, inzwischen auch durch größere deutsche Ritterkontingente verstärkt, nimmt darauf im selben Jahr 1210 noch Minerve ein, wo er 140 Katharer in großem Tempo auf riesigen Scheiterhaufen verbrennen lässt, nachdem sie alle ihrem Glauben nicht abschwören. Darauf fallen nach langen Belagerungen auch Termes (von einer Seuche heimgesucht) und dann Cabaret. Manche Orte geben auf, weil sie sich von Graf Raimund verlassen fühlen.

 

Im nächsten Jahr ist Legat Arnaut de Amaury wieder aktiv. Der Graf von Toulouse wird 1211 erneut exkommuniziert, nachdem er nicht in die völlige Entmilitarisierung, die Zerstörung der Festungen, die Ausweisung des örtlichen Adels und seine baldige Teilnahme an einem längeren Kreuzzug nach Jerusalem einwilligt. Es wird immer deutlicher, das der Legat Amaury und Montfort nun die Eroberung des Toulousain vorbereiten. Immerhin können die Konsuln mit der Zahlung von 1000 Tolosaner Pfund ihre Stadt vom Interdikt freikaufen. Zudem müssen sie Geiseln stellen, die in die Obhut von Montfort kommen. (Oberste, S.92)

 

Pedro von Aragon wird gezwungen, Simon de Montfort für Carcassone als seinen Vasallen anzuerkennen. Dann hilft der Legat, in Toulouse zusammen mit dem römischen Bischof  Fulko eine militante "Bruderschaft der Weißen" aus der Taufe zu heben, die die mit den Katharern sympathisierenden Ketzer durch Gewalttaten einschüchtern soll und das Kreuzeszeichen wie Kreuzritter tragen, was mit der Gründung einer "Bruderschaft der Schwarzen" beantwortet wird, wodurch nun Bürgerkrieg in die Stadt getragen wird. Zum Dank wird Amaury vom Papst zum Erzbischof von Narbonne ernennt.

Drei von den Zisterziensern gefeierte Kreuzzüge sind nun im Gange, der gegen die "Sarazenen" in Spanien, die gerade bei Navas de Tolosa besiegt wurden, unter anderem von Pedro ("dem Katholischen") von Aragon, auch hier ist Amaury hoch zu Pferde dabei. Der zweite ist gegen die evangelischen Christen im bald französischen Languedoc gerichtet. Ein dritter Kreuzzug, bei dem die (christlichen) "Schismatiker" von Byzanz unter erheblichen Greueln unterworfen werden, findet zunächst nicht die Zustimmung des Papstes, bald aber ebenfalls die der Zisterzienser.

 

Der neue Vizegraf von Béziers und Carcassonne, Simon de Montfort, führt längst mit weiterhin päpstlichem Segen und zisterziensischer Begleitung seinen eigenen Kreuzzug. Zisterzienser predigen erneut erfolgreich zu den Rittern der Île de France, sich doch zu dem christlichen Werk im Süden aufzumachen. Derweil macht Fulko, der neue zisterziensische Bischof von Toulouse ähnliches und lädt die ersten Dominikaner in seine Stadt ein. Er feuert die katholischen Weißen weiterhin dazu an, über ihre häretischen Brüder in der Stadt herzufallen. Der Krieg von außen spaltet nun zunehmend die Bevölkerung in der Stadt. Raimund weist Fulko aus, der dann mit einigen bewaffneten Bürgern zum Heer von Montfort stößt. Der zieht mit dem Bischof an der Spitze eines Heeres nach Lavaur im Toulousain, erobert die Stadt, lässt sie plündern und verbrennt auf einen Schlag über vierhundert "Häretiker", wie zumindest Caesarius von Heisterbach in seinem 'Dialogus' deutlich später wohl übertreibt (V,21). 80 adeligen Verteidigern der Stadt werden erst die Kehlen durchgeschnitten, dann werden sie aufgehängt. Die Stadtherrin Geralda wird in einen Brunnen geworfen und dann gesteinigt.

 

Während Simon nun die Umgebung von Toulouse von seinen Rittern verwüsten lässt, mischt sich Pedro von Aragón ein, als "der Katholische" vom Papst ausgezeichnet, wegen seines Sieges über die Sarazenen. Er will für Raimund von Toulouse vermitteln, aber der Legat des Papstes verlangt von diesem, alle seine Festungen einzureißen und sich als einfacher Krieger in das Heer Simons (gegen die eigene Bevölkerung) einzureihen. Raimund weigert sich und schwört stattdessen Pedro die Treue (als Vasall). Darauf wird er erneut exkommuniziert. Simon de Montfort scheitert mit einer ersten Belagerung von Toulouse 1211, gegen die sich die Konsuln der Stadt noch einmal einig werden.

Inzwischen häufen sich die Klagen beim Papst über die enorme Grausamkeit und Machtgier Simons, die weiterhin auch vor Katholiken sind halt macht. Der Papst Innozenz III. entscheidet, Montfort solle alle seine Eroberungen wieder herausgeben, natürlich nicht an die Sympathisanten der Ketzer. Und Pedro solle die Tolosaner nicht länger in seinen Schutz nehmen. Zunächst erklärt er  den Kreuzzug für beendet, nimtm das dann aber wieder zurück, denn trotz den vielen tausend Getöten hätten die meisten der Ketzer immer noch überlebt.

 

Bei Navas de Tolosa gelingt einer Allianz aus Aragon, Kastilien und Navarra ein großer Sieg über ein muslimisches Heer. Nun entschließt sich Pedro, nunmehr "der Katholische", erneut ein Heer aufzubieten und zusammen mit Raimund gegen die Kreuzritter zu kämpfen, die weiter sein Hoheitsgebiet marodierend bedrohen. Der ritterliche aragonesische und katalanische Landadel ist aber wenig kampferfahren und nicht kriegslustig, und es ziehen nur wenige mit, insbesondere wohl, da ein Befreiungskrieg kaum Aussicht auf lohnende Beute bietet (Agustí, S.168). Immerhin, der Eintritt Aragons in den Krieg forciert die Bereitschaft der französischen Krone, nunmehr Okzitanien klarer zu erobern.

 

Ritter gehorchen Vasallenpflichten, wenn sie mit ihren Monarchen in den Krieg ziehen. Aber Monarchen müssen sie inzwischen wenigstens teilweise finanzieren und ihnen Anteile an der Beute versprechen. In diesen Heeren haben sie dann zu funktionieren wie berittene Soldaten. Sie sollen auf Kommando vorpreschen, hinter ihnen die Söldner-Infanterie, die am Boden liegende Ritter des Gegners dann zu töten haben.

 

Vor Muret an der Garonne werden sich dann beide Herren über Aragon und Toulouse uneins über die Kriegstaktik. Es kommt zur einzigen und äußerst blutigen Feldschlacht des ganzen langen Kreuzzuges, der katholische Pedro verliert dabei sein Leben und die Chance auf ein Großreich mit einer im wesentlichen gemeinsamen Sprache, allerdings mit unterschiedlichen Machtstrukturen: Der okzitanische Adel besaß große "Autonomie", während der auf der anderen Seite des Pyrenäenkammes seiner Monarchie untergeordnet ist. 1259 wird Jaime I. auch offiziell gegenüber Louis IX. auf den ganzen okzitanischen Raum verzichten.

 

Pedro ist tot und Raimund kapituliert, flieht dann etwas später nach England. Ein Konzil bestimmt Simon de Montfort auch zum Herren von Toulouse. Der gibt den Dominikanern drei beschagnahmte Häuser in der Stadt und bezieht selbst die Grafenburg. Nun hat er die Hände frei für die Ausdehnung seines Reiches. Als nächstes erobert er Marmande, wo es kaum "Häretiker" gibt, zerstört sie und lässt die Einwohner umbringen. Es kommt erneut zum Konflikt mit dem Papst. Der hatte nämlich das gesäuberte Narbonne mit dem Legaten Amaury als Erzbischof versehen und ihm zudem den Titel dux beigegeben. Simon möchte es aber einem seiner engeren Vertrauten überlassen. Der Papst ersetzt ihn nun durch einen anderen, der wiederum aber in Konflikt gerät mit seiner frommen Geistlichkeit, die die Eroberung und Vernichtung der Grafschaft Toulouse fordert, ganz im Sinne von Montfort.

 

Mit der Kapitulation des Grafen von Toulouse bei Muret ist der religiös begründete Krieg um den Süden, der nun bald französisch werden wird, zunächst einmal zu Ende.

 

Aber dann wird am Rande des großen Laterankonzils von 1215 noch einmal von den überlebenden bedeutenderen Beteiligten des "Kreuzzuges" über den Stand der religiösen "Säuberung" geredet. Bischof Fulko beschimpft dabei auf das Äußerte den okzitanischen Adel, den er mit den Ketzern gleichsetzt. Darauf erklärt der Graf von Foix wutentbrannt über den katholischen Gottesmann in verständlicher Übertreibung: Nachdem er zum Bischof von Toulouse erwählt wurde, hat eine derartige Feuersbrunst sich im Land ausgebreitet, dass kein Wasser sie löschen kann: Mehr als 500 000 Menschen (...) hat er um das Leben ihres Leibes und ihrer Seele gebracht.(in: Brenon, S.258) Durch seine Taten, seine Worte und sein Benehmen versichere ich euch, dass Fulko eher ein Antichrist ist als ein Gesandter Roms. (in: Agustí, S.173). Ohne bewaffnete Leibgarde wird er sich nicht mehr aus seinem Palast trauen können. Der Papst nutzt die Stimmung, um Simon de Montfort nun wieder zum Herren ganz Okzitaniens samt Toulouse und die dazu gehörige Provence einzusetzen. Raimund VI. muss nach England fliehen. Ihm werden alle seine Titel aberkannt.

 

Raimund VI. von Toulouse ist inzwischen vom englischen ins katalanische Exil gereist. Mit seinem Sohn geht es dann per Schiff nach Marseille, wo sie mit Jubel empfangen werden. Die Provence steht nun gegen ihre neuen Herren auf. Ein Heer Raimunds nimmt Beaucaire den Franzosen wieder ab. Toulouse rebelliert.

Simon de Montfort zieht mit seinen Rittern in aller Eile gegen die Stadt, und als er sie nicht gegen den jungen Raimund VII. erobern kann, befiehlt er, sie in Brand zu stecken. Fulko verhandelt dann mit den Stadtoberen die Übergabe ihrer Waffen und die Entschädigung für die Verluste der Bürger. Kaum in der Stadt, werden die Konsuln von Toulouse gegen alle Versprechen inhaftiert. Um sie freizubekommen, müssen die Bürger akzeptieren, die Stadtmauer einzureißen und 30 000 Silbermark zu zahlen. Zudem müssen sie Montfort als Stadtherrn anerkennen. Die Konsuln dürfen nicht mehr in die Stadt.

 

Herbst 1217 kehrt er heimlich nach Toulouse zurück und vereinigt sein Militär mit dem seines Sohnes. Die wenigen Franzosen werden aus Toulouse vertrieben, Kollaborateure mit der päpstlichen Sache werden gelyncht. Beide Seiten werden nun grausam. Simon de Montfort lässt ein paar tausend neue Ritter im Zentrum Frankreichs anwerben, die ihm Toulouse zurückerobern sollen. Aber bei der Belagerung der Stadt wird er von einem Stein getroffen und stirbt. Man bekommt in den Quellen den Eindruck, dass hauptsächlich unbeteiligte Zivilisten durch das Schwert sterben, die Ritter aber eher durch Steingeschosse während der Belagerungen. Die Papstkirche macht ihn zum Märtyrer.

 

Simons Sohn tritt zwar die Nachfolge an, gewinnt aber nicht dasselbe Ansehen bei den Kreuzzüglern. Teile Okzitaniens gegen ihm wieder verloren. Fulko, die Witwe Alicia de Montmorency und Sohn Amaury de Montfort bitten nun König Philippe Auguste, den Sieger von Bouvines, um Hilfe. Der schickt seinen erstgeborenen Sohn Louis mit tausenden französischen Rittern (Chanson de la Croisade). Diese marschieren südwärts bis zu den Städtchen Marmande, schon seit Monaten von Amaury de Montfort belagert, ein Ort ohne katharische Rebellen. Aber da sie nun mal da sind, erobern sie den Ort, töten erst die Männer, schneiden den Kindern dann die Kehle durch und vergewaltigen schließlich die Frauen. (Agustí) Der Ort wird dann nach Plünderung in Brand gesetzt.

 

Nun geht es weiter nach Toulouse: Das Land war übersät von Franzosen, Flamen, Bretonen, Normannen, Bayern, Deutschen, Leuten aus dem Poitou, Anjou und der Champagne. Diese Armee von Mördern führte Mengen an Karren, Maschinen, Maultieren, Pavillons, Zelten. Nahrungsmitteln und Säcken von Gold mit. (Chanson de la Croisade, in: Oberste, S.155). Der einmütige Widerstand der städtischen Bevölkerung macht eine Eroberung unmöglich, und bald danach ziehen die edlen Ritter wieder reich beladen nach Norden ab. Vorher werden die hölzernen Katapulte verbrannt.

 

Danach herrscht etwas mehr Ruhe im Süden, die überlebenden Katharer reorganisieren sich. 1222 stribt Graf Raimund VI. 1224 tritt Amaury de Montfort seine Besitzungen an den französischen König ab. Die Trencavels erobern Carcassonne zurück und Raimund VII. das Gebiet um Toulouse. Er will sich nun als Vasall dem neuen französischen König Louis VIII. unterwerfen, die Katharer vertreiben und dem Montfort Abgaben leisten.

Das genügt aber dem neuen Papst Honorius III. nicht, der den französischen König auffordert, in einem neuen Kreuzzug gegen Süden die Katharer nun ganz auszurotten.Er ruft eine fünfprozentige Abgabe in Frankreich für die Anwerbung neuer Söldner aus (Oberste, S.158f).

Derweil heißt es: Das Land hielt zu Toulouse, und Graf Amaury (de Montfort) konnte es nicht mehr verteidigen. Sein Vermögen reichte nicht mehr, um die Ritter bei sich zu behalten. (Guillaume de Puylaurence in: Oberste, S.162). Und Arnaut Amaury, nun Bischof von Narbonne, schreibt an den Papst: Nicht einer von Montforts Rittern, weder von den eigenen (Vasallen), noch von den fremden, wollte in so großer Gefahr im Land bleiben (...) Da ich selbst weder Geld noch Lebensmittel mehr beisteuern konnte oder sonst irgendeine Hilfe kommten wollte, bat Amaury die Feinde des Glaubens schließlich um Frieden. (in: Oberste, s.o.)

Geld ist allemal wichtiger als ritterliche Ehre. Montfort muss kapitulieren.

 

Aber das Rettende naht aus dem Norden. Der französische König fordert von seiner Kirche auf zehn Jahre eine jährliche Summe von 60 000 Pariser Livres. In Rom wird bei der Kurie 1224 heftig für einen neuen Kreuzzug geworben, nachdem zunächst Papst Honorius das Thema für erledigt hält. Dann gibt er aber nach.

Wieder zieht ein riesiges Ritterheer der Zehntausende das Rhonetal herunter. Das nicht katharische Avignon wird nach drei Monaten Belagerung eingenommen, teilweise zerstört und geplündert. Carcassonne vertreibt seine "Ketzer" und übergibt dann die Stadt. Nur der Graf von Foix widersteht.  Dann stirbt unterwegs der Königssohn, aber seine Witwe, Blanca von Kastilien, fordert die Kreuzritter auf, nicht nachzulassen, bis alles Ketzerland erneut verwüstet ist. Der größte Teil des französischen Heeres zieht jedoch erst einmal wieder nach Norden ab.

 

Raimund VII. von Toulouse muss schließlich vor der französischen Übermacht nachgeben und auf einer Versammlung in Meaux-en-Brie bei Paris 1229 sich zur Gänze dem französischen König unterwerfen, die Häresie aktiver noch vernichten und eine geistliche Universität in Toulouse einrichten, die dem Geist des Kreuzzuges verpflichtet sein soll. Zudem muss er seine kleine Tochter Johanna mit einem Bruder des Königs verheiraten, und falls sie keine Kinder hätten, solle die Grafschaft direkt an den dann französischen König fallen. Johanna soll auch gleich an den französischen Hof ausgeliefert werden. Zudem muss er zehntauende Silbermark zahlen, von denen nicht klar ist, wie sie aus seinem zerstörten Land herausgepresst werden könnten.Während Raimund in Paris dann wie ein Gefangener behandelt wird, werden Passagen des Vertragswerkes hinter seinem Rücken noch einmal verschärft, aber ihm bleibt nichts mehr als zu unterschreiben.

In Notre Dame zu Paris muss er sich zudem öffentlich geißeln lassen, unter anderem unter den Augen des späteren Königs Ludwigs IX., den die Kirche bald heiligsprechen wird.

 

Teile des Katharertums sind inzwischen vernichtet, aber es bleiben genügend Menschen übrig, die ein Neuaufleben ermöglichen könnten. Nun geht es daran, jeden einzelnen der Übriggebliebenen aufzuspüren, entweder zur Unterwerfung unter die römische Kirche zu zwingen oder aber zu verbrennen.

Inzwischen suchen fromme Dominikaner mit ihren Häschern und Denunzianten im ganzen Land nach verborgenen evangelischen "Christen" und "Aposteln", wie sie sich selbst nennen. 1232 übernimmt die "Heilige Inquisition" die Hauptarbeit. Einige Zeit später wird offiziell für diese fromme Einrichtung die Folter zugelassen.

Überall werden solche Ketzer verbrannt, wenn sie nicht abschwören. Wer überlebt, flüchtet als letzten Zufluchtsort in die kleine Bergfestung Montségur.  Seit 1204 wird sie von der Adelsfamilie der Pereille ausgebaut, seit 1209 immer mehr, um Glaubensgenossen Zuflucht zu gewähren. Rund hundert Adelsfamilien flüchten hierher, dazu zweihundert überlebende "Apostel" und zudem einfache Gläubige. 1242 zieht ein ebenso stattliches wie frommes Ritterheer unter einem französischen Seneschall von Carcassonne aus, um auch dies letzte Ketzernest auszuräuchern. Als der Hungertod droht, muss der Adel die Festung aufgeben. Die "Christen" wie sie sich selbst nennen, alle zweihundert Männer und Frauen, werden an Pfähle gebunden und dann in schnellem Tempo und wie meist bei lebendigem Leibe verbrannt.

 

Das ist dann fast schon das Ende der evangelischen Christen in einem Land, welches bald zu Frankreich gehören wird. Graf Raimund VII. von Toulouse beeilt sich nun, in Agen achtzig solcher "Apostel" ausfindig zu machen und ebenfalls dem Feuertod zu überlassen. In den nächsten 80 Jahren sind all die wenigen Übriggebliebenen entweder in die Wildnis Pyrenäen geflohen oder nach Italien, wo es noch genug Glaubensbrüder gibt, wo aber mit dem Ende von Kaiser Friedrich II. nun auch die Inquisition übernimmt.

 

Ritter: Dieselbe Gier und Mordlust entfalten sie auch auf den übrigen Kreuzzügen und bei den meisten anderen Gewaltaktionen. Hinterlist, Betrug, Raub, heimtückischer Mord und schäbige Vergewaltigung gehören oft genug zu ihrem Handwerk, während sie sich von den Literaten, Malern, Teppichwirkern und Bildhauern gerne ganz anders hochloben lassen. Genauso ziehen sie auch in großen Scharen von den deutschen Landen in die Nordhälfte Italiens, ziehen englische Ritterheere über Wales und Irland her, dann auch Ritter aus ganz Europa auf Ketzerjagd zu Pferde ins Baltikum.

 

Die ausführliche Kriegs-Berichterstattung insbesondere Rahewins in den Gesta Frederici macht deutlich, dass es den "edlen Ritter" mit seinem fairen Zweikampf, wie ihn die Fiktionen der Literatur darstellen, in den Heeren kaum gibt. Wo nicht das Land verwüstet wird, wird belagert, wobei einzelne Gefechte oft chaotisch und grausam ausfallen: Man kämpfte zunächst mit Lanzen, dann mit den gezückten Schwertern, und kaum konnte man bei einem Zusammenstoß unterscheiden, auf welcher Seite einer kämpfte, denn die Kämpfer hatten sich vermischt und waren infolge der Enge des Raumes durcheinandergeraten. (Res Gesta S.471, III,33/36) Dann ist es in hoffnungsloser Lage manchmal nicht einmal mehr möglich, wieder zurückzuweichen.

Rahewins Berichte sind fast alles Stereotypen, literarische Klischees, aber eben deshalb auch verallgemeinerbar: Sie beschreiben, wie hier bei der Belagerung Mailands, das übliche Geschehen.

Ein wesentlicher Teil des Heeres neben den Rittern und ihren Knappen/Knechten und den Söldnern (mercennaria) sind gewöhnliche Arbeitskräfte. Dazu gehören Wegearbeiter, Transporteure von machinas et cetera tormenta, (RG S.474) und solche, die sie zusammenbauen können. Dazu gehören recht effiziente Steinschleudern, mit deren stärksten sogar versucht wird, Mauern zu brechen, und solche Schleudern, mit denen brennendes Material in die Städte verbracht werden kann. Laut Rahewin werden von Crema aus solche Steinschleudern vor allem auch aus der Stadt gegen die der Belagerer eingesetzt, weswegen der Kaiser befiehlt, ihre Geiseln an die Mschinen zu binden und den Geschossen ihrer Geschütze, die man gemeinhin mangas nennt, und deren es in der Stadt neun gab, auszusetzen. (OttoGesta, S.616, IV,57)

 

Vor dem Getümmel und Gemetzel ist alles noch viel prächtiger mit Bannern und Wappenschilden und insbesondere mit den frühen Ansätzen von Militärmusik. Für Kaiser Friedrichs I. Italienzüge werden dabei immer Trompeter und Paukisten erwähnt (tubicines und tympanistres). mit denen die Kampfeslust der heroes (RG, S.482) angestachelt werden soll. Nicht nur Gefangene, sondern selbst Leichen werden dann manchmal nach der Schlächterei an das jeweilige Lager zwecks Beerdigung verkauft (RG, S.484).

 

 

***Eine Heerordnung Kaiser Friedrichs I***

 

Laut Rahewin kommt es Anfang 1155 bei der (selbstverständlichen) Plünderung Astis so solcher Gewalttätigkeit unter den beutegierigen Rittern, dass Friedrich I. ("Barbarossa") beim Einsatz von Waffen unter den eigenen Leuten diesen mit dem Abschlagen einer Hand und sogar mit der Todesstrafe drohen muss. (Gesta, 2, 20) Man stelle sich entsprechend vor, wie Vertreter eines ritterlichen Heeres beim Fouragieren mit wehrlosen Bauern umgehen.

 

Einige Zeit vor der Zerstörung Okzitaniens, 1158, erlässt der Kaiser am Anfang seines zweiten Italienzuges Bestimmungen für sein Heer, die leges pacis in exercitu, also "Friedensgesetze" für sein wesentlich noch aus Rittern bestehendes Heer. In ihrer Liste von Verboten, wie sie Rahewin wiedergibt (Res Gesta S.456ff, III,28/31) wird deutlich, was alles so an Ungebührlichem in einem Ritterheer geschieht und nicht geschehen soll.

 

Als erstes werden Streitereien verboten, unbewaffnete wie solche mit Wffengewalt, die bis zum Totschlag führen können. Man kann sich gut vorstellen, dass so etwas beim langen Alltag in einem Heer, in dem nicht jeden Tag gegen einen Feind gekämpft wird, des öfteren vorkommt. Genauso verboten ist Diebstahl im Lager.

Es wird verboten, befreundete Kaufleute (mercatores) auszuplündern oder entsprechende Märkte (fora), denn sie versorgen schließlich das Heer neben den Plünderungen. Dasselbe betrifft nicht zur Plünderung freigegebene Landgüter und Häuser. Aus Vorratsgruben, so sie ein Ritter findet, darf er sich allerdings bedienen. Schließlich: Wenn eine Burg (castrum) erobert worden ist, dürfen die darin befindlichen Güter geraubt werden, sie selbst aber sollen nicht in Brand gesteckt werden, wenn es der Marschall (marscalcus) nicht etwa selber tut.

Kirchen sollen nicht ausgeraubt werden und niemand soll ein Weib (mulier) bei sich haben. Es wird immer wieder einmal erwähnt, das feile Frauen mit Ritterheeren mitziehen, und dass gelegentlich von den Heerführern befohlen wird, sie zu verjagen. Als Kaiser Friedrich I. im zweiten Italienzug den Großteil seines Heeres entlassen hat und über den Po nach Süden zu den Mathildischen Gütern zieht, heißt es bei Rahewin: nach dem Beispiel der alten Kaiser ordnete er dann an, dass die Horde von Trossknechten, Dirnen und Marketendern (calonum, meretricum et lixarum), die sich in großer Menge dem Heer zugesellt hatten und die Soldaten zu verweichlichen drohten, fortgejagt und ferngehalten wurden. (OttoGesta, S.506, III,55)

Nicht fortgeschickt werden laut Rahewin die zahlreichen Handwerker, Arbeiter und Kaufleute (fabrorum et opicifum multitudo et mercatorum copia), die dem Heer nach Bedarf folgen, und auf dem Reichstag von Roncaglia vom November 1158 ihr eigenes Zeltlager bilden. (OttoGesta, S.510, IV,2)

 

Burgen (in Arbeit)

 

Ritter ist ein Kriegerstatus und dafür muss man kein Burgherr sein. Aber zu den Besatzungen von Burgen gehören seit dem 13. Jahrhundert auch Ritter, die aus der besoldeten Burgmannschaft hervorgehen. (ff)

 

Von Burgen aus werden Gebiete beherrscht und verwaltet und sie sind so auch Zentren eines Wirtschaftsbetriebes. Neben den nunmehr steinernden Befestigungs- und Wohnteilen gibt es die meist hölzernen Wirtschaftsbereiche, Ställe, Scheunen usw. Lautes Vieh und Pferde, bellende Hunde lärmen und verbreiten Gestank, wie noch Ulrich von Hutten klagen wird. (ff)

 

ff

 

Jagd

 

Die Jagd ist in Zivilisationen das Vorrecht derer, die über das entsprechende Land verfügen. Damit wird sie ausgerechnet denjenigen entzogen, die ihrer zur Nahrungsmittel-Versorgung bedürfen. Auf diesem Wege verkommt sie zum "Sport" der Großen und Mächtigen. Sport ist ein Wort, das auf das lateinische deportare zurückgeht, was "fortbringen" meint, was im Altfranzösischen zu desporter wird, aus dem Alltag herausbringen, woraus sich die Bedeutung zerstreuen, amüsieren entwickelt, und ins Mittelenglische transportiert dann zu sport verkürzt wird.

 

Dies war eine der Beschäftigungen des freien (germanischen) Mannes gewesen. Schon vorher, dann aber verstärkt unter dem großen Karl und noch umfassender nachher wird sie zunehmend zum Privileg, zum Vorrecht des Adels bzw. des Herrschers. Dem dient dann auch die zunehmende Entwaffnung der produktiv arbeitenden Landbevölkerung, die zugleich vom Kriegsdienst freigestellt wird.

Der Adelige wird wesentlich zum exklusiven Jäger und Krieger, zudem wird für ihn und seine Ausrüstung ein größerer Wohlstand Voraussetzung, ebenso wie die Ablehnung von in seinen Augen verächtlichen Arbeiten im Handwerk und der Nahrungsmittelproduktion. Die komplette Ausrüstung eines Ritters kostet damals, wird geschätzt, den Gegenwert von etwa zwanzig Kühen, ein Vermögen also. 

Die Exklusivität des adeligen Kriegers macht aber mehr seinen Nimbus in einer auf Krieg gegründeten Welt aus, als dass sie der Realität entspricht: Das entstehende Bürgertum der Städte partizipiert zunehmend mit eigenen Waffen an der Verteidigung seiner Stadt und mit der Zunahme der Bedeutung des Geldes beginnt Adel sich in klingender Münze für kriegerische Einsätze bezahlen zu lassen. Darunter entsteht eine ganze Berufsgruppe von Söldnern, die ihre Dienste als Mordbrenner und Landschafts-Verheerer dem Meistbietenden verhökern. 

 

Die Grundausbildung adeliger „Jungs" bestand entsprechend hauptsächlich im Reiten, Jagen und Waffengebrauch. Dies kam vielen dieser Knaben zwischen vier und vierzehn sehr entgegen, denn da paart sich Geschicklichkeit mit erschöpfendem Einsatz von Körperkräften, das Vergnügen des Wettbewerbs mit dem Lohn des Erfolges. Andererseits gab es auch einige, die sich lieber in eine Schreibstube zurückgezogen hätten. Hierfür bot das Kloster den hauptsächlichen Freiraum. Während Gottfrieds Tristan sich um 1210 mit dem Erlernen der litterae und des Bücherwissens zunächst quälte, macht ihm die Ausbildung im eigentlichen ritterlichen Fach wohl eher Freude, wie sich im Text niederschlägt:

 

über diz allez lernet er / mit dem schilte und mit dem sper / behendeclîche rîten, / daz ors (Ross) ze beiden sîten / bescheidenlîche rüeren, (mit den Sporen)/ von sprunge ez vreche (kühn) vüeren, / turnieren (wenden) und leisieren, (anrennen lassen) / mit schenkeln sambelieren (Schenkeldruck ausüben) / rehte und nâch ritterlîchem site. / hie bankete (beschäftigte) er sich ofte mite./ wol schirmen (beim Fechten), starke ringen, / wol loufen, sêre springen, / dar zuo schiezen den schaft, / daz tete er wol nâch sîner craft. / ouch hoere wir diz maere sagen, / ezn gelernete birsen (pirschen) unde jagen / nie kein man sô wol sô er, / ez waere dirre oder der. / aller hande hovespil / diu tete er wol und kunde ir vil. / ouch was er an dem lîbe, (er hatte einen solchen Körper) daz jungelinc von wîbe / (Zeilen 2103ff)

 

Die Jagd zu Pferde und mit Waffen wird immer weniger primär als Nahrungsbeschaffung betrachtet und mehr einmal als "sportliches" Vergnügen, woraus im englischen Mittelalter die Gleichsetzung von Jagd und sport(s) hervorging, ein Wortimport aus Nordfrankreich (desportes), welcher so etwas wie Freizeitvergnügen meint, die deutsche kurzewîle. Zum anderen ist es ein stetes Üben für die Fehde, die seit den Friedensbewegungen verpönt wird, für die Blutrache, die trotz Verbotes nicht verschwindet, und für den Krieg.

 

Pirschjagd mit Hunden und Dienstpersonal wird ebenso Hauptvergnügen der meisten Adeligen wie die Treibjagd, bei der zu Pferde Tiere mit Hunden und Treibern bis in die Erschöpfung gehetzt werden. 

  

Jagen und Kriegen hat das Verletzen und Töten gemeinsam. Der sich zu einem "christlichen" entwickelnde Adel sieht damals darin keinen Widerspruch zur Religion, man orientiert das Männerbild in Adel und Herrschaft nicht an Jesus, sondern an David, Salomo oder Josias, die man sich als Abbilder des eigenen Ideals vorstellt. In ersten volkssprachlichen Texten für zukünftige Deutsche wie dem 'Heliand' wird beispielsweise Jesus zu einem edlen aristokratische Krieger und Herrscher oder Petrus zu einem wackeren Recken, dem das Abschlagen des Ohres des Feindes gar nicht hoch genug angerechnet werden kann, während Jesu Mahnung an ihn einfach ignoriert wird.

 

Gewalt und Agression, wenn sie für "gerecht" oder gar "heilig" erklärt werden, sind erwünscht und "männlich". Wo aus der klösterlichen und kirchlichen Ecke schon mal (nicht allzu häufig) der Verweis auf den Friedensfürsten Jesus kommt, wird das in der Regel als dem Adel wesensfremd ignoriert.

In seinem ersten Kapitular von 769 erklärt Karl:

Den Geistlichen ist das Tragen von Waffen und das Ziehen in den Krieg ganz und gar verboten, ausgenommen sind die, die ausgewählt wurden, (...) um die Messe abzuhalten und die Reliquien der Heiligen mitzuführen.

Tatsächlich halten sich aber Geistliche des öfteren daran so wenig wie an andere offizielle Ge- und Verbote. Während die einen zum Beispiel weltliche Jagdvergnügen hart kritisieren, frönen Teile der höheren Geistlichkeit selbst wie weltlicher Adel der Jagd.

Dabei ist die Legende vom Ardenner-Grafen Hubertus aus dem 10. Jahrhundert eindeutig: Er hetzt einen Hirsch, sieht dann das Zeichen des Kreuzes in seinem Geweih, was ihn so erschüttert, dass er vom Jagen ablässt und Mönch wird. Aber spätestens im 12. Jahrhundert beginnt die Kirche sich mit der adeligen Jagd zu versöhnen.

 

Schon die Jagd zu Pferde ist nicht ungefährlich und eine relativ häufige Todesursache im Adel. Man kann nicht nur stürzen, beim Kampf gegen Wölfe, Bären und Auerochsen kann man auch schon mal den kürzeren ziehen, vor allem, wenn die Tiere die Distanz verkürzten, damit die Distanzwaffen Lanze und Pfeil und Bogen ausschalten, der Jäger absteigen und mit Schwert oder langem Dolch kämpfen mus. Der Unterschied zwischen einem großen Jäger und einem großen Krieger ist damals also nicht sehr bedeutend.

Schon das Reiten selbst führte zu Unfällen. Bei Lampert von Hersfeld wird berichtet, dass beim Zug Heinrichs IV. 1071 nach Mainz einer aus seiner Begleitung wie von ungefähr vom Pferd stürzte und von seinem eigenen Schwert durchbohrt verschied. Karolingische Könige sterben recht häufig bei der Jagd, genauso wie Adelige aller Arten, Grafen und Markgrafen. Der Unterschied zwischen Kühnheit und Tollkühnheit ist oft nur gering.

 

Die Jagd mit einem Jagdmeister, mit Gefolge und einer Hundemeute scheint König Markes liebstes Vergnügen zu sein. Das ganze fünfte Kapitel von Gottfrieds 'Tristan' ist der Jagd gewidmet, die ihn zu König Marke nach Tintagel führt. Aber die Jagd ist auch im wirklichen Leben ein fürstliches und insbesondere königliches Vergnügen. In den Quellen wird sie als wichtigste königliche Freizeitbeschäftigung erwähnt, geradezu den Status von Königen markierend.

Damit wird nicht nur der Weg von Wäldern in Holzäcker vorgezeichnet, soweit sie nicht ganz verschwinden, sondern auch der von Forsten in fürstliche Freizeitparadiese, in denen Bedienstete die Konkurrenz von Wölfen, Füchsen und Bären zu bekämpfen haben, die den Wildbestand für die Jagd gefährden. Im (deutschen) Landfrieden von 1152 werden Netze und Schlingen, die zu keinem edlen Waidwerk führen, verboten, es sei denn für Bären, Wölfe und Wildschweine, immer weniger edle, eher vielmehr gefährliche oder der Landbewirtschaftung schädliche Tiere in der Nähe von Ortschaften.

 

Einen Extremfall in Europa stellt die Waldgesetzgebung der anglonormannischen und angevinischen Könige und ihrer Nachfolger dar, die ihnen riesige Waldgebiete als Jagdreviere reserviert und zahlreiche Fälle von Übertretungen zu beträchtlichen Einnahmequellen in Form von Gerichtsstrafen verwandelt. Im 12. Jahrhundert beginnen die größeren Herren, Lords, sich selbst hunting-parks aus Wald und offenem Land für ihr Jagdvergnügen einzurichten, wobei sie vom König charters für free warrens einholen: Zwischen 1227 und 1258 gewährt der König seiner Herrenschicht 630 solcher Lizenzen für Vergnügungsparks. Nicht nur die spätere Verwandlung von Ackerland in Weiden, sondern schon so etwas fördert den Weg in die sogenannte englische Parklandschaft. Und schon im 12. Jahrhundert gibt es eingezäunte Gebiete, in denen quasi Wild für die Jagd gezüchtet werden kann, denn Henry II. schenkt sowohl dem französischen König wie dem Grafen von Flandern Rehe und Hirsche, die für die Jagd ausgesetzt werden können.

 

Als besonders edel wird die kostspielige Jagd mit domestizierten Jagdvögeln betrachtet, wie sie auch im Orient beliebt war. Kaiser Friedrich II. wird sie mit wissenschaftlicher Akribie studieren und sogar ein Buch darüber schreiben. Seinem Sohn Konrad wird er die Beizjagd anempfehlen, ihn aber zugleich ermahnen, sich dabei nicht mit dem zahlreichen Jagdpersonal gemein zu machen, welches auf subalterne und wenig edle Aufgaben beschränkt bleibt.

 

Gewalt als Sport

 

Die adelige Zivilisation des Mittelalters ist ihrem Wesen nach offen gewalttätig und Gewalt verherrlichend. Und Ritterlichkeit ist selbst in seiner Verklärung noch nichts anderes als Inszenierung menschlicher Raubtiernatur. Roger von Howenden erklärt zur Zeit der angevinischen Könige zum Ideal jenen, der schon sein eigenes Blut gesehen hat, dessen Zähne unter Fausthieben geknirscht haben (…) der jedes Mal, wenn er stürzte umso trotziger wieder aufstand. (Chronica)

 

Physische Gewalt macht den ritterlichen Helden der Versromane vor allem aus, ritualisiert und angereichert durch höfisches Gehabe. In der Literatur scheint edelste Aufgabe der Helden zu sein, mit dem Schwert auf andere einzu“schlagen“, Helme zu „spalten“, mit der Lanze Schilde zu "durchbohren" und mit Wurfspeeren durch Rüstungen in den Körper einzudringen. Sie tun das im „Dienst“ für ihren Herrn, im „Dienst“ für eine Dame oder einfach, weil ihnen gerade danach ist.(siehe ausführlicher Anhang 18)

 

Es fällt schwer, die einzelnen Schilderungen von oft auch ungeniert verherrlichter Gewaltätigkeit in ein Gesamtbild einzufügen, und es ist problematisch, sie einfach zu verallgemeinern. Aber es herrschen die Waffen, auch wo sie nicht klirren, sondern nur in der Sonne funkeln. Gewaltandrohung im Sinne von überall lauernder latenter Gewalt ist steter Alltag. Sie beherrscht die Beziehung zwischen den Herren, die es sonst gar nicht gäbe, und den produktiv Arbeitenden, und sie droht unentwegt im Hintergrund der Beziehungen zwischen den Herren selbst.  Dass "Herrlichkeit" immer noch positiv konnotiert wird, zeigt, wie wenig kritisches Bewusstsein darüber bis heute entstanden ist, und der negative Gebrauch von "Dämlichkeit", der auch erzwungenem Verzicht auf physische Gewalt inhärent ist, ebenso.

 

Im Zentrum inszenierter Ritterlichkeit steht das Turnier, in dem alleine sich das Idealbild mit der Wirklichkeit messen kann. Frühe Vorläufer sind die Schaukämpfe, wie Nithard einen für 842 in Worms beschreibt, an dem Karl der Kahle und Ludwig ("der Deutsche") teilnahmen: Zur Leibesübung stellten sie oft Kampfspiele in folgender Weise an. Dabei kam man zusammen, wo es für das Zuschauen zweckmäßig schien, und während hüben und drüben umher das ganze Volk stand, stürzten zuerst von beiden Seiten in gleicher Zahl Sachsen, Wasken, Austrasier und Bretonen wie zum Kampfe in schnellem Laufe aufeinander; darauf machten die einen Kehrt und taten als wollten sie sich mit dem Schild gedeckt vor den Nachdrängenden durch die Flucht zu den Ihrigen zu retten, dann aber suchten sie wieder die zu verfolgen, vor denen sie flohen; bis zuletzt beide Könige, umgeben von der ganzen jungen Mannschaft, mit lautem Geschrei, in gestrecktem Lauf, die Lanzen schwingend vorstürmten, und bald den einen, bald den anderen nachjagten, wenn sie sich zur Flucht wendeten. Und es war sehenswert wegen des hohen Sinnes und der Zucht, die dabei herrschte... (Historiarum III, in LHL, S.169)

 

In den Gesta Ottos von Freising (S.158) wird für 1127 ein tyrocinium, quod vulgo nunc turnoimentum dicitur (Kampfspiel, welches man jetzt gemeinhin Turnier nennt) erwähnt, welches Herzog Friedrich II. mit seinem Bruder vor den Mauern von Würzburg abhält. Kurz darauf überfällt derselbe ein solches tyrocinium vor den Mauern der Burg des Grafen Heinrich von Wolfratshausen (1,26), was belegt, dass inszenierte Ritterlichkeit eben nur ein Spiel ist und kaum gültige Regeln für die Wirklichkeit enthält.

 

Im hohen Mittelalter wird im Turnier insbesondere der Zusammenhalt der commilitones geübt, der militärischen Kampfgemeinschaft bis hin zur Männerbündelei. Dies einmal in dem Erlebnis des regulierten Kampfes, zum anderen aber in den Massenkämpfen, in denen geschlossene gepanzerte Reiterformationen auftreten und den kollektiven Angriff mit Lanze und Gebrüll und Geschrei üben. Gewalttätigkeit kultivieren wird so zum zivilisierenden Kern, und zugleich zum Amüsement für Massen. Und die Kirche ist von der Segnung des Schwertes bis zur letztlichen Hinnahme des Turniers immer dabei.

Dass im Krieg der Ritter die zivile Bevölkerung wie selbstverständlich wie früher schon der Hauptleidtragende ist, wird von dieser bejammert, wenn es sie trifft, und erfüllt sie mitSstolz, wenn die "eigenen Leute" beim "Feind" marodieren.

 

Das Turnier wird zunehmend in oder vor eine Stadt verlegt, welches in der Regel aus einer Serie von Einzelkämpfen zu Pferde und Mann gegen Mann besteht und außerdem aus einer inszenierten Massenschlacht zweier Gruppen, die gegeneinander antreten und sich in ein schon realistischeres Schlachtengetümmel verwickeln. Realistisch daran ist immerhin, dass es unerbittlich um Sieg oder Niederlage geht, wie bei allem späteren „Sport“. Verletzungen und Tote sind dabei an der Tagesordnung. Wenn Ritter dann die Tafelrunde von Artus nachspielen, treten sie schon mal mit den Namen der epischen Helden auf.

 

Auf dem Weg ins 13. Jahrhundert werden um der Echtheit des Kampfes willen auch ganz ordentlich Gefangene gemacht, die sich dann mit erheblichen Summen auslösen müssen. Auf diese Weise erficht sich der manchmal als der "größte aller Ritter" titulierte Guillaume le Maréchal ein Vermögen, welches seinen Aufstieg bis zur Regentschaft Englands finanziert.

 

Bis tief ins 12. Jahrhundert gibt es keine abgesteckte Arena selbst für die nun langsam aufkommenden Einzelkämpfe, und die Massengetümmel können sich über eine ganze Region erstrecken, was auch heißt, dass sie keinem Publikum zugänglich sind, das wäre auch viel zu gefährlich. Sie dienen den Eitelkeiten, der "Ehre" der Ritter und zunehmend auch ihrer Geldgier. Eitelkeiten: Rüstungen werden manchmal stundenlang vor einem Turnierkampf poliert, Banner werden gereinigt und gegen Ende des Jahrhunderts dann auch auf den Farben- und Bilderschmuck der Waffenröcke geachtet.

 

Verehrtes Publikum bei Turnieren wird außer in den Romanen erst spät die Damenwelt, die seit dem 13. Jahrhundert dann zunehmend solchen militärsportlichen Veranstaltungen einen verfeinerten höfischen Charakter verleihen.

Fand das Turnier dann später in oder vor einer Stadt statt, ist auch das städtische Bürgertum Publikum bei solchen Festivitäten, - dessen Oberschicht sich in prächtiger Kleidung und vornehmem Auftreten oft nicht vom Adel unterschied. Solche Leute kamen zum Teil auch von weit her angereist, um an den Spielen wenigstens als Publikum teilzunehmen, und auch der ritterlichen Oberschicht der Städte beim Turnier zuzuschauen. Das betrifft weniger jene norddeutschen Städte, die von Kaufleuten dominiert wurden und sich dann nach und nach in der Hanse zusammenfinden und einen stärker vom ritterlich-höfischen Leben unterschiedenen Lebensstil zu pflegen beginnen.

Sobald Turniere in oder vor eine Stadt verlegt werden, was vor allem im späteren Mittelalter der Fall sein wird, zeigen edle Ritter auch ihre Liebe zum Komfort und wohnen nicht mehr wie in den Romanen in (bunten) Zelten, sondern nehmen Quartier in städtischen Quartieren

 

Geld ist nicht nur neben Ruhm Ziel solcher Turnier-Ritter, es gewinnt auch daneben Bedeutung, wenn Kaufleute, Handwerker und Amüsiergewerbe anreisen, um um das Turnier herum jahrmarktartiges Treiben zu entfalten.

 

Im Turnier wird die Gewalttätigkeit zum geregelten Sport, zum zweiten nach der adeligen Jagd. Manche Ritter auf der Suche nach Ehre, Ruhm und Preisgeldern machen solche Schaukämpfe zeitweilig zum "Beruf", wie Guillaume le Maréchal, dem sein Ruhm und die Preisgelder dabei helfen, es bis zum Earl of Pembroke zu bringen und dann sogar auf seine alten Tage zum Regenten von England. In den Jahren um 1170/80 wird er nicht zuletzt über solche sportiven Veranstaltungen zum "größten Ritter der Welt" erklärt. Mehrere Generationen später wird Edward (I.), noch ohne englische Krone, in der Mitte des 13. Jahrhunderts ein ähnlicher Publikumsmagnet, als er quer durch Europa von Turnier zu Turnier eilt.

 

Diese Ritter kennen selten ein Vater- bzw. Mutterland, raffen zusammen, wo sie können, und dienen wie überhaupt typische Söldner den Herren, die ihnen am meisten Ruhm und Geld versprechen. Ein solches Beispiel erwähnt Carpenter:

"Thus Meath in Ireland and Ludlow in Wales eventually passed through marriage to Geoffrey de Joinville, lord of Vaucouleurs in Champagne, and younger brother of Jean de Joinville, who had also crusaded with Louis (von Frankreich, U.W.) and had later written a life of the Saint. Geoffrey was summoned to the armies of the king of France, crusaded with the future Edward I of England and ended his days in the house of Dominican Friars at Trim in Ireland." (S.25)

 

In der Zeit der Herrschaft von Henry II., Kaiser Friedrich I. und von Louis VII. werden große Turniere zu einem wesentlichen Teil höfischer Festtage. Anlässlich der Krönung von Philippe ("Auguste") zu Reims findet in Lagny ein Turnier statt, an dem rund dreitausend Ritter aus vielen Ländern teilgenommen haben sollen. Der junge König Heinrich alleine brachte dafür rund achtzig turniererfahrene Ritter mit, die ihn alleine schon mehr als 200 Pfund pro Tag gekostet haben müssen, das königliche Einkommen aus einer ganzen Grafschaft. (Ashbridge, S.172)

 

1130 verbietet ein Konzil von Clermont zum ersten Mal Turniere, dann schließlich auf höchster Ebene das dritte Laterankonzil von 1179, weil sie das Seelenheil gefährden (animarum pericula proveniunt). Entsprechend ist die Kirche bestrebt, auf einem Turnier Gestorbenen die kirchliche Bestattung zu verweigern. Schließlich gibt sie klein bei, indem sie anerkennt, dass Turniere für das Ausüben des Kriegerhandwerks unentbehrliche Übung sind. Denselben Weg gehen jene Herrscher, die zwischen Verbot und Erlaubnis schwanken. Der angevinische Herrscher verbietet für längere Zeit Turniere in England, muss aber am Ende wohl einsehen, dass sie als militärisches Training unabdingbar sind. Im Kern wird die Entwicklung neuer Staatlichkeit aber dahin gehen, die Gewalttätigkeit zu verstaatlichen und gegen unten und nach außen zu wenden.

 

Sexuelle Gewalt

 

Während bei Troubadouren und Minnesängern am Hofe Verehrung hoher Damen und wenigstens halbwegs zartfühlend ausgelebter Geschlechtstrieb besungen werden, dürfte die "ritterliche" Wirklichkeit oft ganz anders ausgesehen haben. Dem Herrn sind kaum rechtliche Schranken gesetzt, wie er mit seiner Ehefrau verfährt, wenn man von dem kirchlichen Koitusverbot in Fastenzeiten und an hohen Feiertagen einmal absieht, welches nicht kontrollierbar ist. Wenn der Vater von Guillaume le Maréchal Mitte des 12. Jahrhunderts in dessen Biographie, der Feier hoher Ritterlichkeit, bei Gelegenheit der Gefährdung des Lebens seines Sohnes durch dessen Geiselnehmer erklärt, sein Kind sei ihm egal, denn er verfüge ja noch über Amboss und Hammer, um sogar noch bessere zu schmieden, lässt diese Bildhaftigkeit wenig Annehmliches erahnen. (in: Ashbridge, S.57)

 

Nicht nur Troubadoure meinen, dass fin amour und Ehe wenig miteinander zu tun haben, sondern dass hier bloß vor allem männliche Nachkommen "geschmiedet" werden, was eheliche Liebe im Einzelfall natürlich nicht ausschließt. Aber zum Herrenmenschentum gehören auch Mätressen und Konkubinen, denen es dann, wenn sie selbst "edler" Abstammung sind, möglicherweise besser geht, obwohl karrierebewusste unteradelige Mädchen vielleicht nicht so anspruchsvoll sind.

 

Wir sind noch nicht in jenem "späten" Mittelalter angekommen, in dem junge Herren in den Texten durch die Landschaft reiten und sich die Bauernmädchen nach Lust und Laune nehmen, aber doch in jener Zeit immer wieder aufflackernder Fehden und Kriege, wo Frauen fast jeden Alters außerhalb der befestigten Städte schnell zu Freiwild werden. Die Quellen berichten gelegentlich auch von den geschändeten Nonnen überfallener Klöster.

 

Das alles dürfte tief in die frühe nachantike Zeit zurückreichen, als die neuen Herren Raub und Krieg als ihr Herrenrecht definierten. Wie Frauen das alles erleben, kommt in den zunächst fast durchweg von frommen Männern geschriebenen Texten nicht vor, und die weltlichen Autoren (ebenfalls männlichen Geschlechts) lassen das alles dann in ihren Ritterromanen einigermaßen aus und sprechen gerne von amour oder minne. Aber nichts ist neben der Ernährung so elementar wie die Geschlechtlichkeit, und die Quellen lassen nur den Verdacht zu, dass sie vorwiegend von erheblicher männlicher Rohheit geprägt ist. Eine gewisse Prüderie (weltlicher) Autoren verschweigt sämtliche Details, was sich erst im Verlauf des späten Mittelalters etwas auflöst, wo man dann langsam "durch die Blume" etwas deutlicher wird, bis ein gewisses pornographisches Element Markttauglichkeit erreicht.

 

Das alles ist wichtig als Gegensatz zu der aufkommenden stadtbürgerlichen Sittlichkeit, die den jungen (unverheirateten) Männern zwar den Verkehr mit Huren gestattet, die nicht prostituierten Mädchen aber für die Ehe aufheben möchte und in der Ehe die Einheit von kleinem Geschäft und Kernfamilie entdeckt, etwas, was liebevolleren oder wenigstens verantwortungsbewussteren Umgang miteinander nahelegt. Ähnliches dürfte in der sich langsam immer mehr dem Markt öffnenden bäuerlichen Familie geschehen, die sich ebenfalls stärker von adeliger Promiskuität abhebt.

Dass das alles (fast) nie konfliktfrei bleibt, und die legale Prügel des Mannes gegenüber seiner Ehefrau bei dieser, der physische Gewalt nicht zugestanden wird, in Zänkerei und Widerspenstigkeit bis hin zum Fortlaufen führt, scheint naheliegend: Ist doch der Mensch mit seiner verqueren Ausstattung wenig geeignet, unter Bedingungen von Zivilisation zumindest ein gutes Miteinander zu pflegen, und ist menschliche Sexualität eben auch keine gute Basis für ein gediegenes Miteinander von Mann und Frau, jedenfalls bei jenen Gemütern, die gerne ihren Impulsen nachgeben.

 

Grausamkeit (erster Versuch)

 

Guibert von Nogent schreibt 1115 über den in seiner Nähe hausenden Zeitgenossen Thomas von Coucy, den Herrn von Marle, dass er Menschen nicht einfach so tötet wie ein gewöhnlicher Rittersmann:

Er tötet nicht einfach so mit dem Schwert und auf einen Schlag, wie das üblich ist, sondern in schrecklichen Schlächtereien und unter Folterqualen.Wenn er Gefangene dazu zwang, sich mit Lösegeld auszulösen, hing er sie - manchmal eigenhändig - an ihren Hoden auf, und wenn diese dann unter dem Gewicht des Körpers abrissen, hinterließ das oft eine Öffnung, durch die die Eingeweide herauskamen. Andere wurden an ihren Daumen oder sogar ihrem Penis aufgehängt und dann mit Steinen beschwert, wobei er sich darunter aufhielt und, wenn ihm nicht das versprochen wurde, was er erpressen wollte, schlug er sie wie verrückt mit Keulen, bis sie ihm alles zu seiner Zufriedenheit versprachen oder aber starben. (etc., De vita sua III,11)

 

Die in den meist von Mönchen oder hohem Klerus verfassten Texten des 10.-12. Jahrhunderts auftauchende Grausamkeit beruht meist bestenfalls auf Hörensagen, und da man annehmen kann, dass diese frommen Herren hier wie im Bereich des ausgelebten Geschlechtstriebes manchmal mit besonderer Phantasie begabt waren, ist es nicht der beschriebene Einzelfall so sehr wie vielmehr die Vielzahl solcher Beschreibungen, die zu der Vermutung Anlass geben, dass unter den milites der Zeit Grausamkeit durchaus verbreitet ist. Dabei ist einzurechnen, dass es nicht die Freunde, sondern die mit Feindseligkeit Bedachten sind, denen solche Fürchterlichkeiten zugeschrieben werden.

 

Grausamkeit meint entweder eine für einen Zweck übermäßige Gewaltsamkeit und/oder aber unmittelbar eine, die beim Ausführenden und manchmal auch beim Publikum Lust auslöst, und zwar eine der sexuellen Lust unmittelbar benachbarte, insbesondere, wenn sie wie diese in Raserei ausartet, also in Enthemmung. Das weist schon darauf hin, dass Grausamkeit keine Besonderheit von Militär und Krieg ist, auch nicht eine von Despoten, die sie ohnehin des öfteren auch gerne delegieren, sondern wohl etwas zutiefst Menschliches, welches sich auch bei vielen anderen Säugetieren beobachten lässt.

 

Beide, Sexus wie Grausamkeit, sind lustvolle Formen intensiven Auslebens von Macht, die in Zivilisationen dabei privilegiert sind: in der Verfügung über möglichst viele sexuelle Objekte wie über viele Opfer von Grausamkeit, während der Unterprivilegierte dabei leicht zum Kriminellen wird.Niemand wird das deutlicher formulieren als der dafür bekannte Marquis de Sade.

In der sexuell eingekleideten Lust zu quälen bzw. seltener: gequält zu werden finden beide Sphären zusammen. Die Nutzung von Hoden und Penis bei den Grausamkeiten des obigen edlen Herrn deutet zumindest an, wie nahe beieinander beide sind.

 

****

 

Der Roger eher feindselig gegenüberstehende Falco von Benevent berichtet über die damnatio memoriae Rogers II. von Sizilien an Rainulf 1139:

 

Die Feinde des Herzogs befahlen also einem Ritter namens Gallicanus, der einer seiner treuesten Gefolgsleute gewesen war, zur Schande des toten Herzogs und zu seinem eigenen Schmerz das Grab aufzubrechen und die Gebeine, die noch von Haut und Gestank umgeben waren, eigenhändig herauszunehmen. Gallicanus zog also mit anderen, wie gesagt, die eingehüllten Gebeine heraus. Er tat dies unter dem Zwang der Furcht; und um nicht die große Wut des Königs auf sich zu ziehen, tat er es - es schmerzt mich, es zu sagen - fast mit lächelnder Miene. An den Hals des toten Herzogs banden seine ehemaligen Feinde eine Leine; und so zogen sie ihn durch die ganze Stadt bis hinauf zum Kastell. Dann drehten sie um und brachten ihn zur Köhlerei außerhalb der Stadt, wo sich ein schlammiger und stinkender See befand, in dem sie die Leiche des Herzogs versenkten. Welch ein Greuel! Man kann es nur mit Verwundern erzählen. Die ganze Stadt wurde sogleich von Angst und Trauer erfasst. Ein jeder, gleichgültig ob er Freund oder Feind des Herzogs gewesen war, wünschte sich den Tod herbei. ... Nie lasen wir, dass in vergangenen Zeiten und unter den Heidenvölkern ein solch schreckliches Ereignis stattfand. Welchen Nutzen hatte der König von einer solch grausamen Gewalttat? Welchen Sieg, welchen Ruhm der Majestät brachte sie ihm? Nur um seine Wut zu besänftigen, tat er das an dem Toten, was er am Lebenden nicht hatte tun können. (deutsch in: Houben, Roger II., S.76)

 

Wie in Rahewins Text über die ira des Friedrich Barbarossa in Ligurien 1159 wird hier der furor Rogers beschrieben. Aber Herrschaft beruhte auf Macht und Widersetzlichkeit wurde des öfteren mit Abschreckung beantwortet.

 

Hugo Falcandus zeigt Verständnis für Rogers rigor iustitiae:

Postremo sic iustitie rigore ut novo regno pernecessarium studuit exercere, sic pacis ac belli vicissitudines alternare, ut nichil quod virtutem deceret omittens, neminem regum aut principum temporibus suis parem habuerit. Porro quod quidam pleraque eius opera tyrannidi dant eum que vocant inhumanum eo quod multis penas graviores et legibus incognitas irrogaverit, ego sic existimo virum utique prudentem et in omnibus circumspectum in novitate regni ex industria sic egisse, ut necque flagitiosi quilibet de scelerum sibi possent impunitate blandiri, neque benemeritos nimia severitas absterreret, quibus ita mitem se prebuit, ne tamen ex nimia mansuetudine locus superesset contemptui. Ac si forte in quosdam durius animadvertisse visus est, quadam ad id necessitate compulsum intellego.

(Schließlich bemühte er sich, die für ein neues Königreich unbeugsame Härte der Gerechtigkeit auszuüben und die Wechselfälle von Frieden und Krieg so zu alternieren, dass ihm, dem keine Tugend fehlt, in seiner Zeit kein König oder weltlicher Fürst gleichkam. Hinwiederum nennen einige seine Werke Tyrannis und bezeichnen ihn als unmenschlich, weil er vielen ziemlich schwere und in den Gesetzen bislang unbekannte Strafen auferlegte. Ich aber meine, dass er, der klug und in allem umsichtig war, bei der Neuheit des Königtums aus überlegtem Eifer so handeln musste, damit einmal die Schändlichen sich nicht ungestraft ihrer Schandtaten rühmen konnten; zum anderen, um die Rechtschaffenen nicht durch übermäßige Strenge abgeschreckt werden, war er ihnen gegenüber milde, wenn auch nicht übertrieben, damit nicht aus aus allzu großer Sanftmut Verachtung entstünde. Wenn es so gesehen wird, dass er einige zu hart gestraft habe, so meine ich, dass er dabei von der Notwendigkeit gezwungen wurde. Nicht anders nämlich konnte er den Trotz des rebellischen oder verräterischen Volkes zermalmen. )

 

Der Roger II. sehr gewogene Alexander von Talese erweitert das so:

 

Über alle Einnahmen und Ausgaben seiner Schatzkammer ließ er Buch führen. Es gab keinen Eingang und Ausgang, den er nicht schriftlich festhalten ließ. ... Er zahlte tatsächlich pünklich den Soldaten ihren Sold... Weil aber vertraulicher Umgang gewöhnlich Mangel an Respekt bewirkt, hielt er sich öffentlich und privat mit Vertraulichkeit, Leutseligkeit und Liebenswürdigkeit zurück, so dass man nie aufhörte, ihn zu fürchten. Die Furcht vor ihm hatte die gute Folge, dass ... Recht und Frieden herrschten....

 

Romuald von Salerno formuliert das so:

 

Im Geldeinnehmen war er sehr eifrig, im Ausgeben nicht besonders großzügig. ... Von seinen Untertanen war er mehr gefürchtet als geliebt, den Griechen und Sarazenen flößte er Schrecken und Furcht ein. (deutsch in: Houben, Roger II., S.182)

 

Der dem Staufer-Kaiser Heinrich VI. nicht feindselig gesonnene Otto von St.Blasien beschreibt in seiner 'Chronica' folgendermaßen dessen Vorgehen gegen die sizilianischen Adeligen, die sich 1193 aus seiner Sicht gegen ihn empört hatten:

Einen, der der Majestätsbeleidigung schuldig befunden war, verprügelte er, nachdem ihm die Haut abgezogen war (pelle exutum); einen, der nach der Herrschaft getrachtet hatte, ließ er krönen und ihm die Krone mit eisernen Nägeln an der Schläfe befestigen; einige wurden an Pfähle gebunden und mit Holzscheiten umgeben, die tötete er grausam (crudeliter), indem er sie anzünden ließ; einige heftete er, von Balken durchbohrt, mit dem Bauch an den Boden. (Im deutsch von J.Bumke, Höfische Kultur 1, S.10f)

 

 

Guillaume le Maréchal

 

Kurz nach seinem Tode, um 1226, wurde von einem Verwandten die 'Histoire de Guillaume le Maréchal' in Auftrag gegeben, eine damals einzigartige Ritterbiographie und natürlich ein den Familienhelden einseitig feiernder Text. Er schildert den Aufstieg eines besitzlosen Landedelmannes über eine ritterliche Karriere bis zum Regenten von England, ein teilweise typischer Lebenslauf, teilweise aber auch von Ausnahmecharakter.

 

Geboren wird er um 1147 in England von normannischen Vorfahren. Das Land ist vom brutalen Krieg zwischen Mathildes Anhang und dem von König Stephan zerrissen. Sein Großvater war bei der normannischen Landnahme nach England gekommen. Vater Jean le Maréchal war es gegen 40 Silbermark gelungen, dass Amt des Obermarschalls zu ergattern, der vier Marschälle des Königs beaufsichtigt. Er besitzt bei Winchester einige Häuser und sowohl im Südwesten wie weiter nördlich einige Ländereien.

Jean le Maréchal erhält 1138 zur Unterstützung König Stephans die Aufsicht über Marlborough Castle. Mitten im Krieg zwischen den beiden Kronprätendenten gerät er in Konflikt mit Stephan, und als dieser dessen Festung Newbury belagert, gibt er seinen jüngeren Sohn Guillaume ihm als Geisel. Dessen Leben gerät dann beim Bruch der Waffenruhe durch seinen Vater in ernste Gefahr.

 

Nachdem Guillaume freikommt und seine Kindheit abgeschlossen ist, ist er, fast besitzlos, auf eine Karriere als Kämpfer angewiesen. Um 1160 gibt ihn sein Vater in die entsprechende Ausbildung zum normannischen Baron Guillaume von Tancarville auf dessen Burg am Ufer der Seinemündung. Walter Map beschreibt diesen als einen Mann von vornehmem Geschlecht, einzigartig im Kriegshandwerk, von hervorragender Stärke, der sichere Tod der Missgünstigen. (in: Ashbridge, S.66)

Hier begeistert sich der Junge wohl für das Kriegshandwerk, gerät in die ersten Gefechte für seinen Herrn, wird aber dann ohne Kampfpferd und mit "nur" einem Diener entlassen. Viel prosaischer als in den Ritterromanen muss der junge Mann nun sehen, wie er zu Geld kommt. Er wählt vor allem den Weg über einen sich über das lateinische Abendland ausbreitenden Parcours der Turniere und gewinnt Geld und andere "Beute", ohne massive bleibende Schäden davon zu tragen. 1168 entschließt er sich dann, nach England zurückzukehren, wo Turniere seit einiger Zeit vom König verboten wurden.

Er tritt in die Gefolgschaft seines Onkels, des Herrn von Salisbury ein und zieht dann mit ihm im Dienste der Königin Eleonore gegen Adelsgruppen im Poitou. Dabei wird er verletzt und gefangengenommen und schließlich gegen ein Lösegeld von der Königin wieder freigelassen.

1170 ist er im Gefolge von Eleonore, als diese zur Krönung ihres Sohnes Heinrich nach England zurückkehrt. Er  wird dann in die Gefolgschaft des kindlichen Königs eingereiht und zu dessen ritterlichem Lehrmeister bestimmt. Mit ihm erlebt er die Revolte gegen Henry II. und nach der neuen Einigung von Tours im September 1174 dessen Reisen in England. Im Sommer 1176 begleitet er ihn nach Poitiers und bei den königlichen Versuchen, eine breitere Gefolgschaft aufzubauen. Der junge König und Guillaume nehmen an zahlreichen Turnieren teil, wobei Maréchal mit anderen erfolgreichen Rittern kooperiert und dabei enorme Gewinne an Pferden, Geld und anderer Beute ansammelt. Mit dem daraus resultierende größeren eigenen Gefolge darf er nun im großen Gefolge des jungen Königs ein eigenes Banner führen. 1179 beim großen Turnier von Lagny anlässlich der Krönung von Philippe in Reims ist er auch dabei.

 

Als Guillaume seinem Herrn nach Aquitanien folgt, taucht das Gerücht auf, er habe Ehebruch mit Heinrichs Frau Marguerite begangen, und zudem wird geklagt, er spiele sich zu sehr als großer Herr auf. 1183 ist er darum wieder allein. In seiner Biographie heißt es, der Graf Philipp von Flandern habe ihm 500 Pfund dafür geboten, in seine Gefolgschaft überzugehen, ebenso der Herzog von Burgund, und Baudouin de Béthune habe 1000 geboten und die Hand seiner Tochter. (Ashbridge, S.190). Ob das so stimmt ist nicht so wichtig wie dass es damals wohl in etwa glaubwürdig klingt.

Irgendwann 1183 holt ihn der junge Heinrich zurück, kurz bevor er stirbt und Maréchal zu einer Reise nach Jerusalem beauftragt. Diese tritt Guillaume wenig später an, um sich zwei Jahre dort aufzuhalten, kurz bevor Saladin zum entscheidenden Schlag gegen die Kreuzritter-Fürstentümer ausholt. Sonderliche religiöse Interessen scheint er auch hier nicht entwickelt zu haben.

 

Der nunmehr alte zweite Heinrich hatte Guillaume vorher versprochen, ihn an seinen Hof zu holen und hält das auch ein, als er 1185/86 wieder zurück ist. Er erhält erste Ländereien und zwei Mündel, deren eines ein Mädchen ist, das er beaufsichtigen und schützen muss, wobei er ihre Einkünfte nutzen kann, und das andere ein Knabe niederen Adels, den er als Knappe nutzt und um den herum er sich dann eine neue Gefolgschaft aufbauen wird.

Nachdem er noch ein weiteres Mündel mit der achtzehnjährigen Isabel de Clare erhält, Erbin des Earls Richard Strongbow von Striguil/Chepstow, würde er mit der Heirat mit ihr einer der mächtigsten Barone des Reiches werden. Isabels Vater "war einerder großen Herren der Welsh Marshes gewesen, der Heinrich II. bei der Eroberung von Territorien in Wales und Irland unterstützt hatte und sich damals selbst die Heirat mit der irischen Prinzessin Aoife (Eva) von Leinster verdient hatte, der Mutter Isabels." (Ashbridge, S.252)

Das motiviert über Treue hinaus, mit dem alten und kranken König noch einmal in den Krieg zu ziehen.

 

Nach dem Scheitern und Tod Heinrichs II. wird Guillaume in den engeren Kreis von Richard aufgenommen, der ihm die Genehmigung für die Heirat mit Isabel erteilt, wofür er mithelfen soll, das Reich in der Abwesenheit des Königs zu verwalten. Guillaume reist über Winchester nach London und heiratet dort Isabel.

 

Nach Richards Abreise zum Kreuzzug ist er nun einer der Justiziare unter Wilhelm von Longchamps. Seine zentrale Burg wird Striguil (Chepstow). Er baut sich nun ein festes Gefolge von zehn, zwanzig Rittern auf, und ein kleines Team von Verwaltern für seine riesigen Besitzungen. Spezialisten kaufen auf den Märkten Londons standesgemäße Konsumgüter ein und verkaufen dort die Wolle von den Schafen der Welsh Marshes. Der Hochadelige wird zunächst einmal immer reicher. Standesgemäß gründet er ein Augustinerkloster für sein Seelenheil und das seiner Familie.

 

Zunächst versucht sich Guillaume in den Machtkämpfen des nach England zurückgekehrten Grafen John, des Bruders des Königs, und des Justiziars Longchamp sowie des von Richard besorgt nach England entsandten Erzbischofs Gautier von Rouen zurückzuhalten. Schließlich ergreift er die Partei Richards und hilft mit, John Schritt für Schritt bis zur Rückkehr des Königs aus England zu verdrängen.

 

Zusammen mit dem König reist er dann in die Normandie, wo sich John schnell unterwirft. Die südlichen Regionen werden zurückerobert und Maréchal erhält nun sogar einen wichtigen diplomatischen Auftrag beim Grafen von Flandern. Nach dem Tod Richards vor Châlus entscheidet sich der alte Baron, nun John ("Lackland") zu dienen. Nach der Krönung macht ihn der neue König offiziell zum Earl.

 

Seine Treue zum jeweiligen König macht sich immer mehr bezahlt. Ihm wird nun auch die Grafschaft Pembroke übertragen mit Burgen wie Cardigan. Zudem erhält er erneut das Amt des Sheriffs von Gliucestershire mit Burgen in Gloucester und Bristol. Das alles bringt nicht nur Ehre, sondern auch Einkünfte.

 

Nachdem dann der kontinentale Besitz der angevinischen Krone verloren geht, lässt sich Guilaume auf die doppelte Vasallität zu zwei Königen ein, um seine normannischen Besitzungen zu behalten. Das führt bis 1206 zur Entfremdung von König John und zur Entfernung vom königlichen Hof.

Nun konzentriert sich der Baron auf den Ausbau seiner Macht in Pembroke und Leinster. 1201 gründet er auf seinem irischen Machtbereich eine Stadt und zwei Klöster. Der angloirische Adel, der dort mit dem Kolonisieren begonnen hatte, unterwirft sich murrend.

Während der Baron in Irland ist, entzieht ihm König John 1207 erst Carmarthen und Cardigan, dann die Aufsicht über Gloucester Castle und den Forst von Dean. In Irland setzt der König seinen dortigen Justiziar Meiler FitzHenry gegen Maréchal ein. Schließlich wird sein Sturz geplant und Teile seines Gefolges verlassen ihn und treten zum König über, von dem sie sich nun mehr versprechen. Maréchal muss an den Hof zurück und den König in England begleiten. Derweil überzieht Meiler Leinster mit Verwüstungen, und die zurückgelassene Gemahlin Isabel muss dort Verteidungsmaßnahmen durchführen und kann sich mit Earl Hugh of Lacy verbünden. Meiler wird besiegt und gefangen genommen. Der König muss Maréchals Rechte auf Leinster anerkennen. Der baut nun die Organisation seiner Macht dort aus auf Kosten der hergebrachten irischen Strukturen.

 

1208/09 fällt Guillaume de Briouze in Ungnade und flieht nach Irland. Die Insel liefert dem König inzwischen jährlich rund 1000 Pfund. Im Frühjahr 1210 versammelt der eine Flotte von 700 Schiffen, mit 800 Rittern und einer Menge flämischer Söldner an Bord, und setzt über nach Waterford. Hugh de Lacy unterwirft sich, aber ihm wird dennoch Meath genommen, Briouze flieht nach Franreich, aber seine Frau und der älteste Sohn werden eingekerkert und der König lässt sie dort langsam verhungern. Einige Getreue Guillaume le Maréchal werden eingekerkert, er behält aber Leinster.

 

Mit der Machtkrise 1212 erhält Guillaume einige Machtpositionen in Wales zurück. Der König braucht ihn wieder und ruft ihn aus Leinster zurück. In den Konflikten 1214/15 scheint er Vermittler zwischen Baronen und König zu sein, wobei er wohl mit Stephen Langton zusammenarbeitet. Sein ältester Sohn Guillaume ergreift aber wohl die baroniale Partei. (Ashbridge).

 

Im anschließenden Krieg bleibt der alte Baron zunächst mit der Verteidigung von Wales beschäftigt, von dem Teile der Krone verloren gehen. Als einer von wenigen Barone entscheidet er sich, 1216 dem König treu zu bleiben. Der stirbt aber kurz darauf und übergibt seinen minderjährigen Sohn Heinrich Guillaume zur Aufsicht, der diesen aus der Festung Devizes holt. Nach der Krönung des Jungen wird der nunmehr fast siebzigjährige Maréchal rector nostri et regni nostri. Mit einem relativ kleinen Heer gelingt es ihm, die Burg von Lincoln zu entsetzen und damit den Krieg zu entscheiden.

 

Anfang 1219 legt Guillaume seine Regentschaft nieder und stirbt wenig danach.

 

 

Ritterorden

 

Die Integration des Krieges in das Christentum begann bereits in der späten Antike. Dass Christen Krieg führen, bleibt dann im Mittelalter eine Selbstverständlichkeit, auch die Kirche betrachtet sich seitdem als kriegerische und kriegführende Institution, ohne das zunächst sonderlich zu begründen. Mit den ursprünglich von Klerus ausgehenden Friedensbewegungen und dem intensiveren christlichen Anstrich, den miles, (Krieger/Ritter) seit dem 11. Jahrhundert erhalten, wird der Weg in die neue, immer mehr territorial definierte Herrschaft von Fürsten und Königen vorbereitet: Nach innen gilt zunehmend Gewalt nur noch zur Durchsetzung von fürstlicher Herrschaft als legitim, weswegen sie nach außen umgelenkt werden muss. Das geschieht in großem Maßstab in den Rückeroberungen der ehedem christlich-lateinischen iberischen Halbinsel, des ehemals christlich-griechischen „Heiligen Landes“ in den sogenannten Kreuzzügen dorthin und in der Einverleibung eines slawischen Ostens westlich von Polen durch deutsche Fürsten und des baltischen Nordostens - durch einen Ritterorden.

 

Mit dem Aufstieg der Zisterzienser wird aus einem Verband von Klöstern ein wesentlich strenger organisierter Verband, der dann später als Orden bezeichnet wird, auch weil es sich dabei um eine große Teile Europas durchwirkende wirtschaftliche Organisation frühkapitalistischen Typs handelt. Als solche Orden organisierten sich dann im Gefolge der Kriegszüge in den Orient Gruppierungen, die Mönchtum und Kriegertum miteinander vereinen. Über der Ritterrüstung tragen sie so die Mönchskutte, und zwar eine, die ihre jeweilige Ordenszugehörigkeit bezeichnet. So entsteht um 1130 der Templerorden, um 1150 die Johanniter und deutlich später, 1197, der Deutsche Orden. 

 

In Jerusalem gründen Mitte des 11. Jahrhunderts, spätestens um 1070, Kaufleute aus Amalfi ein Spital unter dem Patrozinium des "heiligen" Johannes zur Betreuung armer und kranker Pilger. Das zugehörige Kloster steht unter der Benediktregel. Nach 1099 trennt ein Gerard das Hospital vom Kloster und erweitert es durch Tochterspitäler in Asti, Pisa, Bari, Otranto, Tarent und Messina, die alle die Pilgerströme versorgen. 1113 werden sie als Orden anerkannt. Die Bruderschaft vom Hl.Johannes erhält um 1130 durch einen Ritter Raimund von Puy eine erste Ordensregel nach der des Augustinus. (Fleckenstein). 

Vermutet wird, dass das Beispiel der Templer die frommen Brüder dazu veranlasst, auch einmal zu den Waffen zu greifen. Schließlich spricht Papst Alexander III. den "Johannitern" das Recht zu, neben der Krankenpflege im Notfall auch zu den Waffen greifen zu dürfen. 

 

Um 1120 verbünden sich laut Wilhelm von Tyrus sieben oder neun Ritter unter der Leitung eines Hugo von Payns zum Schutz der Jerusalem-Pilger. Sie legen vor dem Patriarchen von Jerusalem und vor mehreren Bischöfen ein Gelübde ab, in welchem sie Armut, Keuschheit und Geherosam gegenüber der Kirche geloben.

Ihr Mischgebilde aus Militia und Mönchsorden, der Templerorden (nach ihrem Sitz im königlichen Palast Templum Salomonis), stagniert aber zunächst, und Hugo wendet sich darum an seinen Verwandten Bernhard von Clairvaux. Der schreibt darauf seinen Text 'Vom Lob der neuen Ritterschaft' (De laude novae militiae), die sich nicht den üblichen Unsitten der adeligen milites wie der Jagd hingeben. 1128/29 beschreiben sie sich vor einer Synode von Troyes, die ihnen eine eigene Regel gibt. Durch päpstliche Privilegien werden sie bis 1163 aus der allgemeinen kirchlichen Struktur ausgegliedert (eximiert).

 

Damit ist mönchisches Christentum nun mit ritterlichem Kampf verbunden. Beide Orden haben adelige Ritterbrüder, meist bürgerliche dienende Brüder und als dritte Gruppe Ordensgeistliche.Man verzichtet auf adelige Vergnügungen wie die Jagd, beschränkt sich auf die Verfügung über drei Pferde je Ritter. Man schläft in gemeinsamen Schlafräumen, die erleuchtet bleiben. Die Kleidung ist aus einfachen Stoffen, das Essen ist einfach. Täglich wird die Messe zelebriert, es gibt regelmäßige Gebete und Fastenzeiten. Wie bei Klöstern gibt es Armenspeisung und Krankenpflege.

 

Sie sammeln erheblichen Grundbesitz in Europa an, der von Kommenden verwaltet wird, die wiederum zu Balleien zusammengefasst werden. Besonders die Templer entwickeln dann Finanztechniken, um Gelder über weite Strecken zu transferieren, was sich bei den Templern dahin entwickelt, dass sie unter anderem eine Art von Bankhäusern werden, besonders die Tempel von London und Paris, die Kredite geben und Gelder aufbewahren.

 

Um 1146 wird Otto von Freising seine 'Historia' der zwei Staaten mit einem Lob auf den novum militiae genus beenden (Chronik 7,9, S.514), deren Mitglieder mehr Mönche als Ritter seien, non milites sed monachi videantur, und militiae cingulum se non sine causa gestare considerantes, also nicht mehr moralisch gesehen grundlos weiterkämpfen, nämlich um des eigenen Vorteils willen.

 

Um 1157 sieht sich Calatrava an der wichtigen Straße zwischen Cordoba und Toledo so gefährdet, dass, wie es heißt, die dortigen Tempelritter sie unter dem almoravidischen Ansturm nicht mehr zu halten glauben, und sie ziehen ab. Dafür kommen Mönche, die die Versorgung des Ortes und der Gegend gewährleisten. Unter ihnen findet sich eine Gruppe, die die Stadt gegen die Mauren verteidigt. Diese Mönche bleiben Zisterzienser, verbinden aber 1158 in ihrem neuen Orden das Beten mit dem ritterlichen Kampf.1164 werden sie von Papst Alexander III mit entsprechenden Privilegien ausgestattet.

Ähnliches geschieht mit der Gründung des Ordens von Alcántara, der zu einer Art Filialunternehmen des von Calatrava wird. Zwei weitere den Zisterziensern zugehörige Ritterorden entstehen in Aragón.

 

Anders entsteht der Orden vom Hl.Santiago nach der Eroberung von Cáceres (heutige Extremadura) 1170, nämlich als Bruderschaft von Rittern zur Verteidigung der Stadt. Man lebt nicht in einem Kloster zusammen, sondern ähnlich wie ein Domkapitel in einer Art kanonischer Gemeinschaft bei Erlaubnis, sogar zu heiraten. Die namensgebende Bindung zu Santiago de Compostela ergibt sich unter anderem daraus, dass der "Orden" sozusagen in Westspanien das Vorfeld der Verteidigung der galizischen Bischofsstadt kontrolliert. Da León und Kastilien damals unter einem Herrscherhaus verbunden sind, gelingt es bald, viele ihrer Mitglieder nach Kastilien zu transferieren (Manzano, S.362).

 

Eine Besonderheit des 'Deutschen Ordens' wird, wie schon der Name sagt, seine enge Verknüpfung mit der Herrschaft, die sich in der Förderung durch die Staufer Philipp von Schwaben und Friedrich II. niederschlägt. 1189 gründen Lübecker und Bremer Kaufleute auf dem deutschen Kreuzzug während der Belagerung von Akkon ein Spital für kranke Landsleute mit der Regel der Johanniter. Nach Einnahme der Stadt lässt es sich in Akkon nieder. 1198 erhebt eine Versammlung deutscher Fürsten sie zum Ritterorden mit einer Satzung, die sich an Johannitern und Templern orientiert, und wird dann von Papst Innozenz III. bestätigt.

Deutschordensritter mit ihren Niederlassungen im Reich werden dann ungeachtet ihres Mönchsgelübdes gern gesehen in der sich in deutschen Landen ausbreitenden höfischen Gesellschaft und Lebensform, was mit ihrer Förderung durch die Staufer einhergeht, die sich 1209 bis 1239 unter dem Großmeister Hermann von Salza besonders intensiv gestaltet.Sie versuchen sich in UNgarn anzusiedeln, folgen dann aber 1226 einer Bitte des Herzogs von Masowien zur Unterstützung gegen die "heidnischen" Pruzzen. Darauf überschreibt ihnen Kaiser Friedrich das Kulmer Land. Bis um 1280 wird das Pruzzenland unterworfen, welches fast souverän vom Orden beherrscht wird. Ordensburgen und Städte entstehen. Märkte, Handel udn Gewerbe werden gefördert. Es entsteht ein einheitliches Kurierwesen, eine einheitliche Münze und eine effiziente Verwaltung.

Eine Besonderheit bleibt ihre ethnisch-"nationale" Ausrichtung. 1Bis 1300 werden über 300 Kommenden von wenigstens 12 Rittern gegründet, die in Balleien zusammengefasst werden.

 

 

1202 gründet ein Zisterzienser wohl in Riga den livländischen Orden der Schwertbrüder, den Papst Innozenz III. 1204 anerkennt. In den nächsten Jahren erobern sie das Land der Liven , von dem sie ein Drittel als ersten Ordensstaat erhalten. 1237 vereinigen sie sich mit dem Deutschen Orden

 

Gewalt, Macht und Herrschaft: Ein Exkurs (in Arbeit)

 

Das germanische "Walten" entwickelt sich in der mittelalterlichen Zivilisation zu Machtausübung durch mehr oder weniger institutionalisierte Gewalt. Es waltet der Herr über den Knecht, und später "verwaltet" ein Vertreter des Herrn dessen Macht. Herr sein heißt herrschen, im kleinen oder großen Rahmen. Der Herr über Herren delegiert Macht, und im Kern ist diese die Verfügung über Land und Menschen.

Dass der Knecht (cneht) im Englischen zum knight, also Ritter wird, sagt dabei etwas über den Fluss der Dinge in der Zeit. Er wird es durch Verfügung über Land und Menschen, die ein Einkommen sichert, welches ihm jene militärische Ausrüstung ermöglicht, mit der er sich zum Herrn aufschwingen kann.

 

Herren haben Familie, weil diese über den Tod hinaus für seine Gier nach Macht Sinn stiftet. Sie generiert legitimen Nachwuchs, der Verfügung über Land und Menschen nicht mit dem Tod verfallen lässt. Der neuartige Adel des hohen Mittelalters entsteht einmal durch den zunehmenden erbrechtlichen Ausschluss nichtehelicher Kinder, die nun außerhalb der Norm versorgt werden müssen, ebenso wie ihre Mütter. Noch im christlichen Spanien des 10. Jahrhunderts zum Beispiel waren sie wie bei britischen Kelten und Nordgermanen eher gleichgestellt. Zum anderen entwickelt er sich durch die patrilineare Primogenitur, also das Erbrecht des erstgeborenen Sohnes. Nur so kann aus der durch die Generationen sich bis in die Unkenntlichkeit verzweigenden, mütterliche Linien einbeziehenden Verwandtschaft jene patrilineare und durch Primogenitur ausgezeichnete Adelsfamilie werden, die, wie man später sagen wird, eine Dynastie ausbildet. Damit kommt es auch erst zur Herausbildung eines Familiennamens, während vorher Linien durch die Generationen nur durch ein kleines Arsenal von Vornamen gekennzeichnet waren, was uns heute dazu bringt, von Ottonen zum Beispiel zu reden, die vorher Liudolfinger waren.

 

Herren üben die physische Gewalt aus, die sie erst zu Herren macht, mit Ausnahme der geistlichen Herrenmenschen, die Ministeriale oder andere Herren für sich gewalttätig sein lassen. Diese Gewalt der Herren, die Machtausübung auch als latente Gewaltandrohung ergibt, dient der Familie. Machtausübung ist praktizierte Gewalt für die Familie im engeren, moderneren Wortsinn. Edle Herrschaft über ein Landgut mit seinen Bauern und Landarbeitern ist also genauso Familiensache wie die über viele Herren, die über ihre Güter verfügen oder gar über Herren, die über Herren herrschen, die wiederum über Herren herrschen. Das sind dann Fürsten oder Könige.

 

Herrschaft ist wesentlich durch mit Gewalt hergestellte Gewohnheiten definiert, bis sie sich auf sogenannte feudale Rechtsformen und dabei auch zunehmend römisches Recht beruft. Macht geht dabei soweit, wie die Gewalt der herrschaftlichen Waffen jeweils reicht. Mit dem Herrn ist sie, wie gesagt,  die Macht der Familie, die nun eine Dynastie zu bilden versucht. Angelegenheiten der Herrschaft sind Familienangelegenheiten. Insofern gibt es keinen Staat im modernen Sinne, denn es gibt zunächst auch noch keine Staatsgebiete und dauerhafte Untertänigkeit gegenüber einer Familie. Mit ihr kann der Herrschaftsraum verschwinden, genauso auch durch einen Krieg. Und an der Macht der Familie hängt die Macht, die ausgeübt werden kann.

 

Die Solidität von königlichen Familien kann aber auf die Dauer Herrschaftsräume stabilisieren, die sich daraus zu Nationen entwickeln. Das funktioniert im Laufe des Hochmittelalters mit England und Frankreich vor allem, aber auch in Skandinavien und Teilen Osteuropas, nicht aber in italienischen und deutschen Landen. Herrscherfamilien etablieren so Nationalität, die aber dann erst noch affirmativ ins Bewusstsein vieler gelangen muss. Diese bleibt bekanntlich bis heute oft instabil, da in Kriegen Nationen neue Grenzen erhalten, wie gerade auch das zwnzigste Jahrhundert noch belegt. Die Nationenbildung im Mittelalter ist also wesentlich eine Sache weniger mächtiger Familien.

 

Als sich die feudalen Rechtsformen ausbilden und zugleich römisches Recht wieder interessant wird, entsteht auch der Kapitalismus, der mit wiederum ganz eigenen Rechtsvorstellungen hantiert. Damit kommt es zum ersten Mal in der Geschichte zu einem Unterschied zwischen ökonomischer und "politischer" Macht und zudem zu mehreren unterschiedlichen Rechtsformen zu gleicher Zeit, die nicht mehr einfach unterschiedliche Volksrechte sind. 

Die Erträge aus der Landwirtschaft verlieren langsam an Bedeutung und die aus Handwerk, Handel und Finanzgeschäften werden immer wichtiger. Für manchen wird das allerdings erst im späten Mittelalter und dann besonders nach den Krisen des 14. Jahrhunderts deutlich. Damit sinkt die Bedeutung des kleinen Adels, sofern er sich weiter auf agrarische Produktion stützt, und es steigt die der großen Herren, die als Fürsten nun die Erträge aus den aufsteigenden Gewerben mit Hilfe von Methoden der Besteuerung abschöpfen.

 

So wie Kapitalakkumulation zu Kapitalkonzentration führt, so wird auch die Gewalttätigkeit zumindest rechtlich immer mehr auf wenige Herrscherfamilien konzentriert, die nun über Heere zu verfügen beginnen, die sie bezahlen, auch wenn sie teilweise weiter ritterliche Ausrüstung haben. Das Rittertum der Heldengeschichten um 1200 wird erzählt, als es gerade verschwindet. Leute, die wie Richard Löwenherz noch an so etwas glauben, scheitern daran. Jener William Marshall, in etwa ein Zeitgenosse, machte sich vor allem als Turniersportler einen Namen, und steigt über eine geschickte Heirat und in königlichen Diensten auf. Das Mittel des Aufstiegs ist neben der Gewalt das Geld.

 

Geld regiert noch lange nicht die Welt, sondern Fürstenhäuser tun dies, aber sie regieren immer mehr nur soweit, wie ihr Geld reicht. Der Aufstieg Frankreichs zur europäischen Vormacht bis 1214 hat damit zu tun, dass es den größten königlichen Haushalt erringt und damit die englische Krone weitgehend vom Kontinent vertreiben kann. Die unentwegten italienischen Kriege Barbarossas gehen im wesentlichen darum, die Erträge städtischen Wirtschaftens in Norditalien wieder zu gewinnen. Und wer keine Söldnerheere aus Brabant und anderswo mehr bezahlen kann, verliert auf Dauer seine Schlachten.

 

Wer immer noch von Feudalismus redet, sollte wissen, dass bereits im 12. Jahrhundert rechtlich feudal strukturierte Verträge mit ihren Privilegien teuer bezahlt werden müssen, und dass das Geld dafür immer weniger aus der Landwirtschaft selbst kommt. Das Ende ist nicht der traurige Blick armer Ritter des 14. und 15. auf reiche Bürger, man denkt dabei sicher an den Briefwechsel zwischen Hutten und Pirckheimer, sondern viel früher sichtbar mit den Schimpfpredigten von Bettelordensmönchen des 13. Jahrhunderts über bürgerliche Gier und im Luxus versinkende Lasterhaftigkeit der Städte, wovon Savonarola nur ein ganz später Abklatsch ist.

 

Die Macht kommt, zuerst in Teilen Italiens und der Niederlande, dann auch in deutschen und französischen Städten, immer weniger aus edler physischer Gewaltätigkeit und immer mehr aus jenen Vorgängen, die in dem Wort Kapital einbegriffen sind. Aber die, die als Eigentümer über seine Bewegungen verfügen, sind nur an jenen Räumen interessiert, die dafür nötig sind. Sie streben nach Kontrolle der Städte, bis sie völlig aus diesen herauswachsen und im Verlauf des späten Mittelalters ihre Partner in den von ihm wirtschaftlich abhängigen Fürsten haben.

 

Die Macht beruht weiter auf Waffengewalt, aber diese wird über die Bewegungen erfolgreichen Kapitals finanziert. Dieses Kapital wiederum imitiert den Adel in der Ausbildung von Familiendynastien und in den Lebensformen und strebt nach Möglichkeit nach "Augenhöhe" mit diesem. Erst als diese in den letzten Zuckungen später aristokratischer Arroganz verweigert wird, verbünden sich großbürgerliche Plantagenbesitzer in Nordamerika und großbürgerliche Handelsherren in der Gironde (zum Beispiel) mit kleinbürgerlichen ideologischen Heißspornen und dubiosen Abenteurern gegen die Adelsherrschaft und erzwingen die Machtübernahme kongenialerer Polit-Agenturen ihrer Interessen.

 

***Ehre und Genugtuung*** (in Arbeit)

 

Die Ehre ist ursprünglich möglicherweise ein Status in kriegerischen Strukturen, den vor allem Tapferkeit ausmacht. Ehrlos ist der Feigling. Als honor gewinnt sie vom kleinen Ritter bis zum König im hohen Mittelalter an Bedeutung. Sogar das römische Reich kann honor besitzen. Aber sie ist auf Adel und Fürsten beschränkt. Ein Bürger kann immerhin ehrbar oder ehrlich sein, rechtschaffen, was aber andere Qualitäten meint.

Im hohen Mittelalter nehmen Versuche zu, die Ehre klarer und reformiert zu definieren, indem man sie an ritterliche Tugenden bindet.

 

ff

 

Ehre kann man gewinnen und verlieren. Gewonnen wird sie durch die Demonstration von Macht und erfolgreicher Gewalt, von Prunk und Pracht, die eben auch Reichtum signalisieren. Ehrsteigernd sind auch zum Beispiel hochstehende Heiratsverbindungen.

 

In einer Welt sehr geringer Elemente von Staatlichkeit konkurrieren Adelsgeschlechter um Ehre wie Kapitaleigner um Märkte und Gewinne. Ehrverlust droht durch gewalttätige Übergriffe, die zurückgeschlagen werden müssen oder durch den Verlust von Rechten, die Macht bedeuten. Wo sich Herren in ihrer Ehre angegriffen fühlen, verlangen sie Genugtuung, satisfactio. Darüber entscheiden zunächst Fehden. Sie wird dort, wo zunächst auf Gewalt verzichtet wird, traditionell durch Vermittler hergestellt und dann auch über Schiedsgerichte.

Solche friedlichen Formen des Ausgleichs nehmen langsam zu. Hohe Herren fördern sie und versuchen zudem, an die Stelle solcher Satisfaktion Verfahren friedlicher Beilegung an sich zu ziehen und später ein hierarchisch gestaffeltes Gerichtssystem zu setzen, ein erstes wesentliches Element von Staatlichkeit.

 

In dem Maße, in dem die Fehde eingeschränkt wird und ein sich entfaltendes institutionalisiertes Gerichtswesen an die Stelle von Schiedsgerichten tritt, verliert der Ehrbegriff einen Teil seiner Substanz, nämlich den Anspruch des Besitzers von Ehre, diese selbst zu verteidigen. Am Ende bleibt nur das neuzeitliche Duell als kümmerlicher Rest übrig. Darin wird deutlich, dass Ehre etwas mit Freiheit zu tun hat, weswegen sie in den Demokratien ganz auf eine strafrechtlich relevante Leumunds-Problematik reduziert ist.

 

Staatlichkeit und Ehre gehen nicht zusammen, denn die Usurpation des Gerechtigkeitsbegriffs durch königliche oder landesherrliche Kodifizierung des Rechtes und den Aufbau eines entsprechenden Justizapparates zieht die Definition verteidigungswürdiger Ehre nach und nach an sich. Das nicht nur propagandistische Stichwort dafür heißt Friede (im Inneren), vornehmste Aufgabe von Herrschern seit Kaiser Augustus. Das römische Recht kennt aber  den tradierten Ehrbegriff des frühen und hohen Mittelalters nicht.

Ehre basiert auf persönlicher Freiheit in einem außerjuristischen Sinne und diese schwindet mit der Entfaltung von Staatlichkeit, - bis sie heute im wesentlichen auf die Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes und der Konsumwahl reduziert worden ist.

 

ff